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CYBERCRIME CONVENTION
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- I. Einleitung
- II. Herabsetzung (Art. 522 Abs. 1 ZGB)
- III. Teilungsvorschriften vs. Vorausvermächtnis (Art. 522 Abs. 2 ZGB)
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
I. Einleitung
1 Die vermögensrechtliche Verfügungsfreiheit des Erblassers findet seine Grenze im Pflichtteilsrecht (Art. 470 ZGB). Die Pflichtteile bilden denjenigen Teil des Vermögens, der den pflichtteilsberechtigten Erben grundsätzlich nicht entzogen werden kann.
2 Bei Bestehen pflichtteilsgeschützter Erben stellt sich – nach dem Ableben des Erblassers – in einem ersten Schritt die Frage, ob deren Pflichtteil gewahrt oder verletzt ist. Der Pflichtteil, welcher seit dem 1. Januar 2023 für den überlebenden Ehegatten und die Nachkommen der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs entspricht (Art. 471 i.V.m. Art. 457 ff. ZGB, vgl. N. 8), kann durch vermögensrechtliche Verfügungen des Erblassers zu Lebzeiten oder von Todes wegen gewahrt oder verletzt werden. Die Höhe des Pflichtteils bemisst sich dabei nicht anhand der Multiplikation der Pflichtteilsquote mit dem Nettonachlassvermögen (oder der Teilungsmasse),
3 In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, inwieweit eine Pflichtteilsverletzung wiederhergestellt werden kann: Wird der Pflichtteil durch vermögensrechtliche Verfügungen zu Lebzeiten oder von Todes wegen verletzt, kann er auf drei Stufen wiederhergestellt werden: Wenn der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen hinterlässt oder nur teilweise letztwillig verfügt, können die gesetzlichen Erbquoten angepasst bzw. herabgesetzt werden (sog. Herabsetzung des Intestaterwerbs). Hinterlässt der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen, können die darin enthaltenen Erbeinsetzungen und Vermächtnisse angepasst bzw. herabgesetzt werden (sog. Herabsetzung des Testaterwerbs). Auf letzter Stufe werden die lebzeitigen Zuwendungen herabgesetzt (zur Herabsetzungsreihenfolge vgl. N. 21 und Art. 532 ZGB).
4 Die Regeln der Herabsetzung sind für beide Schritte von Bedeutung. Einerseits wird geregelt, welche vermögensrechtlichen Verfügungen zur PTBM hinzuzuzählen sind, wovon die wertmässige Pflichtteilshöhe abgeleitet wird. Anderseits wird bestimmt, welche Erwerbungen und Zuwendungen herabgesetzt werden können, damit der Pflichtteil wiederhergestellt wird. Die Herabsetzung dient somit dem Schutz der pflichtteilsgeschützten Erben,
II. Herabsetzung (Art. 522 Abs. 1 ZGB)
A. Herabsetzungsanspruch
1. Voraussetzungen
5 Personen, welche über einen Pflichtteilsanspruch verfügen (Art. 470 Abs. 1 ZGB) und «dem Werte nach» weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können gemäss Art. 522 Abs. 1 ZGB die Herabsetzung bestimmter Erwerbungen und Zuwendungen verlangen. Dieser Herabsetzungsanspruch setzt demnach voraus, dass (i) die betroffene Person über einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch i.S.v. Art. 470 Abs. 1 ZGB verfügt (vgl. N. 7-8) und (ii) dieser Pflichtteilsanspruch wertmässig das Total der Vermögenswerte bzw. Begünstigungen übersteigt, welche sie vom Erblasser lebzeitig, gemäss Verfügung von Todes wegen und/oder gemäss gesetzlicher Erbfolge erhalten hat bzw. erhält (vgl. N. 9-14).
6 Dabei handelt es sich grundsätzlich um einen quantitativen und keinen qualitativen Anspruch: Sofern die genannten Voraussetzungen nicht kumulativ erfüllt sind, besteht eine Pflichtteilsverletzung bzw. ein Herabsetzungsanspruch auch dann nicht, wenn der Pflichtteil mittels lebzeitiger Zuwendungen und/oder eines Vermächtnisses gewahrt wird (vgl. N. 2). Ein Anspruch auf Erbenstellung besteht nicht, weshalb der Pflichtteil einer pflichtteilsberechtigten Person auch mittels lebzeitiger Zuwendungen oder eines Vermächtnisses gewahrt werden kann.
