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Kommentierung zu
Art. 106-109 SchKG

Eine Kommentierung von Christoph Mettler

Herausgegeben von Michel Heinzmann / Bruno Pasquier

defriten

I. Art. 106 SchKG

A. Anwendungsbereich des Widerspruchsverfahrens

1 Im Widerspruchsverfahren wird geklärt, ob eine Dritte (Ansprecherin) ein besseres Recht (z.B. Eigentum, Pfandrecht) an einem Vermögenswert hat, der in der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zugunsten der Gläubigerin verwertet werden soll. Im Widerspruchsverfahren müssen somit materiell-rechtliche (Vor-)Fragen beantwortet werden, die sich auf die Zwangsvollstreckung auswirken.

2 Das Widerspruchsverfahren findet nicht nur bei der Betreibung auf Pfändung Anwendung, sondern auch beim Arrest (Art. 275 SchKG), bei der Betreibung auf Pfandverwertung (Art. 155 SchKG), bei der Mietretention nach Art. 283 SchKG

sowie bei der Feststellung neuen Vermögens i.S.v. Art. 265a SchKG.
Wird ein beschränkt dingliches Recht an einem Grundstück geltend gemacht, nimmt die Lastenbereinigungsklage nach Art. 140 SchKG die Funktion der Widerspruchsklage ein.
Die vorliegende Kommentierung orientiert sich am Regelfall, d.h. an der Pfändung nach Art. 89 ff. SchKG, gilt aber grundsätzlich auch für die anderen Verfahren.

3 Im Konkurs gibt es kein Äquivalent zum Widerspruchsverfahren, weshalb die Auseinandersetzungen in unterschiedlichen Verfahren ausgetragen werden. Für eine fremde Eigentumsansprache an beweglichen Sachen nimmt die Admassierungs- und Aussonderungsklage gemäss Art. 242 bis Art. 243 SchKG die Funktion der Widerspruchsklage ein.

Macht die Ansprecherin ein beschränkt dingliches Recht (z.B. ein Pfandrecht) an Vermögenswerten der Konkursmasse geltend, ist darüber im Kollokationsverfahren zu entscheiden.
Wird geltend gemacht, die Ansprecherin und nicht die Konkursmasse sei Gläubigerin einer Forderung, ist darüber in einem gewöhnlichen Zivilprozess zu entscheiden (sog. Prätendentenstreit).

B. Grundlagen

4 Die Gläubigerin strebt an, dass ihre Forderung möglichst schnell zwangsweise befriedigt wird. Wenn es nicht notwendig ist, hat sie kein Interesse daran, eine zeit- und kostspielige Auseinandersetzung mit der Ansprecherin über deren Rechte an einem gepfändeten Vermögenswert vom Zaun zu brechen. Diese Überlegung liegt auch der gesetzgeberischen Konzeption zugrunde: Wenn möglich soll es gar nicht zu einer Widerspruchsklage kommen.

Gemäss Art. 95 Abs. 3 SchKG pfändet das Betreibungsamt Vermögenswerte Dritter erst zuletzt.
Melden eine oder mehrere Ansprecherinnen bei verschiedenen Vermögenswerten Rechte an, muss das Betreibungsamt zuerst jene Vermögenswerte pfänden, bei welchen die Ansprache am wenigsten wahrscheinlich erscheint und zuletzt diejenigen, bei welchen die Ansprache am wahrscheinlichsten erscheint.

5 Das Betreibungsamt hat indessen alles zu pfänden, was von der Gläubigerin als dem Schuldner zugehörig bezeichnet wird und nötig erscheint, um die Gläubigerin zu befriedigen (vgl. Art. 97 Abs. 2 SchKG). Erforderlich ist nur, dass die Gläubigerin diese Zugehörigkeit glaubhaft macht

Anders ausgedrückt ist die Pfändung nur dann unzulässig, wenn der Vermögenswert offensichtlich nicht dem Schuldner gehört (und zwar auch nicht wirtschaftlich). Lediglich in diesem Fall kann das Betreibungsamt von der Pfändung absehen, weil diese dann anfechtbar oder gar nichtig wäre.
Weigert sich das Betreibungsamt, den Vermögenswert zu pfänden oder das Widerspruchsverfahren einzuleiten, ist Beschwerde nach Art. 17 ff. SchKG zu führen. Gläubigerin und Schuldner können damit das Widerspruchsverfahren erzwingen.

C. Abs. 1: Anwendungsbereich des Widerspruchsverfahrens

6 Absatz 1 ist die zentrale Bestimmung von Art. 106 SchKG. Darin werden der Anwendungsbereich des Widerspruchsverfahrens und das Vorgehen des Betreibungsamts geregelt. Das Verfahren wird eingeleitet, wenn die Ansprecherin bessere Rechte am gepfändeten Vermögenswert geltend macht.

1. Gepfändeter Vermögenswert

7 Der Wortlaut von Art. 106 Abs. 1 SchKG ist zu eng.

Es geht nicht nur um Gegenstände, d.h. bewegliche Sachen (inkl. Wertpapiere), sondern auch um:

  • Grundstücke

    (wobei nur die Eigentumsansprache im Widerspruchsverfahren erledigt wird; beschränkt dingliche Rechte werden im Lastenbereinigungsverfahren nach Art. 140 SchKG geklärt);

  • Forderungen, z.B. Vorkaufs-, Rückkaufs- oder Kaufrechte (wobei diese bei Grundstücken wiederum im Lastenbereinigungsverfahren geprüft werden),

    Versicherungsansprüche,
    Erbanteile
    oder nicht verbriefte Aktien;

  • Bucheffekten;

  • Immaterialgüterrechte;

  • Kryptowährungen.

8 Kurz: Alles, was gepfändet wird, kann auch Gegenstand einer Drittansprache sein.

Werden bessere Rechte an einem unpfändbaren Vermögenswert geltend gemacht, ist über dieses Recht im gewöhnlichen Zivilprozess (z.B. Vindikationsklage) zu entscheiden.

2. Behauptetes besseres Recht

9 Beim besseren Recht

handelt es sich um ein die Pfändung ausschliessendes oder zurückdrängendes Recht, d.h. ein bei der Verwertung und Verteilung zu berücksichtigendes Recht.
Dieses kann u.U. auch fremdem (Sachen-)Recht unterstehen.

10 Typischerweise wird die Ansprecherin geltend machen, sie sei Eigentümerin (oder Mit- bzw. Gesamteigentümerin) der gepfändeten Sache.

Wie das Eigentumsrecht erworben wurde, wird vom materiellen Recht geregelt. Es sind sämtliche Erwerbsarten denkbar, d.h. originärer oder derivativer Erwerb.
Insbesondere kann die Ansprecherin geltend machen, der Schuldner hätte den Vermögenswert für sie erworben und das Eigentum sei nach Art. 401 Abs. 3 OR auf sie übergegangen.
Ebenso kann sich die Ansprecherin auf einen Eigentumsvorbehalt i.S.v. Art. 715 ZGB stützen.

11 Weiter kann die Ansprecherin beschränkt dingliche Rechte an der gepfändeten Fahrnis bzw. der gepfändeten Forderung

geltend machen. Konkret geht es um folgende Rechte:

  • Pfandrecht i.S.v. Art. 884 ff. ZGB (häufigster Fall);

  • dingliches Retentionsrecht nach Art. 712 ZGB, Art. 895 ZGB, Art. 268 ff. oder Art. 299c OR;

  • Nutzniessung.

12 Zudem kann die Ansprecherin auch lediglich den besseren Rang eines beschränkt dinglichen Rechts anmelden.

Weitere Rechte, welche der Pfändung entgegenstehen können, sind im Familienrecht vorgesehen (z.B. Art. 68e SchKG).

13 Bei folgenden Ansprachen ist hingegen kein Widerspruchsverfahren einzuleiten:

  • Wenn die Ansprecherin einen obligatorischen Anspruch (z.B. auf Eigentumsübertragung) geltend macht:

    Mangels dinglicher Wirkung wird ein solcher Anspruch im Verwertungsverfahren nicht beachtet. Etwas anderes gilt, wenn bei einem Grundstück vor der Pfändung eine Vormerkung gemäss Art. 960 f. ZGB vorgenommen wurde.

  • Wenn die Drittschuldnerin den Bestand der gepfändeten Forderung bestreitet (z.B. weil diese durch Verrechnung untergegangen ist). Die Forderung ist dann als bestrittene Forderung zu pfänden.

    In der Lehre wird daraus abgeleitet, dass auch dann kein Widerspruchsverfahren stattfinde, wenn die Ansprecherin Rechte an dieser bestrittenen Forderung anmeldet: In diesem Fall müsse der Erwerber der bestrittenen Forderung zunächst im Prätendentenstreit mit der Ansprecherin klären, wer Gläubigerin der bestrittenen Forderung ist und anschliessend gegen den Drittschuldner auf Leistung klagen.
    Diese systemwidrige Ausnahme wird mit Praktikabilitätsüberlegungen gerechtfertigt. Da eine bestrittene Forderung meist nur einen geringen Wert hat, würde sich die Durchführung des Widerspruchsverfahrens nicht lohnen. Diese Ansicht ist abzulehnen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb aufgrund des möglicherweise geringen Werts der Forderung nicht im Widerspruchsverfahren (sondern im Prätendentenstreit) entschieden werden soll, wer Gläubigerin der bestrittenen Forderung ist. Aus diesem Grund darf auch nicht gleich verfahren werden, nur weil der Drittschuldner nicht zahlungsfähig erscheint, was teilweise ebenfalls vertreten wird.

  • Wenn bei einer Lohnpfändung die Gläubigereigenschaft des Schuldners (aufgrund einer Lohnabtretung) bestritten wird: Die Forderung ist dann als bestritten zu pfänden.

  • Das Pfandrecht der auf Pfandverwertung betreibenden Gläubigerin kann nicht von einer anderen (nicht betreibenden) Gläubigerin bestritten werden, auch wenn diese oder andere Dritte selbst ein besseres Recht am Pfandgegenstand anmelden können (vgl. Art. 155 SchKG). Beim Fahrnispfand gibt es keinen der Lastenbereinigungsklage entsprechenden Rechtsbehelf.

    Über das Pfandrecht wird nur dann ein Widerspruchsverfahren durchgeführt, wenn die mutmasslich pfandgesicherte Gläubigerin ihr Recht in der Betreibung der anderen Gläubigerin anmeldet. Das setzt aber voraus, dass der Vermögenswert vor Pfandverwertung gepfändet oder – nach hier vertretener Ansicht– zumindest verarrestiert wurde.

