Eine Kommentierung von Tina Triller
Herausgegeben von Damian K. Graf / Doris Hutzler
1a. Abschnitt: Zusammenarbeit mit den Aufsichtsorganisationen und den Selbstregulierungsorganisationen
Art. 29b
1 Die Meldestelle kann mit den Aufsichtsorganisationen und den Selbstregulierungsorganisationen alle Auskünfte austauschen, die für die Anwendung dieses Gesetzes notwendig sind.
2 Sie darf Informationen von Strafverfolgungsbehörden nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung an Aufsichtsorganisationen und Selbstregulierungsorganisationen weitergeben.
3 Sie darf Informationen ausländischer Meldestellen nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung an Aufsichtsorganisationen und Selbstregulierungsorganisationen und ausschlies
I. Einleitung
1 Mit der Schaffung von Art. 29b GwG erfolgte die sachlogische Erweiterung des nationalen Informationsaustausches auf die Selbstregulierungs- und Aufsichtsorganisationen (sog. parastaatliche Aufsichtsinstanzen), welche mit der Meldestelle alle für die Durchsetzung des GwG benötigten Auskünfte austauschen können. Diese gesetzliche Erweiterung, welche am 1. Januar 2023 in Kraft trat, stärkt die nationale Zusammenarbeit und stellt die Konformität mit den Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) sicher. Die inhaltliche Ausgestaltung von Art. 29b GwG ist praktisch identisch zu der Bestimmung über den Informationsaustausch mit den Aufsichtsbehörden nach Art. 29 Abs. 1 GwG, weshalb die nachfolgenden Ausführungen oftmals auf OK-Triller, Art. 29 GwG, N. 9 ff. verweisen.
II. Informationsaustausch mit Selbstregulierungsorganisationen (SRO) und Aufsichtsorganisationen (AO) (Art. 29b Abs. 1 GwG)
2 Art. 29b GwG bildet die gesetzliche Grundlage für den Informationsaustausch zwischen der Meldestelle und den Selbstregulierungsorganisationen (SRO) und Aufsichtsorganisationen (AO). Inhaltlich ist dieser Informationsaustausch substantiell an Art. 29 Abs. 1 GwG angeglichen, da auch die SRO und AO als parastaatliche Aufsichtsinstanzen Zugang zu den bei der MROS vorhandenen Informationen haben müssen.
A. Amtshilfefähige Institute
3 Von Art. 29b Abs. 1 GwG erfasst sind die «anerkannten» SRO. Darunter fallen nach Art. 24 GwG jene SRO, welche von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA anerkannt und beaufsichtigt werden sowie zudem über eine gesetzliche Regulierungs- und Aufsichtskompetenz gegenüber den angeschlossenen Finanzintermediären verfügen.
4 Neben den SRO kann die Meldestelle auch mit den AO Auskünfte austauschen. Als parastaatliche Aufsichtsinstanz muss eine AO zur Ausübung ihrer finanzmarktrechtlichen Aufsichtstätigkeit und Umsetzung des gesetzlichen Auftrages über eine Bewilligung der FINMA verfügen.
B. «Kann-Bestimmung»
5 Analog zu Art. 29 Abs. 1 GwG handelt es sich bei der Regelung des Informationsaustausches mit den Selbstregulierungs- und Aufsichtsorganisationen um eine «Kann-Bestimmung». Der Entscheid über die Leistung der Amtshilfe obliegt jeweils der MROS respektive den SRO oder AO.
6 Die Amtshilfe kann dabei auf konkretes Ersuchen hin oder spontan erfolgen.
C. Austausch von «Auskünften»
7 Analog zu Art. 29 Abs. 1 GwG können die Meldestelle und die parastaatlichen Aufsichtsbehörden nur Auskünfte, nicht aber Unterlagen austauschen. Das bedeutet, dass die übermittelten Auskünfte in Berichtsform und ohne Zustellung von (Original-)Dokumenten zu erfolgen hat.
8 Für weitergehende Erläuterungen zum Praxisbezug und der damit verbundenen Problemstellungen bei der Übermittlung von «Auskünften» wird auf OK-Triller, Art. 29 GwG, N. 13 ff. verwiesen.
