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- Übergangsbestimmungen zur Aktienrechtsrevision vom 19. Juni 2020
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- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 3 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
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SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Entstehungsgeschichte
- II. Bedeutung der Vorschrift
- III. Kommentierung des Normtextes
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
I. Entstehungsgeschichte
1 Art. 37 BPR geht entstehungsgeschichtlich auf unterschiedliche Ursprünge zurück. Abs. 1 und Abs. 3 lassen sich bis in das NWG 1919 zurückverfolgen. Abs. 1 geht auf Art. 14 Abs. 1 NWG 1919 zurück, Abs. 3 auf Art. 14 Abs. 3 NWG 1919. Abs. 2 und Abs. 4 wurden beim Erlass des BPR 1976 neu geschaffen. Im Zuge späterer Teilrevisionen eingefügt wurden Abs. 2bis Satz 1 (1994) und Abs. 2bis Satz 2 (2002).
2 Art. 37 Abs. 1 BPR war in ähnlicher Form bereits im Bundesratsentwurf zum NWG 1919 zu finden, wobei noch schlicht von «Listenstimmen» die Rede war.
3 Art. 37 Abs. 3 BPR geht auf den ersten Teilsatz von Art. 14 Abs. 3 NWG 1919 zurück. Die ganze Bestimmung lautete: «Namen, welche auf keiner Liste stehen, fallen ausser Betracht; die auf sie gefallenen Stimmen werden jedoch als Zusatzstimmen gezählt, wenn der Wahlzettel eine Listenbezeichnung trägt».
4 Art. 37 Abs. 2 BPR, der die Konstellation von «Sammellisten» regelt, war im Entwurf des Bundesrates für das BPR bewusst nicht vorgesehen. Der Bundesrat war zum Schluss gelangt, «dass von der Zulassung von Sammellisten und einer entsprechenden Bestimmung abzusehen sei».
5 Art. 37 Abs. 4 BPR kennt keinen Vorläufer im NWG 1919. Er geht auf den Entwurf des Bundesrates für das BPR zurück und sollte eine eindeutige Interpretationsregel bei widersprüchlichen Angaben der Wählerin oder des Wählers aufstellen.
6 Der Erlass von Art. 37 Abs. 2bis Satz 1 BPR im Jahr 1994 war eine mittelbare Auswirkung der Regelung zu den Unterlistenverbindungen in Art. 31 Abs. 1bis BPR. Da der Bundesrat Unterlistenverbindungen nicht zulassen wollte,
7 Art. 37 Abs. 2bis Satz 2 BPR aus dem Jahr 2002 ist wiederum die Folge der gleichzeitig erlassenen Regelung in Art. 23 Satz 2 BPR. Gruppierungen, welche Wahlvorschläge mit identischen Elementen in der Hauptbezeichnung einreichen und diese miteinander verbinden wollen, bezeichnen einen der Wahlvorschläge als Stammliste. Auf diese Stammliste nimmt Satz 2 Bezug, indem ihr im Zweifel die leeren Linien als Zusatzstimmen zugerechnet werden. Die Vorschrift «garantiert die präzise Rechtsfolge der Bezeichnung einer Liste als Stammliste bei mehreren Listen gleichen Hauptnamens».
II. Bedeutung der Vorschrift
A. Allgemeines
8 Art. 37 BPR enthält Regelungen im Spannungsfeld der für den Proporz charakteristischen Listenwahl von Parteien (vgl. Art. 30, Art. 40 ff. BPR) und den für die einzelnen Wählenden eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der kandidierenden Personen (vgl. Art. 35 BPR). In einem Proporzwahlsystem mit starren Parteilisten ohne Änderungsbefugnis durch die Wählenden stellen sich die in Art. 37 BPR geregelten Fragen nicht. Jeder Wahlzettel wird einmal vollständig gezählt. Der Fall, dass Wählende nicht ihr gesamtes Stimmenpotenzial ausschöpfen, kann nicht eintreten. Das bei den Nationalratswahlen zur Anwendung gelangende System mit veränderbaren Listen und Einzelstimmenkonkurrenz bedingt demgegenüber, dass jede Wählerin und jeder Wähler mathematisch so viele Stimmen abgeben kann, wie Sitze zu vergeben sind. Ein Wahlzettel ist gültig, sobald er mindestens einen Namen einer kandidierenden Person des Wahlkreises enthält (vgl. Art. 38 Abs. 1 lit. a BPR). Ohne weitere Regelung würden nicht vergebene Stimmen, also leere Linien auf dem Wahlzettel, nicht gezählt. Sie blieben ohne Einfluss auf das Wahlergebnis.