  • Bei Bucheffekten kann die Sicherungsnehmerin ihr Sicherungsrecht (d.h. sowohl das Voll- wie auch das Pfandrecht

    ) auch bei bestehender Pfändung privat verwerten, wenn sie sich das vertraglich vorbehalten hat (Art. 31 Abs. 2 BEG). In diesem Fall kommt es zu keinem Widerspruchsverfahren.
    Sind die Voraussetzungen für eine Verwertung nicht gegeben (z.B. weil der Pfandvertrag ungültig ist oder nicht zur Privatverwertung berechtigt), muss stattdessen der Schadenersatzanspruch des Schuldners gemäss Art. 31 Abs. 4 BEG (wohl als bestrittene Forderung) gepfändet werden.

  • Nicht im Widerspruchsverfahren zu klären sind der Pfändung i.S.v. Art. 44 SchKG vorgehende öffentlich-rechtliche Ansprüche, namentlich die strafrechtliche Beschlagnahmung und Einziehung.

    Hierüber entscheidet die Strafbehörde und nicht das Zivilgericht.

  • Betreibungsrechtliche Privilegien sind im Kollokationsverfahren (Art. 146 SchKG) oder mit Beschwerde geltend zu machen.

3. Anmeldung des Anspruchs

14 Grundsätzlich kann jede Person (auch die betreibende Gläubigerin

) ein besseres Recht anmelden, und zwar nicht nur für sich, sondern auch für andere Personen. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung von Art. 106 Abs. 1 SchKG.

15 Aus der Anmeldung muss hervorgehen, welches Recht die Ansprecherin an welchem Vermögenswert in welchem Betreibungsverfahren geltend macht.

Wird ein Pfandrecht angemeldet, muss auch die Höhe der pfandgesicherten Forderung angegeben werden. Unterlässt die Ansprecherin diese Angabe, muss das Betreibungsamt davon ausgehen, dass die pfandgesicherte Forderung dem Wert des Pfandes entspricht.
Von Amtes wegen leitet das Betreibungsamt das Widerspruchsverfahren ausnahmsweise bei Grundstücken ein, wenn die Voraussetzungen nach Art. 10 VZG gegeben sind. Bei Wertpapieren leitet das Betreibungsamt das Widerspruchsverfahren ohne Anmeldung ein, wenn bei Orderpapieren das letzte Indossament nicht auf den Schuldner lautet oder wenn Abtretungs- oder Verpfändungsurkunden vorhanden sind, die auf bessere Rechte von potenziellen Ansprechern hindeuten.

4. Vorgehen des Betreibungsamts

16 Das Betreibungsamt hat beim Entscheid, ob das Widerspruchsverfahren eingeleitet werden soll, kein Ermessen.

Das Betreibungsamt darf die Anmeldung nicht zurückweisen, auch wenn ihm klar erscheint, dass das Recht nicht besteht.
Ausnahmsweise kann das Betreibungsamt die Anmeldung aber dann ausser Acht lassen, wenn der Vermögenswert vom Schuldner erst nach der Pfändung an die Ansprecherin verkauft wurde und das Betreibungsamt überzeugt ist, dass die Ansprecherin von der Pfändung wusste.

D. Abs. 2: Rechtzeitige Anmeldung

17 Eine Ansprecherin kann ihren Anspruch anmelden, solange der Erlös aus dem verwerteten Vermögenswert noch nicht verteilt ist (Art. 106 Abs. 2 SchKG).

18 Allerdings darf die Ansprecherin nicht in rechtsmissbräuchlicher oder grob fahrlässiger Weise mit der Anmeldung zuwarten.

Das Bundesgericht war in älteren Entscheiden sehr streng und erwog, dass der Anspruch innert zehn Tagen seit Kenntnis der Pfändung oder Verarrestierung angemeldet werden muss.
Gemäss nun ständiger Rechtsprechung ist das zwar nicht mehr nötig.
Rechtsmissbrauch wird aber dann bejaht, wenn es keinen vernünftigen Grund gab, zuzuwarten und der Ansprecherin bewusst war, die Betreibung zu stören oder die Gläubigerin zu überflüssigen Handlungen zu veranlassen.
So ist die Anmeldung offensichtlich rechtsmissbräuchlich, wenn die Anmeldung ein Jahr nach Kenntnis des Arrestvollzugs und ohne entschuldbaren Grund erfolgte.
Ebenso muss das Recht bereits mit dem rechtskräftigen Arrestbeschlag angemeldet werden und nicht erst bei der Prosequierungspfändung.
Die vorsichtige Ansprecherin wird ihren Anspruch umgehend anmelden, nachdem sie von der Pfändung erfahren hat oder rechtskräftig feststeht, dass die Verarrestierung zulässig ist.

19 Rechtsmissbrauch ist von allen Behörden zu berücksichtigen. Das Betreibungsamt kann selbst zum Schluss kommen, dass die Ansprecherin ihr Recht verspätet angemeldet hat. Das Betreibungsamt bzw. die SchKG-Aufsichtsbehörden können somit entscheiden, dass das Recht verwirkt ist (zumindest im Vollstreckungsverfahren, vgl. sogleich N. 20).

Das Recht der Ansprecherin wird dann gar nicht in einem gerichtlichen Widerspruchsverfahren beurteilt. Wird die rechtzeitige Anmeldung hingegen erst im gerichtlichen Widerspruchsverfahren thematisiert, muss m.E. das Gericht prüfen, ob die Anmeldung rechtzeitig erfolgte.

E. Abs. 3: Verfolgungsrechte der besser berechtigten Person

20 Nach Abs. 3 bleiben die Rechte gemäss Art. 934 ff. ZGB vorbehalten. Die Bestimmung stellt also klar, dass die sog. materiellen Verfolgungsrechte den Bestimmungen über das Widerspruchsverfahren vorgehen. Die Ansprecherin verwirkt ihre Rechte nicht, wenn sie das Widerspruchsverfahren nicht einleitet. Allerdings kann die Ansprecherin die Sache von einem gutgläubigen Erwerber nur gegen Entschädigung herausverlangen (vgl. Art. 934 Abs. 2 ZGB).

Die Regelung ist nur für Sachen relevant:
Bei unverbrieften Forderungen und Aktien sowie Wertrechten gibt es ohnehin keine Verfolgungsrechte.

II. Art. 107 / 108 SchKG

A. Hintergrund der Parteirollenverteilung

21 Art. 107 /108 SchKG regeln das sog. Vorverfahren und verteilen die Parteirollen zwischen Gläubigerin bzw. Schuldner und Ansprecherin.

Gewöhnlich haben Gläubigerin und Schuldner divergierende Interessen. Im Widerspruchsverfahren haben sie für einmal übereinstimmende Interessen (zumindest wenn sie keine rechtliche oder persönliche Verbindung zur Ansprecherin haben): Beide sind daran interessiert, dass der Vermögenswert (unbelastet) in der Pfändung belassen wird. Der Vermögenswert wird in diesem Fall zugunsten der Gläubigerin verwertet und die Schuld des Schuldners verkleinert sich entsprechend.

22 Art. 107 / 108 SchKG enthalten einen Mechanismus, der die Interessen der Gläubigerin bzw. des Schuldners sowie der Ansprecherin ausgleicht und die Parteirollen effizient verteilt. Es muss diejenige Person klagen, deren Standpunkt weniger wahrscheinlich erscheint.

B. Verfahrensablauf gemäss Art. 107 SchKG

23 Wenn der Schuldner alleinigen Gewahrsam an der gepfändeten Sache hat bzw. seine Berechtigung an der Forderung wahrscheinlicher ist, müssen die Gläubigerin oder der Schuldner das angemeldete Recht bestreiten.

Tun sie dies nicht, gilt es als anerkannt. Bestreiten sie das Recht hingegen, muss die Ansprecherin klagen. Klagt diese nicht, wird das Recht in der Pfändung nicht berücksichtigt (Art. 107 Abs. 5 SchKG).

24 Gläubigerin und Schuldner können verlangen, dass die Ansprecherin die Beweismittel vorlegt, aus denen sie ihr behauptetes Recht ableitet (Art. 107 Abs. 4 SchKG). Es handelt sich um eine prozessuale Obliegenheit. Säumnis führt nicht zur Umkehr der Parteirollen, kann aber im Rahmen der Kostenverteilung berücksichtigt werden (Art. 73 Abs. 2 SchKG und Art. 107 Abs.1 ZPO).

C. Verfahrensablauf gemäss Art. 108 SchKG

25 Anders verhält es sich, wenn die Ansprecherin Gewahrsam oder zumindest Mitgewahrsam am gepfändeten Vermögenswert hat bzw. ihre Berechtigung an der Forderung wahrscheinlicher erscheint. In diesem Fall müssen der Schuldner oder die Gläubigerin innert 20 Tagen gegen die Ansprecherin klagen. Klagen sie nicht, gilt das angemeldete Recht als anerkannt und wird in der Pfändung berücksichtigt (Art. 108 Abs. 3 SchKG).

D. Kriterien zur Verteilung der Parteirollen

26 Für die Verteilung der Parteirollen ist somit entscheidend, wer Gewahrsam hat oder wessen Berechtigung an der Forderung wahrscheinlicher ist.

1. Gewahrsam an Sachen

27 Gewahrsam meint die unmittelbare faktische Herrschaft über eine bewegliche Sache. Diese Herrschaft wird losgelöst von den rechtlichen Verhältnissen beurteilt. Es ist irrelevant, ob die Herrschaft rechtens ist.

Vielmehr geht es um die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache; aus praktischer Sicht meist um den Gebrauch.
Der Gewahrsam ist zwar verwandt mit dem zivilrechtlichen Besitz.
Allerdings hat nur der unmittelbare Besitzer Gewahrsam;
wobei es keine Rolle spielt, wenn der Besitz lediglich «unselbständig» ist (z.B. bei einem Mieter).
Damit ist der Begriff des Gewahrsams im SchKG weitgehend deckungsgleich mit jenem im Strafrecht.

28 Auch wenn es bei der Beurteilung des Gewahrsams nicht auf die rechtlichen Verhältnisse ankommt, können unbestrittene

rechtliche Kriterien einen Rückschluss auf die tatsächliche Verfügungsmacht erlauben. Beispielsweise hat ein Arbeitnehmer keinen (Mit-)Gewahrsam an sich in Räumen des Arbeitgebers befindlichen Sachen.
Im Bankgeschäft hat nicht die Bank, sondern der Bankkunde Gewahrsam an Vermögenswerten in Schliessfächern oder (physischen) Wertschriftendepots.

29 Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Unterscheidung Allein-/ Mitgewahrsam immer im Verhältnis zur Ansprecherin beurteilt wird: So hat ein verheirateter, mit seiner Ehegattin im selben Haushalt lebender Schuldner Alleingewahrsam i.S.v. Art. 107 SchKG an einer Sache, wenn sein Bruder das Eigentum daran beansprucht. Macht hingegen die Ehefrau Rechte geltend, ist von Mitgewahrsam auszugehen.

