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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
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DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Mediation als Teil der alternativen Streitschlichtungsverfahren (ADR)
- II. Historische Entwicklung der Mediation
- III. Begrifflichkeiten
- IV. Rechtsgrundlagen, Anwendungsbereich und Verträge
- V. Grundsätze und Struktur des Mediationsverfahrens
- VI. Praktische Fragen
- Literaturverzeichnis
I. Mediation als Teil der alternativen Streitschlichtungsverfahren (ADR)
1 Mediation ist ein Verfahren, welches sowohl explizit als auch implizit zur Lösung von Konflikten verwendet wird, wobei die «Konflikte» nicht zwingend eine juristische Frage i.e.S. beinhalten. Explizit ist ein Mediationsverfahren dann, wenn es sowohl von der Mediatorin bzw. dem Mediator als auch den beteiligten Parteien ausdrücklich so bezeichnet und verstanden wird und grundsätzlich nach dem Phasenmodell (s. unten Abschnitt V.B.) abläuft. Implizit wird Mediation dann verwendet, wenn Elemente aus der Mediationslehre zur Lösung eines Konflikts eingesetzt werden, der sich nicht im expliziten Setting eines Mediationsverfahrens abspielt. Zu denken ist z.B. an den impliziten Gebrauch von Techniken wie etwa dem Paraphrasieren, welche für Mediationsverfahren typisch sind. Die vermittelnde bzw. mediierende Person muss dabei nicht zwingend eine Mediatorin oder ein Mediator i.e.S. sein. So bedienen sich Vorgesetzte, Kollegen oder neutrale Vertrauens- und Ansprechpersonen oft sogar intuitiv methodischer Kniffe aus der Mediationslehre, ohne dass sie bzw. die Konfliktparteien sich in einem «Mediationsverfahren» wähnen.
2 Im rechtswissenschaftlichen Diskurs wird die Mediation gemeinhin dem Sachgebiet der Alternative Dispute Resolution (ADR) bzw. der alternativen Streitschlichtungsverfahren zugeordnet. Dort gilt sie nebst der Schiedsgerichtsbarkeit als das prominenteste
3 Eines der Hauptziele von Mediationsverfahren ist eine Wiederherstellung der Beziehung zwischen den zerstrittenen Konfliktparteien.
II. Historische Entwicklung der Mediation
4 Aus historischer Perspektive verfügt die Mediation in vielen Ländern und Kulturen über eine lange Tradition.
5 In der Schweiz etablierte sich die Mediation Ende der 1980er Jahre zunächst in der Westschweiz
III. Begrifflichkeiten
A. Definition
6 Einheitliche Definitionen von Mediation und der damit zusammenhängenden mediationsspezifischen Begriffe haben sich bisher nicht etabliert. Festzustellen ist, dass sowohl die Definitionen
7 Sowohl in der Lehre als auch im praktischen Berufsalltag sprechen Mediatorinnen und Mediatoren von der Profession der Lösungsbeschaffung, einer Art von Handlungskonzept, bzw. der «Mediation» als Dienstleistung, als Haltung oder als Methode zugunsten der Klientschaft:
8 Wie beim hier vorliegenden Text halten sich Fischer und Schneuwly an die Definition von Mediation aus dem Leitbild des Centre for Effective Dispute Resolution (CEDR) in London: «Mediation is a flexible process conducted confidentially in which a trained neutral mediator actively assists parties in working towards a negotiated agreement of a dispute of difference, with the parties in ultimate control of the decision to settle and the terms of resolution.»
B. Abgrenzungsfragen
1. Schlichtung
9 Systematisch sind sowohl die Mediation als auch die Schlichtung bzw. das Schlichtungsverfahren
10 Ein Vorteil des Schlichtungsverfahrens ist, dass eine neutrale Drittperson den Parteien zeitnah einen Lösungsvorschlag unterbreitet, welcher aufgrund der Autorität als Schlichterin bzw. Schlichters besonders glaubwürdig wirkt.
2. Gerichtsnahe Mediation
11 Nach der schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) kann eine Mediation an Stelle eines Schlichtungsverfahrens eingesetzt werden (Art. 213 ZPO),
12 Dabei bedarf es einer formgerechten Einleitung eines Schlichtungsverfahrens sowie eines Antrags auf Durchführung einer Mediation bei der Schlichtungsbehörde. Wird das Schlichtungsverfahren als Folge der Mediation durch Einigung (Vergleich, Klageanerkennung oder Klagerückzug) erledigt abgeschrieben (Art. 208 Abs. 1); sind die Wirkungen jene eines «rechtskräftigen Entscheids» (Art. 208 Abs. 2 ZPO); scheitert die Mediation, so wird die Klagebewilligung von der Schlichtungsbehörde ausgestellt (Art. 213 Abs. 3 ZPO).
