-
- Art. 11 OR
- Art. 12 OR
- Art. 50 OR
- Art. 51 OR
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- Art. 1 DSG
- Art. 2 DSG
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- Art. 6 Abs. 6 und 7 DSG
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- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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- Art. 4 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 5 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Regelungsgegenstand und Anwendungsbereich
- II. Eröffnung und Begründung des Entscheids
- III. Varianten der Entscheideröffnung (Abs. 1)
- IV. Nachträgliche schriftliche Begründung oder Verzicht auf Anfechtung (Abs. 2)
- V. Vorbehalt des Bundesgerichtsgesetzes (Abs. 3)
- VI. Vollstreckbarkeit im Dispositiv eröffneter Entscheide
- VII. Rechtskraftwirkung im Dispositiv eröffneter Entscheide
- VIII. ZPO-Revision
- Materialien
- Literaturverzeichnis
I. Regelungsgegenstand und Anwendungsbereich
1 Art. 239 ZPO regelt die Modalitäten der Eröffnung von Entscheiden. Dazu gehören namentlich die Form der Eröffnung sowie die Frage, ob, wann und wie Entscheide begründet werden müssen.
2 Art. 239 ZPO gilt für erstinstanzliche Entscheide, die im ordentlichen, vereinfachten oder summarischen Verfahren ergehen.
3 Was die Art der Entscheide betrifft, so ist Art. 239 ZPO einzig auf die im 5. Kapitel der ZPO geregelten Entscheide anwendbar, d.h. auf Endentscheide, auf Teilentscheide, auf Zwischenentscheide und auf Entscheide über vorsorgliche Massnahmen.
4 Der Endentscheid führt zu einer Beendigung des Prozesses vor der jeweiligen Instanz durch einen Sach- oder Nichteintretensentscheid (Art. 236 ZPO). Als Endentscheid gilt deshalb auch der in der ZPO nicht ausdrücklich geregelte Teilentscheid, mit dem das Gericht bei objektiver oder subjektiver Klagenhäufung über einen Teil der Rechtsbegehren urteilt.
5 Demgegenüber ist Art. 239 ZPO nicht einschlägig für prozessleitende Verfügungen und «andere erstinstanzliche Entscheide» (vgl. Art. 319 lit. b ZPO).
6 Beim Abschreibungsbeschluss infolge Vergleichs, Klageanerkennung oder Klagerückzugs gemäss Art. 241 Abs. 3 ZPO handelt es sich um einen rein deklaratorischen Akt,
7 Grundsätzlich ebenfalls zu begründen ist der Entscheid über die Prozesskosten (Art. 104 f. ZPO).
8 Keiner Begründung bedarf nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung der Entscheid über die Höhe der Prozesskosten, solange das Gericht den tariflichen Rahmen einhält und die Parteien keine aussergewöhnlichen Umstände vorbringen.
9 Nach hier vertretener Auffassung ist die Bemessung der Prozesskosten auch bei Einhaltung des tariflichen Rahmens zu begründen, wenn der einschlägige Tarif dem Gericht einen Ermessensspielraum von einer gewissen Tragweite einräumt. Während die tariflichen Grenzen etwa bei Entscheiden in betreibungsrechtlichen Summarsachen relativ eng gesteckt sind,
10 Zu beachten gilt es in diesem Zusammenhang auch, dass Art. 110 ZPO die selbstständige Anfechtung des Kostenentscheids mittels Beschwerde ausdrücklich vorsieht. Aus diesem Grund ist der Kostenentscheid nach Massgabe der vorgenannten Grundsätze auch dann zu begründen, wenn der restliche Teil des Entscheids keiner Begründungspflicht unterliegt, was namentlich beim Abschreibungsentscheid gemäss Art. 241 Abs. 3 ZPO zutrifft. Der im Abschreibungsentscheid enthaltene Kostenentscheid kann zunächst im Dispositiv eröffnet werden, ist aber auf Verlangen einer Partei innert der Zehntagesfrist gemäss Art. 239 Abs. 2 ZPO schriftlich zu begründen.