Anders ausgedrückt, ist auch dann nach Art. 107 SchKG vorzugehen, wenn ein Vierter Mitgewahrsam hat.

30 So einfach die dargelegten Grundsätze sind, so schwierig kann es im Einzelfall sein, Alleingewahrsam von Mitgewahrsam i.S.v. Art. 108 SchKG abzugrenzen.

Illustrativ können folgende Beispiele genannt werden:

  • Im Verhältnis zu Personen, welche im selben Haushalt leben: Alleingewahrsam liegt vor, wenn der Vermögenswert an einem Ort aufbewahrt wurde, über den nur der Schuldner verfügen kann (z.B. wenn ein Vermögenswert im abgeschlossenen Schreibtisch aufbewahrt wird und nur der Schuldner einen Schlüssel hat).

    Ansonsten liegt Mitgewahrsam vor.

  • Es besteht Alleingewahrsam, wenn der Schuldner im Fahrzeugausweis aufgeführt ist,

    nur er den Wagen benutzt und diesen in einer separaten Garage abstellt. Dass seine Frau einen eigenen Schlüssel für die Garage hat und den Wagen gelegentlich reinigt, spielt keine Rolle.

  • Gemäss Obergericht Zürich liegt bei einem Bankschliessfach Mitgewahrsam vor, wenn die Ansprecherin eine Vollmacht hat.

2. Wahrscheinliche Berechtigung an Forderung

31 Um zu entscheiden, wer wahrscheinlicher an einer Forderung berechtigt ist, wird regelmässig auf Urkunden abgestellt. Bei vertraglichen Ansprüchen dürfte regelmässig diejenige Person wahrscheinlich berechtigt sein, welche in einem schriftlichen Vertrag als Vertragspartnerin genannt wird. So ist bei Bankkonti wahrscheinlich, dass die Kontoinhaberin auch Gläubigerin der Forderung ist.

Daran ändert sich auch nichts, wenn gemäss Formular A eine andere Person (d.h. die Ansprecherin) wirtschaftlich berechtigt ist.

32 Beim Gemeinschaftskonto (Joint Account) ist zwischen dem Aussenverhältnis (Verhältnis zwischen den Bankkunden und der Bank) sowie dem Innenverhältnis (Verhältnis zwischen den beiden Kontoinhabern) zu unterscheiden. Zweck des Joint Accounts ist, dass das Aussenverhältnis mehrerer Personen ungeachtet des Innenverhältnisses geregelt wird.

Wird das Guthaben in der Betreibung gegen einen Mit-Kontoinhaber gepfändet und macht die Mit-Kontoinhaberin geltend, dass das Guthaben (vollumfänglich oder teilweise) ihr zustehe, wird im Widerspruchsverfahren entschieden, wer im Innenverhältnis tatsächlich am Guthaben berechtigt ist.
Obschon die Berechtigung der Ansprecherin als Mit-Kontoinhaberin nicht per se wahrscheinlicher ist als diejenige des Schuldners,
wird in der Praxis «Mitberechtigung» der Ansprecherin angenommen, weshalb ihr nach Art. 108 SchKG die Beklagtenrolle zugewiesen wird.

33 Ansonsten hat die Rechtsprechung die Beklagtenrolle wie folgt verteilt:

  • Kann die Ansprecherin eine Abtretungsurkunde vorlegen, so ist ihre Berechtigung grundsätzlich wahrscheinlicher, wenn die gepfändete Forderung unter die Umschreibung der abgetretenen Forderung fällt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Abtretungsurkunde einen offensichtlichen Mangel aufweist

    oder, nach hier vertretener Auffassung, wenn die Abtretung offensichtliche inhaltliche Mängel hat (z.B. Unabtretbarkeit der Forderung).

  • Die Richtigkeit eines Eintrages im Handelsregister wird vermutet. Fehlt es an Beweismitteln, welche dessen Unrichtigkeit nachweisen, so ist die materielle Berechtigung des eingetragenen Gesellschafters an Stammanteilen wahrscheinlicher als jene einer Ansprecherin.

  • Bei einer Marke ist der Eintrag im Markenregister massgebend.

3. Grundstücke: Eintrag im Grundbuch

34 Bei Grundstücken ist der Eintrag im Grundbuch entscheidend. In der Praxis kommt es bei Grundstücken nur selten zum Widerspruchsverfahren nach Art. 106 ff. SchKG. Zum einen, weil bei Grundstücken nur das Eigentum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sein kann und die übrigen Rechte im Lastenbereinigungsverfahren geklärt werden (vgl. vorn N. 2). Zum anderen, weil mit dem Grundbuch eine erhöhte Klarheit über die Eigentumsverhältnisse besteht.

4. Abweichung beim Durchgriff?

35 In der Rechtsprechung ist umstritten, ob von der Regelung in Art. 107 / 108 SchKG abgewichen werden kann, wenn zuvor im Arrestverfahren mit einem Durchgriff Vermögenswerte der Ansprecherin in die Zwangsvollstreckung einbezogen wurden (vgl. zum Durchgriff hinten N. 78). Gemäss dem Kantonsgericht Graubünden ist ein Durchgriff nicht zu beachten, auch wenn sich die Gläubigerin im Arrestverfahren erfolgreich auf einen Durchgriff berufen konnte.

Das Bundesgericht geht hingegen mit überzeugender Begründung davon aus, dass dies möglich ist: Das Rechtsmissbrauchsverbot gilt in der ganzen Rechtsordnung und ist von allen Behörden zu beachten. Gemäss Bundesgericht kann es sogar notorisch sein, dass ein Schuldner eine Gesellschaft faktisch als Vehikel für sein Vermögen nutzt.
In diesem Fall erscheint es sicherlich angemessen, nach Art. 107 SchKG und nicht nach Art. 108 SchKG vorzugehen.

5. Gewahrsam eines Vierten

36 Als Vierter gilt eine Person, die nichts mit der Betreibung zu tun hat und auch kein Recht am strittigen Vermögenswert geltend macht. Hat ein Vierter den Vermögenswert in Gewahrsam (z.B. Mieter, Borger, mit Reparatur des Vermögenswerts beauftragtes Unternehmen), so wird der Gewahrsam jener Person zugerechnet, für welche er den Gewahrsam ausübt.

Übt der Vierte den Gewahrsam nur für den Schuldner aus, ist nach Art. 107 SchKG vorzugehen, ansonsten nach Art. 108 SchKG.
Dabei kommt es auf die Auffassung des Vierten an, für wen er den Gewahrsam ausübt.

6. Massgeblicher Zeitpunkt

37 Im Grundsatz ist die Pfändung der relevante Zeitpunkt, um über den Gewahrsam bzw. die wahrscheinliche Berechtigung zu entscheidend.

Zu beachten ist, dass die Beweismittel, welche eine Partei anführt, um ihren Standpunkt zur Parteirollenverteilung zu untermauern, auch von einem späteren Datum stammen können.
Lässt sich das Gewahrsamsverhältnis im Zeitpunkt der Pfändung nicht bestimmen, ist das letzte, klar feststellbare Gewahrsamsverhältnis entscheidend.

38 Wird vorgängig Arrest gelegt, ist dessen Zeitpunkt massgebend.

Werden beschlagnahmte Vermögenswerte gepfändet, ist für die Parteirollenverteilung entscheidend, wer vor der strafrechtlichen Beschlagnahme Gewahrsam hatte.
Bei der Mietretentionsbetreibung ist der Zeitpunkt der Aufnahme des Retentionsverzeichnisses i.S.v. Art. 283 Abs. 3 SchKG relevant.
Das gilt auch dann, wenn die Sachen danach wieder (unrechtmässig) in die Räumlichkeiten der Schuldnerin verbracht werden.

E. Beschwerde gegen Parteirollenverteilung

39 Gegen die fristansetzende Verfügung kann die beschwerte Partei Beschwerde i.S.v. Art. 17 SchKG führen. Erfährt die Ansprecherin, dass das Betreibungsamt der Gläubigerin und dem Schuldner Frist zur Bestreitung ihres Anspruchs gemäss Art. 107 Abs. 2 SchKG ansetzt, kann sie bereits gegen diese Mitteilung Beschwerde erheben, wenn sie der Ansicht ist, dass der Gläubigerin bzw. dem Schuldner die Klägerrolle zuzuweisen ist.

40 Die Beschwerde hat von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (Art. 36 SchKG). Wird der Beschwerde (nach einem entsprechenden Antrag) die aufschiebende Wirkung erteilt, ist die Frist zur Anhebung der Widerspruchsklage auch dann neu anzusetzen, wenn die Beschwerde abgewiesen wird.

Die beschwerdeführende Partei muss nicht explizit beantragen, dass ihr für den Fall des Unterliegens eine neue Frist anzusetzen ist.

F. Fristansetzung

41 Gemäss Art. 107 Abs. 5 SchKG bzw. Art. 108 Abs. 2 SchKG setzt das Betreibungsamt eine Klagefrist von 20 Tagen an.

42 Eine Ausnahme beim Fristenlauf gilt dann, wenn eine Ansprecherin an einem Vermögenswert das Eigentum und eine andere Ansprecherin ein Pfandrecht anmeldet. In diesem Fall beginnt die Frist für die Widerspruchsklage der Gläubigerin bzw. des Schuldners gegen das Pfandrecht erst dann, wenn das Widerspruchsverfahren gegen die Eigentumsansprecherin beendet ist und der Vermögenswert in der Pfändung verbleibt. Das Betreibungsamt muss von diesem speziellen Fristenlauf Mitteilung machen.

43 Bei der Fristansetzung nach Art. 108 SchKG kommt dem Betreibungsamt grundsätzlich kein Ermessen zu. Gemäss Kantonsgericht Graubünden darf das Betreibungsamt selbst bei einer Verarrestierung von Vermögenswerten nicht zuwarten, bis über den Arrest (Arresteinsprache, Beschwerde) endgültig entschieden ist, sondern hat direkt Frist zur Klageeinreichung anzusetzen.

Diese Rechtsprechung ist nicht sachgerecht: Es ist einer Gläubigerin nicht zuzumuten, eine Widerspruchsklage auszuarbeiten, während sie noch gar nicht weiss, ob der Arrest überhaupt aufrechterhalten wird. Die durch das Abwarten auf den endgültigen Arrestentscheid verursachte Verzögerung ist von der Ansprecherin hinzunehmen. Die Gläubigerin haftet schliesslich nach Art. 273 SchKG für den Schaden, der aus einem ungerechtfertigten Arrest entsteht.