3. Schiedsgerichtsbarkeit
13 Im Unterschied zur Mediation, bei welcher die Entscheidungskompetenz stets bei den Konfliktparteien selbst liegt, übertragen die Parteien bei der ADR-Methode «Schiedsgerichtsbarkeit» sowohl diese Entscheidungskompetenz als auch die Autorität zur entsprechenden Prozessgestaltung an eine einzige oder auch mehrere, durch sie einvernehmlich bestimmte neutrale Drittpersonen.
14 Als Schiedsgericht gilt somit ein «Spruchkörper, der durch die Parteien anstelle der normalerweise zuständigen staatlichen Gerichte zur verbindlichen Streitentscheidung eingesetzt wurde».
IV. Rechtsgrundlagen, Anwendungsbereich und Verträge
A. Rechtsgrundlagen
15 Die Mediation ist als Methode erst in wenigen schweizerischen Bundesgesetzen zu finden. Als primärer Einsatzbereich gilt der Zivilprozess (Art. 213 ff. ZPO), das Verwaltungsverfahren vor Bundesbehörden (Art. 33 VwVG) sowie der Jugendstrafprozess (Art. 17 JStPO); wobei auf eine Aufnahme der Mediation in die schweizerische StPO bisher verzichtet wurde.
16 In Bezug auf die Verweigerung von Aussagen durch die Mediationsperson regelt die ZPO explizit, dass Mediatorinnen und Mediatoren im Hinblick auf Mitwirkungspflichten im gerichtlichen Beweisverfahren (Art. 166 Abs. 1 lit. d ZPO), ein beschränktes Verweigerungsrecht haben. Diese Regelung innerhalb der ZPO gilt allerdings einzig und alleine im Umgang mit Gerichtsbehörden und regelt damit nur das Verhältnis der Mediation zum gerichtlichen Verfahren.
B. Hauptanwendungsbereich der Mediation
17 Wenngleich Mediation sich in fast allen Bereichen zwischenmenschlicher Konfliktkonstellationen einsetzen lässt, haben sich im Verlauf der Zeit einige Schwerpunkte gebildet, bei denen sich die ADR-Methode der Mediation besonders stark etabliert hat. Als Hauptanwendungsbereiche der Mediation lassen sich in der Schweiz einerseits familienrechtliche und andererseits arbeitsrechtliche Angelegenheiten
18 Es kommt immer wieder vor, dass eine Konfliktsituation in einem Bereich stattfindet, bei denen gewisse Fachkenntnisse ggf. hilfreich sein können. Obschon die Frage, ob Mediatorinnen und Mediatoren solche Fachkenntnisse im konkreten Anwendungsbereich mitbringen sollten durchaus diskutiert wird,
C. Verträge in der Mediation
1. Rechtliche Einordnung
19 Verträge können im Mediationsverfahren auf mehreren Etappen eine Rolle spielen, da verschiedene vertragliche Vereinbarungen abgeschlossen werden können. Wichtig festzustellen ist, dass die Schweiz keine ausdrücklichen Bestimmungen über vertragliche Vereinbarungen im Mediationsverfahren kennt,
20 Rechtlich ist das Mediationsverhältnis zwischen Klientschaft und Mediationsperson als einfacher Auftrag gem. Art. 394 ff. OR zu qualifizieren.
2. Mediationsabrede und Arbeitsbündnis
21 Das erste Vertragsverhältnis konstituiert die Rechtsbeziehung zwischen den Konfliktparteien selbst: Als Mediationsabrede wird gemeinhin die Entscheidung zwischen den Parteien bezeichnet, eine Mediation durchzuführen bzw. aufzunehmen,
22 Ob die abgeschlossene Mediationsabrede als Konfliktlösungsversuch zwischen den Parteien eine rechtliche Verbindlichkeit zu entfalten vermag, und somit einen Klagehinderungsgrund bildet.
23 Sobald die Beteiligten ihre Ziele im Mediationsverfahren klar definiert haben und die Mediationsabrede zwischen den Konfliktparteien zustande gekommen ist, kann die Mediationsperson den Verfahrensablauf im Detail erklären und versuchen, die Prinzipien für die gemeinsame Arbeit zu erläutern,
3. Mediationsvertrag und Mediationsvereinbarung
24 Gemäss herrschender Lehre wird die Übereinkunft zwischen Mediationsperson und den Konfliktparteien als Mediationsvertrag bezeichnet
25 Wurde im Rahmen des Arbeitsbündnisses der Abschluss einer rechtsverbindlichen Vereinbarung in Aussicht gestellt, so liegt es in der Verantwortung der Mediatorin oder des Mediators, die nötigen formellen Erfordernisse einzuhalten.
