-
- Art. 11 OR
- Art. 12 OR
- Art. 50 OR
- Art. 51 OR
- Art. 84 OR
- Art. 143 OR
- Art. 144 OR
- Art. 145 OR
- Art. 146 OR
- Art. 147 OR
- Art. 148 OR
- Art. 149 OR
- Art. 150 OR
- Art. 701 OR
- Art. 715 OR
- Art. 715a OR
- Art. 734f OR
- Art. 785 OR
- Art. 786 OR
- Art. 787 OR
- Art. 788 OR
- Art. 808c OR
- Übergangsbestimmungen zur Aktienrechtsrevision vom 19. Juni 2020
-
- Art. 2 BPR
- Art. 3 BPR
- Art. 4 BPR
- Art. 6 BPR
- Art. 10 BPR
- Art. 10a BPR
- Art. 11 BPR
- Art. 12 BPR
- Art. 13 BPR
- Art. 14 BPR
- Art. 15 BPR
- Art. 16 BPR
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- Art. 59b BPR
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- Art. 67b BPR
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- Art. 75a BPR
- Art. 76 BPR
- Art. 76a BPR
- Art. 90 BPR
-
- Vorb. zu Art. 1 DSG
- Art. 1 DSG
- Art. 2 DSG
- Art. 3 DSG
- Art. 5 lit. f und g DSG
- Art. 6 Abs. 6 und 7 DSG
- Art. 7 DSG
- Art. 10 DSG
- Art. 11 DSG
- Art. 12 DSG
- Art. 14 DSG
- Art. 15 DSG
- Art. 19 DSG
- Art. 20 DSG
- Art. 22 DSG
- Art. 23 DSG
- Art. 25 DSG
- Art. 26 DSG
- Art. 27 DSG
- Art. 31 Abs. 2 lit. e DSG
- Art. 33 DSG
- Art. 34 DSG
- Art. 35 DSG
- Art. 38 DSG
- Art. 39 DSG
- Art. 40 DSG
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- Art. 50 DSG
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- Art. 57 DSG
- Art. 58 DSG
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- Art. 64 DSG
- Art. 65 DSG
- Art. 66 DSG
- Art. 67 DSG
- Art. 69 DSG
- Art. 72 DSG
- Art. 72a DSG
-
- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 3 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 4 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 5 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 6 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 7 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 8 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 9 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 11 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 12 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 25 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 29 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 32 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 33 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 34 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- In Kürze
- I. Allgemeines
- II. Abs. 1: Jährliche Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts
- III. Abs. 2: Veröffentlichung von Feststellungen und Verfügungen von allgemeinem Interesse
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
In Kürze
Die Bestimmung über die Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB gehört zu den wichtigsten, aber weniger bekannten Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Internationale Erfahrungen haben bereits in den 1980er Jahren gezeigt, dass eine erfolgreiche Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben einen Dialog zwischen der Aufsichtsbehörde und den weiteren Bundesbehörden bzw. der Zivilbevölkerung bedingt (z.B., wenn es darum geht, einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf aufzuzeigen oder Druck auf gewisse Verantwortliche auszuüben, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten).
Art. 57 Abs. 1 DSG verpflichtet den EDÖB, der Bundesversammlung – Wahlorgan des EDÖB gemäss Art. 43 Abs. 1 DSG – einmal im Jahr über seine Tätigkeiten aufzuklären. Der Bundesrat wird schriftlich über die Tätigkeiten des EDÖB informiert. Der zweite Absatz soll es dem EDÖB ermöglichen, seinen Informationsauftrag unabhängig von den beaufsichtigten Bundesbehörden wahrzunehmen. Die Bestimmung ist sehr offen formuliert. Der EDÖB verfügt also über zahlreiche Möglichkeiten, seinen gesetzlichen Informationsauftrag wahrzunehmen.