III. Art. 109 SchKG

A. Prozessuale Einordnung der Widerspruchsklage

44 Die wohl h.L. bezeichnet die Widerspruchsklage als «prozessuale Gestaltungsklage».

Diese Qualifikation überzeugt nicht: Im Widerspruchsverfahren wird lediglich festgestellt, ob und mit welcher Belastung ein Vermögenswert im Zwangsvollstreckungsverfahren zugunsten der Gläubigerin verwertet werden kann. Obwohl die Feststellung des Gerichts praktische Auswirkungen für das Zwangsvollstreckungsverfahren hat – weil der Verfahrensausgang das Vollstreckungssubstrat beeinflusst – wird die Rechtslage durch das Urteil nicht verändert, wie es bei einer Gestaltungsklage der Fall ist. Meiner Ansicht nach handelt es sich deshalb um eine Feststellungsklage.
Für diese Ansicht spricht auch, dass die Widerspruchsklage unbestrittenermassen nur zwischen den Prozessparteien und nicht erga omnes wirkt, wie es bei Gestaltungsklagen üblich ist.
Die praktischen Auswirkungen der Qualifikation sind aber überschaubar (vgl. insbesondere zum Rechtsbegehren hinten N. 69 ff.).

45 Innerhalb der Klagen des SchKG wird die Widerspruchsklage als betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung auf das materielle Recht qualifiziert.

Gemäss wohl h.L. gilt das auch dann, wenn sich Schuldner und Ansprecherin gegenüberstehen.
Diese Ansicht überzeugt: Im Zentrum der Klage steht die Feststellung, inwieweit der Vermögenswert bei der Vollstreckung einbezogen wird. Die dafür notwendigen materiell-rechtlichen Aspekte sind vom Gericht nur vorfrageweise zu prüfen.

46 Ob die dogmatische Einteilung der SchKG-Klagen in betreibungsrechtliche mit bzw. ohne Reflexwirkung und materiell-rechtliche Klagen an sich sinnvoll ist, wurde in neuerer Zeit angezweifelt.

Tatsächlich wird diesen Kategorien zu viel Gewicht beigemessen, wenn sie als entscheidendes Argument für verschiedene prozessuale Fragen zur örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, zur Schiedsfähigkeit oder zur Rechtskraft angeführt werden.

47 Obschon das Gericht materiell-rechtliche Aspekte nur vorfrageweise prüft, hat das Urteil denn auch «gewöhnliche» Rechtskraftwirkung. Das Urteil wird innerhalb der üblichen Schranken, d.h. der Identität von Parteien und Streitgegenstand, rechtskräftig. Das Gericht stellt zwar nicht rechtskräftig fest, wer welches Recht am Vermögenswert hat, entscheidet aber verbindlich, ob das von der Ansprecherin geltend gemachte Recht in der Zwangsvollstreckung berücksichtigt wird. Sollte der fragliche Vermögenswert (aus was für Gründen auch immer) in einem neuen Betreibungsverfahren erneut gepfändet werden, wäre die Frage über das bessere Recht zwischen denselben Parteien bereits rechtskräftig geklärt. Es liegt mithin ein identischer Streitgegenstand vor, auch wenn sich das Rechtsbegehren leicht unterscheiden wird (Betreibungs-Nr.; Pfändungsurkunde).

Diese Ansicht entspricht indessen nicht der h.L. und Rechtsprechung.
Danach hat das Widerspruchsverfahren immer nur Wirkung für die betreffende und nicht für eine weitere Betreibung.
Damit könnte der Prozess mit bindender Wirkung nur zuungunsten der Ansprecherin enden. Unterliegt diese, wird der Vermögenswert nämlich verwertet. Obsiegt die Ansprecherin hingegen, könnte die Gläubigerin wieder ein neues Betreibungsverfahren einleiten und einen neuen Versuch unternehmen, den Vermögenswert mit verbesserter Argumentation zu ihren Gunsten verwerten zu lassen. Diese Folge erscheint nicht angemessen. Auch wenn es sich um eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung handelt, muss der gerichtliche Entscheid Bindungswirkung haben.

B. Prozessvoraussetzungen

1. Örtliche Zuständigkeit

a. Binnensachverhalt

48 Im Binnenverhältnis ist die Zuständigkeitsregel einfach: Wird der Ansprecherin die Beklagtenrolle zugeteilt, müssen die Gläubigerin bzw. der Schuldner die Klage am Wohnsitz der Ansprecherin einreichen (Art. 109 Abs. 2 SchKG). In den anderen Fällen ist das Gericht am Betreibungsort zuständig (Art. 109 Abs. 1 SchKG). Dreht sich der Streit um ein Grundstück, ist die Klage am Ort einzuleiten, wo das Grundstück liegt (Art. 109 Abs. 3 SchKG).

b. Internationaler Sachverhalt

49 Auch bei einem internationalen Sachverhalt ist Art. 109 SchKG grundsätzlich anwendbar.

Im Anwendungsbereich des LugÜ fällt das Widerspruchsverfahren nach Ansicht des Bundesgerichts unter Art. 22 Ziff. 5 LugÜ, unabhängig davon, ob die Gläubigerin oder der Schuldner der Ansprecherin gegenüberstehen.
Hierfür lassen sich dogmatische Argumente anführen, namentlich die Einheitlichkeit des Betreibungsverfahrens oder der enge Konnex zum Zwangsvollstreckungsverfahren.
Letztlich haben diese Argumente aber einen praktischen Hintergrund:
Das Verfahren würde für alle Beteiligten verkompliziert und insbesondere für eine Gläubigerin nahezu unzumutbar, wenn sie im ungünstigsten Fall nach dem Erkenntnisverfahren im Ausland und dem Vollstreckungsverfahren in der Schweiz auch noch ein Widerspruchsverfahren in einer dritten Jurisdiktion anstrengen müsste.

50 Diese bundesgerichtliche Rechtsprechung ist aber umstritten. In der Lehre finden sich abweichende Meinungen, die in verschiedenen Konstellationen andere Zuständigkeiten vorsehen:

  • Nach einer Lehrmeinung beurteilt sich die Widerspruchsklage nach Art. 2 LugÜ, wenn sich Schuldner und Ansprecherin gegenüberstehen.

    Begründet wird das damit, dass es sich dann um eine materiell-rechtliche Klage handelt.
    Diese Annahme ist nach hier vertretener Auffassung unzutreffend, weshalb auch die Schlussfolgerung abzulehnen ist (vgl. vorne N. 45).

  • Nach anderer Ansicht findet Art. 2 LugÜ Anwendung, wenn die Gläubigerin oder der Schuldner i.S.v. Art. 108 SchKG gegen die Ansprecherin klagen.

    Da die Ansprecherin Gewahrsam am Vermögenswert hat bzw. ihre Berechtigung wahrscheinlicher erscheint, sei es ihr nicht zuzumuten, in ein Verfahren im Ausland (d.h. in der Schweiz) verwickelt zu werden, in dem es faktisch um das behauptete Recht geht.
    Zu Recht wird gegen dieses Argument eingewandt, dass sich immerhin die strittigen Vermögenswerte in der Schweiz befinden. Eine ausländische Ansprecherin muss damit rechnen, dass sie am Ort, wo sich der Vermögenswert befindet, in eine rechtliche Auseinandersetzung involviert werden kann (z.B. bei einem Bankkonto oder bei einem Grundstück).

51 Zusammengefasst: Nach überzeugender bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist auch bei einem internationalen Sachverhalt immer eine Zuständigkeit in der Schweiz gemäss Art. 109 Abs. 1-3 SchKG gegeben.

2. Sachliche Zuständigkeit

52 Die sachliche Zuständigkeit bestimmt grundsätzlich das kantonale Recht (Art. 4 ZPO). Sieht ein Kanton ein Handelsgericht vor, ist dieses für Widerspruchsklagen nicht zuständig.

Im Kanton Zürich ist das Einzelgericht des Bezirksgerichts sachlich zuständig (§ 24 lit. b des Gesetzes des Kantons Zürich vom 10.5.2010 über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG/ZH; LS 211.1).

3. Fristwahrung

53 Ein Schlichtungsverfahren findet nicht statt (Art. 198 lit. e Ziff. 3 ZPO). Die 20-tägige Klagefrist kann somit nur mit dem Einreichen der Klage beim Gericht gewahrt werden. Das Einhalten der Frist ist Prozessvoraussetzung.

Die Frist kann (vom Betreibungsamt) grundsätzlich nicht erstreckt oder neu angesetzt werden.

54 Verpasst die Gläubigerin die Frist, kann sie in einer neuen Betreibung die Klage erneut anhängig machen, sofern die Vermögenswerte noch vorhanden sind.

Diese Folge entspricht der Anordnung in Art. 108 Abs. 3 SchKG, wonach der Anspruch (nur) in der betreffenden Betreibung ausser Betracht fällt bzw. als anerkannt gilt, wenn keine Klage eingereicht wird.

55 Die Frist von 20 Tagen zur Klageeinleitung ist sehr knapp bemessen.

Die kurze Frist ist mit ein Grund, weshalb in der Praxis oftmals gegen die Parteirollenverteilung Beschwerde geführt wird. Gewährt das Gericht die aufschiebende Wirkung, verfügt die klagende Partei selbst dann über die notwendige Zeit, wenn das Gericht die Beschwerde schliesslich abweist (vgl. vorn N. 40). Kann die Parteirollenverteilung aufgrund der klaren Sach- und Rechtslage nicht angegriffen werden, wird in der Lehre die Möglichkeit erwähnt, im vereinfachten Verfahren eine unbegründete Klage einzureichen oder im ordentlichen Verfahren die Klage lediglich kurz zu begründen.
Letzteres ist selbstredend nur eine Notmassnahme. Bei komplexeren Fällen sollte zumindest die Gläubigerin bereits vor der Betreibung mit der Klageausarbeitung beginnen, wenn sie eine mutmassliche, bereits bekannte Ansprache bekämpfen will.

56 Ob für die Einreichung der Klage die Betreibungsferien des SchKG oder die Gerichtsferien der ZPO anwendbar sind, ist unter geltendem Recht nicht abschliessend geklärt. In der Lehre existieren verschiedene Ansichten.

Wie bei den anderen SchKG-Klagen herrscht somit erhebliche Unsicherheit.
Aus der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann aber wenigstens abgeleitet werden, dass eine der beiden Regelungen zur Anwendung gelangt und nicht gar kein Fristenstillstand gilt.
.