9 Die Bestimmungen in Art. 37 BPR zur Einführung der «Zusatzstimmen» sind Ausdruck des Bestrebens der Parteien, möglichst viele potenziell leere Stimmen ihren jeweiligen Listen zurechnen zu lassen. Die Willensäusserung der Wählenden wird mithilfe gesetzlicher Fiktionen so interpretiert, dass möglichst wenige leere Stimmen übrigbleiben. Im Ergebnis kann es mittels Zusatzstimmen sogar dazu kommen, dass einer Liste mehr Mandate zugeteilt werden, als sie kandidierende Personen aufführt (Art. 44 BPR).
10 Die gesetzliche Interpretation des Willens der Wählenden ist mit Blick auf die von der Wahl- und Abstimmungsfreiheit geschützte unverfälschte Stimmabgabe (Art. 34 Abs. 2 BV) rechtfertigungsbedürftig. In einem System veränderbarer Listen schiene es nämlich naheliegend, leere Linien als leere Stimmen zu werten und damit keiner kandidierenden Person und keiner Liste zuzurechnen. Die weitgehende Berücksichtigung leerer Linien bei der Mandatsverteilung dient zwar einerseits der aus der Wahlrechtsgleichheit fliessenden Stimmkraftgleichheit, unterstellt den Wählerinnen und Wählern aber andererseits eine tatsächlich nicht geäusserte Präferenz. Auch werden den Wählenden detaillierte Kenntnisse der Zurechnungsmechanismen abverlangt. Insgesamt sind die Regelungen schwer verständlich und ihre Auswirkungen dürften den meisten Wählenden verborgen bleiben. Aus rechtspolitischer Sicht besteht ein erhebliches Transparenzproblem.
11 Verfassungsrechtlich ist die Regelung insgesamt vertretbar. Als massgebendes Kriterium für die Zurechnung leerer Linien an bestimmte Listen definiert Art. 37 BPR die auf dem betreffenden Wahlzettel angegebene Listenbezeichnung oder Ordnungsnummer (Abs. 1, Abs. 2bis Satz 1).
12 Die Zurechnung leerer Linien zu einer bestimmten regionalen Liste einer Partei (Abs. 2) bedarf darüber hinaus noch einer zusätzlichen Fiktion. Nicht nur basiert die Vorschrift auf der Vermutung, dass die Wählerin oder der Wähler leere Linien der bezeichneten Liste zukommen lassen will. Darüber hinaus bewirkt das Gesetz, dass die Zusatzstimmen der regionalen Liste einer Partei zufliessen, selbst wenn der Wahlzettel nicht mit der Region bezeichnet ist. Die Zusatzstimme wird jener Liste zugezählt, in deren Region der Wahlzettel abgegeben wurde. Das Gesetz vermutet also, dass die Wählerin oder der Wähler mit einer leeren Zeile nicht nur die auf dem Wahlzettel angegebene Partei, sondern darüber hinaus auch noch deren regionale Liste wählen will. Abgesehen von Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn die regionale Liste nicht auf eindeutig zu ermittelnde Gebietsuntergliederungen eines Kantons Bezug nimmt, ist fraglich, warum nicht auch insoweit – wie bei sonstigen, nicht regionalen Teillisten (vgl. Abs. 2bis) – eine festzulegende Stammliste die Profiteurin der Zusatzstimmen sein soll.
