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- Übergangsbestimmungen zur Aktienrechtsrevision vom 19. Juni 2020
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- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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- Art. 33 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 34 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Allgemeines
- II. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
- III. Gesuch um neue Beurteilung
- IV. Rechtsfolgen / Rechtskraftwirkung
- V. Verhältnis zu den ordentlichen Rechtsmitteln und anderen Rechtsbehelfen
- Literaturverzeichnis
I. Allgemeines
1 Abwesenheitsverfahren sind vor dem Hintergrund von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
II. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
2 Der Rechtsbehelf der Neubeurteilung steht ausdrücklich nur der im Abwesenheitsverfahren verurteilten Person zu. Damit ist klar, dass weder die Staatsanwaltschaft noch die Privatklägerschaft eine neue Beurteilung nach Art. 368 StPO verlangen können. Die Staatsanwaltschaft bzw. die Privatklägerschaft, die sich gegen ein in ihrer Abwesenheit ergangenes Urteil wehren will, ist auf die ordentlichen Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde zu verweisen.
3 In Bezug auf ein Urteil, das nicht im Abwesenheitsverfahren ergangen ist, ist keine Neubeurteilung nach Art. 368 ff. StPO möglich.
III. Gesuch um neue Beurteilung
A. Persönliche Zustellung des Urteils (Abs. 1)
4 Wird der Aufenthaltsort der zweifach unentschuldigt der Hauptverhandlung ferngebliebenen beschuldigten Person ermittelt oder wird sie auf andere Weise gestellt, wird ihr das Dispositiv des Abwesenheitsurteils ausgehändigt. Dies kann noch Jahre nach der Verurteilung der Fall sein.
5 Gleichzeitig mit der Aushändigung des Urteils ist die verurteilte Person auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass sie innert 10 Tagen seit Erhalt eine neue Beurteilung nach Art. 368 ff. StPO verlangen kann (Art. 368 Abs. 1 StPO). Praxisgemäss wird dieser Hinweis als Rechtsmittelbelehrung auf dem Urteil abgedruckt. Ebenso ist auf die Begründungspflicht nach Abs. 2 sowie die allenfalls gegebene Möglichkeit, nach Art. 371 Abs. 1 StPO parallel die Berufung zu erklären, aufmerksam zu machen.
6 Das Gesetz verlangt in Art. 368 Abs. 1 StPO ausdrücklich eine persönliche Zustellung des Abwesenheitsurteils, um die 10-tägige Rechtsbehelfsfrist auszulösen. Die Botschaft geht davon aus, dass der Aufenthaltsort der beschuldigten Person ermittelt wird oder diese sonst wie gestellt wird und ihr dabei das Dispositiv des Abwesenheitsurteils ausgehändigt werden kann.
7 Die Aushändigung erfolgt dabei an die verurteilte Person persönlich. Gemeint ist damit eine Übergabe von Hand zu Hand. Die Übergabe des Urteils an eine im gleichen Haushalt lebende über sechzehnjährige Person gem. Art. 85 Abs. 3 StPO sowie die Anwendung der Zustellfiktion gem. Art. 85 Abs. 4 lit. a StPO löst die Frist nach Art. 368 Abs. 1 StPO demgegenüber nicht aus.
8 Solange die persönliche Zustellung des Urteils nicht erfolgt ist und die Rechtsbehelfsfrist dadurch weder zu laufen begonnen hat noch abgelaufen ist und auch solange ein gestelltes Gesuch um neue Beurteilung nicht abgewiesen wurde, bleibt die Rechtskraft des Abwesenheitsurteils resolutiv bedingt
B. Gesuch und Begründungsobliegenheit (Abs. 2)
9 Das Verfahren nach Art. 368 StPO bedarf eines schriftlichen oder mündlich zu Protokoll gegebenen Gesuchs der im Abwesenheitsverfahren verurteilten Person. Das Gesuch ist innert 10 Tagen seit Kenntnisnahme des Kontumazialurteils beim ursprünglich urteilenden Gericht einzureichen. Im Gesuch um Neubeurteilung hat die verurteilte Person kurz zu begründen, weshalb sie an der Hauptverhandlung bzw. den Hauptverhandlungen nicht teilgenommen hat. Sie hat diese Gründe, die ihre Abwesenheit rechtfertigen, glaubhaft vorzubringen.
10 Die gesetzliche Obliegenheit zur Begründung der Abwesenheit durch die verurteilte Person steht dabei im Einklang mit der konventionsrechtlichen Rechtsprechung und verletzt nicht etwa den Grundsatz von nemo tenetur se ipsum accusare, wonach niemand gehalten ist, sich selber zu belasten. Denn es gilt ganz allgemein, dass Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu begründen sind,
C. Ablehnungsgründe (Abs. 3)
11 Art. 368 Abs. 3 StPO regelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Gesuch um Neubeurteilung zu entsprechen ist bzw. wann dieses abzulehnen ist. Demnach lehnt das Gericht das Gesuch ab, wenn die verurteilte Person ordnungsgemäss vorgeladen wurde, der Hauptverhandlung aber unentschuldigt ferngeblieben ist.
12 Der in den Art. 368 Abs. 3 StPO und Art. 369 Abs. 4 StPO verwendete Begriff «unentschuldigt» ist in beiden Bestimmungen gleich auszulegen und stimmt mit demjenigen nach Art. 366 StPO überein. Verlangt ist ein schuldhaftes Fernbleiben.
