-
- Art. 11 OR
- Art. 12 OR
- Art. 50 OR
- Art. 51 OR
- Art. 84 OR
- Art. 143 OR
- Art. 144 OR
- Art. 145 OR
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- Art. 788 OR
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- Art. 2 BPR
- Art. 3 BPR
- Art. 4 BPR
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- Art. 10 BPR
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- Vorb. zu Art. 1 DSG
- Art. 1 DSG
- Art. 2 DSG
- Art. 3 DSG
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- Art. 6 Abs. 6 und 7 DSG
- Art. 7 DSG
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- Art. 12 DSG
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- Art. 15 DSG
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- Art. 23 DSG
- Art. 25 DSG
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- Art. 33 DSG
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- Art. 38 DSG
- Art. 39 DSG
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- Art. 72 DSG
- Art. 72a DSG
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- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 3 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 4 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 5 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 6 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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- Art. 25 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 29 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 32 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 33 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 34 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Entstehungsgeschichte
- II. Bedeutung der Vorschrift
- III. Kommentierung des Normtextes
- Materialien
- Literaturverzeichnis
I. Entstehungsgeschichte
A. Mehrheitswahlverfahren in Einerwahlkreisen
1 Bis 1918 wurden sämtliche Nationalratsmitglieder im Mehrheitswahlverfahren – mit absolutem Mehr in zunächst bis zu drei Wahlgängen
2 Bereits das die neue Verfassungsbestimmung umsetzende Bundesgesetz betreffend die Wahl des Nationalrates von 1919 sah indes vor, dass in Wahlkreisen, die nur einen Vertreter zu wählen haben, die Wahl nach relativem Mehr stattfindet.
3 Nebst der Verhältniswahl wurde mit der Annahme der Proporzinitiative im Jahr 1918 auch die heute noch geltende, den Kantonsgrenzen entsprechende Wahlkreiseinteilung verfassungsrechtlich verankert: Jeder Kanton und jeder Halbkanton bildet bei den Nationalratswahlen einen Wahlkreis.
4 Von der Einführung des Proporzwahlsystems zunächst noch unberührt blieb das bei der Bundesstaatsgründung eingeführte System der Verteilung der Nationalratssitze auf die Wahlkreise nach einer festen Verteilungszahl.
5 Die Majorzkantone als Einerwahlkreise sind zusammengefasst ein Resultat der seit 1850 bestehenden Sitzgarantie für jeden Kanton und Halbkanton sowie der Festlegung der Kantonsgrenzen als Wahlkreisgrenzen bei den Nationalratswahlen.
B. Stille Wahlen
6 Die Möglichkeit stiller Wahlen, das heisst von Wahlen ohne Durchführung eines Wahlgangs, wenn im Vorschlagsverfahren (auch Anmelde- oder Vorverfahren) nicht mehr Kandidaturen eingehen, als Sitze zu vergeben sind,
7 Das Vorschlagsverfahren, das eine stille Wahl erst ermöglicht, hatte zunächst von Bundesrechts wegen bis am 30. Tag vor der Wahl zu dauern.
8 Seit 1995 und bis heute kennen nur die beiden Majorzkantone Obwalden und Nidwalden die Möglichkeit einer stillen Nationalratswahl.
9 Der Kanton Appenzell Ausserrhoden, der seit 2003 ein Einerwahlkreis ist,
C. Freiwilliges Anmeldeverfahren
10 Am 26. September 2014 wurde Art. 47 Abs. 1bis BPR erlassen, der es den Majorzkantonen ohne Rechtsgrundlagen für eine stille Wahl
II. Bedeutung der Vorschrift
A. Anwendungsbereich des Mehrheitswahlverfahrens
11 Die Art. 47 ff. BPR kommen in Kantonen zur Anwendung, die aufgrund ihrer Bevölkerungszahl nur eine Person in den Nationalrat abordnen können. Von den 26 Kantonen sind derzeit sechs Kantone (UR, OW, NW, GL, AR, AI) solche sog. Einerwahlkreise,
12 Der Anwendungsbereich der Bestimmungen zur Mehrheitswahl geht indes über die Nationalratswahl in den Majorzkantonen hinaus. So kann es namentlich auch bei Ergänzungswahlen in Proporzkantonen zu einer Mehrheitswahl nach Art. 47 ff. BPR kommen. Dies gemäss Art. 56 Abs. 3 BPR, wenn ein Nationalratsmitglied während der Amtsdauer ausscheidet und 1.) der Sitz nicht durch Nachrücken besetzt werden kann, 2.) das in Art. 56 Abs. 1 und 2 BPR vorgesehene Vorschlagsrecht nicht genutzt wird und 3.) nur ein Sitz neu zu besetzen ist. Angesichts dieser Kaskade ist es indes wenig erstaunlich, dass es bei den seit 1919 lediglich drei durchgeführten Ergänzungswahlen noch nie zu einer Mehrheitswahl gekommen ist.
