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Kommentierung zu
Art. 32 GwG

Eine Kommentierung von Nathalie Kläy / Simon Zaugg

Herausgegeben von Damian K. Graf / Doris Hutzler

defriten

I. Allgemeines

1 Art. 32 GwG regelt die Zusammenarbeit der MROS mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden und verweist dabei auf das Bundesgesetz über die kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes und gemeinsame Zentren für Polizei- und Zollzusammenarbeit mit anderen Staaten (ZentG). Analog zu Art. 31a GwG wird auch in Art. 32 GwG die veraltete Bezeichnung des ZentG verwendet, wobei Art. 32 GwG bereits bestand, bevor die Schweizer Meldestelle gesetzlich zum Austausch von Finanzinformation mit ausländischen Partnerbehörden befugt war. Tatsächlich ist Art. 32 Abs. 1 GwG seit dem Inkrafttreten des Geldwäschereigesetzes am 1. April 1998 unverändert geblieben. Dadurch, dass die damals neu eingeführten Art. 30 und Art. 31 GwG den Informationsaustausch zwischen der MROS und ausländischen Meldestellen neu und präziser regelten,

wurde Art. 32 Abs. 2 GwG obsolet und mit Wirkung per 1. November 2013 aufgehoben. Abs. 3 wiederum trat am 1. Februar 2009 in Kraft und widerspiegelt die Umsetzung der damals revidierten Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF, auch bekannt unter dem französischen Namen Groupe d’Action financière, kurz GAFI).

II. Zusammenarbeit mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden (Abs. 1)

A. Austausch von Personendaten

2 Was die Zusammenarbeit mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden anbelangt, verweist Abs. 1 auf Art. 13 Abs. 2 ZentG. Art. 13 Abs. 2 ZentG präzisiert, dass es sich bei dieser Zusammenarbeit um eine «Bekanntgabe von Personendaten» handelt. Folglich beschränkt sich die Zusammenarbeit zwischen der MROS und ausländischen Strafverfolgungsbehörden auf den Austausch von Personendaten. Finanzinformationen werden von der MROS auf diesem Weg keine ausgetauscht. Diese sollen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Ausland ausschliesslich an die FIUs übermittelt werden. Die Zusammenarbeit mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden richtet sich, wie in Art. 13 Abs. 2 ZentG festgehalten, nach den am 1. März 2019 in Kraft getretenen Art. 349a–349h StGB. Art. 349a ff. StGB wurden im Zuge der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten

eingeführt. Folglich findet sich der Verweis im Art. 13 Abs. 2 ZentG auf die erwähnten Artikel im StGB auch erst seit dem 1. März 2019. Vor diesem Datum waren die Voraussetzungen, die für die Bekanntgabe von Personendaten erfüllt sein müssen, in Art. 13 Abs. 2 ZentG selbst aufgelistet.
Art. 349a ff. StGB regeln übergeordnet die polizeiliche Amtshilfe im Generellen und legen die groben Kriterien, welche für alle Formen der polizeilichen Amtshilfe beachtet werden müssen, fest.

3 Nebst den erwähnten Artikeln des StGB stützt sich die Weitergabe von Personendaten durch die MROS an ausländische Strafverfolgungsbehörden auf Art. 13 MGwV

. Dieser Artikel hält die konkreten Voraussetzungen für eine Übermittelung von Personendaten der MROS an ausländische Strafverfolgungsbehörden fest. Art. 13 Abs. 1 MGwV besagt, dass für diese konkrete Form des Informationsaustausches ein Verdacht auf Geldwäscherei, deren Vortaten, organisierte Kriminalität oder Terrorismusfinanzierung bestehen muss. Zusätzlich dürfen Personendaten von der MROS mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden nur ausgetauscht werden, wenn (alternativ):

  • es für die Erlangung der von der Meldestelle benötigten Auskünfte erforderlich ist (Art. 13 Abs. 2 lit. a MGwV);

  • es sich nicht um Daten der internationalen Rechtshilfe handelt (Art. 13 Abs. 2 lit. b MGwV);

  • das Amtshilfeersuchen begründet ist (Art. 13 Abs. 2 lit. c MGwV).

B. Abgrenzung zur Rechtshilfe

4 Gleich wie im Art. 30 GwG dient der Informationsaustausch im Falle von Art. 32 GwG der Prävention und Analyse von Geldwäscherei, deren Vortaten, organisierter Kriminalität oder Terrorismusfinanzierung. Es ist zentral, dass die zwischen der MROS und den ausländischen Strafverfolgungsbehörden ausgetauschten Personendaten nicht Gegenstand der internationalen Rechtshilfe sind. Die internationale Rechtshilfe darf also analog zum internationalen Informationsaustausch zwischen Meldestellen (FIU–FIU) auch in dieser Konstellation (FIU–Strafverfolgungsbehörde) keineswegs umgangen werden.

Gerade weil es sich in diesem Kontext bei den Partnerbehörden um Strafverfolgungsbehörden handelt, ist ein besonderes Augenmerk auf diesen Umstand zu legen.