13 Die Verwertung von Stimmen für nicht wählbare Personen als Zusatzstimmen für die bezeichnete Liste (Abs. 3) schliesslich entfernt sich am weitesten vom mutmasslichen Willen der Wählerin oder des Wählers. Die aus der Wahl- und Abstimmungsfreiheit fliessenden verfassungsrechtlichen Grenzen werden mit dieser Regelung ausgereizt. Die Wahl einer nicht wählbaren Person dürfte dem Panaschieren näherkommen als der Wahl einer unveränderten Liste. Auch besteht ein wesentlicher Unterschied zur Situation des überzähligen Kumulierens und der nachträglich für ungültig erklärten Mehrfachkandidatur (vgl. Art. 38 Abs. 2 BPR). In diesen Fällen äussert die wählende Person immerhin den Willen, die Kandidatin oder den Kandidaten der betreffenden Liste zu wählen. Es wäre daher mit Blick auf die Wahlfreiheit sachgerecht, eine Stimme für eine nicht kandidierende Person als leere Stimme und damit als ungültig zu behandeln.
14 Die praktische Bedeutung der Zusatzstimmen schwankt stark zwischen den Parteien einerseits und den Wahlkreisen andererseits. Bei den Hauptlisten der grossen Parteien ist sie marginal, bei den Listen kleiner Parteien und Gruppierungen machen die Zusatzstimmen hingegen einen gewissen Anteil aus. Auch ergeben sich in den bevölkerungsstarken Kantonen mit einer höheren Anzahl zu vergebender Sitze mehr Zusatzstimmen als in Wahlkreisen mit wenigen Sitzen. Die politische Relevanz der Zusatzstimmen bedürfte einer genaueren Erforschung auf einer umfassenden empirischen Grundlage. Eine grobe Durchsicht der Resultate der Nationalratswahlen 2019 legt aber immerhin den Schluss nahe, dass die Zusatzstimmen vor allem Listen zugutekommen, die weniger Kandidierende aufweisen, als Sitze zu vergeben sind. Dies entspricht dem hauptsächlichen Regelungszweck, jedenfalls soweit es um die grundsätzliche Zurechnung leerer Linien geht.
B. Rechtsvergleich
15 Das Instrument der Zusatzstimmen existiert analog zur Ausgestaltung im Bund in zahlreichen Kantonen. Dies gilt sowohl für Kantone mit isolierten Wahlen in den einzelnen Wahlkreisen als auch für Kantone mit Doppelproporz. Im Kanton St. Gallen findet sich eine in weiten Teilen identische Vorschrift wie im Bund.
III. Kommentierung des Normtextes
A. Abs. 1 (Zurechnung leerer Linien)
16 Im System der Einzelstimmenkonkurrenz bildet grundsätzlich die Summe der Stimmen für die Kandidierenden einer Liste die für die Verteilung der Sitze auf die verschiedenen Listen relevante Grösse. Diese Stimmen werden als Kandidatenstimmen bezeichnet (vgl. Art. 39 lit. c BPR). Vergibt eine Wählerin oder ein Wähler sämtliche Stimmen entsprechend der Anzahl der im Wahlkreis zu vergebenden Sitze, schöpft sie oder er das gesamte Stimmenpotenzial aus.
17 Da keine Pflicht besteht, sämtliche Stimmen zu vergeben, kommt es vor, dass eine Wählerin oder ein Wähler leere Linien auf dem Wahlzettel belässt. Art. 37 Abs. 1 BPR erfasst diese Konstellation, in der ein Wahlzettel weniger gültige Kandidatenstimmen enthält, als im Wahlkreis Mitglieder des Nationalrates zu wählen sind. Dies kann auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein. Ein Wahlzettel mit Vordruck kann weniger Kandidierende als zu vergebende Sitze enthalten und die Wählerin oder der Wähler kann von einer Ergänzung des Wahlzettels absehen. Die Wählerin oder der Wähler kann ausserdem auf einem Wahlzettel mit Vordruck Namen streichen oder einen Wahlzettel ohne Vordruck nicht vollständig ausfüllen. In diesen Fällen wird nicht das gesamte Stimmenpotenzial ausgeschöpft.
