-
- Art. 11 OR
- Art. 12 OR
- Art. 50 OR
- Art. 51 OR
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- Art. 2 DSG
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- Art. 6 Abs. 6 und 7 DSG
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- Art. 31 Abs. 2 lit. e DSG
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- Art. 72 DSG
- Art. 72a DSG
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- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 3 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 4 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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- Art. 34 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Allgemeines
- II. Medienfreiheit (Abs. 1)
- III. Zensurverbot (Abs. 2 BV)
- IV. Redaktionsgeheimnis (Abs. 3)
- Weitere empfohlene Lektüre
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
I. Allgemeines
A. (Entstehungs-)Geschichte
1 Die Medienfreiheit entstand als Reaktion auf die Formen der Zensur von Kommunikationsinhalten (vgl. zum Zensurverbot N. 76 ff.). Diese wurden nach der Erfindung des Buchdrucks sowohl von kirchlicher als auch von staatlicher Seite ab dem 16. bis ins 19. Jahrhundert praktiziert.
2 Aufgrund des Misstrauens gegenüber den konservativen Kantonen wurde die Pressefreiheit 1848 als ein «Bundesgrundrecht der ersten Stunde»
3 Der Verfassungsentwurf von 1996 führte die «Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen» noch als Teilaspekt einer Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit auf (Art. 14 VE 1996).
4 Art. 17 BV steht in engem Verhältnis zu Art. 93 BV, der 1984 als verfassungsrechtliche Grundlage für das bereits seit den 1920er-Jahren bestehende Konzessionsregime im Radio- und Fernsehbereich in die Bundesverfassung aufgenommen wurde.
B. Völkerrechtliche Garantien und rechtsvergleichende Hinweise
5 Für das Verständnis und die Auslegung der Medienfreiheit gemäss Art. 17 BV sind auch völkerrechtliche Garantien verbindlich und deshalb zu beachten. So schützen unter anderem Art. 10 EMRK und Art. 19 f. UNO-Pakt II Äusserungen in den Medien bzw. die Medientätigkeit.
6 In der schweizerischen Rechtsprechung zur Medienfreiheit hat insbesondere Art. 10 EMRK einen hohen Stellenwert.
7 Ein rechtsvergleichender Blick lässt erkennen, dass spezifische Grundrechte der Medienfreiheit oder der Pressefreiheit auch in anderen Verfassungen statuiert sind: Hinzuweisen ist etwa auf die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Deutschland) gewährleistete Presse- und Rundfunkfreiheit sowie auf das in Art. 5 Abs. 3 GG statuierte Zensurverbot.
C. Bedeutung und Funktion der Medienfreiheit
8 Die Medienfreiheit vermittelt Äusserungen durch bzw. mittels (Massen-)Medien
II. Medienfreiheit (Abs. 1)
A. Sachlicher Schutzbereich
1. Begriff der Medien im Kontext der Medienfreiheit
9 Für die Definition der Medien orientiert sich der EGMR in seiner Rechtsprechung zu Art. 10 EMRK an deren Funktion als public watchdogs (vgl. zur Bedeutung und Funktion der Medienfreiheit N. 8). Im Rahmen dieses funktionalen Ansatzes lässt er insbesondere jenen Beiträgen einen verstärkten Schutz zukommen, die an die Öffentlichkeit gerichtet sind und Themen des öffentlichen Interesses behandeln.
10 Das Bundesgericht versteht unter dem Begriff der Medien im Sinne von Art. 17 BV öffentliche, technisch verbreitete Meinungsäusserungen ideellen Inhalts.
11 Fraglich ist, inwieweit der Schutz durch Art. 17 BV die Beachtung berufsethischer journalistischer Sorgfaltspflichten voraussetzt. Im Kontext der Akkreditierung von Medienschaffenden hat das Bundesgericht die gesetzliche Eingrenzung des Medienbegriffs auf journalistische Medien für verfassungskonform erklärt und hierbei auf die Anwendung der vom Schweizer Presserat – dem Selbstregulierungsorgan für medienethische Fragen – verabschiedeten berufsethischen Sorgfaltspflichten verwiesen.
12 Schliesslich vertreten gewisse Autorinnen und Autoren die Ansicht, dass nur journalistische Tätigkeiten von einer gewissen Kontinuierlichkeit von der Medienfreiheit geschützt sein sollen. Begründet wird dies damit, dass Medien zur wirksamen Wahrnehmung ihrer besonderen Funktionen einer auf Dauer ausgelegten und die entsprechenden Ressourcen erfordernden minimalen Organisationsstruktur bedürfen.
13 Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch im schweizerischen Verfassungsrecht ein der Rechtsprechung des EGMR nahekommendes funktionales Verständnis der Medien im Rahmen der Kommunikationsfreiheiten herrscht. Ein verstärkter Schutz, sei es im Rahmen der Medienfreiheit oder der Meinungs- und Informationsfreiheit, ist jener öffentlichen Kommunikation über meinungsbildende Inhalte zu gewähren, die eine demokratiewesentliche Meinungsbildungs- und Kontrollfunktion erfüllt. Dies ist speziell der Fall bei journalistisch aufbereiteten Beiträgen, die im Rahmen einer gewissen Organisationsstruktur verbreitet werden.