C. Bedeutung der Norm

5 In der Praxis ist Art. 32 GwG von geringer Bedeutung. Der Fokus bei der Zusammenarbeit der Schweizer Meldestelle mit ausländischen Partnerbehörden liegt auf dem Austausch von Finanzinformationen. Dabei gelangen hier die Art. 30 f. GwG zur Anwendung. Grosse Relevanz ist in diesem Zusammenhang der Egmont Group

mit ihrem Netzwerk von mittlerweile über 170 FIUs, welche am Kommunikationskanal «Egmont Secure Web» angehängt sind, zuzuschreiben. Zwischen den Mitglied-FIUs besteht ein gewisses Vertrauen, was den internationalen Informationsaustausch zwischen den Meldestellen einfacher gestaltet. Ein direkter Austausch mit einer Strafverfolgungsbehörde im Ausland wäre denkbar, wenn eine bestimmte FIU nicht auf Auskunftsersuchen der MROS antworten sollte, weder Zugriff auf polizeiliche Informationen hat noch diese beschaffen kann
oder wenn Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit der ausländischen FIU im Zusammenhang mit einem konkreten Sachverhalt besteht.

III. Verbot der Weitergabe des Namens der meldenden Person (Abs. 3)

6 Abs. 3 besagt, dass die Schweizer Meldestelle den Namen der Person, welche die Verdachtsmitteilung des Finanzintermediärs oder der Händlerin bzw. des Händlers erstattet hat oder welche der Informationspflicht nach Art. 11aGwG nachgekommen ist, nicht an ausländische Strafverfolgungsbehörden übermitteln darf. Dieser Absatz trat am 1. Februar 2009 in Kraft und widerspiegelt die Umsetzung der damals revidierten Empfehlungen der FATF. Seit dessen Einführung wurde Abs. 3 zweimal materiell angepasst. Am 1. November 2013 erfolgte einerseits eine Erweiterung aufgrund der Einführung des Art. 11aGwG. Andererseits fiel das Verbot, den Namen des Finanzintermediärs zu übermitteln, weg, da die Erlaubnis zur Weitergabe des Namens des Finanzintermediärs durch die MROS an ausländische FIUs zeitgleich unter Art. 30 Abs. 2 lit. a GwG neu ins Gesetz aufgenommen wurde.

Die zweite materielle Anpassung trat am 1. Januar 2016 in Kraft, wobei der Absatz um die zu diesem Zeitpunkt neu dem GwG unterstellten Händlerinnen und Händler ergänzt wurde.

7 Bei Art. 32 Abs. 3 GwG geht es darum, Angestellte von meldenden oder Informationen herausgebenden Finanzintermediären sowie Händlerinnen und Händler vor möglichen Repressalien aufgrund einer solchen Verdachtsmeldung oder solchen herausgegebenen Informationen zu schützen. An dieser Stelle sei für eine detaillierte Erläuterung dieser Thematik auf die Ausführungen im Kapitel III.B. in OK-Kläy/Zaugg, Art. 30 GwG verwiesen.

Literaturverzeichnis

Beuret Arnaud, Kommentierung zu Art. 32 GwG, in: Kunz Peter V./Jutzi Thomas/Schären Simon (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar, Geldwäschereigesetz (GwG), Bern 2017.

Mráz Michael, Kommentierung zu Art. 32 GwG, in: Hsu Peter Ch./Flühmann Daniel (Hrsg.), Basler Kommentar, Geldwäschereigesetz, Basel 2021.

Thelesklaf Daniel/Ordolli Stiliano, Kommentierung zu Art. 32 GwG, in: Orell Füssli Kommentar, GwG Kommentar, 3. Aufl., Zürich 2019.

Materialienverzeichnis

Botschaft zur Änderung des Geldwäschereigesetzes vom 27.6.2012, BBI 2012 6941 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/fga/2012/1031/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-fga-2012-1031-de-pdf-a.pdf, besucht am 1.8.2024.

Fussnoten

  • Botschaft GwG 2012, S. 6985.
  • Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates.
  • BSK-Mráz, Art. 32 GwG N. 2.
  • BSK-Mráz, Art. 32 GwG N. 3.
  • Verordnung über die Meldestelle für Geldwäscherei.
  • Vgl. Kapitel II.C.1. von OK-Kläy/Zaugg, Art. 30 GwG.
  • SHK-Beuret, Art. 32 GwG N. 6.
  • Detaillierte Ausführungen zur Egmont Group finden sich im Kapitel I.B.4. in OK-Kläy/Zaugg, Art. 30 GwG.
  • OFK-Thelesklaf/Ordolli, Art. 32 GwG N. 1.
  • SHK-Beuret, Art. 32 GwG N. 8.
  • Detaillierte Ausführungen zur Weitergabe des Namens des Finanzintermediärs finden sich im Kapitel III.B.1. in OK-Kläy/Zaugg, Art. 30 GwG.
  • SHK-Beuret, Art. 32 GwG N. 9.

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DOI (Digital Object Identifier)

10.17176/20250225-200817-0

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