18 Ohne weitere Regelung würden die leeren Linien als leere Stimmen nicht zählen, da neben den Kandidatenstimmen keine weiteren Stimmen in Betracht fielen. Art. 37 Abs. 1 BPR ordnet für die Konstellation mit leeren Linien differenzierte Rechtsfolgen an. Lassen sich die leeren Linien aufgrund besonderer Anhaltspunkte einer bestimmten Liste zuordnen, werden sie dieser zugerechnet (Satz 1). Nur wenn sich keine ausreichenden Anhaltspunkte auf dem Wahlzettel finden, zählen die leeren Linien als leere Stimmen nicht (Satz 2).
19 Gemäss Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BPR gelten die leeren Linien als Zusatzstimmen für die Liste, deren Bezeichnung oder Ordnungsnummer auf dem Wahlzettel angegeben ist. Dieser Fall kann eintreten, wenn ein Wahlzettel ohne Vordruck zwar mit einer Listenbezeichnung versehen, aber nicht vollständig ausgefüllt wird. Bei einem Wahlzettel mit Vordruck kann er eintreten, wenn weniger Kandidierende aufgeführt sind, als Sitze zu vergeben sind, oder wenn Kandidierende gestrichen werden. Das Gesetz fingiert, dass die Wählerin oder der Wähler jeweils das gesamte Stimmenpotenzial zugunsten der gewählten Partei ausschöpfen will. In vielen Fällen wird dies der Willensbetätigung der wählenden Person gerecht werden, beispielsweise wenn eine Liste von vornherein zu wenige Kandidierende aufweist. Auch beim eigenhändigen Anbringen einer Listenbezeichnung scheint die Annahme naheliegend. Ob dies auch bei der Streichung von Kandidierenden lebensnah ist, kann jedoch in Zweifel gezogen werden. Über einen Umweg fliesst die leere Stimme als Zusatzstimme nämlich mittelbar in Form einer Parteistimme doch wieder an die gestrichene Person.
20 Gemäss Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BPR zählen die leeren Linien nur im Ausnahmefall nicht. Sie werden nur dann als leere Stimmen behandelt, wenn sich keine Beziehung zu einer bestimmten Liste konstruieren lässt, also keine Anhaltspunkte für den mutmasslichen Willen der Wählerin oder des Wählers auszumachen sind. Dies ist der Fall, wenn Bezeichnung und Ordnungsnummer gänzlich fehlen oder der Wahlzettel mehr als eine der eingereichten Listenbezeichnungen oder Ordnungsnummern enthält.
B. Abs. 2 (Zusatzstimmen für regionale Teillisten)
21 Abs. 2 bezieht sich auf eine in Art. 31 Abs. 1bis BPR und Art. 8c Abs. 2 VPR geregelte Konstellation von Listen- oder Unterlistenverbindungen. Die Spezialvorschrift erfasst Listen- und Unterlistenverbindungen zwischen Listen gleicher Bezeichnung, die sich einzig durch einen Zusatz zur Kennzeichnung der Region unterscheiden. Das Problem liesse sich mithilfe von Stammlisten gemäss Art. 23 Satz 2 BPR lösen, so wie dies für die übrigen Konstellationen in Art. 37 Abs. 2bis BPR angeordnet wird. Art. 8 Abs. 3 VPR bringt aber zum Ausdruck, dass die Gruppierung einen Wahlvorschlag als Stammliste bezeichnet, soweit sich das unterscheidende Merkmal nicht auf die regionale Abgrenzung der Listen bezieht.