11 Von Art. 239 ZPO erfasst sind ferner Entscheide, welche die Schlichtungsbehörde auf Antrag der klagenden Partei in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 2'000.– fällen kann (Art. 212 ZPO).
II. Eröffnung und Begründung des Entscheids
A. Eröffnung
12 Mit der «Eröffnung» des Entscheids ist seine Mitteilung an die Parteien gemeint,
13 Als gehörig eröffnet gilt nur ein Entscheid, der alle in Art. 238 ZPO genannten Elemente enthält.
14 Einer Partei darf aus der mangelhaften Eröffnung kein Nachteil entstehen. Grundsätzlich führt die mangelhafte Eröffnung zur Anfechtbarkeit und nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit des Entscheids.
B. Begründung
1. Begründungspflicht und -anforderungen
15 Gemäss Art. 239 ZPO ist ein Entscheid schriftlich zu begründen, wenn es das Gericht beschliesst oder wenn es eine Partei innert zehn Tagen seit der Eröffnung verlangt. Die in Art. 239 ZPO genannte schriftliche Begründung bezieht sich dabei auf die Entscheidgründe gemäss Art. 238 lit. g ZPO. Die den Parteien anlässlich der Hauptverhandlung allenfalls mitgeteilte mündliche Kurzbegründung (Art. 239 Abs. 1 lit. a ZPO) dient im Wesentlichen der Erläuterung des Entscheids. Sie ersetzt nicht die schriftliche Begründung und hat insofern keinen hohen Anforderungen zu genügen.
16 Ausserhalb von Art. 239 ZPO kann sich eine Begründungspflicht direkt aus dem Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 53 ZPO) ergeben.
17 Auch hinsichtlich des Begründungsumfangs ergeben sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gewisse Vorgaben: Die Begründung hat grundsätzlich über die Prozessgeschichte Aufschluss zu geben, den massgeblichen Sachverhalt (einschliesslich eines allfälligen Beweisergebnisses) zu nennen und auf die Rechtsgrundlagen hinzuweisen, anhand welcher das Gericht die streitgegenständlichen Ansprüche beurteilt hat.
18 In der Praxis nicht selten anzutreffen sind sog. «Dass-Entscheide», deren Begründung aus einem einzigen Satz bzw. einer Aneinanderreihung diverser jeweils mit der Konjunktion «dass» eingeleiteter Nebensätze besteht («In Erwägung, dass […]»).
2. Abgrenzung zum Dispositiv
19 Die Begründung ist insbesondere vom Dispositiv abzugrenzen, wobei es das (schriftliche) Dispositiv im Sinne von Art. 239 ZPO und das Dispositiv gemäss Art. 238 lit. d ZPO zu unterscheiden gilt:
20 Mit dem Dispositiv gemäss Art. 238 lit. d ZPO ist die Urteilsformel als notwendiger Bestandteil und eigentliches Kernstück des Entscheids gemeint.
21 Demgegenüber erfasst das (schriftliche) Dispositiv gemäss Art. 239 ZPO nicht nur die Urteilsformel im Sinne von Art. 238 lit. d ZPO, sondern alle in Art. 238 ZPO genannten Elemente mit Ausnahme der Entscheidgründe (d.h. der Urteilsbegründung) gemäss Art. 238 lit. g ZPO.
III. Varianten der Entscheideröffnung (Abs. 1)
22 Der erste Absatz des Art. 239 ZPO regelt die Varianten der Eröffnung des Entscheids, die nachfolgend dargestellt werden. Aus dem Wortlaut und der Systematik des Art. 239 Abs. 1 ZPO folgen drei Varianten der Eröffnung: die Eröffnung eines begründeten Entscheids, die Eröffnung des unbegründeten Entscheids an der Hauptverhandlung sowie die Eröffnung des unbegründeten Entscheids durch Zustellung an die Parteien. Daneben haben sich in der Praxis weitere Varianten der Entscheidmitteilung herausgebildet, die nachfolgend ebenfalls diskutiert werden.