57 Der Gesetzgeber hat mit der ZPO-Revision Klarheit geschaffen. Art. 145 Abs. 4 nZPO sieht vor: «Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Stillstand der Fristen sind für alle Klagen nach dem SchKG, die vor einem Gericht einzureichen sind, anwendbar.» Somit sind ab Inkrafttreten der Revision die Gerichtsferien nach ZPO anwendbar. Bis dahin wird sich die vorsichtige klagende Partei allerdings nicht darauf verlassen, dass die Gerichte diese Bestimmung bereits anwenden.

58 Ist die Klage einmal rechtshängig, finden bereits unter geltendem Recht für den laufenden Prozess sowie bei der Rechtsmittelfrist die Gerichtsferien nach ZPO Anwendung.

59 Bis anhin richten sich die (ausnahmsweise) Verlängerung oder Wiederherstellung der Frist nach Art. 33 Abs. 2 und Abs. 4 SchKG.

Da Art. 145 Abs. 4 nZPO nur den Stillstand der Frist regelt, dürften diese Bestimmungen weiterhin Anwendung finden.

4. Hängiges Betreibungs- oder Arrestverfahren

60 Fällt die Betreibung dahin, fehlt es am Rechtsschutzinteresse, weshalb die Widerspruchsklage gegenstandslos wird.

Ebenso wird die Widerspruchsklage gegenstandslos, wenn über den Schuldner der Konkurs eröffnet wird.

61 Das mit dem Widerspruchsverfahren befasste Gericht kann auch selbst feststellen, dass die Betreibung oder Pfändung nichtig ist, weshalb das Verfahren abgeschrieben werden müsste.

Das gilt gemäss Bundesgericht jedenfalls dann, wenn die Nichtigkeit «ausser Zweifel steht».

62 Nach der Rechtsprechung kann die Gläubigerin das Widerspruchsverfahren durch Rückzug der Betreibung selbst dann «abbrechen», wenn sie merkt, dass sie (prozessuale) Fehler begangen hat und mit einem zweiten Arrest bzw. einer erneuten Pfändung ein neues Widerspruchsverfahren erzwingen.

Da es sich bei der gültigen Betreibung um eine Prozessvoraussetzung handelt, ist diese Folge korrekt und das Gericht hat das Verfahren als gegenstandlos abzuschreiben. Die Gläubigerin trägt in diesem Fall die Prozesskosten (vgl. Art. 107 lit. e ZPO).

5. Gültige Anmeldung

63 Die Ansprecherin darf nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise mit der Anmeldung zuwarten (vgl. vorn N. 18). Wie in N. 19 erwähnt, kann auch das Gericht prüfen, ob die Anmeldung rechtzeitig oder verspätet erfolgte.

64 Das Gericht prüft grundsätzlich nur diejenigen Rechte, welche von der Ansprecherin beim Betreibungsamt angemeldet wurden. Möglich ist aber, dass die Ansprecherin im Prozess ein weniger weitgehendes Recht geltend macht (z.B. ein Pfandrecht, wenn sie in der Anmeldung das Eigentum beanspruchte).

Die Klageänderung richtet sich nach Art. 227 und 230 ZPO.

C. Einzelfragen

1. Wirkungen der Klage auf das Pfändungsverfahren

65 Gemäss Art. 109 Abs. 4 SchKG zeigt das Gericht dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. Der Grund für diese Regelung liegt in der Wirkung gemäss Abs. 5. Danach bleibt die Betreibung für den fraglichen Vermögenswert eingestellt und die Fristen für das Verwertungsbegehren stehen still.

2. Gerichtsstandsvereinbarung

66 Nach h.L. sind die Gerichtsstände gemäss Art. 109 SchKG zwingend.

Das ist überzeugend: Art. 17 ZPO findet keine Anwendung, weil im SchKG geregelt ist, welches Gericht für die Beurteilung dieser betreibungsrechtlichen Klage mit Reflexwirkung auf das materielle Recht zuständig ist (vgl. Art. 46 ZPO).
Das gilt auch in internationalen Verhältnissen.

3. Schiedsfähigkeit der Widerspruchsklage

67 Es ist umstritten, ob die Widerspruchsklage schiedsfähig ist.

Auf den ersten Blick erscheint es nicht abwegig, dass auch ein Schiedsgericht über eine Widerspruchsklage urteilen kann. Im Unterschied zum Gerichtsstand existiert keine Bestimmung im SchKG, die für Schiedsgerichte eine von der ZPO bzw. vom IPRG abweichende Ordnung vorsieht. Zudem geht es um vermögensrechtliche Ansprüche (i.S.v. Art. 177 IPRG), über welche die Parteien frei verfügen können (i.S.v. Art. 354 ZPO).
Aufgrund der letzteren Gegebenheit spricht auch nicht der Schutz unbeteiligter Pfändungsgläubigerinnen gegen die Schiedsfähigkeit.
Gläubigerinnen, die sich nicht selbst zur Bestreitung einer Ansprache nach Art. 107 SchKG bzw. zur Klage nach Art. 108 SchKG entschieden haben, sind nicht schutzbedürftig.

68 Dennoch sprechen legitime Argumente gegen die Schiedsfähigkeit der Widerspruchsklage. Einerseits besteht ein enger Konnex zum Zwangsvollstreckungsverfahren und damit zum öffentlichen Recht. Andererseits würde die Durchführung von Schiedsverfahren zu praktischen Problemen führen. Bei einer Schiedsabrede zwischen Schuldner und Ansprecherin wäre im Einzelfall unsicher, ob die Widerspruchsklage von der Abrede umfasst sein soll. Wollen sich mehrere Gläubigerinnen und allenfalls der Schuldner am Widerspruchsverfahren beteiligen, könnte zudem die Situation entstehen, dass der gleiche Streit einmal vor dem staatlichen und einmal vor dem Schiedsgericht ausgetragen wird. Im Ergebnis ist die Widerspruchsklage überzeugender Ansicht nach nicht schiedsfähig.

4. Rechtsbegehren

69 Gemäss gewissen Ansichten in der Lehre darf die klagende Partei nicht die Feststellung beantragen, dass das fragliche Recht (nicht) bestehe. Stattdessen müsse sie eine Handlungsanweisung an das Betreibungsamt formulieren. So soll die Ansprecherin beantragen, dass der Vermögenswert aus der Pfändung zu entlassen bzw. das von ihr angemeldete Recht zu dulden sei.

Ein solches Begehren fügt sich ein in die von der h.L. vorgenommene Qualifikation als prozessuale Gestaltungsklage (vgl. vorn N. 44). Nach hier vertretener Ansicht, wonach es sich bei der Widerspruchsklage um eine Feststellungsklage handelt, wäre zwar die Formulierung als Feststellungsbegehren dogmatisch korrekt (vgl. vorn N. 44). In der Praxis müssen aber ohnehin beide Formulierungen möglich sein, weil sowohl bei einer Handlungsanweisung als auch bei einem Feststellungsbegehren klar ist, was die klagende Partei will.

70 Da die wohl h.L. sich für eine Handlungsanweisung ausspricht, wird das nachfolgende Beispiel in diesem Sinne formuliert. Die Rechtsbegehren können – in Anlehnung an Vock/Meister-Müller

– wie folgt lauten.

71 Rechtsbegehren des Schuldners / der Gläubigerin:

«Es sei in der Betreibung Nr. […] des Betreibungsamts […] gegen [Schuldner] der Vermögenswert [Bezeichnung] in der Pfändung ([Nr.]) vom […] zu belassen.»

«Es sei in der Betreibung Nr. […] des Betreibungsamts […] gegen [Schuldner] der Vermögenswert [Bezeichnung] als unbelastet in der Pfändung ([Nr.]) vom […] zu belassen.»

72 Rechtsbegehren der Ansprecherin:

«Es sei in der Betreibung Nr. […] des Betreibungsamts […] gegen [Schuldner] der Vermögenswert [Bezeichnung] aus der Pfändung ([Nr.]) vom […] zu entlassen.»

«Es sei in der Betreibung Nr. […] des Betreibungsamts […] gegen [Schuldner] der Vermögenswert [Bezeichnung] in der Pfändung ([Nr.]) vom […] als mit einem [Bezeichnung beschränkt dingliches Recht, z.B. Pfandrecht] der Klägerin im [[…] Rang] vorzumerken und das Recht bei der Verwertung nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften zu berücksichtigen.»

5. Streitwert

73 Der Streitwert ist immer der geringste der folgenden Beträge: Die betriebene Forderung, der Vermögenswert (meist der Schätzungswert in der Pfändungsurkunde)

oder – wenn ein Pfandrecht angemeldet wurde – der Wert der pfandgesicherten Forderung.
Die klagende Partei hat den Streitwert in der Klage zu beziffern (vgl. Art. 221 Abs. 1 lit. c ZPO).

6. Beweislast

74 Die Verteilung der Parteirollen ändert nichts an der Beweislast. Diese richtet sich nach Art. 8 ZGB.

Danach muss die Ansprecherin diejenigen Tatschen beweisen, welche ihr behauptetes besseres Recht begründen. Beispielsweise liegt bei der Pfändung eines Joint-Accounts die Beweislast bei der Mit-Kontoinhaberin; diese muss beweisen, dass sie im Innenverhältnis am Guthaben berechtigt ist.
Beim Eigentum wird das Gericht gewöhnlich auf die Rechtsvermutung nach Art. 930 ZGB zurückgreifen,
zumindest wenn der Besitz «unzweideutig» ist.

75 Besonders bei einem Pfandrecht wird der Beweis für den Dritten nicht übermässig schwierig sein. Meist genügt dafür ein schriftlicher Pfandvertrag. Diese Urkunden werden u.U. bereits im Vorverfahren vorgelegt (vgl. Art. 107 Abs. 3 SchKG / 108 Abs. 4 SchKG).

76 Schuldner bzw. Gläubigerin tragen demgegenüber die Beweislast für diejenigen Tatsachen, aus denen sie ein eigenes Recht des Schuldners oder eine Einrede ableiten, welche dem Recht der Ansprecherin entgegensteht. Als Beispiel kann die Vermischung des von der Ansprecherin erhaltenen Bargelds genannt werden

oder der Erwerb eines dinglichen Retentionsrechts am Vermögenswert durch den Schuldner.

77 Die bestreitende Gläubigerin findet sich regelmässig in einer schwierigen Situation. Sie muss einen Prozess über die Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Ansprecherin führen, deren Umstände sie in der Regel nicht oder nur oberflächlich kennt.

In der Praxis kommt es meist dann zum Prozess, wenn die Gläubigerin ein fraudulöses Verhalten vermutet, insbesondere wenn Schuldner und Ansprecherin persönlich oder rechtlich verbunden sind.
Die für die Führung des Prozesses notwendigen Beweismittel stammen in der Praxis meist aus anderen Zivil- oder Strafverfahren.