I. Allgemeines
A. Normzweck und Hintergrund
1 Art. 57 DSG gehört nicht zu den bekanntesten Bestimmungen des DSG. Dennoch trägt diese Gesetzesbestimmung über die Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB entscheidend dazu bei, dass die datenschutzrechtlichen Vorgaben in der Praxis umgesetzt werden können. In der Tat wird das datenschutzrechtliche Bewusstsein sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor vor allem durch die Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB (und der kantonalen und kommunalen Datenschutzbeauftragten) gestärkt
2 Die durch die Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB angestrebte Sensibilisierung der Öffentlichkeit verfolgt mehrere konkrete Ziele. Einerseits trägt sie dazu bei, die Wirksamkeit der Aufsichtstätigkeit des EDÖB (Art. 49 bis 53 DSG) zu verstärken – im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit kann der EDÖB rechtswidrige Datenbearbeitungen ahnden. Gestützt auf Art. 57 DSG kann er seine Ergebnisse veröffentlichen und damit Druck auf den fehlbaren Datenschutzverantwortlichen ausüben sowie andere, nicht von der Untersuchung direkt betroffene Datenschutzverantwortliche ermuntern, ihre Praxis anzupassen
3 Ferner kann der EDÖB gestützt auf seine Öffentlichkeitsarbeit Rechenschaft über seine Tätigkeit gegenüber dem Wahlorgan (Bundesversammlung gem. Art. 43 Abs. 1 DSG) ablegen und der Bundesversammlung somit einen Überblick über seine Amtsführung gewähren
4 Die Öffentlichkeitsarbeit i.S.v. Art. 57 DSG bietet dem EDÖB sodann die Möglichkeit, Hinweise über problematische Entwicklungen zu veröffentlichen und einen aus seiner Sicht notwendigen gesetzgeberischen Handlungsbedarf aufzuzeigen
5 Vorliegend gilt es festzuhalten, dass die vom Gesetzgeber vorgesehene individuelle Rechtsdurchsetzung über die Zivilgerichte (Art. 32 Abs. 2 DSG) in der Praxis eine untergeordnete bzw. (fast) keine Rolle spielt
B. Entstehungsgeschichte
Ad Abs. 1:
6 Eine dem aktuellen Abs. 1 sehr ähnliche Bestimmung war bereits in Art. 30 aDSG enthalten. Gestützt auf internationale Erfahrungen, die bereits in den 1980er Jahren gezeigt hatten, dass das datenschutzrechtliche Bewusstsein u.a. durch die Öffentlichkeitsarbeit der Datenschutzbehörden gestärkt wird
7 Art. 30a DSG gab keinen Anlass zu Debatten im Parlament – der Artikel entsprach dem bundesrätlichen Entwurf von 1988
8 Der EDÖB erstattet der Bundesversammlung Bericht und gewährt somit dem Wahlorgan einen Überblick über seine Amtsführung. Wie unter altem Recht erhält der Bundesrat lediglich den schriftlichen Tätigkeitsbericht zugestellt.
9 Ferner wurde der Ausdruck «sowie bei Bedarf» gestrichen. Fortan erstattet der EDÖB einmal pro Jahr Bericht. Weder die Auswertung der Vernehmlassung noch die Botschaft gehen auf diese Streichung ein
Ad Abs. 2:
10 Art. 57 Abs. 2 DSG wurde im Rahmen der Revision im Vergleich zu Absatz 2 unter dem alten DSG gekürzt. Im Sinne einer bereits im Dezember 2011 gewünschten verstärkten Unabhängigkeit des EDÖB
11 Der zweite Absatz hält zudem neu fest, dass der EDÖB über Feststellungen im allgemeinen Interesse «informiert» und nicht bloss «informieren kann». Diese sprachliche Präzisierung ist zu begrüssen, ändert in der Praxis allerdings wenig. Die «kann-Vorschrift» unter altem Recht statuierte bereits einen verbindlichen Informationsauftrag
C. Rechtsvergleichende Hinweise
Ad Abs. 1:
12 Die regelmässige Erstellung eines Tätigkeitsberichts war bereits in Art. 28 Abs. 5 Richtlinie 95/46/EG vorgesehen und ist seit dem 25. Mai 2018 in Art. 59 DSGVO geregelt. Inhaltlich unterscheidet sich diese Bestimmung von Art. 57 Abs. 1 DSG insofern, als die entsprechende europarechtliche Regel einen möglichen Inhalt des Tätigkeitsberichts festlegt (Liste der gemeldeten Verstossarten und der getroffenen Massnahmenarten nach Art. 58 Abs. 2 DSGVO).