2. Voraussetzung Nr. 1: Pflichtteilsrecht
a. Pflichtteilsanspruch
7 In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob ein Pflichtteilsanspruch besteht. Seit dem 1. Januar 2023, d.h. sofern der Erblasser ab dem 1. Januar 2023 verstorben ist,
b. Pflichtteilsquote
8 Seit dem 1. Januar 2023, d.h. sofern der Erblasser ab dem 1. Januar 2023 verstorben ist,
3. Voraussetzung Nr. 2: Pflichtteilsverletzung
a. Ermittlung der Pflichtteilshöhe
9 Während regelmässig Klarheit darüber besteht, ob die betroffene Person über einen Pflichtteilsanspruch verfügt und wie hoch die Pflichtteilsquote ist, birgt die Ermittlung der PTBM zumindest in komplexen Verhältnissen (insbesondere bei lebzeitigen Zuwendungen von Immobilien oder Unternehmen) ein relativ hohes Konflikt- bzw. Verhandlungspotential. Die PTBM wird – als «rein rechnerische Grösse»
10 Das Nettonachlassvermögen bestimmt sich anhand des im Zeitpunkt des Ablebens vorhandenen Vermögens des Erblassers (Todestagsprinzip, Art. 474 und Art. 537 Abs. 2 ZGB). Zur Feststellung der Höhe des Nettonachlassvermögens sind von den Nachlassaktiven die Nachlasspassiven abzuziehen, d.h. die Erblasserschulden sowie bestimmte Erbgangsschulden (vgl. Art. 474 Abs. 2 ZGB; nicht jedoch allfällige Vermächtnisse).
11 Dem Nettonachlassvermögen werden sodann sämtliche ausgleichungspflichtigen Zuwendungen (vgl. hierzu Art. 626 ff. ZGB), sämtliche lebzeitigen herabsetzbaren Zuwendungen (vgl. hierzu Art. 527 ZGB) und Rückkaufswerte bestimmter Versicherungen sowie Ansprüche aus gebundener Selbstvorsorge (vgl. hierzu Art. 529 ZGB) hinzugerechnet, auch dies zum Wert im Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers.
12 Zur Bestimmung der Pflichtteilshöhe wird die PTBM mit der Pflichtteilsquote multipliziert.
b. Feststellung der Pflichtteilsverletzung
13 Damit festgestellt werden kann, ob eine Pflichtteilsverletzung vorliegt, wird die Pflichtteilshöhe dem Total derjenigen Vermögenswerte bzw. Begünstigungen gegenübergestellt, welche die betroffene Person vom Erblasser zu Lebzeiten erhalten hat und gemäss Verfügung von Todes wegen und/oder gesetzlicher Erbfolge erhält.
14 Nach dem Todestag eingetretene Wertveränderungen des Nettonachlassvermögens sind für die Feststellung der Pflichtteilsverletzung irrelevant: Weder kann eine nachträgliche Wertverminderung zu einer – per Todeszeitpunkt nicht gegebenen – Pflichtteilsverletzung führen, noch kann eine nachträgliche Wertvermehrung eine – per Todeszeitpunkt gegebene – Pflichtteilsverletzung heilen.
B. Prozessuales
1. Aktivlegitimation
15 Zur Herabsetzungsklage aktivlegitimiert sind Personen, (i) welche über eine Pflichtteilstellung verfügen (vgl. N. 7) und (ii) deren Pflichtteil wertmässig verletzt wird, d.h. sofern sie ihren Pflichtteil wertmässig weder gemäss Verfügung von Todes wegen oder gesetzlichem Erbrecht erhalten noch zu Lebzeiten bereits erhalten haben (vgl. N. 13);
16 Wenn eine aktivlegitimierte Person nach dem Ableben des Erblassers verstirbt, treten deren Erben in deren Rechtsposition, wozu auch das Pflichtteilsrecht gehört, ein (Art. 560 ZGB), womit (auch) die Aktivlegitimation auf sie übergeht.
17 Sofern eine aktivlegitimierte Person ihren Erbanteil nach dem Ableben des Erblassers rechtsgeschäftlich überträgt, wird die erwerbende Partei dadurch nicht aktivlegitimiert.
18 Zwischen mehreren pflichtteilsverletzten Personen besteht keine notwendige, sondern eine einfache Streitgenossenschaft i.S.v. Art. 71 ZPO.