13 Weiter erfolgt die Wahl der Nationalratsmitglieder in Proporzkantonen nach dem Majorzsystem, wenn keine Listen vorhanden sind
B. Majorz trotz verfassungsrechtlichem Proporz
14 Gemäss Art. 149 Abs. 2 Satz 1 BV werden die Abgeordneten des Nationalrats vom Volk in direkter Wahl nach dem Grundsatz des Proporzes bestimmt. Die Nationalratssitze werden nach der Bevölkerungszahl auf die Kantone verteilt,
15 Entgegen Art. 149 Abs. 2 Satz 1 BV sieht Art. 47 Abs. 1 BPR für diejenigen Kantone, die aufgrund ihrer geringen Bevölkerungszahl nur einen Nationalratssitz zu besetzen haben, die Wahl des oder der Abgeordneten im Mehrheitswahlverfahren mit relativem Mehr vor.
16 Gesamtschweizerisch betrachtet erfolgen die Nationalratswahlen in einem gemischten Wahlverfahren, welches Elemente sowohl des Majorz- als auch des Proporzprinzips enthält.
17 Bei der Majorzwahl fallen die abgegebenen Stimmen direkt bestimmten Personen zu und werden nicht zuerst auf Listen verteilt.
C. Wahlrechtsgleichheit und Mehrheitswahl
18 Wahlverfahren müssen so ausgestaltet sein, dass die aufgrund von Art. 34 BV gebotene Wahlrechtsgleichheit mit ihren drei Teilgehalten, der Zählwert-, Stimmkraft- und Erfolgswertgleichheit, sichergestellt ist.
19 Bei der Mehrheitswahl, die bei den Nationalratswahlen in Einerwahlkreisen zur Anwendung kommt, ist diejenige Person gewählt, die am meisten Stimmen erhält.
20 Nebst der Erfolgswertgleichheit kann bei den Nationalratswahlen auch die Stimmkraftgleichheit nicht wahlkreisübergreifend gewährleistet werden. Letztere erfährt namentlich durch die in Art. 149 Abs. 4 Satz 2 BV verankerte Sitzgarantie jedes Kantons eine Verzerrung.
21 Auch wenn das Bundesgericht bei der Beurteilung kantonaler Wahlsysteme verschiedentlich schon auf die Nationalratswahlen Bezug genommen hat,
D. Reformbestrebungen
22 Vor dem Hintergrund der aus der heutigen Wahlkreiseinteilung und dem geltenden Nationalratswahlsystem resultierenden Beeinträchtigungen der Wahlrechtsgleichheit
E. Rechtsvergleich
23 Einerwahlkreise sind seit 2003 die Kantone Uri, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden.
24 In den Kantonen Uri sowie Appenzell Innerrhoden sind die Stimmberechtigten bei der Wahl des Nationalratsmitglieds grundsätzlich zur Stimmabgabe verpflichtet.
25 Ganz grundsätzlich lassen sich die heutigen Majorzkantone anhand der das Nationalratswahlverfahren konkretisierenden, kantonalen Rechtsgrundlagen in eine Gruppe ohne (UR, GL, AR, AI) und eine Gruppe mit (OW und NW) Möglichkeit der stillen Wahl unterteilen.
1. Majorzkantone ohne stille Wahlen
26 Die Grundzüge des Nationalratswahlverfahrens in den Kantonen, die keine Rechtsgrundlagen für stille Nationalratswahlen kennen, ergeben sich aus dem Bundesrecht.