2. Geschützte Ansprüche und Teilgehalte
a. Schutz von Medieninhalten und Schutz institutioneller Aspekte
14 Die Medienfreiheit beinhaltet sowohl eine inhaltliche als auch eine institutionelle bzw. organisatorische Seite. Die inhaltliche Seite ist auf den intensiveren Schutz von Medieninhalten ausgerichtet (vgl. zum Medienbegriff N. 9 ff., vgl. zu den Auswirkungen des besonderen Schutzes im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung N. 45 ff.).
15 Die institutionelle bzw. organisatorische Seite schützt die Medien als Institutionen bzw. Organisationen und in diesem Sinne die organisatorischen Rahmenbedingungen, die mit der Publikation von Medieninhalten untrennbar verbunden und für die effektive Wahrnehmung der demokratiewesentlichen Funktionen der Medien notwendig sind (vgl. zur Bedeutung und Funktion der Medienfreiheit N. 8).
b. Einzelne Ansprüche und Teilgehalte (subjektiv-rechtliche Dimension)
16 In ihrer subjektiv-rechtlichen Dimension schützt die Medienfreiheit konkrete Rechtspositionen der betroffenen Grundrechtsträger und vermittelt ihnen justiziable Ansprüche. Im Vordergrund steht dabei der Schutz von Medienschaffenden vor Eingriffen in die Medienfreiheit beispielsweise durch das Verbot einer anstehenden Publikation im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme gem. Art. 261 ff. ZPO oder die strafrechtliche Sanktion für eine die Ehre oder die Privatsphäre einer Person verletzende Äusserung.
17 Von besonderer praktischer Relevanz ist auch das spezifisch in Art. 17 Abs. 3 BV garantierte Redaktionsgeheimnis, welches Medienschaffenden insbesondere einen Schutz vor Offenlegung ihrer Informationsquellen garantiert (vgl. dazu ausführlich unten N. 88 ff.).
18 Die Medienfreiheit schützt Medienschaffende weiter in ihrer Recherchetätigkeit. In diesem Zusammenhang vermittelt die Medienfreiheit betroffenen Medienschaffenden auch einen Anspruch auf ausreichenden Schutz durch die zuständigen Behörden vor allfälligen (drohenden) Gewalttaten durch Dritte.
19 Gestützt auf Art. 17 BV haben Medienschaffende zudem ein Recht auf Verbreitung von Informationen. Geschützt sind damit alle Tätigkeiten des Transports, des Verkaufs und der Verteilung von Medieninhalten bzw. -erzeugnissen.
20 Eine Pflicht der vorgängigen Meldung, Bewilligung oder Konzessionierung von Medienerzeugnissen ist nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen zulässig.
21 Die Medienfreiheit gewährleistet Medienschaffenden auch das Recht, Informationen von Dritten grundsätzlich
22 Traditionell wurde die Medienfreiheit primär als Abwehrgrundrecht verstanden, welches grundsätzliche keine Leistungsansprüche und insbesondere kein Recht auf Massnahmen der Medienförderung vermittelt.
23 So vermittelt die Medienfreiheit ein Recht auf Zugang zu staatlichen Quellen, welches nach geltender bundesgerichtlicher Rechtsprechung (wohl) über die im Rahmen der Informationsfreiheit gemäss Art. 16 BV garantierten Zugangsrechte hinausgeht.
24 Auch für die Gerichtsberichterstattung über strafrechtliche Hauptverhandlungen verfügen Medienschaffende gestützt auf Art. 70 Abs. 3 StPO über weitergehende Zugangsrechte, als sich diese für die Allgemeinheit aus Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 69 ff. StPO ergeben (vgl. auch unten N. 26, 56, 67 ff.).
25 Die Medienfreiheit entfaltet keine direkte Horizontal- bzw. Drittwirkung zwischen Privaten. Damit können sich Medienschaffende gegenüber Einflussnahmen etwa von Seiten des Verlags nicht direkt auf die Medienfreiheit berufen (sog. «innere oder innerbetriebliche Medienfreiheit»). Vielmehr sind Spannungsverhältnisse zwischen der Medienfreiheit von Redaktionsangestellten einerseits und der Medienfreiheit sowie der wirtschaftlichen Gestaltungsfreiheit des Verlags als Arbeitgeber andererseits nicht direkt unter dem Titel des Verfassungsrechts, sondern unter jenem des (verfassungskonform auszulegenden) Arbeitsrechts aufzulösen.
c. Objektiv-rechtliche Dimension der Medienfreiheit
26 In ihrer objektiv-rechtlichen Dimension verpflichtet die Medienfreiheit den Staat, die erforderlichen Massnahmen für ihre Verwirklichung zu treffen.
27 Andererseits wendet sich die Medienfreiheit auch an die Rechtsanwendung und verlangt, dass die rechtsanwendenden Behörden gesetzliche Bestimmungen grundrechtskonform auslegen.
28 Ein typisches Beispiel für die objektiv-rechtliche Dimension der Medienfreiheit ist sodann das Vielfaltsgebot. Obwohl dieses aufgrund der historischen Gegebenheiten v.a. für den Rundfunkbereich Bedeutung erlangt hat (vgl. hierzu bereits N. 4), beansprucht es Geltung für den gesamten Medienbereich. Denn Medien müssen zur Gewährleistung ihrer Meinungsbildungs- und Kontrollfunktion möglichst vielfältige Themen und Meinungen in die Öffentlichkeit tragen können. Daher hat der Staat eine Medienordnung zu garantieren, die eine die Meinungsvielfalt widerspiegelnde Medienvielfalt anstrebt.