D. Die Zweckbindung als Schranke des Informationsaustausches
9 Der Informationsaustausch zwischen der MROS und den Selbstregulierungs- und Aufsichtsorganisationen wird auf die Anwendung des Geldwäschereigesetzes beschränkt.
10 Analog zu Art. 29 Abs. 1 GwG fallen unter den Zweckartikel des GwG
III. Zustimmung der Strafverfolgungsbehörden (Art. 29b Abs. 2 GwG)
11 Anders als bei der Amtshilfe zwischen der MROS und den Aufsichtsbehörden gemäss Art. 29 Abs. 1 GwG darf die Meldestelle Informationen von Strafverfolgungsbehörden nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung an die SRO und AO weitergeben.
12 Im Ergebnisbericht zur Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung wurde festgehalten, dass mit dieser Bestimmung allfälligen Interessenskonflikten
IV. Verwendungsbeschränkung bei der Weitergabe von ausländischen Informationen (Art. 29b Abs. 3 GwG)
13 Analog zur Bestimmung von Art. 29 Abs. 2ter GwG dürfen Informationen von ausländischen Meldestellen nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung an die SRO und AO weitergegeben werden. Zudem verweist der Art. 29b Abs. 3 GwG ausdrücklich auf die Vorgaben von Art. 29 Abs. 2bis GwG und damit auf die analoge Anwendung von Art. 30 Abs. 2–5 GwG.
14 Für detaillierte Ausführungen zu den dazugehörigen Auslegungsfragen wird auf die OK-Triller, Art. 29 GwG, N. 47 ff. verwiesen.
Literaturverzeichnis
Nägeli Vera, Kommentierung zu Art. 29 GwG, in: Hsu Peter Ch./Flühmann Daniel, Basler Kommentar, Geldwäschereigesetz, Zürich 2021.
Materialienverzeichnis
Botschaft zur Änderung des Geldwäschereigesetzes vom 26.6.2019, BBl 2019, abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/fga/2019/1932/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-fga-2019-1932-de-pdf-a.pdf, besucht am 27.8.2024 (zit. Botschaft GwG 2019).
Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereigesetz), Ergebnisbericht vom 26.6.2019, abrufbar unter https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/57537.pdf, besucht am 27.8.2024 (zit. Ergebnisbericht 2019).
Fussnoten
- Botschaft GwG 2019, S. 5525.
- Botschaft GwG 2019, S. 5525.
- Botschaft GwG 2019, S. 5525.
- Aufsichtsorganisationen (AO) | FINMA, besucht am 27.8.2024.
- Botschaft 2019, S. 5525.
- Art. 29b Abs. 1 GwG.
- BSK-Nägeli, Art. 29 GwG N. 49. Dabei handelt sich um das im Kontext der Amtshilfe geltende Spezialitätsprinzip. Es spiegelt den datenschutzrechtlichen Grundsatz der Zweckbindung wider. Personendaten dürfen demnach nur für den bei der Beschaffung angegebenen Zweck oder den Zweck, der aus den Umständen ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen ist, bearbeitet werden (Art. 4 Abs. 3 DSG).
- Art. 1 GwG.
- Botschaft GwG 2019, S. 5525.
- Art. 3 ff. GwG. Dem GwG und seinen Sorgfaltspflichten unterstehen auch die Händler, wobei es hierfür keine Aufsichtsbehörde gibt, mit welchen ein Austausch nach Art. 29 Abs. 1 GwG möglich wäre.
- Art. 9 ff. GwG.
- Wobei die Aufsichtsbehörden allfällige Interventionen bei einem Finanzintermediär mit den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu koordinieren haben und vor einer allfälligen Weiterleitung von Informationen und Unterlagen Rücksprache mit diesen nehmen müssen (Art. 29a Abs. 4 GwG).
- Bei parastaatlichen Aufsichtsorganisationen könnten beispielsweise Interessenskonflikte zwischen ihren aufsichtsrechtlichen und privatrechtlichen Interessen stehen. Diese Meinung wurde vor allem im Vernehmlassungsverfahren geäussert.
- Ergebnisbericht 2019, S. 15.
- Ergebnisbericht 2019, S. 15.
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