78 In der Praxis häufig angerufene Argumente der Gläubigerin sind:

  • Die Berufung auf das (formelle) Eigentum ist rechtsmissbräuchlich, weshalb eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an Stelle der rechtlichen treten muss.

    Sind juristische Personen involviert, wird der Vermögenswert in solchen Fällen mithilfe eines Durchgriffs in die Pfändung einbezogen. Sollen Vermögenswerte einer Privatperson für eine Schuld einer juristischen Person einstehen, wird das als direkter Durchgriff bezeichnet.
    Soll Gesellschaftsvermögen als Vollstreckungssubstrat für eine Schuld einer natürlichen Person dienen, handelt es sich um einen sog. umgekehrten Durchgriff.
    Vorausgesetzt ist in beiden Fällen, dass (1) die Gesellschaft durch die natürliche Person beherrscht wird und (2) die Berufung auf die juristische Selbständigkeit rechtsmissbräuchlich erscheint.
    Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Vermögenswerte von Gesellschaft und Privatperson vermischt werden.
    Ob die Voraussetzungen eines Durchgriffs erfüllt sind, hängt stark vom Einzelfall ab. Erfolgreich ist ein Durchgriff meist dann, wenn das Verhalten des Schuldners betrügerisch erscheint.
    Bei Privatpersonen kann insbesondere auf das von einem Dritten gehaltene Vermögen gegriffen werden, wenn dieser lediglich als Strohmann fungiert und den Vermögenswert für den Schuldner hält.

  • Das Rechtsgeschäft (z.B. die Verpfändung) zwischen Schuldner und Ansprecherin ist ungültig, weil es z.B. simuliert,

    sittenwidrig
    oder widerrechtlich ist. Letzteres liegt beispielsweise vor, wenn die Verpfändung (im Rahmen eines Bankgeschäfts) zur Steuerhinterziehung oder zur Geldwäscherei diente und das für die Gegenpartei erkennbar war.

  • Mangels pfandgesicherter Forderung besteht auch kein Pfandrecht.

  • Der Erwerb des besseren Rechts durch die Ansprecherin ist paulianisch anfechtbar.

  • Das fragliche Rechtsgeschäft wurde erst nach der Pfändung vorgenommen und ist deshalb gegenüber der Gläubigerin ungültig (vgl. Art. 96 Abs. 2 SchKG).

7. Streitgenossenschaft

79 Im Widerspruchsverfahren stehen sich Ansprecherin auf der einen und Schuldner/Gläubigerin auf der anderen Seite gegenüber. Fraglich ist deshalb,

ob Schuldner und Gläubigerin(nen) gemeinsam klagen können oder müssen (bzw. ob sie gemeinsam beklagt werden können oder müssen).

80 Gemäss h.L. liegt bei Widerspruchsklagen ein Fall einfacher Streitgenossenschaft vor:

D.h. es können mehrere Personen zusammen klagen wie auch verklagt werden,
weil in der Regel ein Sachzusammenhang i.S.v. Art. 71 ZPO vorliege.
Im Gegensatz dazu, geht Jeandin von einer (uneigentlichen) notwendigen Streitgenossenschaft aus.
Diese Ansicht scheint überzeugend: Geht es um dasselbe bessere Recht, kann dieses nicht in einem Verfahren geschützt und in einem Parallelverfahren verneint werden. Die Situation ist somit ähnlich wie bei Art. 260 SchKG. Gläubigerin(nen) und Schuldner müssen den Prozess zwar nicht einheitlich führen, über das bessere Recht muss aber einheitlich entschieden werden.
Werden separate Klagen eingereicht, sind diese nach Art. 125 lit. c ZPO zu vereinigen.

8. Streitverkündung

81 Die Streitverkündung nach Art. 78 ZPO ist möglich,

in der Praxis aber kaum relevant. Dasselbe gilt für die Nebenintervention und die Streitverkündungsklage.

9. Wirkung des Urteils

82 Obsiegt die Ansprecherin, wird das nunmehr festgestellte bessere Recht im Zwangsvollstreckungsverfahren berücksichtigt. Obsiegen hingegen Gläubigerin oder Schuldner, so verbleibt der Vermögenswert ohne das behauptete Recht im Zwangsvollstreckungsverfahren. War der Schuldner Partei des Widerspruchsverfahrens, profitieren alle betreibenden Gläubigerinnen. Das gilt auch dann, wenn sich gleichzeitig Gläubigerinnen am Verfahren beteiligt haben. Beteiligten sich eine oder mehrere Gläubigerinnen am Prozess (nicht aber der Schuldner), dient der Erlös des verwerteten Vermögenswerts bzw. der aufgrund des weggefallenen Rechts erzielte Mehrerlös zur Befriedigung ihrer Forderungen.

Ein Überschuss verbleibt in diesem Fall bei der unterlegenen Ansprecherin,
d.h. es profitieren nur jene Gläubigerinnen, die den Widerspruchsprozess geführt haben.