13 Art. 15 Abs. 7 SEV 108 legt fest, dass jede europäische Aufsichtsbehörde regelmässig einen Tätigkeitsbericht vorbereitet und anschliessend veröffentlicht. Gemäss dem erläuternden Bericht muss einmal pro Jahr ein Tätigkeitsbericht veröffentlicht werden. Dieser Bericht muss insbesondere Angaben über die zur Durchsetzung der nationalen Datenschutzgesetzgebung ergriffenen Massnahmen enthalten
Ad Abs. 2:
14 Art. 15 Abs. 2 lit. e SEV 108 legt den Rahmen für die Sensibilisierungsaufgaben der Aufsichtsbehörden fest. Gemäss dem erläuternden Bericht müssen die Aufsichtsbehörden die von ihnen getroffenen Massnahmen, ihre Aufgaben und ihre Kompetenzen proaktiv sichtbar machen. Sie können hierfür regelmässig erscheinende Tätigkeitsberichte (vgl. Art. 15 Abs. 7 SEV 108), Stellungnahmen oder allgemeine Empfehlungen publizieren. Sie können die Öffentlichkeit überdies über andere, frei wählbare Kommunikationskanäle sensibilisieren. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehört gemäss erläuterndem Bericht ebenfalls, die Einzelpersonen und die Verantwortlichen über ihre jeweiligen Rechte und Pflichten in einer angemessenen, d.h. leicht verständlichen Sprache, aufzuklären (v.a., wenn die Datenbearbeitung Kinder oder andere, besonders schutzbedürftige Personen betrifft)
II. Abs. 1: Jährliche Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts
A. Jährliche Veröffentlichung
15 Im Rahmen der Revision wurde Art. 30 aDSG leicht präzisiert: die Veröffentlichung hat «jährlich» zu erfolgen. Diese Präzisierung war in der Vernehmlassung gewünscht worden
16 Der Bericht wird weder vor noch nach der Veröffentlichung dem Bundesrat oder der Bundesversammlung für eine allfällige Anpassung vorgelegt. Mit anderen Worten wird der Bericht so veröffentlicht, wie er auch der Bundesversammlung und dem Bundesrat unterbreitet wird (vgl. die diesbezüglichen Vorgaben in Art. 37 DSV). Der EDÖB übt u.a. auch die Aufsicht über die von den Bundesorganen durchgeführten Datenbearbeitungen aus. Es ist deshalb vorstellbar, dass je nach Untersuchungsergebnis aufsichtsrechtlich geprüfte Bundesorgane gewisse Anpassungen des Tätigkeitsberichts verlangen könnten. Die Veröffentlichung des unveränderten Tätigkeitsberichts ist vor diesem Hintergrund zu begrüssen und trägt dazu bei, die Unabhängigkeit des EDÖB zu verstärken.
17 Eine Präsentation des Tätigkeitsberichts vor der für die Vorbereitung der Wahl des EDÖB zuständigen Kommission oder in den Räten ist nicht vorgesehen, auch wenn dies vereinzelt in der Lehre gefordert wird
B. Tätigkeitsbericht
18 Der Tätigkeitsbericht ist das Herzstück der Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB (vgl. Art. 57 Abs. 2 und Art. 58 DSG für weitere Möglichkeiten, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren).
19 Anders als das europäische Recht – d.h. Art. 59 DSGVO und Art. 15 Abs. 7 SEV 108 – machen in der Schweiz weder das DSG noch die DSV inhaltliche Vorgaben. Der EDÖB entscheidet somit grundsätzlich frei über den Inhalt des Tätigkeitsberichts. Der Datenschutzbeauftragte nimmt gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. f DSG auch die ihm durch das Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 2004 (BGÖ, SR 152.3) übertragenen Aufgaben wahr. Laut Art. 19 BGÖ muss der Öffentlichkeitsbeauftragte dem Bundesrat regelmässig Bericht erstatten und diesen Bericht veröffentlichen. Seit Inkrafttreten des BGÖ am 1. Juli 2006 veröffentlicht der EDÖB einen Tätigkeitsbericht, der sowohl seine Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragter als auch seine Aufgaben als Öffentlichkeitsbeauftragter nachzeichnet
20 Der Tätigkeitsbericht folgt Jahr für Jahr einem ähnlichen Aufbau, die Gewichtung der einzelnen Themenfelder kann allerdings variieren: Aktuelle Herausforderungen
21 Wie alle Bundesbehörden muss der EDÖB bei der Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben die geltenden Rechtsvorschriften beachten, namentlich jene zur Wahrung von Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen. Ausserdem untersteht er dem Amtsgeheimnis nach Art. 22 des Bundespersonalgesetzes (BPG, SR 172.220.1). Folglich muss er die vertrauliche Behandlung von Personendaten gewährleisten, zu denen er in Ausübung seiner Aufsichtsaufgaben Zugang erhält, namentlich wenn er seinen Tätigkeitsbericht veröffentlicht
22 Aufgrund der sehr kurz gehaltenen Beiträge im Tätigkeitsbericht (unter altem Recht ca. eine Spalte pro aufsichtsrechtliche Untersuchung) ist es – anders als bei der Veröffentlichung von Verfügungen – schwer vorstellbar, dass im Tätigkeitsbericht Fabrikations- bzw. Geschäftsgeheimnisse verraten werden.