29 Für den Bereich von Radio und Fernsehen ist die Vielfaltssicherung nebst weiteren Vorgaben explizit im Grundversorgungs- bzw. Service public-Auftrag gemäss Art. 93 Abs. 2 BV festgeschrieben (vgl. zum Begriff der Grundversorgung bzw. des Service public N. 74).
30 Im Unterschied zum Rundfunkbereich zeichnete sich der Bereich der Presse lange Zeit durch einen Wettbewerb verschiedener Anbieter mit individuellem Angebot aus. Das Recht jedes Verlags, die inhaltliche Tendenz seines Angebots festzulegen – die sog. Tendenzfreiheit – bildet als presserechtliches Gegenstück des rundfunkrechtlichen Vielfaltsgebots einen wichtigen Bestandteil der Pressefreiheit und sichert den Aussenpluralismus im Pressebereich.
31 Durch die Digitalisierung unterliegt die gesamte Medienlandschaft einem Strukturwandel. Aufgrund der hohen Reichweite von sog. Informationsintermediären wie sozialen Medien und Suchmaschinen wandern die Werbeeinnahmen zunehmend zu Akteuren wie insbesondere Google und Meta (bis 2021: Facebook).
B. Persönlicher Schutzbereich
32 Auf die Medienfreiheit berufen können sich alle natürlichen und juristischen Personen, die an der Recherche, Herstellung und Verbreitung von Medieninhalten beteiligt sind, unabhängig von ihrer Nationalität. Somit sind sowohl Medienschaffende als auch Medienunternehmen von der Medienfreiheit geschützt. Ebenfalls erfasst sind Hilfspersonen von Medienschaffenden wie z.B. Kameraleute.
33 Der Grundrechtsschutz juristischer Personen im Rahmen der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe wird von der h.L. dann bejaht, wenn die juristische Person in einer bestimmten Funktion unmittelbar und spezifisch der Verwirklichung von Grundrechten dient.
34 Inwieweit auch Mediennutzende bzw. das Publikum von der Medienfreiheit geschützt sind, ist in der Lehre nicht gänzlich geklärt.
35 Vom Schutzbereich der Medienfreiheit dürften auch Äusserungen erfasst sein, welche (teil-)automatisiert generiert wurden; zu denken ist insbesondere an Äusserungen durch «Journalismusbots».
C. Einschränkungen
36 Eingriffe in die Medienfreiheit erfolgen einerseits über direkte rechtliche Einschränkungen wie beispielsweise präventive Verbote,
37 Als weitere Eingriffsart sind indirekte Einschränkungen der publizistischen Tätigkeit zu nennen (auch mittelbare Eingriffe genannt). Anders als unmittelbare Einflussnahmen knüpfen mittelbare Einflussnahmen nicht an bestimmte Medieninhalte an, womit sie die Auswahl und Gestaltung von Medieninhalten lediglich indirekt und weniger berechenbar beeinflussen. Ob eine staatliche Einflussnahme als direkt oder indirekt zu betrachten ist, hängt von der Steuerbarkeit des Einflusses auf die Gestaltung der Medieninhalte ab.
38 Neben diesen rechtlichen Einschränkungen sind auch faktische Einschränkungen zu beachten. Zu nennen ist beispielsweise das physische Fernhalten von Medienschaffenden vom Ort einer Kundgebung durch die Verhinderung ihrer Weiterreise
39 Von nicht unerheblicher Bedeutung sind indirekte Einschränkungen in die Medienfreiheit durch einen sog. Chilling Effect: Insbesondere der EGMR unterstreicht in seiner Rechtsprechung, dass scharfe Sanktionen gegen Medienschaffende oder ein unzureichender Quellenschutz dazu führen können, dass Medienschaffende aus Angst vor Sanktionen generell zu gewissen Themen oder in ausgewählten Bereichen von zulässiger und erwünschter Berichterstattung absehen.
40 Einschränkungen in die Medienfreiheit in der geschilderten Art sind grundsätzlich an den Anforderungen von Art. 36 BV zu messen (sogleich N. 42 ff.). Da Einschränkungen – seien sie rechtlicher, faktischer oder indirekter Art – unterschiedliche Aspekte der Medientätigkeit und -organisation betreffen, können sich dabei besondere Fragen stellen. Entsprechend haben sich in der Rechtsprechung spezifische Fallgruppen herausgebildet. Daher wird im Anschluss an die allgemeinen Erläuterungen auf diese unterschiedlichen relevanten Fallgruppen eingegangen (N. 52 ff.).
1. Beurteilung nach Art. 36 BV
41 Einschränkungen in die Medienfreiheit sind grundsätzlich an den Voraussetzungen von Art. 36 BV zu messen. Die Anforderungen an eine Rechtfertigung sind umso höher, je schwerwiegender der Eingriff ist, und mit zunehmender Schwere der Einschränkung ist diese gerichtlich auch umso präziser zu überprüfen.
a. Gesetzliche Grundlage (Art. 36 Abs. 1 BV)
42 Einschränkungen der Medienfreiheit bedürfen gemäss Art. 36 Abs. 1 BV einer gesetzlichen Grundlage, wobei die Anforderungen an die Normstufe und Normdichte umso höher sind, je schwerwiegender die Einschränkung einzustufen ist. Einschränkungen erfolgen dabei gestützt auf unterschiedliche Normen des Bundesrechts (vgl. ausführlicher unten N. 53 ff.) oder des kantonalen Rechts.