22 Abs. 2 betrifft im Rahmen von Listen- und Unterlistenverbindungen zwischen Listen mit regionalem Zusatz den Fall, dass die Wählerin oder der Wähler einen leeren Wahlzettel mit einer Listenbezeichnung versieht, die sich innerhalb der Listen- oder Unterlistenverbindung nicht eindeutig einer bestimmten Liste zuordnen lässt. Ist die Bezeichnung der Teilliste hingegen eindeutig, gelangt bereits Art. 37 Abs. 1 Satz 1 zur Anwendung und die leeren Stimmen werden als Zusatzstimmen der eindeutig bezeichneten Liste zugerechnet. Soweit der Wahlzettel vollständig ausgefüllt wird, ist der Umstand der nicht eindeutigen Bezeichnung der Liste ebenfalls irrelevant, da sämtliche Stimmen über die Kandidatenstimmen einer Liste zugeordnet werden können. Die Regelung kommt einzig zum Zug, wenn sich auf der betreffenden Liste leere Linien befinden und die Bezeichnung der regional umschriebenen Liste nicht eindeutig ist. In diesem Fall ist nicht ohne weiteres klar, welcher Liste im Rahmen der Listen- oder Unterlistenverbindung die potenziellen Zusatzstimmen zugerechnet werden sollen.
23 Massgebliches Kriterium für die Zurechnung der Zusatzstimmen ist der Ort der Stimmabgabe, also der politische Wohnsitz der Wählerin oder des Wählers. Es profitiert diejenige Liste, in deren Region der Wahlzettel abgegeben wurde. Die Vorschrift stellt die unwiderlegbare Vermutung auf, dass die Wählerin oder der Wähler leere Linien als Zusatzstimmen für die regionale Unterliste der gewählten Partei zählen lassen will. Häufig wird sich der regionale Bezug der Teillisten an Untergliederungen des Kantonsgebietes wie Bezirken, Gemeinden oder Sprachregionen orientieren. Eine Zuordnung ist dann relativ einfach möglich. Abgrenzungsschwierigkeiten können jedoch bei Bezeichnungen wie Ost/West oder Stadt/Land auftreten.
24 Die Bestimmung erleichtert es den Parteien, in grossflächigen Kantonen auf die Bezirke oder Stadt und Landschaft bezogene Regionallisten aufzustellen, und auf diese Weise «eine angemessene gleichmässige Vertretung der verschiedenen Regionen zu sichern und ein engeres persönliches Verhältnis des Kandidaten zu seinem Wahlvolk zu gewährleisten».
25 Mit der stetigen Zunahme der regionalen Teillisten (1971: 22; 2003: 12; 2015: 41; 2019: 64; 2023: 72)
26 Nicht ganz eindeutig sind hingegen Bezeichnungen wie «Die Mitte – Region Frauenfeld-Untersee» im Kanton Thurgau oder «MitteFT.Miteinander.Für das Fricktal.» im Kanton Aargau, «Die Mitte Unteres Baselbiet» im Kanton Basel-Landschaft oder «SVP – Für einen dynamischen Ennetsee!» und «Alternative – die Grünen – Berg» im Kanton Zug, da es sich jeweils nicht um rechtlich verankerte Einheiten handelt. Es muss zunächst ermittelt werden, welche Bezirke oder Gemeinden sich dahinter verbergen.
27 Noch schwieriger einzuordnen sind Listen wie im Kanton St. Gallen «Die Mitte, Hauptliste Nord-West», «Die Mitte, Hauptliste Süd-Ost», «EVP Kanton St.Gallen, Liste St.Gallen-Wil», «EVP Kanton St.Gallen, Liste Süd» oder im Kanton Solothurn mit Namen wie «FDP.Die Liberalen West» und «FDP.Die Liberalen Ost» sowie «Sozialdemokratische Partei (SP) Liste West» und «Sozialdemokratische Partei (SP) Liste Ost». In vielen Fällen wird die Praxis aufgrund des alltäglichen Sprachgebrauchs zu vertretbaren Zuordnungen der Zusatzstimmen gelangen. Aus der Perspektive der Wählerinnen und Wähler jedoch birgt die Zurechnung leerer Linien aufgrund der gesetzlichen Fiktion mit Blick auf die Wahl- und Abstimmungsfreiheit (Art. 34 Abs. 2 BV) einiges Überraschungspotenzial. Es ist zweifelhaft, ob vielen Wählerinnen und Wählern im Kanton Zürich bewusst ist, ob sie ihre Stimme in der Region der Liste «Die Mitte – Die Junge Mitte Süd-West» oder der Liste «Die Mitte – Die Junge Mitte Nord-Ost» abgeben. Es handelt sich hierbei nicht um gebräuchliche geographische Bezeichnungen. Auch verfügt der Kanton Zürich über Gebiete, die als Süd-Ost oder Nord-West bezeichnet werden könnten, sodass sich die Zuordnung auch nicht nach dem Ausschlussverfahren vornehmen lässt. Wo sich beispielsweise die Bezirke Dietikon, Hinwil, Meilen oder Uster zuordnen lassen, bleibt unklar.