2. Majorzkantone mit stillen Wahlen
27 Auch in den Kantonen mit stiller Wahl sind dem kantonalen Recht die oberwähnten Bestimmungen zu entnehmen.
a. Kanton Obwalden
28 Das Obwaldner Recht regelt das Wahlvorschlagsverfahren und die stille Wahl für den Nationalrat in Art. 53a AG/OW. Demgemäss fordert der Regierungsrat die Stimmberechtigten acht Wochen vor dem Wahlsonntag zur Einreichung von Wahlvorschlägen auf,
29 Jeder Wahlvorschlag muss von mindestens fünf im Kanton wohnhaften Stimmberechtigten unterzeichnet sein.
30 Auf dem Wahlvorschlag sind die Kandidierenden mit Namen, Vornamen, Beruf und Wohnadresse aufzuführen; nötigenfalls ist der Jahrgang anzugeben.
b. Kanton Nidwalden
31 Im Kanton Nidwalden ist die stille Nationalratswahl in Art. 2 EG BPR/NW geregelt. Für die Gültigkeitsvoraussetzungen einer Kandidatur und damit die Anforderungen an einen Wahlvorschlag verweist Art. 2 Abs. 3 EG BPR/NW auf Art. 60 WAG/NW
32 Zur Aktivbürgerschaft zählen gemäss der Kantonsverfassung alle Personen, die das Schweizerbürgerrecht besitzen, im Kanton rechtlich niedergelassen sind, das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und denen nicht durch die Gesetzgebung das Aktivbürgerrecht entzogen ist.
33 Die Kandidatinnen und Kandidaten sind auf dem Wahlvorschlag mit Name, Vorname, Beruf, Geburtsjahr und Wohnadresse zu bezeichnen.
3. Freiwilliges Anmeldeverfahren
34 Ein freiwilliges Anmeldeverfahren und die Bekanntgabe von Kandidaturen im Sinne von Art. 47 Abs. 1bis BPR kennt aktuell nur der Kanton Glarus.
III. Kommentierung des Normtextes
A. Mehrheitswahlverfahren (Abs. 1)
1. Wahlkreise, in denen nur ein Mitglied des Nationalrates zu wählen ist (Einerwahlkreise; Majorzkantone)
35 Wahlkreise bei den Nationalratswahlen bilden die Kantone.
36 Kantonen mit vergleichsweise geringen ständigen Wohnbevölkerungszahlen kommt dabei nur bzw. aufgrund der Sitzgarantie zwingend mindestens ein Nationalratssitz zu, der gemäss Art. 47 Abs. 1 BPR mit einer Mehrheitswahl zu besetzen ist. Solche Einerwahlkreise bzw. Majorzkantone werden bei den Gesamterneuerungswahlen von 2023 die Kantone Uri, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden sein.
2. Jede wählbare Person
37 Anders als in den Prozporzkantonen gibt es bei der Mehrheitswahl keine (Partei-)Listen.
38 Das Stimm- und Wahlrecht in Bundesangelegenheiten und insofern auch die Wählbarkeit bei Nationalratswahlen wird bundesrechtlich abschliessend geregelt.
39 Für diejenigen Majorzkantone, die die Möglichkeit einer stillen Wahl im kantonalen Recht vorsehen (aktuell NW und OW), ist hinsichtlich der Wählbarkeit zu präzisieren, dass zwar jede wählbare Person zur Wahl vorgeschlagen werden kann. Werden indes mehrere Personen gültig und fristgerecht vorgeschlagen und ist die stille Wahl deshalb ausgeschlossen, kann anlässlich des Urnengangs nur noch für form- und fristgerecht vorgeschlagenen Personen gestimmt werden, deren Namen auf dem Wahlzettel vorgedruckt sind (sog. numerus clausus).
40 Nicht mit der Wählbarkeit zu verwechseln ist die Unvereinbarkeit.
3. Relative Mehrheit
41 Gewählt ist in Majorzkantonen, wer am meisten Stimmen erhält.
42 Diese atypische Mehrheitswahl mit relativer Mehrheit in einem Wahlgang erklärt sich aus dem Bestreben des Bundes, die Nationalratswahlen bundesweit an einem einzigen Termin abzuwickeln.