23 Das Gericht lässt sich beim Entscheid über die Eröffnungsart von verschiedenen Überlegungen leiten. So wird den Parteien in einfachen Fällen mit einer schnellen Eröffnung ohne schriftliche Begründung oft besser gedient sein.
24 Die Wahl der Eröffnungsart obliegt allein dem Gericht. Die Parteien haben mithin keinen Anspruch darauf, dass das Gericht eine bestimmte Eröffnungsart wählt (etwa die Eröffnung im Dispositiv, um Kosten zu sparen).
A. Eröffnung mit Begründung
25 Bei Art. 239 Abs. 1 ZPO handelt es sich um eine Kann-Vorschrift. Es ist dem Gericht deshalb freigestellt, den Entscheid direkt mit schriftlicher Begründung zu eröffnen.
B. Eröffnung ohne Begründung
26 Art. 239 Abs. 1 ZPO erlaubt es dem erstinstanzlichen Gericht auch, den Parteien den Entscheid ohne schriftliche Begründung zu eröffnen, wobei das Gesetz entweder die Übergabe des Dispositivs an der Hauptverhandlung mit kurzer mündlicher Begründung oder die Zustellung des Dispositivs vorsieht.
1. Übergabe des Dispositivs mit mündlicher Kurzbegründung (lit. a)
27 Das Gericht kann den Parteien das Dispositiv anlässlich der Hauptverhandlung aushändigen und kurz mündlich begründen (Art. 239 Abs. 1 lit. a ZPO). Es handelt sich hierbei um eine eigenständige Eröffnungsform, die neben die in Art. 138 ff. ZPO geregelten Formen der Zustellung tritt.
28 Bei der gesetzlich vorgesehen kurzen mündlichen Begründung handelt es sich um eine Ordnungsvorschrift.
2. Zustellung des Dispositivs an die Parteien (lit. b)
29 Anstatt das Dispositiv anlässlich der Hauptverhandlung zu übergeben, kann das Gericht den Parteien den unbegründeten Entscheid auch zustellen (Art. 239 Abs. 1 lit. b ZPO). Es hat dabei die Formen gemäss Art. 138 ff. ZPO zu wahren.
3. Zustellung des Dispositivs mit schriftlicher Kurzbegründung (Anmerkungen)
30 In der Gerichtspraxis hat sich eine weitere Form der Entscheideröffnung herausgebildet, die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. So wird der den Parteien gemäss Art. 239 Abs. 1 lit. b ZPO im Dispositiv zugestellte Entscheid zuweilen mit einer schriftlichen Kurzbegründung bzw. Anmerkung versehen. In der Lehre wird nahezu einhellig vertreten, dass solche schriftlichen Anmerkungen im Grundsatz zulässig sind.
31 Dennoch sind beim Verfassen von Anmerkungen gewisse Grundsätze zu beachten. So müssen die Parteien der Klarstellung halber darauf hingewiesen werden, dass die Anmerkung zum Dispositiv keine (vollständige) schriftliche Begründung des Entscheids darstellt und eine solche innert zehn Tagen verlangt werden kann (Art. 239 Abs. 2 ZPO).
4. Zustellung des Dispositivs nach mündlicher Mitteilung des Entscheids
32 Ebenfalls gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist es, den Entscheid anlässlich der Hauptverhandlung (allenfalls mit Kurzbegründung) mündlich mitzuteilen, jedoch auf die Übergabe des schriftlichen Dispositivs zu verzichten und dieses stattdessen gemäss Art. 239 Abs. 1 lit. b ZPO zuzustellen. Ein solches Vorgehen erscheint grundsätzlich unproblematisch, wobei die bloss mündliche Mitteilung des Entscheids ohne Übergabe des Dispositivs keine förmliche Eröffnung des Entscheids darstellt. Als förmliche Eröffnung gilt in diesem Fall allein die spätere Zustellung des Dispositivs.
IV. Nachträgliche schriftliche Begründung oder Verzicht auf Anfechtung (Abs. 2)
33 Hat das Gericht seinen Entscheid ohne schriftliche Begründung eröffnet, so ist gemäss Art. 239 Abs. 2 (Satz 1) ZPO eine schriftliche Begründung nachzuliefern, wenn eine Partei dies innert zehn Tagen seit der Eröffnung des Entscheids verlangt. Die Zehntagesfrist ist gesetzlicher Natur und nicht erstreckbar.