C. Abs. 2bis (Zusatzstimmen bei sonstigen Teillisten)
28 Abs. 2bis erfasst die Konstellationen von Listen- und Unterlistenverbindungen zwischen Listen mit einem Zusatz zur Kennzeichnung des Geschlechts, der Flügel einer Gruppierung oder des Alters. Abs. 2bis Satz 1 wiederholt den Grundsatz aus Abs. 1, wonach die Zusatzstimmen an die auf dem Wahlzettel bezeichnete Liste gehen.
29 Die eigentliche Bedeutung der Vorschrift ergibt sich aus Abs. 2bis Satz 2. Die Zusatzstimmen auf ungenügend bezeichneten Wahlzetteln werden jener Liste zugerechnet, welche die Gruppierung als Stammliste bezeichnet hat. In den von dieser Regelung erfassten Fällen ist gemäss Art. 23 Satz 2 BPR i.V.m. Art. 8c Abs. 3 VPR ein Wahlvorschlag als Stammliste zu bezeichnen. Die Pflicht zur Bezeichnung einer Stammliste, der alle Zusatzstimmen im Zweifel zufliessen, erlaubt – im Unterschied zu Abs. 2 – stets eine eindeutige Zurechnung. So hielt der Bundesrat denn auch zutreffend fest: «Das System der Stammlistenbezeichnung (Art. 23 und 37 Abs. 2bis) erlaubt die präzise Zuordnung sämtlicher Stimmen, sodass die enorm aufwendige Erhebung der Zahl der Kandidaten- und der Zusatzstimmen einer jeden Liste innerhalb einer Unterlistenverbindung sowie gegebenenfalls innerhalb einer Listenverbindung unter ausschliesslich gleich bezeichneten Listen entbehrlich geworden ist».
D. Abs. 3 (Streichung von Namen nicht kandidierender Personen)
30 Abs. 3 scheint auf den ersten Blick lediglich die Verdeutlichung der Rechtsfolge davon zu sein, dass ausschliesslich wählbare Kandidatinnen und Kandidaten Kandidatenstimmen erhalten können. Bei den Wahlzetteln mit Vordruck wird dies mit amtlichen Wahlzetteln sichergestellt (vgl. Art. 33 Abs. 1 BPR), da alle kandidierenden Personen zuvor ein Prüfungsverfahren durchlaufen haben. Bezüglich Wahlzetteln ohne Vordruck wird in Art. 35 Abs. 1 BPR bekräftigt, dass nur Namen wählbarer Personen eintragen werden dürfen. Dementsprechend sind Wahlzettel ungültig, wenn sie keinen Namen einer Kandidatin oder eines Kandidaten des Wahlkreises enthalten (Art. 38 Abs. 1 lit. a BPR). Analog zu Namen nicht wählbarer Personen vom Wahlzettel gestrichen werden überzählige Wiederholungen, wenn der Name einer Kandidatin oder eines Kandidaten mehr als zweimal auf einem Wahlzettel steht, sowie alle Namen von Personen, deren Kandidatur nach der Bereinigung der Wahlvorschläge wegen Mehrfachkandidatur für ungültig erklärt worden ist (Art. 38 Abs. 2 BPR).