19 Unter bestimmten Voraussetzungen kommt die Aktivlegitimation auch folgenden Personen zu: (i) Konkursverwaltung oder Gläubiger eines pflichtteilberechtigten Erben (vgl. Art. 524 ZGB), (ii) vermächtnisbelasteter Herabsetzungsschuldner (vgl. Art. 486 Abs. 1 und Art. 525 Abs. 2 ZGB) und (iii) Herabsetzungsschuldner, welcher dem Erblasser aufgrund eines positiven entgeltlichen Erbvertrags eine Gegenleistung erbracht hat (vgl. Art. 528 Abs. 2 ZGB).
2. Passivlegitimation
20 Passivlegitimiert ist diejenige Person, welche durch den Erblasser – über ein allfälliges eigenes Pflichtteilsrecht hinaus – durch Intestaterwerb, Testaterwerb oder lebzeitige Zuwendungen vermögensrechtlich begünstigt wurde,
3. Herabsetzungsreihenfolge
21 Um den (verletzten) Pflichtteilsanspruch herzustellen, werden gemäss Art. 522 Abs. 1 ZGB sowie Art. 532 Abs. 1 ZGB (i) Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge (sog. Intestaterwerb), (ii) Zuwendungen von Todes wegen (sog. Testaterwerb) und (iii) Zuwendungen unter Lebenden herabgesetzt; dies insoweit, «bis der Pflichtteil hergestellt ist».
4. Zuständigkeit
22 Für die Herabsetzungsklage ist das Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers örtlich zuständig (Art. 28 Abs. 1 ZPO, dies unter Vorbehalt von Art. 17 f. ZPO). Dem Verfahren vor dem Zivilgericht geht ein Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsbehörde voraus (Art. 197 ZPO), worauf u.U. verzichtet werden kann (Art. 199 ZPO).
5. Frist
23 Die Herabsetzungsklage unterliegt einer einjährigen relativen und einer zehnjährigen absoluten Verwirkungsfrist,
6. Beweislast
24 Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Herabsetzung, insbesondere für das Vorliegen einer herabsetzbaren Zuwendung und das Überschreiten der verfügbaren Quote, trifft diejenige Person, welche die Herabsetzung klage- oder einredeweise geltend macht (Art. 8 ZGB).
7. Streitwert
25 Weil der Streitwert durch das Rechtsbegehren bestimmt wird und die Herabsetzungsklage vermögensrechtlicher Natur ist,
C. Rechtsnatur
1. Rechtsnatur der Herabsetzung und Klagearten
26 Bei der Herabsetzungsklage handelt es sich um eine Gestaltungsklage i.S.v. Art. 87 ZPO.
27 Aufgrund des Umstands, dass es sich um eine Gestaltungsklage handelt, besteht in der Praxis die Problematik bzw. Rechtsunsicherheit, (i) ob mit einer ausserprozessualen Vereinbarung eine rechtsgültige bzw. rechtsgestaltende Herabsetzung erfolgen kann
28 Sofern das Nettonachlassvermögen (bzw. eine Herabsetzung des Intestat- und/oder Testaterwerbs der Miterben bzw. Vermächtnisnehmer) nicht ausreicht, um den Pflichtteil des Klägers zu decken, sollte die Herabsetzungsklage in objektiver Klagehäufung mit einer Leistungsklage verbunden werden. Andernfalls muss nachträglich zum Herabsetzungsurteil eine Leistungsklage eingeleitet und durchgesetzt werden, zumal es sich beim Herabsetzungsurteil um ein reines Gestaltungsurteil handelt, welches die beklagte Person nicht zu einer Leistung verpflichtet, sondern der klagenden Partei lediglich die Grundlage verschafft, um mit einer zweiten Klage ihrem Leistungsanspruch zum Durchbruch zu verhelfen.
29 Zulässig und in der Praxis relativ häufig ist, die Herabsetzungsklage mittels objektiver Klagehäufung mit einer Ungültigkeits- und/oder Erbteilungsklage zu verbinden.
2. Relativ zwingende Natur der Herabsetzung
30 Die Vorschriften betreffend Pflichtteil und Herabsetzung sind grundsätzlich zwingende Bestimmungen.
31 Pflichtteilsgeschützte Personen, deren Pflichtteilsanspruch verletzt wird, sind jedoch nicht verpflichtet, eine Herabsetzungsklage einzuleiten bzw. die Herabsetzung einredeweise geltend zu machen, sondern können darauf verzichten.