34 Die Rechtsmittelfrist zur Einreichung einer Berufung oder einer Beschwerde beginnt erst mit Zustellung der schriftlichen Entscheidbegründung zu laufen (Art. 311 Abs. 1 ZPO und Art. 321 Abs. 1 ZPO).
35 Erhebt eine Partei gegen einen nicht schriftlich begründeten Entscheid innert der Zehntagesfrist irrtümlich ein Rechtsmittel bei der Rechtsmittelinstanz, statt eine schriftliche Begründung zu verlangen, ist das Rechtsmittel grundsätzlich als Antrag auf schriftliche Begründung an die Erstinstanz weiterzuleiten.
36 Die Abweisung eines Gesuchs um schriftliche Urteilsbegründung stellt einen Endentscheid dar, der seinerseits einer Rechtsmittelbelehrung bedarf.
37 Wird innert Frist keine schriftliche Begründung verlangt, so gilt dies gemäss Art. 239 Abs. 2 (Satz 2) ZPO als Verzicht auf die Anfechtung des Entscheids mit Berufung oder Beschwerde. Jedoch kann auch jene Partei, die selbst keine schriftliche Begründung verlangt hat, den Entscheid mit Berufung oder Beschwerde anfechten, wenn die andere Partei eine schriftliche Begründung verlangt hat.
V. Vorbehalt des Bundesgerichtsgesetzes (Abs. 3)
38 Gemäss Art. 239 Abs. 3 ZPO bleiben die Bestimmungen des BGG über die Eröffnung von Entscheiden, die an das Bundesgericht weitergezogen werden können, vorbehalten. Der Vorbehalt bezieht sich namentlich auf Art. 112 BGG.
39 Im Bereich des Zivilrechts erfasst Art. 112 BGG die Entscheide der kantonalen Berufungs- und Beschwerdeinstanzen sowie die Entscheide der einzigen kantonalen Instanzen gemäss Art. 5-8 ZPO.
40 In Bezug auf Entscheide einziger kantonaler Instanzen fehlt in der ZPO hingegen eine Bestimmung, die eine schriftliche Begründung solcher Entscheide zwingend vorsehen würde. Es stellt sich daher die Frage, ob Art. 239 Abs. 1 ZPO nicht trotz des Vorbehalts von Art. 112 BGG auf Entscheide einziger kantonaler Instanzen Anwendung findet, sodass solche Entscheide nicht in jedem Fall schriftlich begründet werden müssten. Hintergrund dieser Frage bildet Art. 112 Abs. 2 BGG. Diese Bestimmung sieht vor, dass Gerichte nach Massgabe des kantonalen Rechts ihren Entscheid ohne schriftliche Begründung eröffnen und die Parteien innert 30 Tagen eine vollständige Ausfertigung verlangen können.
41 Nach mehrheitlich vertretener Ansicht bleibt für Art. 112 Abs. 2 BGG im Bereich des Zivilprozessrechts seit dem Inkrafttreten der eidgenössischen ZPO kein Raum, weil des Zivilprozessrechts nunmehr abschliessend auf Bundesebene geregelt ist.
VI. Vollstreckbarkeit im Dispositiv eröffneter Entscheide
42 Besondere Beachtung verdient im Zusammenhang mit Art. 239 ZPO das Thema der Vollstreckbarkeit im Dispositiv eröffneter Entscheide. Die Problematik der Vollstreckbarkeit unbegründet eröffneter Entscheide rührt daher, dass die Rechtsmittelfrist gegen einen erstinstanzlichen Entscheid erst mit der Zustellung der schriftlichen Begründung zu laufen beginnt (Art. 311 Abs. 1 ZPO und Art. 321 Abs. 1 ZPO), die Übergabe oder die Zustellung des (unbegründeten) Dispositivs aber gleichwohl eine Eröffnung des Entscheids darstellt.