V. Grundsätze und Struktur des Mediationsverfahrens
26 Im Zuge der modernen Mediationsbewegung entstanden zahlreiche eigene Regeln und Maximen der Mediationslehre, aber auch die Konzeptualisierung einschlägiger Aus- und Weiterbildungen
A. Grundsätze des Mediationsverfahrens
27 Die Möglichkeit, mit Konfliktparteien eine gütliche Einigung zu erzielen, zielt darauf ab, dass diesen eine maximale Gestaltungsfreiheit ihres Lösungsfindungsprozesses gewährt wird.
28 Unter dem Grundsatz der Freiwilligkeit ist zu verstehen, dass die Beteiligten aus freien Stücken, d.h. ohne Zwang an einer Mediation teilnehmen
B. Struktur des Mediationsverfahrens (Phasenmodell)
29 Das Mediationsverfahren wird in der Praxis auf Basis unterschiedlicher Modelle durchgeführt,
30 Das Phasenmodell dient der Orientierung und der Vermeidung grober Ablauffehler,
Phase 0: Vorphase
31 Die Vorphase ist für die Mediation von zentraler Bedeutung und bildet den Erstkontakt zwischen Mediator und potentieller Klientschaft.
32 Die Risiken und Gefahren innerhalb der Vorphase können vor allem dann vorliegen, wenn es sich um eine Mediation im Auftrag von Dritten handelt,
Phase 1: Mediationsbeginn und Orientierung
33 Normalerweise finde das erste gemeinsame Gespräch zwischen den Beteiligten und der Mediationsperson bereits in der Vorphase oder dann unmittelbar zu Beginn der ersten Phase statt. Anlässlich der ersten Phase oder Phase 1 werden die Konfliktparteien gebeten, ihr Anliegen kurz und übersichtlich darzulegen,
Phase 2: Sachverhalt klären und Themen bestimmen
34 Bei der zweiten Phase oder Phase 2 geht es für die Mediationsperson darum, sich einen Überblick über den Sachverhalt zu verschaffen und darauf basierend eine Themensammlung zu erarbeiten.
35 Mediatorinnen und Mediatoren hören aktiv zu, paraphrasieren das Gehörte und stellen je nachdem Fragen zur Situation und zu den erfassten Themen.
36 Auch können komplexe Themenabfolgen die Parteien eingangs überfordern und zu kleinen Reibereien führen, weshalb es sinnvoll sein kann, mit einfacheren bzw. weniger kontroversen Themen zu beginnen
Phase 3: Konfliktbearbeitung
37 Die Interessenklärung in der dritten Phase oder Phase 3 stellt bei Mediationsprozessen vielleicht die schwierigste, aber gleichzeitig auch die wichtigste Phase dar.
38 Auch andere systeminhärente Konfliktkonstellationen lassen sich nicht immer zielführend befrieden.
39 Schliesslich sind auch die Pausen zwischen den Sitzungen wichtig.
Phase 4: Erarbeiten von Lösungsoptionen
40 Nachdem die Interessen hinter den Positionen freigelegt worden sind
Phase 5: Ende der Mediation
41 Die fünfte Phase oder Phase 5 schliesst gemeinhin das Mediationsverfahren ab. Wenn der Prozess bis zu diesem Punkt zufriedenstellend verlaufen ist, so können nun ausgewählte Lösungsoptionen und Umsetzungsvarianten der beteiligten Parteien festgeschrieben werden.
42 Ist die Vereinbarung inhaltlich überarbeitet und bereinigt, so kann sie allen Beteiligten zur Unterzeichnung vorgelegt werden. Dabei kommt es vor, dass Mediatorinnen und Mediatoren in ihrer Funktion als Prozessverantwortliche mitunterzeichnen.
VI. Praktische Fragen
A. Professionalisierung und Qualifikationen in der Mediation
43 In der Schweiz existieren grundsätzlich keine gesetzlichen Grundlagen in Bezug auf berufsspezifische Qualifikationen und Anforderungen für Mediatorinnen und Mediatoren. Allerdings bildet die Bewilligung einer unentgeltlichen Mediation gem. Art. 218 Abs. 2 und 3 ZPO eine Ausnahme von diesem Grundsatz, da die Entschädigung der Mediationsperson durch den Kanton entrichtet wird, welcher i.d.R. auch gewisse Anforderungen an die Ausbildung sowie die einschlägige Qualifikationen der Mediationsperson stellt.
44 Der Ausdruck Mediatorin bzw. Mediator ist an sich keine geschützte Berufsbezeichnung,
B. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Mediationspersonen
45 In der Praxis stellt sich oft die Frage, wie die Mediationstätigkeit von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte zu qualifizieren ist, zumal die Beliebtheit der Mediation viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in den Mediationsberuf gezogen hat:
Dieser Beitrag basiert auf der Monographie Fischer Jonas/Schneuwly Anne Mirjam, ADR – Alternative Dispute Resolution, 2021 erschienen bei den Verlagen Dike und Nomos.
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