13 Die Beweislast für das selbstverschuldete Nichterscheinen liegt allerdings – wie dies auch bei Säumnis nach Art. 366 StPO der Fall ist – beim Staat.
IV. Rechtsfolgen / Rechtskraftwirkung
14 Soweit das Gesuch um Neubeurteilung gutgeheissen und nach Massgabe von Art. 369 f. StPO ein neues Urteil gefällt wird, fällt das Abwesenheitsurteil dahin. Es gilt insofern auch verjährungsrechtlich nicht mehr als erstinstanzliches Urteil.
15 Lehnt das Gericht das Gesuch um neue Beurteilung hingegen ab, fällt es gemäss Art. 80 Abs. 1 StPO einen formellen Beschluss (Kollegialgericht) bzw. eine Verfügung (Einzelgericht). Dagegen ist nach den allgemeinen Bestimmungen die Beschwerde zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO). Das Abwesenheitsurteil bleibt in diesem Fall bestehen (Art. 369 Abs. 4 StPO). Das im Abwesenheitsverfahren gefällte Urteil erwächst diesfalls nach den allgemeinen Regeln in Rechtskraft (vgl. Art. 437 ff. StPO).
16 Wird gegen das Abwesenheitsurteil innert der Rechtsmittelfrist, deren Auslösung – im Gegensatz zur Rechtsbehelfsfrist – keine persönliche Zustellung des Urteils bedingt, kein ordentliches Rechtsmittel ergriffen, kann grundsätzlich von einem rechtskräftigen Urteil gesprochen werden. Indes handelt es sich dabei um eine bloss resolutiv (auflösend
17 Die bloss resolutiv bedingte Rechtskraft gilt selbst dann, wenn das Gericht dem Gesuch um Neubeurteilung keine aufschiebende Wirkung im Sinne von Art. 369 Abs. 3 StPO gewährt.
V. Verhältnis zu den ordentlichen Rechtsmitteln und anderen Rechtsbehelfen
A. Verhältnis zur Berufung
18 Der Gesetzgeber widmete dem Verhältnis der Neubeurteilung zur Berufung eine eigene Gesetzesnorm. So ist in Art. 271 StPO festgeschrieben, dass, solange die Berufungsfrist noch läuft, die verurteilte Person neben oder statt dem Gesuch um neue Beurteilung auch die Berufung gegen das Abwesenheitsurteil erklären kann. Sie ist über diese Möglichkeit im Sinne von Art. 368 Abs. 1 StPO zu informieren. Auf eine Berufung wird nur eingetreten, wenn das Gesuch um neue Beurteilung abgelehnt wurde.
B. Verhältnis zur Beschwerde
19 Bei Ablehnung des Gesuchs um neue Beurteilung, welche in Form des Beschlusses bzw. der Verfügung ergeht, steht der im Abwesenheitsverfahren verurteilten Person die Beschwerde an die Rechtsmittelinstanz offen (Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO).
20 Wurde nach Gutheissung des Gesuchs um Neubeurteilung eine weitere (dritte) Hauptverhandlung durchgeführt bei welcher die beschuldigte Person erneut unentschuldigt fernblieb, fällt ein weiteres Gesuch um neue Beurteilung ausser Betracht. Gegen die gerichtliche Feststellung nach Art. 369 Abs. 4 StPO, wonach das ursprüngliche Abwesenheitsurteil gilt, kann die erneut säumig gebliebene beschuldigte Person Beschwerde erheben mit der Begründung, das Gericht habe zu Unrecht ein unentschuldigtes Fernbleiben angenommen.
C. Verhältnis zur Wiederherstellung bei versäumten Terminen (Art. 94 Abs. 5 StPO)
21 Im Falle eines ergangenen Kontumazialurteils gehen nach der hier vertretenen Ansicht die Bestimmungen von Art. 368 ff. StPO als lex specialis denjenigen der Wiederherstellung bei versäumten Terminen nach Art. 94 StPO vor, was sich aus dem Vorbehalt in Art. 94 Abs. 5 StPO zu Gunsten der Bestimmungen über das Abwesenheitsverfahren ergibt.
22 Für die Wiederherstellung hat die beschuldigte Person glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft.
23 In Konstellationen, in denen Art. 368 ff. StPO nicht zur Anwendung gelangen kann, weil kein Abwesenheitsurteil sondern ein ordentliches Urteil ergangen ist,
24 Ebenfalls kann die Wiederherstellung nach der hier vertretenen Ansicht verlangt werden, wenn die 10-tägige Frist zur Erhebung des Rechtsbehelfs nach Art. 368 StPO bereits verstrichen ist, die Frist von 30 Tagen zur Wiederherstellung der Frist aber noch immer läuft.
Literaturverzeichnis
Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1085 ff.
Maurer Thomas, in: Niggli Marcel Alexander/Heer Marianne/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Basler Kommentar zur Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014.
Riklin Franz, Schweizerische Strafprozessordnung mit JStPO, StBOG und weiteren Erlassen, Orell Füssli Kommentar (Navigator.ch), 2. Aufl. 2014.
Schmid Niklaus/Jositsch Daniel, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. Zürich/St.Gallen 2017 (zit. Handbuch).
Schmid Niklaus/Jositsch Daniel, Praxiskommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, Dike Kommentar, 3. Aufl. Zürich 2018 (zit. Praxiskommentar).
Summers Sarah, in: Donatsch Andreas/Lieber Viktor/Summers Sarah/Wohlers Wolfgang (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 2020.