43 Die Frage, ob ein im Dispositiv eröffneter Entscheid vollstreckbar ist, stellt sich nur dann, wenn dem dagegen offenstehenden Rechtsmittel nicht von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt. Dies gilt für beschwerdefähige Entscheide (Art. 325 Abs. 1 ZPO) sowie für berufungsfähige Entscheide über vorsorgliche Massnahmen und Gegendarstellungsbegehren (Art. 315 Abs. 4 ZPO).
44 In der Literatur und der kantonalen Praxis wird die Frage nach der Vollstreckbarkeit im Dispositiv eröffneter Entscheide unterschiedlich beantwortet. Eine Mehrheit der oberen kantonalen Instanzen
45 Ein anderer Teil der Lehre stellt sich hingegen auf den Standpunkt, im Dispositiv eröffnete Entscheide seien bis zum Vorliegen der schriftlichen Begründung oder bis zum unbenutzten Ablauf der Frist zum Verlangen einer solchen nicht vollstreckbar.
46 Unseres Erachtens vermag die erstgenannte Lösung mehr zu überzeugen. Das Zürcher Obergericht begründet seine ablehnende Haltung primär damit, dass bei einer sofortigen Vollstreckbarkeit im Dispositiv eröffneter Entscheide die unterliegende Partei Gefahr liefe, dass ihre Rückforderung nach einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung aufgrund inzwischen beim Prozessgegner eingetretenen Vermögenszerfalls nicht mehr einbringlich ist.
47 Hinzuweisen ist sodann darauf, dass die Praxis des Zürcher Obergerichts keiner klaren Linie folgt. So hat es seine Praxis im Zusammenhang mit einer im Dispositiv angeordneten Konkurseröffnung selbst relativiert
48 Hinzu kommt, dass insbesondere die Anordnung vorsorglicher Massnahmen im Dispositiv einem praktischen Bedürfnis entspricht, zumal sich die schriftliche Begründung auch bei Massnahmenentscheiden zeitaufwändig gestalten kann. Denn die sofortige Vollstreckbarkeit stellt gemäss der ZPO ein zentrales Element von Massnahmeentscheiden dar, was sich bereits aus Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO ergibt. Wären Massnahmenentscheide erst bei Vorliegen der schriftlichen Entscheidbegründung vollstreckbar, hätte dies zur Folge, dass die erste Instanz faktisch gehalten wäre, Massnahmenentscheide stets unmittelbar mit schriftlicher Begründung zu eröffnen. Denn nur so könnte sichergestellt werden, dass die Massnahmen die ihr zugedachte Funktion – möglichst rasch eine vorläufige Friedensordnung zwischen den Parteien herzustellen – erfüllen können.
49 Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass Rechtsmittelinstanzen und einzige kantonale Instanzen nach geltendem Recht mit ebendiesen Nachteilen zurechtkommen müssen.
50 Folgt man dem Ansatz, wonach sich die unterliegende Partei, welche die Vollstreckung eines im Dispositiv eröffneten Entscheids einstweilen verhindern will, direkt an die Rechtsmittelinstanz zu wenden hat, muss diese Lösung sinngemäss auch dann gelten, wenn der im Dispositiv eröffnete Entscheid keine vollstreckbaren Anordnungen enthält. Dies ist namentlich bei abweisenden Entscheiden und Nichteintretensentscheiden der Fall. Der unterliegenden Partei muss es in diesen Fällen (etwa bei Abweisung eines Massnahmenbegehrens) möglich sein, bereits vor Erhalt der schriftlichen Entscheidbegründung bei der Rechtsmittelinstanz sichernde Massnahmen zu beantragen.
51 Ebenso verhält es sich, wenn der obsiegenden Partei ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht, weil gegen den Entscheid ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung zur Verfügung steht, die Vollstreckbarkeit folglich von Gesetzes wegen noch nicht eintritt und die Partei deshalb bis zur Begründung mit der Einleitung der Vollstreckung zuwarten müsste. In solchen Fällen kann es gerechtfertigt sein, dass die Rechtsmittelinstanz bereits vor dem Vorliegen der Entscheidbegründung die vorzeitige Vollstreckbarkeit anordnet.