23 In der Praxis anonymisiert der EDÖB die Namen von Privaten, gegen die ein aufsichtsrechtliches Verfahren eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurde. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, wird die betroffene juristische Person im darauffolgenden Tätigkeitsbericht mit Namen genannt. Die Namensnennung der fehlbaren Unternehmungen mag für die Betroffenen nicht immer angenehm sein, fällt allerdings nicht unter das Fabrikations- bzw. das Geschäftsgeheimnis. Zudem ist die Namensnennung der fehlbaren Verantwortlichen vom Normzweck von Art. 57 Abs. 1 DSG gedeckt, geht es bei der Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB u.a. darum, Druck auf den fehlbaren Verantwortlichen auszuüben sowie andere, nicht von der Untersuchung direkt betroffene Datenschutzverantwortliche zu ermuntern, ihre Praxis anzupassen.
24 Anders sieht es bei Amtsgeheimnissen aus, die auch auf einer Zeile offenbart werden können. Allerdings dürfte in diesen Fällen das öffentliche Interesse überwiegen, die Öffentlichkeit über rechtswidrige Datenbearbeitungen durch Bundesbehörden – auch mit Blick auf die historische Verantwortung des EDÖB nach dem Fichenskandal – zu informieren (vgl. Ausführungen weiter unten betreffend Art. 57 Abs. 2 DSG).
25 Auch bezüglich der Form des Tätigkeitsberichts macht das Gesetz keine Vorgaben. Design und Auflage werden deshalb vom EDÖB selbständig bestimmt. Der Tätigkeitsbericht erscheint ausdrücklich nicht im bundesverwaltungsinternen Design. Die Unabhängigkeit des EDÖB kommt damit auch formell zum Ausdruck.
26 Aufgrund der Zielsetzung der Berichterstattung muss der Tätigkeitsbericht ein öffentlich zugängliches Dokument sein
27 Seit 2017/2018 wird der Bericht auch auf Italienisch und Englisch veröffentlicht. Zwischen 1993 und 2017 wurde der Bericht jeweils nur auf Deutsch und Französisch publiziert. Das Fehlen einer italienischen Übersetzung stellte einen klaren Verstoss gegen Art. 10 des Bundesgesetzes über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (SR 441.1) dar
28 Adressaten des Tätigkeitsberichts sind die Bundesversammlung als Wahlorgan des EDÖB, die Bundesräte als Vorsteher der einzelnen Departemente, die allesamt unzählige Datenbearbeitungen durchführen, sowie die breite Öffentlichkeit (Medienschaffende, Rechtsberater, Techniker und die breite Zivilbevölkerung). Mit anderen Worten findet Art. 57 Abs. 1 DSG auf sämtliche Tätigkeiten des EDÖB Anwendung. Diese sehr heterogenen Adressaten stellen beim Verfassen des Tätigkeitsberichts eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar.
29 In diesem Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass die datenschutzrechtlichen Herausforderungen, die sich im privaten bzw. im öffentlichen Sektor stellen, oft ähnlicher Natur sind. Aus diesem Grund kann es u.U. lehrreich sein, die Tätigkeitsberichte der kantonalen Datenschutzbeauftragten zu lesen
III. Abs. 2: Veröffentlichung von Feststellungen und Verfügungen von allgemeinem Interesse
A. Feststellung
30 Die «Feststellung» ist kein juristisch klar definierter Begriff, er umschreibt den rechtlich verbindlichen Informationsauftrag des EDÖB umfassend
31 Datenschutzrechtlich relevante Sachverhalte von allgemeinem Interesse können dem EDÖB durch die Medien, über die Hotline bzw. das Kontaktformular oder im Austausch mit anderen Bundesbehörden oder kantonalen Behörden zugetragen werden. Inwiefern der EDÖB auf eine festgestellte Information reagieren möchte, liegt in seinem Ermessen, insbesondere bezüglich Zeitpunkt und Informationskanal.