43 Ausnahmsweise – beim Vorliegen einer ernsten, unmittelbaren und nicht anders abwendbaren Gefahr für hochrangige Rechtsgüter
b. Öffentliches Interesse (Art. 36 Abs. 2 BV)
44 Einschränkungen der Medienfreiheit verfolgen unterschiedliche öffentliche Interessen; vom Schutz der öffentlichen Sicherheit
c. Verhältnismässigkeit (Art. 36 Abs. 3 BV)
45 Einschränkungen der Medienfreiheit müssen verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 3 BV). Als verhältnismässig gilt eine Einschränkung, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um das mit der einschränkenden Massnahme anvisierte staatliche Ziel zu erreichen, und die Massnahme für den bzw. die Grundrechtsbetroffenen zumutbar ist.
46 Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit von Einschränkungen der Medienfreiheit weist der EGMR regelmässig darauf hin, dass die Ausübung der Pressefreiheit auch mit Pflichten und Verantwortung
47 Eine Freiheitsstrafe für Journalistinnen und Journalisten aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit ist gemäss Rechtsprechung des EGMR aus Überlegungen der Verhältnismässigkeit nur in aussergewöhnlichen Fällen zulässig, etwa wenn durch die Arbeit der betreffenden Medienschaffenden andere Grundrechte schwerwiegend beeinträchtigt werden.
48 Bezüglich Kritik der Medien an der Justiz hält der EGMR fest, dass ein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu Informationen der Gerichtsberichterstattung besteht.
49 Mediale Kritik gegenüber Politikerinnen und Politikern sowie anderen öffentlichen Personen
50 Im Rahmen der journalistischen Berichterstattung ist Medienschaffenden grundsätzlich auch die Verwendung von übertreibenden und polemischen Äusserungen gestattet.
51 Die durch die Medienfreiheit geschützte Bildberichterstattung ist im Einzelfall regelmässig gegen die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen abzuwägen. Kriterien, welche in die Abwägung der Verhältnismässigkeit einer Einschränkung einfliessen, sind u.a. die Bekanntheit bzw. die Natur der abgebildeten Person, der Beitrag der Publikation zu einer Debatte von gesellschaftlichem Interesse, der Gegenstand der Berichterstattung, das vorgängige Verhalten der Person, Inhalt, Form und Konsequenzen der Veröffentlichung sowie die Begleitumstände der Bildherstellung.
2. Inhaltliche Einschränkungen der Medienfreiheit
52 Einschränkungen der Medienfreiheit treffen regelmässig Inhalte von geplanten oder getätigten Äusserungen bzw. diese Einschränkungen erfolgen anknüpfend an den Inhalt einer Medienäusserung.
53 Im materiellen Recht praktisch von grosser Bedeutung ist die Rechtsprechung zu ehrverletzenden Medienäusserungen, deren Einschränkung gestützt auf Art. 28 ff. ZGB
54 Weitere im Rahmen der Medienfreiheit relevante strafrechtliche Bestimmungen sind etwa die Bestimmungen zum Schutz der Privatsphäre (insb. Art. 179bis ff. StGB, Art. 321ter StGB)
55 Daneben ergeben sich direkte und indirekte inhaltliche Einschränkungen aus einer Vielzahl weiterer Bestimmungen. Im Sinne einer beispielhaften Aufzählung zu erwähnen sind wettbewerbsrechtliche Einschränkungen von Medienäusserungen, welche insbesondere zum Schutz des wirtschaftlichen Ansehens einer Person gestützt auf Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG erfolgen.
56 Ebenfalls zu beachten sind Einschränkungen, welche sich aus den einschlägigen Normen des Zivil- und des Strafprozessrechts ergeben. So erlauben die Art. 261 ff. ZPO Verbote von geplanten Äusserungen
57 Während eine Vielzahl dieser Bestimmungen nachträgliche Einschränkungen der Medienfreiheit (in Form etwa einer Strafe oder der Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz oder Genugtuung) erlauben, sind insbesondere gestützt auf Art. 261 ff. ZPO auch präventive Einschränkungen wie beispielsweise ein Verbot einer geplanten Medienäusserung möglich.
58 Bei der Anwendung der erwähnten Normen sind die zuständigen Behörden und Gerichte dazu angehalten, den Gehalten der Medienfreiheit in den jeweiligen Verfahren durch eine verfassungskonforme Auslegung der einschränkenden Bestimmungen Rechnung zu tragen (vgl. dazu auch oben N. 27).