VII. Rechtskraftwirkung im Dispositiv eröffneter Entscheide
52 Eine weitere Problematik, die sich im Zusammenhang mit im Dispositiv eröffneten Entscheiden stellt, betrifft die Rechtskraftwirkung derartiger Entscheide. Wie bereits erwähnt, dürfte die Eröffnung von Entscheiden im Dispositiv in der Praxis die häufigste Eröffnungsform darstellen.
53 Ein Entscheid erwächst gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur in jener Form in Rechtskraft, wie er im Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt. Dessen Tragweite ergibt sich indessen vielfach erst aus den Urteilserwägungen.
54 Dies ist namentlich der Fall, wenn das Dispositiv lediglich festhält, die Klage werde abgewiesen.
55 Für den Fall der alternativen objektiven Klagenhäufung hat das Bundesgericht gar ausdrücklich festgehalten, es sei der Urteilsbegründung zu entnehmen, inwieweit das Gericht die einzelnen Klagegründe rechtskräftig beurteilt habe.
56 Die vorbeschriebenen Unklarheiten hinsichtlich der Rechtskraftwirkung gilt es zu vermeiden. Parteien sind deshalb bei unklarer Tragweite des Dispositivs gut beraten, eine schriftliche Begründung des Entscheids zu verlangen (es sei denn, eine derartige Unklarheit würde ihnen taktische Vorteile verschaffen). Die Parteien können grundsätzlich auch nach Ablauf der Frist zum Verlangen einer schriftlichen Begründung eine Erläuterung des Entscheids verlangen.
57 Es kann indes nicht die alleinige Aufgabe der Parteien sein, mittels Verlangen einer schriftlichen Begründung oder einer Erläuterung um die Klärung der Rechtskraftwirkung von Entscheiden besorgt zu sein. Vielmehr sollten die Gerichte ganz grundsätzlich davon absehen, erläuterungsbedürftige Entscheide zu eröffnen, deren Tragweite sich anhand des Dispositivs nicht erschliesst. Dafür bedarf es nicht zwingend einer (vollständigen) schriftlichen Urteilsbegründung. Vielmehr kann sich das Gericht darauf beschränken, die massgeblichen Entscheidgründe im Rahmen einer Anmerkung zum Dispositiv festzuhalten und so klarstellen,
VIII. ZPO-Revision
58 Welche Änderungen die laufende ZPO-Revision im Zusammenhang mit der Eröffnung und Begründung von Entscheiden mit sich bringen wird, lässt sich aktuell schwer abschätzen, zumal teilweise noch grundlegende Diskrepanzen zwischen den beiden Räten bestehen. Nachfolgend werden zwei relevante Aspekte der bisherigen parlamentarischen Beratungen kurz beleuchtet.
A. Begründungspflicht von Entscheiden oberer und einziger kantonaler Instanzen
59 Im Zuge der ZPO-Revision sollen Art. 318 Abs. 2 ZPO und Art. 327 Abs. 5 ZPO, gemäss welchen Berufungs- und Beschwerdeentscheide stets mit einer schriftlichen Begründung zu eröffnen sind, gestrichen bzw. an Art. 239 ZPO angepasst werden.
60 National- und Ständerat haben sodann eine Anpassung von Art. 112 Abs. 2 BGG beschlossen.
61 Eine gewisse Unklarheit verbleibt hinsichtlich der Frage, innert welcher Frist die Parteien eine schriftliche Begründung von Entscheiden oberer und einziger kantonaler Instanzen verlangen müssen, zumal Art. 112 Abs. 2 BGG eine Frist von 30 Tagen, Art. 239 Abs. 2 ZPO hingegen eine solche von zehn Tagen vorsieht. Da Art. 318 Abs. 2 ZPO und Art. 327 Abs. 5 ZPO (in der von National- und Ständerat beschlossenen Fassung) auf Art. 239 ZPO verweisen, wird bei Rechtsmittelentscheiden die Zehntagesfrist zur Anwendung gelangen müssen. Für Entscheide einziger kantonaler Instanzen fehlt (bislang) eine ausdrückliche Regelung in der ZPO. Gleichwohl wird nach hier vertretener Auffassung auch bei Entscheiden einziger kantonaler Instanzen die Zehntagesfrist zur Anwendung gelangen müssen, zumal kein sachlicher Grund für eine abweichende Behandlung dieser Entscheide ersichtlich ist. Eine gesetzgeberische Klarstellung wäre indes angezeigt.