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Fussnoten

  • BGE 81 III 7 E. 1; BGE 108 III 122 E. 4.
  • KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 3; BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 5; SK-Zondler, Art. 106 SchKG N. 3; Tschumy, S. 169; vgl. weiterführend Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 69 f.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 129; BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 8.
  • BGer 5A_133/2019 vom 20.7.2020 E. 3.1.3; BSK-Russenberger/Wohlgemuth, Art. 242 SchKG N. 1; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 5, 58, welche darauf hinweisen, dass der Unterschied lediglich terminologischer Natur ist.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 59.
  • BGE 128 III 388 m.w.H.; BGer 5A_20/2021 vom 23.12.2021 E. 3.3, wonach auch nicht verbriefte Aktien als Forderungen zu behandeln sind. Das gilt aber nicht für solche bei denen das Aktienzertifikat nicht mehr auffindbar ist.
  • Das zeigt sich auch bei der Rollenverteilung nach Art. 107 und 108 SchKG, vgl. hinten N. 21 ff.
  • Allerdings kann das Betreibungsamt in diesem Zeitpunkt meist gar noch nicht wissen, ob bessere Rechte angemeldet werden, vgl. KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 1.
  • BGE 134 III 122 E. 4.2; KGer SZ BEK 2021 196 vom 9.3.2022 E. 3.
  • Vgl. Stoffel/Chabloz, § 5 N. 90, wonach im Zweifel gepfändet wird. Bei Grundstücken muss die Gläubigerin gemäss Art. 10 VZG glaubhaft machen, dass der Schuldner das Grundstück, das im Grundbuch auf einen Dritten lautet, ohne Eintrag im Grundbuch erworben hat, das Grundstück kraft ehelichen Güterrechts haftet oder der Grundbucheintrag unrichtig ist.
  • BGE 112 III 52 E. 2 = Pra 75 (1986) Nr. 221; BGE 110 III 24 E. 2; BGE 107 III 67 E. 3; BGE 84 III 79 S. 85; OGer ZH NE170006 vom 23.11. 2017 E. 4.3. Gemäss BGE 114 III 88 E. 3 kann die Gläubigerin auch die Pfändung von Vermögenswerten verlangen, welche mit einem nach Art. 285 ff. SchKG anfechtbaren Rechtsgeschäft auf einen Dritten übertragen wurden.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 18; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 85.
  • Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 107 Abs. 1 und 108 Abs. 1 SchKG.
  • Vgl. zum Stockwerkeigentum: BGE 99 III 9 E. 3.
  • Amonn/Walther, § 24 N. 12.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 57; vgl. Art. 79 VVG zur Frage, ob die Begünstigung eines Dritten bei der Zwangsvollstreckung gegen den Versicherungsnehmer dahinfällt.
  • BGE 88 III 55 E. 1; BGE 67 III 51.
  • Vgl. BGer 5A_20/2021 vom 23.12.2021 E. 3.3.
  • Zogg, S. 15 ff.; BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 3a.
  • SK-Zondler, Art. 106 SchKG N. 4; KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 14. Ist der Schuldner oder die Ansprecherin der Ansicht, der Vermögenswert dürfte gar nicht gepfändet werden, müssen sie SchK-Beschwerde erheben, vgl. KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 6.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 7.
  • Hier wird der Begriff für das Eigentum, das Pfandrecht etc. verwendet, anders Vock/Meister-Müller, S. 186 ff.
  • BGE 80 III 69.
  • Vgl. BGer 5A_357/2008 vom 5.11.2008 E. 2.1; CR-Tschumy, Art. 109 LP N. 27.
  • SK-Zondler, Art. 106 SchKG N. 7; CR-Tschumy, Art. 106 LP N. 3; Gilliéron, N. 1125. Zur Eigentumsansprache bei Ehegatten, vgl. Art. 68b SchKG.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 12.
  • Vgl. BGer 5A_201/2010 vom 6.8.2010, wo mangels Vertragsschluss aber kein Recht zur Aussonderung bestand. Das sog. «Treugut» kann gemäss BGE 117 II 429 nicht herausverlangt werden. Entgegen der in der Lehre geäusserten Kritik, u.a. Amonn/Walter, § 24 N. 1, ist diese Rechtsprechung aufgrund des klaren Wortlauts von Art. 401 Abs. 3 OR nicht zu beanstanden. Ebenso besteht beim Wechsel nach Art. 1053 OR ein gesetzliches Aussonderungsrecht, vgl. Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 116.
  • CR-Tschumy, Art. 106 LP N. 3; Amonn/Walther, § 24 N. 11.
  • Beschränkt dingliche Rechte an Grundstücken sind wie ausgeführt im Lastenbereinigungsverfahren zu klären.
  • Vgl. BGE 80 III 114; nicht aber ein bloss obligatorisches Retentionsrecht, vgl. dazu BGE 122 IV 322 E. 3c.
  • Gilliéron, N. 1125; a.M. wohl BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 15.
  • Amonn/Walther, § 24 N. 14.
  • Vgl. Kren Kostkiewicz, N. 798; Amonn/Walther, § 24 N. 17; Tschumy, S. 171.
  • Amonn/Walther, § 24 N. 15.
  • BGE 148 III 109 E. 5.
  • Vgl. BGE 120 III 18 E. 4; BGer 5A_559/2017, 5A_560/2017 vom 14.05.2018 E. 3.2.1.
  • Bommer, S. 34; BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 13a.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 13a.
  • BGE 88 III 109 E. 1; BGE 65 III 129; BGE 66 III 42; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 57; zu Recht kritisch: BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 14 f.; KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 5.
  • BGE 74 III 65 E. 1.
  • BGE 74 III 65 E. 2. Gemäss Bundesgericht genügt die Verarrestierung alleine nicht. Vorbehalten bleibt gemäss Bundesgericht aber eine paulianische Anfechtung, vgl. BGE 74 III 65 E. 3. Nach hier vertretener Ansicht muss die Verarrestierung aber genügen: Auch wenn der Arrest gegenüber vorangegangenen Pfändungen kein Vorzugsrecht gewährt, bewirkt er grundsätzlich den Erhalt des Vermögenswerts. Deshalb muss es der Gläubigerin m.E. möglich sein, das Pfandrecht am Vermögenswert im Widerspruchsverfahren anzugreifen, solange sie diesen bereits vor der Verwertung verarrestiert hat. Falls der Vermögenswert vor der Verarrestierung bereits verwertet wurde, kann die Gläubigerin aber immer noch allfällige (Schadenersatz-)Ansprüche des Schuldners gegen den Pfandnehmer verarrestieren bzw. pfänden lassen (d.h. wie bei Art. 31 Abs. 4 BEG). Die Gläubigerin muss sich also nicht auf die paulianische Anfechtung beschränken.
  • BSK-Bahar/Peyer, Art. 31 BEG N. 6.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 15; SK-Zondler, Art. 106 SchKG N. 8.
  • SK-Zondler, Art. 106 SchKG N. 8; BSK-Bahar/Peyer, Art. 31 BEG N. 16.
  • BGer 5A_133/2019 vom 20.7.2020 E. 3.2.1. Gemäss BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N.9 ist gar die Pfändung von beschlagnahmten Vermögenswerten zu unterlassen. Das ist nach h.L. und Rechtsprechung zu Recht aber möglich, insbesondere weil die Pfändung eines solchen Vermögenswerts nach Art. 98 SchKG nicht ausgenommen ist. Die Einziehung geht der Pfändung jedoch vor, vgl. BSK-Acocella, Art. 44 SchKG N. 2 m.w.H.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 9a; CR-Tschumy, Art. 106 LP N. 5.
  • Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Art. 106 SchKG N. 3.
  • Vgl. BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 SchKG N. 20; SK-Zondler, Art. 106 SchKG N. 6; CR-Tschumy, Art. 106 LP N. 11.
  • BGE 144 III 198 E. 5.1.2.4.
  • BGE 67 III 65 E. 1; BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 21.
  • Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Art. 106 SchKG N. 4; vgl. bereits Blumenstein, S. 386.
  • BGE 80 III 69.
  • BGE 130 III 669 E. 5.1 = Pra 94 (2005) Nr. 76; Kren Kostkiewicz, N. 800.
  • BGE 144 III 198 E. 5.1.2.2; BGE 81 III 107; BGE 102 III 140 E. 3 m.w.H.
  • BGE 37 I 463 E. 2.
  • BGE 88 III 109 E. 2.
  • BGE 120 III 123 E. 2; BGE 114 III 92 E. 1 und 2; BGE 113 III 104 E. 2; BGE 112 III 59 E. 1; BGE 111 III 21 E. 2; BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 22.
  • OGer ZH PS120104 vom 15.11. 2012 E. 3.4.2. Vgl. mit weiteren Beispielen: BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 23a ff.
  • HGer ZH vom 4.11.2009, ZR 109 [2010] Nr. 48 S. 173 ff., E. 2.2.3.1; KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 16.
  • Vgl. zum Arrest: BGE 114 III 92 E. 1 und 2; BGE 113 III 104 E. 2.
  • Vgl. BGer 5A_392/2013 vom 30.8. 2013; BGE 111 III 21.
  • A.A. Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 85; Gilliéron, N. 1142.
  • KuKo-Rohner, Art. 106 SchKG N. 18; Amonn/Walther, § 24 N. 28.
  • Tschumy, S. 170.
  • BGE 54 III 294 E. 2; BSK-Staehelin/Strub, Art. 106 N. 29.
  • SK-Zondler, Art. 107 SchKG N. 1; KuKo-Rohner, Art. 107/108 SchKG N. 1.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 89.
  • Bei einer Anschlusspfändung kann auch jede Anschlussgläubigerin nochmals das angemeldete bessere Recht der Ansprecherin bestreiten, vgl. Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 67.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 22; Stoffel/Chabloz, § 5 N. 126.
  • Bei Grundstücken ist der Grundbucheintrag entscheidend, vgl. Art. 107 / 108 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG.
  • BGer 5A_35/2014 vom 13.2.2014 E. 3.3; BGE 110 III 87 E. 2a; BGE 87 III 11 E. 1, wonach «rechtliche Momente» aber insoweit in Betracht kommen können, als dass sie einen Rückschluss auf die tatsächliche Verfügungsgewalt zulassen (z.B. Urkunden oder Eintragungen in öffentlichen Registern).
  • OGer ZH PS190091 vom 16.10.2019 E. 3.1; das Bundesgericht spricht von der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Sache, verbunden mit der Möglichkeit, sie zu gebrauchen, vgl. BGer 5A_20/2021 vom 23.12.2021 E. 3.1.3 m.w.H.
  • Vgl. Gilliéron, N. 1150, auch wenn Gewahrsam auf Französisch mit «possession» und Italienisch «possesso» übersetzt wurde.
  • KuKo-Rohner, Art. 107/108 SchKG N. 4.
  • OGer BE ABS 2021 146 vom 27.8.2021 E. 4.4; BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 6.
  • Vgl. BSK-Niggli/Riedo, Art. 139 StGB N. 20.
  • Vgl. BGE 87 III 11 E. 1; BGer 7B.159/2005 vom 15.11.2005 E. 1, wonach deren Vorhandensein unbestritten oder ohne Weiteres zuverlässig feststellbar sein muss (z.B. mit Urkunden).
  • BGer 5A_859/2019 vom 9.11.2020 E. 3.4.1 m.w.H.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 4 und 8.
  • OGer ZH PS170037 vom 27.2.2017 E. III. 4.1 und 4.5.
  • Vgl. CR-Tschumy, Art. 107 LP N. 4; Blumenstein, S. 387.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 8.
  • Der Fahrzeugausweis gilt allgemein als wichtiges Indiz für den Gewahrsam, vgl. Amonn/Walther, § 24 N. 38.
  • BGE 80 III 25 E. 2. Mit weiteren Beispielen zu Fahrzeugen: BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 8a.
  • OGer ZH PS190091 vom 16.10.2019 E. 3.2, wobei die Gläubigerin wohl hätte vorbringen können, dass die Ansprecherin über keinen Schlüssel verfügte. Ohne diese Feststellung ist von Mitgewahrsam auszugehen, insbesondere weil der Schlüssel auch bei der Bank deponiert und jeweils dem Berechtigten ausgehändigt werden kann, vgl. BGer 5A_859/2019 vom 9.11.2020 E. 3.3.3.
  • BGE 142 III 65 E. 4.1; SK-Zondler, Art. 107 SchKG N. 4; Stoffel/Chabloz, § 5 N. 119.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 12.
  • BK-Kratz, Art. 150 OR N. 69.
  • BGE 112 III 52 E. 3 = Pra 75 (1986) Nr. 221; BGE 112 III 90 E. 5; BGE 110 III 24 E. 2; OGer ZH NE170006 vom 23.11.2017 E. 4.3.1.
  • Oder umgekehrt, vgl. Stoffel/Chabloz, § 5 N. 120.
  • Vgl. BGer 5A_1041/2017 vom 4.2.2019, Sachverhalt A.c.; BSK-Staehelin/Strub, Art. 108 SchKG N. 5. Allgemein wird der Ansprecherin die Beklagtenrolle zugeteilt, wenn es gleich wahrscheinlich ist, dass sie oder der Schuldner berechtigt sind, vgl. KuKo-Rohner, Art. 107/108 SchKG N. 12.
  • AppGer BS BEZ.2014.86 (AG.2015.37) vom 12.1.2015 E. 3.3; BGE 88 III 55 E. 1; BGE 67 III 49.
  • Offengelassen in AppGer BS BEZ.2014.86 (AG.2015.37) vom 12.1.2015 E. 3.3.