59 Die Pflicht der grundrechtskonformen Auslegung und Anwendung der einschränkenden Gesetzesbestimmungen gilt auch für den Sonderfall der Wiedergabe von strafrechtlich relevanten Äusserungen als Teil der journalistischen Berichterstattung, wenn beispielsweise zwecks einer Dokumentation rassendiskriminierende Äusserungen wiedergegeben werden:
60 Für Äusserungen in Radio und Fernsehen sind zudem die inhaltlichen Anforderungen an die Programmgestaltung gemäss Art. 4 ff. RTVG zu beachten. Die Mindestanforderungen an den Programminhalt – etwa die Pflicht zur Beachtung der Grundrechte (Art. 4 Abs. 1 RTVG), das Sachgerechtigkeitsgebot (Art. 4 Abs. 2 RTVG)
61 Als zulässig gilt gemäss ständiger Lehre und Rechtsprechung das Verbot politischer und religiöser Werbung in Radio und Fernsehen gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. d und e RTVG. Die (heute enger gefasste) Beschränkung dieser Art von ideeller Werbung
62 Allgemein gilt für inhaltliche Einschränkungen der Medienfreiheit, dass sie – sofern der Eingriff Informationen von gesellschaftlichem Interesse betrifft und damit als eher schwerwiegend einzustufen ist – besonders präzise zu überprüfen sind.
3. Verbreitungspflichten als Sonderfall inhaltlicher Einschränkungen
63 Die Pflicht von Medien, bestimmte Inhalte zu verbreiten, stellt einen grundsätzlich schweren Eingriff in die Medienfreiheit dar und muss daher auf einer genügend bestimmten formell-gesetzlichen Grundlage beruhen, von gewichtigem öffentlichen Interesse sein und einer strengen Verhältnismässigkeitsprüfung standhalten.
64 Verlautbarungen des Staates sind mit Blick auf das Staatsunabhängigkeitsgebot klar als solche zu kennzeichnen und unter der ausschliesslichen Verantwortung der beauftragenden Behörde zu verbreiten, damit die Medien nicht als Sprachrohr der Behörden benutzt werden (vgl. auch N. 87).
65 Als Verlautbarungsrechte von Dritten sind das zivilrechtliche Gegendarstellungsrecht bei Persönlichkeitsverletzungen gemäss Art. 28g ff. ZGB (vgl. bereits N. 21) und für den Rundfunkbereich zudem das sog. «Recht auf Antenne» zu nennen. Dabei ist zu beachten, dass gemäss der bereits von Art. 93 Abs. 3 BV garantierten Programmautonomie namentlich niemand von einem Programmveranstalter die Verbreitung bestimmter Darbietungen und Informationen verlangen kann (Art. 6 Abs. 3 RTVG). Damit haben Dritte keinen selbständigen «Anspruch auf Antenne». Ein solches Recht besteht allerdings ausnahmsweise akzessorisch, wenn die Zugangsverweigerung rechtswidrig ist. Im Zentrum steht dabei die rechtsungleiche bzw. diskriminierende Behandlung eines Dritten in seiner Meinungsäusserung. Eine solche liegt vor, wenn gewissen Dritten wie z.B. Parteien der Zugang zum Programm gewährt, vergleichbaren Dritten ein solcher jedoch ohne sachlichen Grund verwehrt wird.
66 Bis anhin wurde eine rechtswidrige Zugangsverweigerung in der Praxis lediglich für den speziellen Fall des Werbebereichs der SRG in Bezug auf ideelle Werbung bejaht. Gemäss Bundesgericht durfte die SRG die Verweigerung des Zugangs zum Werbebereich nicht einzig damit begründen, dass die Befürchtung besteht, die (ideelle) Werbung könne den Ruf der SRG allenfalls beschädigen. So kann sich die SRG im Werbebereich nicht in gleicher Weise wie im redaktionellen Programm auf ihre Programmautonomie berufen, sondern hat mit Blick auf ihre Grundrechtsgebundenheit als privilegierte Konzessionärin des Bundes der Meinungsäusserungsfreiheit Dritter Rechnung zu tragen. Daher ist die SRG gemäss Bundesgericht im Werbebereich nicht nur an das Rechtsgleichheitsgebot bzw. das Diskriminierungsverbot gebunden, sondern muss auch dem ideellen Gehalt der Freiheitsrechte Rechnung tragen und entsprechende Grundrechtseingriffe gemäss Art. 36 BV rechtfertigen können. Da sich die SRG nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen konnte und kein überwiegendes öffentliches Interesse vorbrachte, wurde die Zugangsverweigerung als rechtswidrig qualifiziert.
4. Einschränkungen in der Recherchetätigkeit und Darstellungsform
67 Neben inhaltlichen Eingriffen in die Medienfreiheit sind Einschränkungen in der Recherchetätigkeit oder der Darstellungsform ebenfalls zu beachten. Ein Beispiel einer derartigen Einschränkung der gewählten Form der Darstellung ist etwa das in Art. 70 Abs. 1 StPO statuierte Verbot von Bild- und Tonaufnahmen für die Gerichtsberichterstattung bei Strafprozessen.
68 Wird Medienschaffenden zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Zugang zu einer Strafanstalt verwehrt, stellt dies ebenfalls eine Einschränkung der Medienfreiheit dar.
69 Sofern diese Einschränkungen in der Recherchetätigkeit und Darstellungsform inhaltlich neutral ausgestaltet sind, ihre Anwendung rechtsgleich erfolgt und keine substantiellen (einseitigen) Auswirkungen auf die Berichterstattung zu Themen von gesellschaftlichem Interesse zu erwarten sind, sind sie – im Vergleich zu inhaltlichen Einschränkungen – grundsätzlich weniger problematisch, weshalb die Anforderungen an ihre Rechtfertigung und die gerichtliche Überprüfungsdichte praktisch weniger streng sind.