B. Vollstreckbarkeit im Dispositiv eröffneter Entscheide
62 Im Entwurf der revidierten ZPO war ein neuer Art. 336 Abs. 3 ZPO vorgesehen, demzufolge ein unbegründet eröffneter Entscheid sofort vollstreckbar ist, wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt und das Gericht die Vollstreckung nicht aufgeschoben hat. Diese Kompetenz sollte gemäss dem neuen Art. 239 Abs. 2bis ZPO dem erstinstanzlichen Gericht zukommen.
63 Der Ständerat schlug eine andere Richtung ein. In der von ihm beschlossenen Fassung stellt Art. 336 Abs. 3 ZPO klar, dass ein ohne schriftliche Begründung eröffneter Entscheid unter den üblichen, in Abs. 1 dieser Bestimmung festgehaltenen Voraussetzungen vollstreckbar sein soll. Zudem soll die bereits von einer Mehrheit der oberen kantonalen Instanzen übernommene Praxis, wonach auch bei noch ausstehender Entscheidbegründung bei der Rechtsmittelinstanz um Vollstreckungsaufschub ersucht werden kann, durch eine Neufassung der Art. 315 Abs. 5 ZPO und Art. 325 Abs. 2 ZPO ins Gesetz überführt werden.
64 Hinzuweisen bleibt darauf, dass derzeit keine Anpassung der Regelung in Art. 112 Abs. 2 BGG, wonach der Beschwerde ans Bundesgericht unterliegender Entscheide bis zum unbenützten Ablauf der Frist zum Verlangen einer schriftlichen Begründung oder bis zum Vorliegen der schriftlichen Begründung nicht vollstreckbar sind, vorgesehen ist. Dies hätte – bei der vom Ständerat beschlossenen Lösung – zur Folge, dass nur im Dispositiv eröffnete Entscheide unterer kantonaler Instanzen, nicht aber im Dispositiv eröffnete (und der Beschwerde ans Bundesgericht unterliegende) Entscheide oberer und einziger kantonaler Instanzen ab dem Zeitpunkt der Eröffnung vollstreckbar wären.
Materialien
Amtliches Bulletin des Nationalrats, Sondersession Mai 2022, N. 670 ff.
Amtliches Bulletin des Ständerats, Sommersession 2021, S. 345 ff.
Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 28. Juni 2006, BBl 2006, S. 7221 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/fga/2006/914/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-fga-2006-914-de-pdf-a.pdf, besucht am 25. Juli 2022.
Botschaft zur Änderung der Schweizerischen Zivilprozessordnung (Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung) vom 26. Februar 2020, BBl 2020, S. 2697 ff., abrufbar unter https://fedlex.data.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/fga/2020/653/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-fga-2020-653-de-pdf-a.pdf, besucht am 25. Juli 2022.
Fahne 2022 Ia N, Sondersession Mai 2022, abrufbar unter https://www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2020/20200026/N22%20D.pdf, besucht am 25. Juli 2022.
Literaturverzeichnis
Bachofner Eva, Neues und Bewährtes zum Rechtsöffnungsverfahren, BJM 2020, S. 1 ff.
Berger Bernhard / Güngerich Andreas / Hurni Christoph / Strittmatter Reto, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Bern 2021.
Bohnet François / Droese Lorenz, Präjudizienbuch ZPO, Bern 2018.
Brunner Alexander / Vischer Moritz, in: Oberhammer Paul / Domej Tanja / Haas Ulrich (Hrsg.), Kurzkommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Basel 2021.
Droese Lorenz, Res iudicata ius facit, Habil. Bern 2015 (zit. Droese, Res iudicata).
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