  • OGer BE ABS 21 162 vom 23.7.2021 E. 4.4.
  • OGer ZH NE180008 vom 4.12.2018 E. 5.1.
  • KGer GR KSK 2021 7 vom 11.8.2021 E. 8.2 f.
  • BGer 5A_342/2020 vom 4.3.2021 E. 4.1.
  • BGE 123 III 367 E. 3b; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 66; SK-Zondler, Art. 107 SchKG N. 3.
  • KGer GR KSK 2021 7 vom 11.8.2021 E. 7.3.
  • BGE 83 III 27 E. 1.
  • statt vieler: BGE 80 III 114 E. 1.
  • KGer BL 420 16 411 vom 13.12.2016 E. 2, wo es um Bestätigungsschreiben ging, welche aber erst nach der Pfändung eingeholt wurden.
  • BGer 5A_20/2021 vom 23.12.2021 E. 3.4.
  • BGE 76 III 87 E. 2.
  • BGer 7B.159/2005 vom 15.11.2015 E. 2.
  • OGer BE ABS 2021 146 vom 27.8.2021 E. 4.5.
  • OGer BE ABS 21 146 vom 27.8.2021 E. 4.5.
  • BGer 7B.270/2003 vom 27.2.2004 E. 2.3.
  • Vgl. BGer 5A_342/2020 vom 4.3.2021 Sachverhalt C.; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 87, wonach die aufschiebende Wirkung gewährt werden soll, ausser die Beschwerde erweist sich als trölerisch, mut- oder böswillig.
  • BGE 123 IIII 330 E. 2; KuKo-Rohner, Art. 107/108 SchKG N. 24.
  • BGE 110 III 60 E. 2b; Amonn/Walther, § 24 N. 66.
  • KGer GR KSK 19 87 vom 27.3.2020, PKG 2020 Nr. 8.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 7; KuKo-Rohner, Art. 109 SchKG N. 2; Zogg, S. 12; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 127.
  • Amonn/Walther, § 24 N. 47.
  • Vgl. Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 126.
  • BGer 5A_113/2018 vom 12.9.2018 E. 8.2.1 [nicht publiziert in BGE 144 III 541]; Stoffel/Chabloz, § 5 N. 7.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 4; SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 1; KuKo-Rohner, Art. 109 SchKG N. 19; Blumenstein, S. 390; offengelassen in BGE 140 III 355 E. 2.3.3; a.A. Amonn/Walther, § 24 N. 51, 68; Kren Kostkiewicz, N. 817; Jaeger/Walder/Kull, Art. 109 SchKG N. 7; Tschumy, S. 185 f.
  • Vgl. BSK-Mabillard, Art. 23 SchKG N. 11 ff.
  • Vgl. Eichel, S. 29, der auf BGE 140 III 355 E. 2.3.3 verweist.
  • Gl.M: BezGer und OGer Zürich, ZR 101 [2002] Nr. 29, S. 108 ff.; Guldener, S. 49.
  • BGE 86 III 134 E. 2; OGer ZH NE190002 vom 9.12.2019 E. II.6; Rohner, S. 140 f.; Blumenstein, S. 396.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 126 sind vermittelnd der Ansicht, dass unter Umständen auf das Beweisergebnis des Vorverfahrens abgestützt werden könne.
  • Vgl. Bommer, S. 46; SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 5. Aufgrund des Territorialitätsprinzips sind internationale Fälle auch von Art. 109 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG umfasst, auch wenn das nicht explizit erwähnt wird.
  • BGer 5A_53/2020 vom 13.7.2021 E. 3; OGer ZH NE190002 vom 9.12.2019 E. II.6; SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 5.
  • Kren Kostkiewicz, N. 820.
  • Vgl. Bommer, S. 57.
  • Amonn/Walther, § 24 N. 59.
  • Kren Kostkiewicz, N. 821.
  • SHK-Markus, Art. 22 Nr. 5 LugÜ N. 215.
  • Bommer, S. 79 f.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 100.
  • BGE 107 III 118 E. 2; BGer 5A_357/2008 vom 5.11.2008 E. 2.1; g.M.: BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 16; SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 5; Rohner, S. 108 f.
  • BGE 140 III 355; SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 6.
  • KuKo-Rohner, Art. 109 SchKG N. 4; Rohner, S. 93 f.; BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 11; a.A.: SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 3, der davon ausgeht, dass die Klage bei Verpassen der Frist abgewiesen wird.
  • BGE 82 III 31 E. 1.
  • BGE 86 III 134 E. 2.
  • Vgl. BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 4; Fritzsche/Walder-Bohner, § 26 Rz. 21 drücken es so aus: «Es ist nicht zu leugnen, dass im Interesse der Förderung des Betreibungsverfahrens […], der Partei ein erhebliches Mass von Umsicht und Entschlusskraft zugemutet wird.».
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 87.
  • Vgl. KGer SZ ZK2 2017 16 vom 2.11. 2017 E. 3 und 4 mit Verweis auf Literatur und Rechtsprechung.
  • So gilt unter geltendem Recht für die Einleitung der Aberkennungsklage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG der Fristenstillstand nach SchKG (vgl. BGE 143 III 38 = Pra 107 (2018) Nr. 6), für die Kollokationsklage nach Art. 250 SchKG aber die Fristen nach ZPO (BGer 5A_790/2021 vom 7.12.2022 E. 4).
  • BGer 5A_790/2021 vom 7.12.2022 E. 4.2 f.
  • Vgl. Wuffli, S. 11.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 8a; CR-Tschumy, Art. 108 LP N. 2.
  • OGer ZH PP210054 vom 11.3.2022 E. 3.3.1. Ist die Betreibung schon vor Einleitung der Widerspruchsklage dahingefallen, so ist auf die Klage nicht einzutreten.
  • BGE 99 III 12 E. 1.
  • Kren Kostkiewicz, N. 821; BSK-Staehelin/Strub, Art. 107 SchKG N. 20c.
  • BGE 96 III 111 E. 4b; so wohl auch BGer 5A_360/2012 vom 28.1.2013 E. 4.2. Anders noch BGE 84 III 141 E. 2, wonach das Gericht aber seine Auffassung den Betreibungsbehörden mitteilen und das Verfahren sistieren kann, bis die SchK-Behörden entschieden haben; vgl. dazu BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 3.
  • OGer ZH PS190193, PS190193 vom 9.3.2020 E. 4.2.7.
  • BGE 84 III 141 E. 5
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 98; BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 15; SK-Zondler, Art. 109 SchKG N. 4; Rohner, S. 100; KuKo-Rohner, Art. 109 SchKG N. 7.
  • Im Unterschied dazu ist bei der Aberkennungsklage trotz der Zuständigkeitsordnung in Art. 83 Abs. 2 SchKG eine Gerichtsstandsvereinbarung zulässig, vgl. BSK-Staehelin, Art. 83 SchKG N. 35. Im Unterschied zur Widerspruchsklage handelt es sich aber um eine materiell-rechtliche Streitigkeit.
  • Vgl. Art. 22 Abs. 5 i.V.m. Art. 23 Abs. 5 LugÜ; BSK-Grolimund/Bachofner, Art. 5 IPRG N. 21.
  • ZK-Courvoisier/Wenger, Art. 354 ZPO N. 15; KuKo-Dasser, Art. 354 ZPO N. 12; ablehnend: Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 98; BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 15; befürwortend: Meier/Terrapon Chassot, Art. 177 N. 42; BK-Pfisterer, Art. 354 ZPO N. 17; BSK-Weber-Stecher, Art. 354 ZPO N. 43.
  • Vgl. BK-Pfisterer, Art 354 ZPO N. 17.
  • So aber: BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 15.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 6.
  • Das Gericht hat das Begehren schliesslich nach Treu und Glauben auszulegen, statt vieler: 4A_462/2017 vom 12.3.2018 E. 3.2. Beim Eigentumsvorbehalt könnte deshalb auch auf Feststellung des ausstehenden Kaufpreises geklagt werden, a.M.: BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 6a.
  • Vock/Meister-Müller, S. 192 f.; vgl. auch Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 122.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 24.
  • BGer 5A_360/2012 vom 28.1.2013 E. 1.2; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 103; Blumenstein, S. 392.
  • BGE 84 III 141 E. 3.
  • OGer ZH NE170006 vom 23.11.2017 E. 4.3.3.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 109.
  • BGE 141 III 7 E. 4.3; BGer 5A_113/2018 vom 12.9.2018 E. 8.2.2 [nicht publiziert in BGE 144 III 541].
  • Vgl. BGer 5A_133/2019 vom 20.7.2020 E. 2.
  • Vgl. BGE 80 III 114
  • Gemäss BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 4 stehen sich im Widerspruchsverfahren offenbar öfters Gläubigerin und Ansprecherin als Schuldner und Ansprecherin gegenüber. Das dürfte wohl daran liegen, dass der fragliche Vermögenswert aus Sicht des Schuldners wohl meist ohnehin «verloren» ist.
  • Vgl. z.B. BGer 5A_201/2010 vom 6.8.2010.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 2.
  • Im Widerspruchsverfahren wird dieses Argument meist nur dann behandelt, wenn die Gesellschaft im Ausland inkorporiert ist und die Pfändung auf eine Verarrestierung von Vermögenwerten, meist Bankkonten, erfolgt. Da inländische Gesellschaften dem Konkurs unterliegen, wird der Durchgriff ansonsten im Aussonderungs- / Admassierungsverfahren geklärt.
  • BGE 144 III 541 E. 8.3.4; BGE 128 III 346 E. 3.1.3.
  • Vgl. BGE 144 III 541 E. 8.3.2. Allerdings betont das Bundesgericht, ein direkter Durchgriff sei nur zurückhaltend anzunehmen, vgl. BGE 144 III 541 E. 8.3.6.
  • Vgl. KGer VS C1 17 36 vom 19.11.2019 E. 3.1.2.
  • Vgl. BGer 5A_330/2012 vom 17.7.2012, wo der Schuldner unter Gefahr der Zwangsvollstreckung seine Liegenschaft an eine ihm mehrheitlich gehörende Gesellschaft übertrug.
  • Vgl. z.B. BGer 5A_75/2015 vom 2.6.2015 E. 2 und 3; BGer 5A_925/2012 vom 5.4.2013 E. 9.1. Gemäss BGE 144 III 541 E. 8.3.5 ist diese «Strohmann»-Argumentation vom Durchgriff zu unterscheiden.
  • Vgl. BGer 5A_743/2021 vom 10.11.2022 E. 5.1 ff., wonach sich diese Einrede immer nach schweizerischem Recht richtet; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 106. In OGer ZH NP200033 warf die Gläubigerin dem Ansprecher (und Alleinaktionär der Schuldnerin) vor, die Abtretungserklärung an einem Bankkonto (von der Schuldnerin an ihn persönlich) nachträglich erstellt zu haben. Trotz einiger Indizien misslang dieser Beweis, vgl. OGer ZH NP200033 vom 20.9.2021 E. 2.
  • Verneint in AppGer BS ZB.2013.12 vom 12.7.2014 E. 3.4 wo der Kläger der beklagten Bank vorwarf, wider besseres Wissen ein zweckgebundenes Guthaben der Schuldnerin als Pfand genommen zu haben.
  • Vgl. BGE 48 II 270 E. 2, wonach ein Bankgeschäft zur Steuerhinterziehung sittenwidrig ist; Emmenegger/Döbeli/Fritschi, Rz. 48 ff.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 15; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 121.
  • Um diese Einrede vorbringen zu können, muss die Gläubigerin bereits aktivlegitimiert sein, wobei ein provisorischer Verlustschein ausreicht, vgl. BGE 107 III 118 E. 3. Dieser provisorische Verlustschein kann m.E. auch aus der streitgegenständlichen Betreibung stammen.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 106.
  • Steht mehreren Ansprecherinnen das bessere Recht gemeinsam zu (z.B. eine Erbengemeinschaft), müssen diese im Prozess auch zusammen auftreten.
  • Vock/Meister-Müller, S. 33; BSK-Ruggle, Art. 71 ZPO N. 26; Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 102; BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 25; KuKo-Rohner, Art. 109 SchKG N. 13.
  • Vgl. CR-Tschumy, Art. 109 LP N. 3 f. mit einer Auflistung möglicher Konstellationen.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 102.
  • CR-Jeandin, Art. 70 CPC N. 4.
  • BGE 136 III 534 E. 2.1.
  • Gemäss Vock/Meister-Müller, S. 194 ist die Streitverkündung im Verfahren Gläubigerin v. Ansprecherin nicht möglich, weil es sich nur um eine betreibungsrechtliche Klage mit Reflexwirkung handle. Das ist aber nach hier vertretener Meinung kein Grund, der die Streitverkündung ausschliesst.
  • BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 31a.
  • A.A. BSK-Staehelin/Strub, Art. 109 SchKG N. 32a/b, wonach der Überschuss demjenigen auszuzahlen ist, der Gewahrsam am Vermögenswert hatte. Besteht zwischen Schuldner und Ansprecherin Uneinigkeit, sei über die Verteilung in einem separaten Zivilprozess zu entscheiden. Diese Konsequenz ist m.E. nicht angemessen. Wenn der Schuldner darauf verzichtet, das bessere Recht zu bestreiten, kann er auch den Überschuss nicht mehr beanspruchen.
  • Brunner/Reutter/Schönmann/Talbot, S. 107; Blumenstein, S. 396; a.A. CR-Tschumy, Art. 109 LP N. 9.

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10.17176/20230915-085436-0

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