31 Die Bedeutung von Abs. 3 geht allerdings über die blosse Streichung von Namen nicht kandidierender Personen hinaus. Die Streichung hat zur Folge, dass leere Linien entstehen, die nach den Regeln der Abs. 1, 2 und 2bis in Zusatzstimmen umgewandelt werden. Was aus dem Gesetzestext nur mittelbar ersichtlich ist, brachten die Berichterstatter der zuständigen Kommission des Nationalrates in den Beratungen zum NWG 1919 im Plenum auf den Punkt. So hiess es im Nationalrat auf Deutsch: «Wenn irgend ein anderer Name auf den Wahlzettel gesetzt wird, so wird er gestrichen, und es wird die Linie als Zusatzstimme gezählt».
32 Die 2008 im Zuge der «formellen Bereinigung des Bundesrechts» gestrichenen Sätze 2 und 3 stellten zwar formal betrachtet eine entbehrliche Wiederholung von Art. 37 Abs. 1 BPR dar,
E. Abs. 4 (Auslegungsregel bei Widersprüchlichkeit)
33 Abs. 4 kommt in erster Linie bei Wahlzetteln ohne Vordruck zur Anwendung. Ein Widerspruch zwischen Listenbezeichnung und Ordnungsnummer kann entstehen, wenn eine Wählerin oder ein Wähler gemäss Art. 35 Abs. 1 BPR die Listenbezeichnung und die Ordnungsnummer einer Liste anbringt. Es kann nämlich dazu kommen, dass die wählende Person nicht die zutreffende Kombination von Listenbezeichnung und Ordnungsnummer aufführt. Ein Widerspruch zwischen Listenbezeichnung und Ordnungsnummer kann auch bei Wahlzetteln mit Vordruck vorkommen, wenn die Wählerin oder der Wähler die vorgedruckte Ordnungsnummer und Listenbezeichnung streicht und durch eine andere ersetzt (Art. 35 Abs. 2 Satz 2 BPR). So kann sie oder er versehentlich nur die Listenbezeichnung ersetzen, ohne die Ordnungsnummer zu korrigieren.
34 Ein Widerspruch kann in beiden Fällen dadurch entstehen, dass die Wählerin oder der Wähler die richtige Listenbezeichnung und eine nicht dazugehörige Ordnungsnummer verwendet. Es könnte umgekehrt auch sein, dass die wählende Person zwar die ihrem Willen entsprechende Ordnungsnummer, aber eine unzutreffende Parteibezeichnung verwendet. Für diese Fälle bestimmt das Gesetz, dass die Listenbezeichnung entscheidend ist. In den Materialien finden sich keine Belege für den Regelungszweck. Der Grund für die Auslegungsregel dürfte aber darin liegen, dass den Wählerinnen und Wählern die den Parteinamen entsprechenden Listenbezeichnungen viel geläufiger sind als die Ordnungsnummern der Listen. Ausserdem sind Zahlen fehleranfälliger als Buchstabenkombinationen.
Literaturverzeichnis
Wyler Stefan, Kommentierung zu Art. 31 BPR, in: Glaser Andreas/Braun Binder Nadja/Bisaz Corsin/Tornay Schaller Bénédicte (Hrsg.), Onlinekommentar zum Bundesgesetz über die politischen Rechte, abrufbar unter https://onlinekommentar.ch/de/kommentare/bpr31, besucht am 20.10.2023.
Materialienverzeichnis
Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Wahl des Nationalrates nach dem Grundsatze der Proportionalität vom 26.11.1918, BBl 1918 V 121 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/1918/5_121_119_/de, besucht am 20.10.2023 (zit. Botschaft 1918).
Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte vom 9.4.1975, BBl 1975 I S. 1317 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/1975/1_1317_1337_1313/de, besucht am 20.10.2023 (zit. Botschaft 1975).
Botschaft über eine Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vom 30.11.2001, BBl 2001 6401 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2001/1111/de, besucht am 20.10.2023 (zit. Botschaft 2001).
Botschaft zur formellen Bereinigung des Bundesrechts vom 22.8.2007, BBl 2007 6121 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2007/885/de, besucht am 20.10.2023 (zit. Botschaft 2007).