5. Einschränkungen in der Verteilung und Verbreitung von Medienerzeugnissen
70 Einschränkungen der Medienfreiheit können weiter die Verteilung und die Verbreitung von Medienerzeugnissen tangieren. In der Lehre wird etwa darauf hingewiesen, dass es unzulässig wäre, wenn der Staat über eine (allfällige) Monopolstellung im Postbereich den Vertrieb bestimmter Medienerzeugnisse benachteiligen würde.
6. Einschränkungen durch strukturelle und organisatorische Massnahmen
71 Eingriffe durch strukturelle bzw. organisatorische Massnahmen weisen für gewöhnlich keine direkte, sondern eine indirekte Auswirkung auf das Medienschaffen auf (vgl. zum Begriff oben N. 37). Zu nennen sind insbesondere Einschränkungen des Marktzugangs von Medien in der Form von Bewilligungs- oder Konzessionspflichten für das Medienschaffen sowie Massnahmen der Grundversorgung mit Medienangeboten (Service public) und Formen staatlicher Medienförderung.
a. Einschränkungen des Marktzugangs in der Form von Bewilligungs- oder Konzessionspflichten
72 Für den Bereich von Radio und Fernsehen sieht die sog. Rundfunkklausel in Art. 10 Ziff. 1 Satz 3 EMRK vor, dass Art. 10 EMRK die Staaten nicht daran hindert, für Radio- und Fernsehunternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben. Ursprünglich sollte den Staaten dadurch die Berücksichtigung technischer Aspekte ermöglicht werden, damit die Nutzung knapper Frequenzen einer Genehmigungspflicht unterstellt werden konnte. Nach dem Wegfall der Frequenzknappheit wurde auch die inhaltlich orientierte Vielfaltssicherung als legitimes Eingriffsziel qualifiziert und das öffentliche Interesse, mittels einer Genehmigungspflicht für die Qualität und Ausgewogenheit der Rundfunkprogramme zu sorgen, anerkannt. Damit wird durch die Rundfunkklausel der Kreis legitimer Eingriffszwecke über die in Art. 10 Ziff. 2 EMRK aufgezählten Ziele hinaus erweitert.
73 Für die Schweiz hielt der EGMR fest, dass diese mittels einer Konzessionspflicht von allen Radio- und Fernsehveranstaltern einen Beitrag zur Erfüllung des Grundversorgungs- bzw. Service public-Auftrags gemäss Art. 93 Abs. 2 BV verlangen und hierfür eine allgemeine und vielfältige Information des Publikums vorschreiben durfte.
b. Grundversorgung mit Medienangeboten (Service public) und Formen staatlicher Medienförderung
74 Als weitere strukturelle bzw. organisatorische Massnahme zu nennen ist die gesetzlich umschriebene Grundversorgung mit Medienangeboten, die für die gesamte Bevölkerung und für alle Regionen des Landes nach gleichen Prinzipien zur Verfügung stehen soll (Service public).
75 Als Spezialform staatlicher Medienförderung kann auch die staatliche Vergabe von Werbe- bzw. Inserateaufträgen betrachtet werden. Wie Österreichs Inserateaffäre im Jahr 2021 gezeigt hat, verfügt der Staat auf diese Weise über erhebliches Beeinflussungspotenzial.
III. Zensurverbot (Abs. 2 BV)
A. Begriff der Zensur
76 Gemäss Art. 17 Abs. 2 BV ist Zensur verboten. Das Zensurverbot stellt den Kerngehalt der Medienfreiheit dar.
77 Von der systematischen Vorzensur abzugrenzen sind inhaltliche Vorkontrollen im Einzelfall. Solche Präventiveingriffe berühren zwar gemäss Rechtsprechung und herrschender Lehre nicht den Kerngehalt der Kommunikationsgrundrechte, doch stellen sie gemäss hier vertretener Auffassung stets schwere Grundrechtseingriffe dar. Solche Beschränkungen müssen daher in einem formellen Gesetz vorgesehen sein und sind nur in Ausnahmefällen zum Schutz vor einer konkret nachweisbaren, unmittelbar bevorstehenden Gefahr für grundlegende Rechtsgüter wie dem menschlichen Leben oder der Aufrechterhaltung der militärischen Sicherheit zulässig.
78 Vor dem Hintergrund der Digitalisierung möchte ein Teil der Lehre auch die systematische, kurz nach Publikation erfolgende Nachzensur als absolut verbotene Zensur verstanden wissen.
79 Eine weitere, mit der Digitalisierung entstandene Problematik ist die systematische und inhaltsbezogene Kontrolle von Inhalten durch private Anbieter von Kommunikationsdiensten, entweder aus eigenem Antrieb oder motiviert durch staatliche Massnahmen. Da Kommunikationsdienste wie Facebook, Instagram, Tiktok oder YouTube hohe Nutzungszahlen aufweisen und nur von wenigen Anbietern kontrolliert werden (Meinungsmacht), können sich solche Überwachungen insbesondere dann, wenn der Staat Anlass zu systematischen Kontrollen gibt, ähnlich auswirken wie traditionelle Zensur. Dies gilt unabhängig davon, ob der Staat die Plattformbetreiber direkt zur Kontrolle verpflichtet oder ob diese indirekt – z.B. durch strenge Haftungsregeln in Bezug auf widerrechtliche Inhalte – vom Staat dazu veranlasst werden. Zudem werden solche Diensteanbieter zur Vermeidung staatlicher Sanktionen im Zweifel Inhalte eher einschränken, woraus eine Art «Kollateralzensur» resultieren kann. Solche Auswirkungen muss der Staat bei der Regulierung von Kommunikationsdiensten berücksichtigen, um dem Zensurverbot nicht zuwiderzulaufen.