32 Der juristisch unscharfe Begriff «Feststellung» bietet den Vorteil, flexibler und schneller als mittels Erlass einer Verfügung auf einen (möglichen) DSG-Verstoss zu reagieren. Zudem bietet dieser unscharfe Begriff die Möglichkeit, die Öffentlichkeit auch dann über einen datenschutzrechtlich relevanten Sachverhalt zu informieren, wenn die Voraussetzungen für die Einleitung einer Untersuchung nach Art. 49 DSG nicht gegeben sind.
33 Ob und wie oft Feststellungen in Zukunft veröffentlicht werden, wird sich weisen müssen. Wie bei allen rechtlich unscharfen Begriffen hängt die Auslegung dieses Begriffs vom jeweiligen EDÖB ab.
B. Verfügung
34 Neu kann der EDÖB verfügen (vgl. Art. 49 bis 51 DSG). Im Rahmen der Vernehmlassung haben einige Vernehmlassungsteilnehmer aus der Wirtschaft gewünscht, dass der EDÖB seine Verfügungen nicht veröffentlicht, sondern lediglich die Sachverhalte, über die eine Untersuchung eröffnet wurde. Diese Teilnehmer waren der Ansicht, dass nur so die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen gewährleistet werden können. Einzelne Teilnehmer vertraten dagegen die Meinung, dass sämtliche Verfügungen des EDÖB veröffentlicht werden sollten
C. Allgemeines Interesse
35 Weder im revidierten DSG noch in der überarbeiteten DSV oder in der Botschaft aus dem Jahre 2017 wird das «allgemeine Interesse» definiert. Auch in der vorherigen Botschaft zum alten DSG wurde der Begriff nicht definiert. Nur ein Beispiel wurde damals vom Bundesrat aufgeführt: die Veröffentlichung einer Empfehlung zu einem Informationssystem von gesamtschweizerischer Bedeutung sei im allgemeinen Interesse
36 In der Regel werden die Informationen von allgemeinem Interesse eine gewisse Dringlichkeit haben und von der üblichen Berichterstattung abweichen. Fehlt die Dringlichkeit, können diese Informationen im nächsten Tätigkeitsbericht veröffentlicht werden
37 Welche Informationen im allgemeinen Interesse sind und folglich veröffentlicht werden sollten, hängt u.a. auch von der gestützt auf die verfügbaren personellen Ressourcen gemachten Priorisierung der hängigen Geschäfte ab
D. Veröffentlichung
38 Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist wie auch schon unter altem Recht
39 Das DSG sieht für die Öffentlichkeitsarbeit des EDÖB keine Formvorschriften vor. Der Kommunikationskanal ist somit auch unter neuem Recht frei wählbar
40 Veröffentlichte Feststellungen haben nicht die rechtliche Tragweite von Verfügungen oder Gesetzen. Sie sind rechtlich unverbindlich
41 Die Veröffentlichung von Feststellungen kennt allerdings auch Grenzen, die in Art. 36 Abs. 6 DSG festgelegt wurden (wesentliche öffentliche Interessen, offensichtlich schutzwürdiges Interesse der betroffenen Person, gesetzliche Geheimhaltungspflichten oder besondere Datenschutzvorschriften)
42 Zudem gilt der Grundsatz der Anonymisierung von Personendaten. Personendaten, die veröffentlicht werden sollen, werden aus diesem Grund vor der geplanten Veröffentlichung grundsätzlich anonymisiert
43 Der Grundsatz der Anonymisierung kennt eine wichtige Ausnahme. Ist der EDÖB der Ansicht, die Veröffentlichung der ungeschwärzten Feststellung bzw. Verfügung sei im öffentlichen Interesse, so kann er neu selbst auf die Anonymisierung verzichten
44 Betreffend Anonymisierung gilt es zudem festzuhalten, dass eine effektive Anonymisierung von Personendaten angesichts der technologischen Fortschritte immer schwieriger wird
45 Strafrechtliche Bestimmungen, wie z.B. üble Nachrede, Verleumdung, Beschimpfung, Nötigung oder Amtsmissbrauch, bleiben selbstverständlich vorbehalten. Der EDÖB geniesst keine strafrechtliche Immunität