3. Verhältnis zwischen Ausgleichung und Herabsetzung
32 Während die Ausgleichung (Art. 626 ff. ZGB) der Gleichbehandlung der Erben dient, bezweckt die Herabsetzung den Schutz der pflichtteilsgeschützten Erben.
III. Teilungsvorschriften vs. Vorausvermächtnis (Art. 522 Abs. 2 ZGB)
33 Wird einem Erben mittels Verfügung von Todes wegen ein bestimmter Vermögenswert zugewiesen, stellt sich die Frage, ob diese Begünstigung (i) als Teilungsvorschrift oder (ii) als Vorausvermächtnis zu qualifizieren ist. Mit einer Teilungsvorschrift i.S.v. Art. 608 ZGB kann der Erblasser auf die Erbteilung unter den Erben insoweit Einfluss nehmen, als er einem Erben das Recht einräumt, einen bestimmten Nachlassvermögenswert unter Anrechnung an seinen Erbteil zu übernehmen.
34 Hat der Erblasser mittels Verfügung von Todes wegen bestimmte Vermögenswerte einem gesetzlichen Erben (oder gemäss Art. 608 Abs. 3 ZGB einem eingesetzten Erben)
35 Um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen und entsprechend ein Vorausvermächtnis annehmen zu können, muss ein anderslautender Wille «aus der Verfügung ersichtlich» sein. An diesen Gegenbeweis, d.h. an die Widerlegung der Vermutung, sind allerdings keine allzu strengen Anforderungen zu stellen.
36 Hat der Erblasser einem Erben mittels Verfügung von Todes wegen bestimmte Vermögenswerte zu einem Wert zugewiesen, welcher unter dem Verkehrswert liegt, ist ein sog. Quotenvermächtnis anzunehmen.
Literaturverzeichnis
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Staehelin Daniel, Kommentierung zu Art. 474 ZGB, in: Thomas Geiser/Stephan Wolf (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 7. Aufl., Basel 2023 (zit. BSK-Staehelin, Art. 474 ZGB).
Strazzer René, Zwei verwirkte Herabsetzungsklagen, BGer 5A_357/2016 und BGer 5A_466/2016, successio 4 (2017), S. 300-308 (zit. Strazzer).
Tarolli Nadia/Heuberger Nora, Kommentierung zu Anhang Steuern, in: Daniel Abt/Thomas Weibel (Hrsg.), Praxiskommentar Erbrecht, 5. Aufl., Basel 2023 (zit. Tarolli/Heuberger, PraKomm, Anhang Steuern).
Weber Marc, Kommentierung zu Art. 87 ZPO, in: Karl Spühler/Luca Tenchio/Dominik Infanger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Basel 2017 (zit. BSK-Weber, Art. 87 ZPO).
Weibel Thomas, Kommentierung zu Art. 608 ZGB, in: Daniel Abt/Thomas Weibel (Hrsg.), Praxiskommentar Erbrecht, 5. Aufl., Basel 2023 (zit. Weibel, PraKomm, Art. 608 ZGB).
Wolf Stephan/Berger Cédric, Das Pflichtteilsvermächtnis – praktische Bedeutung und offene Fragen, AJP 3 (2023), S. 267-277 (zit. Wolf/Berger).
Wolf Stephan/Genna Gian Sandro, Schweizerisches Privatrecht, Erbrecht, Band IV/1, Basel 2012 (zit. Wolf/Genna).
Wolf Stephan/Hrubesch-Millauer Stephanie, Schweizerisches Erbrecht, 3. Aufl., Bern 2024 (zit. Wolf/Hrubesch-Millauer).
Zeiter Alexandra, Wertveränderungen zwischen Erbgang und Erbteilung, in: Paul Eitel/Alexandra Zeiter (Hrsg.), Kaleidoskop des Familien- und Erbrechts, Zürich/Basel/Genf 2014, S. 281-305 (zit. Zeiter).
Materialienverzeichnis
Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Gesetzesentwurf enthaltend das Schweizerische Zivilgesetzbuch vom 28.5.1904, BBl 1904 IV 1 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/1904/4_1_1_/de, besucht am 12.12.2024 (zit. Botschaft 1904).
Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Erbrecht) vom 29.8.2018, BBl 2018 5813 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2018/2131/de, besucht am 12.12.2024 (zit. Botschaft 2018).