80 Anders als die Bundesverfassung kennt Art. 10 EMRK kein ausdrückliches Zensurverbot.
B. Kritische Beispiele
81 Im Folgenden sind Beispiele präventiver Inhaltskontrolle zu nennen, die mit Blick auf das Zensurverbot kritisch zu betrachten sind. Zum einen ist dies die vorgängige behördliche Filmkontrolle aus Gründen des Jugendschutzes.
82 Zum anderen ist die systematische Vorkontrolle des Briefverkehrs von Strafgefangenen sowie Untersuchungshäftlingen kritisch zu betrachten. Diese wird zwar von der Lehre und Rechtsprechung unter Verweis auf die differenzierte Geltung des Zensurverbots für den Briefverkehr als Individualkommunikation nicht ohne Weiteres als absolut verboten qualifiziert.
C. Staatsnotstand
83 Die Kerngehalte der Grundrechte gelten gemäss Schweizer Verfassungsrecht auch in gewissen Situationen des Staatsnotstands, wie z.B. beim Erlass von dringlich erklärten Bundesgesetzen ohne eigene Verfassungsgrundlage nach Art. 165 Abs. 3 BV.
D. Staatsunabhängigkeitsgebot
84 Systematische Vorzensur kann nicht nur durch staatliche Verfahren der Vorkontrolle konkreter Medieninhalte realisiert werden, sondern auch durch die Beherrschung der Medientätigkeit mittels staatlicher Organisationsmassnahmen. Diese Gefahr besteht insbesondere im Bereich der Grundversorgung bzw. des Service public, in welchem der Staat Leistungsaufträge erteilt, deren Erfüllung beaufsichtigt und finanziert, sowie im Bereich der staatlichen Medienförderung (vgl. bereits N. 74 und sogleich N. 86). Anders als staatliche Verfahren der Vorzensur ermöglichen staatliche Organisationsmassnahmen nicht primär eine direkte bzw. punktgenaue, sondern eine indirekte und damit lediglich grobe bzw. richtunggebende Inhaltskontrolle.
85 Die Mindestanforderungen des Staatsunabhängigkeitsgebots sind darauf ausgerichtet, dass der Staat die Medientätigkeit nicht selber wahrnehmen darf (vgl. hingegen zur Zulässigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit N. 87).
86 Gefahren von Verletzungen des Staatsunabhängigkeitsgebots bestehen insbesondere dort, wo der Staat die Grundversorgung bzw. den Service public organisiert. Ähnliche Gefahren bestehen im Kontext staatlicher Förderinstrumente im Medienbereich (vgl. hierzu bereits N. 74).
87 Schliesslich besteht ein Risiko staatlicher Medientätigkeit im Bereich der Staatskommunikation bzw. der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit. Damit keine solche Tätigkeit vorliegt, muss sich die vom Staat wahrzunehmende Staatskommunikation inhaltlich strikt von der dem Staat verbotenen Medientätigkeit unterscheiden: Während die Medientätigkeit eine grundrechtlich geschützte und damit thematisch unbegrenzte Informationsvermittlung darstellt, darf der Staat im Rahmen seiner Informationspflicht nur kompetenzgemässe und damit thematisch begrenzte Informationen aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich verbreiten.
IV. Redaktionsgeheimnis (Abs. 3)
A. Bedeutung und Entstehung
88 Art. 17 Abs. 3 BV gewährleistet das Redaktionsgeheimnis als Teil der Medienfreiheit.
89 Trotz der heute anerkannten Bedeutung des Redaktionsgeheimnisses hat das Bundesgericht einen Quellenschutz als Teil der Informationsfreiheit über Jahre verneint.
B. Sachlicher Schutzbereich
90 Wie eingangs erwähnt schützt das Redaktionsgeheimnis redaktionsinterne Abläufe und Informationen und bietet Medienschaffenden insbesondere einen Schutz vor Offenlegung ihrer Informationsquellen.
91 Im Vordergrund des Redaktionsgeheimnisses steht der journalistische Quellenschutz. Art. 17 Abs. 3 BV verankert damit ein Recht von Medienschaffenden, in einem Verfahren das Zeugnis und die Offenlegung von journalistischen Quellen zu verweigern (sog. Zeugnisverweigerungs- und Editionsverweigerungsrecht).
92 In sachlicher bzw. räumlicher Hinsicht schützt Art. 17 Abs. 3 BV alle Informationen mit Bezug zur redaktionellen Tätigkeit und ist dabei weder auf Informationen «in der Redaktion» noch auf journalistische Quellen i.S.v. Informationen Dritter beschränkt.