4. Losentscheid bei Stimmengleichheit
43 Haben zwei wählbare Personen dieselbe Stimmenzahl erreicht, entscheidet das Los über Wahl oder Nichtwahl.
44 Das dem Losentscheid inhärente Zufallselement mag innerhalb des ansonsten streng formalen Nationalratswahlverfahrens als «Fremdkörper» erscheinen. Durch die Losziehung kann aber ein gesonderter Stichentscheid der Wahlberechtigten und die damit einhergehende Verzögerung des Wahlvorgangs vermieden werden. Auch unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips und der Wahlrechtsgleichheit ist der Losentscheid als solches unbedenklich.
45 Im Zusammenhang mit der Gesamterneuerungswahl vom 23. Oktober 2011 und der Stimmengleichheit von zwei für den Nationalrat Kandidierenden im Kanton Tessin hatte sich das Bundesgericht zum Anspruch auf eine Nachzählung bei Stimmengleichheit anlässlich von Nationalratswahlen zu äussern.
B. Veröffentlichung der Kandidaturen (Abs. 1bis)
1. Freiwilliges Wahlanmelde- und Publikationsverfahren
46 Im Gegensatz zu Proporzwahlen, welche zur Bestimmung der Listen eine vorgängige Anmeldung der Kandidierenden voraussetzen,
47 Art. 47 Abs. 1bis BPR räumt den Kantonen ohne Rechtsgrundlagen für stille Wahlen und somit ohne obligatorisches Anmeldeverfahren die Möglichkeit ein, ein freiwilliges, förmliches Anmeldeverfahren einzuführen. Im Unterschied zur stillen Wahl bedarf es nicht zwingend einer kantonalgesetzlichen Grundlage und kann die Einführung direkt gestützt auf Bundesrecht erfolgen.
48 Das in Art. 47 Abs. 1bis BPR vorgesehene Anmeldeverfahren ist in zweierlei Hinsicht freiwillig: Zum einen steht es den Majorzkantonen ohne stille Wahl frei, ein Anmeldeverfahren einzuführen. Sie sind hierzu nicht verpflichtet. Sieht ein Majorzkanton die Möglichkeit zur Anmeldung vor, steht es zum anderen auch den Amtsanwärterinnen und -anwärtern frei, ihre Kandidatur vorgängig anzumelden. Anlässlich des Urnengangs kann unbesehen eines freiwilligen Anmeldeverfahrens weiterhin für jede wählbare Person und nicht nur für angemeldete Personen gestimmt werden.
49 Ins BPR eingeführt wurde Art. 47 Abs. 1bis BPR aufgrund des wachsenden Bedürfnisses der – insbesondere im Ausland wohnhaften – Stimmberechtigten nach Informationen über Amtsanwärterinnen und -anwärtern.
50 Zuzustimmen ist dem Bundesrat, wenn er in der Botschaft zu Art. 47 Abs. 1bis BPR ausführt, der Einsatz von vorgedruckten Wahlzetteln mit allen angemeldeten Kandidaturen und Leerzeilen für das handschriftliche Aufführen einer beliebigen anderen, wählbaren Person, wäre aufgrund der im Vorfeld von Wahlen gebotenen strikten Neutralität «problematisch».
2. Zu veröffentlichende Personalien
51 Kennt ein Majorzkanton ein freiwilliges Anmeldeverfahren, so sind elektronisch und im kantonalen Amtsblatt mindestens der amtliche Name und Vorname (Bst. a), der Name, unter dem die Person politisch oder im Alltag bekannt ist (Bst. b), das Geschlecht (Bst. c), die Wohnadresse einschliesslich Postleitzahl (Bst. d), die Heimatorte einschliesslich ihrer Kantonszugehörigkeit (Bst. e), Zugehörigkeit zu einer Partei beziehungsweise zu einer politischen Gruppierung (Bst. f) und der Beruf (Bst. g) bekanntzugeben.
52 Diese Liste entspricht weitgehend derjenigen von Art. 22 Abs. 2 BPR betreffend die in Proporzkantonen auf Wahlvorschlägen erforderlichen Angaben zu den Vorgeschlagenen.
C. Möglichkeit der stillen Wahl (Abs. 2)
1. Stille Wahl
53 Gemäss Art. 47 Abs. 2 BPR kann das kantonale Recht eine stille Wahl vorsehen. Eine stille Wahl bedeutet, dass Kandidierende für ein Amt von einer Behörde in einem Verwaltungsakt als gewählt erklärt werden, wenn in dem der Wahl vorangehenden Wahlanmeldeverfahren nicht mehr Personen zur Wahl vorgeschlagen werden, als Sitze zu verteilen sind.