46 In diesem Zusammenhang ist abschliessend darauf hinzuweisen, dass das DSG nur auf Bekanntgaben bzw. Veröffentlichungen von Personendaten Anwendung findet (vgl. Art. 1 DSG bzw. Art. 36 DSG). Es ist allerdings vorstellbar, dass der EDÖB im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit auf Sachdaten i.S.v. Art. 5 lit. a a contrario stösst. Die Bekanntgabe von Sachdaten untersteht nicht dem DSG, diese Daten können aber u.U. vom Amtsgeheimnis geschützt sein und deren Bekanntgabe somit den Bestimmungen des BPG unterliegen (z.B. Strategien, Pläne oder Massnahmen im Cybersecuritybereich). In diesen Fällen finden die Ausführungen betreffend Bekanntgabe von Personendaten (Art. 36 ff. DSG) wohl analog Anwendung
Literaturverzeichnis
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Huber René, Kommentierung zu Art. 30 aDSG, in: Maurer-Lambrou Urs/Blechta Gabor-Paul (Hrsg.), Basler Kommentar, Datenschutzgesetz/Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl., Basel 2014 (zit. BSK-Huber, Art. 30 aDSG).
Jöhri Yvonne, §8 Aufgabe und Bedeutung der öffentlichen Datenschutzbeauftragten, in: Passadelis Nicolas/Rosenthal David/Thür Hanspeter (Hrsg.), Datenschutzrecht: Beraten in Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung, Handbücher für die Anwaltspraxis, Basel 2015, S. 245 ff. (zit. Jöhri).
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Rosenthal David/Jöhri Yvonne, Handkommentar zum Datenschutzgesetz sowie weiteren, ausgewählten Bestimmungen, Zürich 2008 (zit. Rosenthal/Jöhri).
Waldmann Bernhard/Oeschger Marcus, §15 Aufsicht, in: Belser Eva Maria/Epiney Astrid/Waldmann Bernhard, Datenschutzrecht, Grundlagen und öffentliches Recht, Bern 2011 (zit. Waldmann/Oeschger).
Walter Jean-Philippe, L’indépendance des autorités de protection des données, in: Epiney Astrid/Hänni Julia/Brülisauer Flavia (Hrsg.), Die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden und weitere aktuelle Fragen des Datenschutzrechts/L’indépendance des autorités de surveillance et autres questions actuelles en droit de la protection des données, Zurich/Bâle/Genève 2012, S. 71 ff. (zit. Walter).
Ziebarth Wolfgang, Kommentierung zu Art. 59 DSGVO, in: Sydow Gernot (Hrsg.), Nomos Handkommentar, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl., Baden-Baden 2018 (zit. NHK-Ziebarth, Art. 59 DSGVO).
Materialienverzeichnis
Botschaft zum Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) vom 23.3.1988 (zit. BBl 1988 II S. 413 ff.).
14. Tätigkeitsbericht des EDÖB 2006/2007 vom 31.3.2007 (zit. EDÖB, 14. Tätigkeitsbericht 2006/2007).
Bericht des Bundesrates über die Evaluation des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 9.12.2011 (zit. BBl 2012 S. 335 ff.).
Vorentwurf für das Bundesgesetz über die Totalrevision des Datenschutzgesetzes und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz, Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens vom 10.8.2017 (zit. Zusammenfassung Vernehmlassungsverfahren).
Botschaft zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz vom 15.9.72017 (zit. BBl 2017 S. 6941 ff.).
Rapport explicatif relatif à la Convention modernisée pour la protection des personnes à l’égard du traitement des données à caractère personnel du 18.5.2018 (zit. Rapport explicatif Convention 108+).
28. Tätigkeitsbericht des EDÖB 2020/2021 vom 31.3.2021 (zit. EDÖB, 28. Tätigkeitsbericht 2020/2021).
29. Tätigkeitsbericht des EDÖB 2021/2022 vom 31.3.2022 (zit. EDÖB, 29. Tätigkeitsbericht 2021/2022).