93 Für strafrechtliche Verfahren konkretisieren die Art. 28a StGB und Art. 172 StPO das Redaktionsgeheimnis und fassen dabei den Schutzbereich enger, als dies Art. 17 Abs. 3 BV vorgibt: Der Schutz beschränkt sich im Strafverfahren auf die berufliche Veröffentlichung von Informationen im redaktionellen Teil eines periodisch erscheinenden Mediums.
C. Persönlicher Schutzbereich
94 In persönlicher Hinsicht schützt das Redaktionsgeheimnis alle redaktionell medienschaffenden natürlichen und juristischen Personen (vgl. zum persönlichen Schutzbereich der Medienfreiheit N. 32 ff.).
D. Einschränkungen des Redaktionsgeheimnisses
95 Dem Redaktionsgeheimnis kommt keine absolute Geltung zu; Einschränkungen sind möglich, sofern sie gestützt auf eine gesetzliche Grundlage erfolgen, ein zulässiges Eingriffsinteresse besteht und der Eingriff als verhältnismässig zu betrachten ist (Art. 36 BV). Aufgrund der Bedeutung des Redaktionsgeheimnisses für die journalistische Tätigkeit (vgl. N. 88)
Zu den Autorinnen
Marina Piolino, Dr. iur., hat ihre Dissertation zum verfassungsrechtlichen Prinzip der Staatsunabhängigkeit der Medien geschrieben. Heute arbeitet sie im Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) als Medienjuristin.
Raphaela Cueni, Prof. Dr. iur. LL.M., hat ihre Dissertation zum grundrechtlichen Schutz von satirischen Meinungsäusserungen verfasst und beschäftigt sich in verschiedenen Projekten mit Fragestellungen im Bereich der Meinungs- und der Medienfreiheit. Sie ist Assistenzprofessorin für Verwaltungsrecht an der Universität St. Gallen.
Weitere empfohlene Lektüre
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Zeller Franz, Das Konzept des «verantwortungsvollen Journalismus» rückt ins Zentrum, in: medialex 2017, S. 78 ff. (zit. Zeller, Konzept).
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Zeller Franz/Dumermuth Martin, Kommentierung zu Art. 93 BV, in: Waldmann Bernhard/Belser Eva Maria/Epiney Astrid (Hrsg.), Basler Kommentar, Bundesverfassung, 1. Aufl., Basel 2015 (zit. BSK-Zeller/Dumermuth, Art. 93 BV N. …).
Zeller Franz/Kiener Regina, Kommentierung zu Art. 17 BV, in: Waldmann Bernhard/Belser Eva Maria/Epiney Astrid (Hrsg.), Basler Kommentar, Bundesverfassung, 1. Aufl., Basel 2015 (zit. BSK-Zeller/Kiener, Art. 17 BV N. ...).
Zollinger David, Die Verwendung von Bankdaten durch Medienschaffende. Muss der 2015 revidierte Art. 47 BankG korrigiert werden?, in: medialex 06/2022 (zit. Zollinger, Die Verwendung von Bankdaten durch Medienschaffende).
Materialienverzeichnis
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Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 18.12.2002, BBl 2003 1569 ff. (zit. Botschaft RTVG 2003).
Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20.11.1996, BBl 1996 I 1 (zit. Botschaft BV).
Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes (Medienstraf- und Verfahrensrecht) vom 17.6.1996, BBl 1996 IV 525 (zit. Botschaft Medienstrafrecht).
Botschaft zum Bundesgesetz über Radio und Fernsehen vom 28.9.1987, BBl 1987 II 689 ff. (zit. Botschaft RTVG 1987).
Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Persönlichkeitsschutz: Art. 28 ZGB und 49 OR) vom 5.5.1982, BBl 1982 II 636 (zit. Botschaft Änderung ZGB (Persönlichkeitsschutz)).
Bericht des Bundesrats zur Überprüfung der Definition und der Leistungen des Service public der SRG unter Berücksichtigung der privaten elektronischen Medien, Bericht des Bundesrates vom 17.6.2016 in Erfüllung des Postulates 14.3298 der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) (zit. Bundesrat, Service-public-Bericht).
Eidgenössische Medienkommission, Besonderheiten von Medien im digitalen Zeitalter: Gestaltungsoptionen für eine leistungsfähige Medienlandschaft aus ökonomischer und gesellschaftlicher Perspektive, 22.1.2018 (zit. EMEK, Medien im digitalen Zeitalter) (verfügbar unter: https://perma.cc/NF2L-J5WQ).
Menschenrechtskommissar des Europarats, Media Pluralism and Human Rights, Issue Discussion Paper, CommDH (2011) 43, 6.12.2011 (zit. Menschenrechtskommissar des Europarats, Media Pluralism) (verfügbar unter: https://perma.cc/R49W-S22T).
Ministerkomitee des Europarats, Recommendation of the Committee of Ministers to member States on the Guarantee of the Independence of Public Service Broadcasting, R(96)10, 11.9.1996 (zit. Ministerkomitee des Europarats, Empfehlung zur Unabhängigkeit des Service-public-Rundfunks). (verfügbar unter: https://perma.cc/VWZ3-8872).
Verfassungsentwurf vom 20.11.1996 (zit. VE 1996) (verfügbar unter: https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/staat/gesetzgebung/archiv/bundesverfassung/bot-neue-bv-d.pdf.download.pdf/bot-neue-bv-d.pdf).