54 Stille Wahlen werden in der Lehre unterschiedlich beurteilt. Ihnen wird nicht dieselbe demokratische Legitimation beigemessen wie eigentlichen Volkswahlen, weshalb sie insbesondere bei der Wahl von Parlamenten teilweise kritisch beurteilt werden.
55 Während die stille Wahl von Nationalratsmitgliedern in Proporzkantonen seit der Einführung des Verhältniswahlsystems von Bundesrechts wegen vorgesehen ist,
56 Zuletzt kam es bei den Gesamterneuerungswahlen im Jahr 2007 im Kanton Nidwalden zu einer stillen Nationalratswahl.
2. Wahlvorschlagsverfahren
57 Damit es zu einer stillen Wahl kommen kann, bedarf es eines der Wahl zeitlich vorangehenden Wahlvorschlagsverfahrens.
58 Die Vorteile eines Anmeldeverfahrens liegen primär in der frühen Transparenz für die Stimmberechtigten über die sich zur Verfügung stellenden Kandidierenden sowie der Vermeidung von Unsicherheiten bei der Auszählung (von nicht näher bekannten Namen). Auch kann die Gewissheit geschaffen werden, dass erfolgreiche Kandidierende die Wahl auch tatsächlich annehmen würden.
59 Das Vorschlagsverfahren ist für die Verhältniswahl auf Bundesebene ausführlich geregelt.
60 Hingewiesen sei an dieser Stelle lediglich auf wenige, sich aus dem Bundesrecht ergebende «Majorz-Besonderheiten» betreffend das Vorschlagsverfahren:
61 Während der Wahlanmeldeschluss in den Proporzkantonen nach Massgabe von Art. 21 Abs. 1 BPR im kantonalen Recht festzulegen ist, gilt für das Vorschlagsverfahren in Majorzkantonen von Bundesrechts wegen der 48. Tag (7. Montag) vor der Wahl, 12.00 Uhr, als Wahlanmeldeschluss.
62 Spätestens am Tag nach dem Wahlanmeldeschluss haben die Majorzkantone mit stiller Wahl der Bundeskanzlei je ein Exemplar aller Wahlvorschläge zuzustellen.
63 Wahlvorschläge in Einerwahlkreisen dürfen nur den Namen einer wählbaren Person enthalten, zumal nur ein Sitz zu besetzen ist.
64 Vom kantonalen Gesetzgeber in Majorzkantonen mit stiller Wahl zwingend zu regeln sind die Unterzeichnungsquoren.
Materialien
Botschaft betreffend die Wahl des Nationalrates nach dem Grundsatze der Proportionalität vom 26.11.1918, BBl 1918 V S. 121 ff. (zit. Botschaft 1918).
Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte vom 9.4.1975, BBl 1975 I S. 1317 ff. (zit. Botschaft BPR).
Botschaft über eine Teiländerung der Bundesgesetzgebung über die politischen Rechte vom 1.9.1993, BBl 1993 III S. 445 ff. (zit. Botschaft 1993).
Botschaft über die Einführung der allgemeinen Volksinitiative und über weitere Änderungen der Bundesgesetzgebung über die politischen Rechte vom 31.5.2006, BBl 2006 S. 5261 ff. (zit. Botschaft 2006).
Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vom 29.11.2013, BBl 2013 S. 9217 ff. (zit. Botschaft 2013).
Bericht der Bundeskanzlei vom 21.8.2013, Proporzwahlsysteme im Vergleich (zit. Bericht BK 2013).
Bericht der Staatspolitischen Kommission vom 15.10.2021 zur Parlamentarischen Initiative 20.453 (zit. Bericht SPK-N 2021).
Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen vom 19.10.2022 über die Gesamterneuerungswahl des Nationalrates vom 22.10.2023, BBl 2022 S. 2547 ff. (zit. Kreisschreiben 2022).
Kreisschreiben des Regierungsrats des Kantons Obwalden zur Erneuerungswahl des Nationalrats und des Ständerats für die Amtsdauer 2019 bis 2023 vom 20.10.2019, Amtsblatt Nr. 18, 2.5.2019 (zit. Kreisschreiben Kanton Obwalden 2019).
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