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ACHTUNG: Diese Version des Kommentars ist eine automatische maschinelle Übersetzung des Originals. Die Originalversion ist französisch. Die Übersetzung wurde mit www.deepl.com durchgeführt. Nur die Originalversion ist autoritativ. Die übersetzte Form des Kommentars kann nicht zitiert werden.
Kommentierung zu
Art. 123a BV

Eine Kommentierung von Justine Barton / Fabio Burgener

Herausgegeben von Stefan Schlegel / Odile Ammann

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I. Von der Entstehung des Artikels 123a der Bundesverfassung bis heute

1 Am 3. Mai 2000 reichte die Selbsthilfegruppe „Lumière de l'Espoir – Ensemble contre la violence“ (Licht der Hoffnung – Gemeinsam gegen Gewalt) bei der Bundeskanzlei die Volksinitiative „Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter mit 194.390 gültigen Unterschriften ein. Diese Initiative stand im Zusammenhang mit den seit Anfang der 1990er Jahre unternommenen Bemühungen, die Gesellschaft vor einigen inhaftierten Personen zu schützen, bei denen das Risiko eines Rückfalls bei Urlaub oder bedingter Entlassung besteht. Sie forderte eine Teilrevision der Bundesverfassung, die es ermöglicht, für diese als sehr gefährlich eingestufte Gruppe von Personen eine lebenslange Verwahrung ohne Urlaub einzuführen.

2 In der Botschaft von 2001 zu dieser Initiative wies der Bundesrat darauf hin, dass die Problematik der gefährlichen Personen eher in der Schwere der begangenen Taten und dem zugefügten Schaden für andere Personen liege als in ihrer Anzahl. Die Regierung erkannte auch an, dass die Forderung nach einem besseren Schutz der Gemeinschaft vor dem Rückfallrisiko, das von diesen Personen ausgeht, immer dringlicher wird. Wie dieses Ziel erreicht werden sollte, war jedoch nicht klar. Denn die Begehung einer schweren Straftat bedeutete nicht zwangsläufig, dass ein Wiederholungsrisiko bestand. Wenn sich die Mehrheit der Personen bessert, besteht bei jeder Entlassung ein Wiederholungsrisiko. Die Durchführung psychiatrischer Gutachten konnte dieses Risiko zwar verringern, aber nicht vollständig ausschließen. Es stellte sich daher die Frage, ob die Allgemeinheit verpflichtet werden kann, dieses Restrisiko zu tolerieren.

3 Nach Ansicht des Bundesrates war die Umsetzung des vorgeschlagenen Verfassungsartikels mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und könnte zu ungerechten Situationen führen. Der Bundesrat war dennoch der Ansicht, dass Art. 123a der Bundesverfassung mit den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts, insbesondere des UNO-Pakts II und der EMRK, vereinbar sei. Die Reibungspunkte mit den internationalen Normen, insbesondere der EMRK, könnten durch eine extensive Auslegung gelöst werden, die teilweise dem Willen der Initiant*innen des in der Verfassungsnorm vorgesehenen Verfahrens zur Freilassung zuwiderläuft. Auf dieser Grundlage beschloss die Regierung, die Initiative Volk und Ständen ohne Gegenentwurf zur Abstimmung vorzulegen und ihre Ablehnung zu empfehlen.

4 Bei der Revision des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, die ebenfalls Anfang der 2000er Jahre durchgeführt wurde, wareiner der im Parlament diskutierten Punkte eine neue Form der Sicherheitsverwahrung, die für alle Personen gilt, die schwere Straftaten begangen haben und rückfällig werden könnten (siehe Art. 64 Abs. 1 und 2 bis 4, 64a) und 64b) StGB). Das Parlament hat bei der Gesetzgebung die Ziele der Initiantinnen und Initianten berücksichtigt und diese Änderung des Strafgesetzbuches als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative präsentiert. Trotz dieser im Dezember 2002 verabschiedeten Gesetzesänderung und trotz der Diskussionen zwischen den Mitgliedern der Rechtskommission des Nationalrats und den Initiantinnen und Initianten haben diese sich geweigert, ihre Initiative zurückzuziehen. Im Juni 2003 empfahlen sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat dem Volk und den Kantonen, die Initiative abzulehnen.

5 Zum Zeitpunkt der Abstimmung lauteten die wichtigsten Argumente der Initiantinnen und Initianten, dass (i) der Gesetzgeber es bisher versäumt habe, die Gesellschaft vor Sexual- und Gewaltstraftätern zu schützen, die als nicht therapierbar und sehr gefährlich eingestuft werden, (ii) einige von ihnen nach einer Haftentlassung oder vorzeitigen Entlassung aufgrund psychiatrischer Fehldiagnosen rückfällig wurden und (iii) die Verwahrung nur dann überdacht werden sollte, wenn „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ belegen, dass die Person so behandelt werden kann, dass sie keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellt. Die Annahme der Initiative würde es somit ermöglichen, Lücken in der damals geltenden Gesetzgebung für sogenannte nicht therapierbare Straftäter zu schließen, ohne eine jährliche Überprüfung von als therapierbar geltenden Straftätern zu verbieten. Im Gegensatz dazu argumentierte der Bundesrat, dass die im Dezember 2002 verabschiedeten Änderungen des Strafgesetzbuches einen umfassenden und wirksamen Schutz der Gesellschaftvor gefährlichen Straftätern gewährleisten würden. Die Initiative verfehle ihr Ziel, sei unvollständig und verhinderedie Freilassung von Personen, selbst wenn diese nicht mehr gefährlich seien. Die Mehrheit der politischen Parteien teilte die Ansicht des Bundesrates.

6 Am 8. Februar 2004 wurde die Volksinitiative mit 56,2 % der gültigen Stimmen und von 19 Kantonen und 5 Halbkantonen angenommen.

7 Art. 123a der Bundesverfassung ist in mehreren Punkten auslegungsbedürftig und nicht direkt anwendbar. Nach der Abstimmung wurde rasch eine Arbeitsgruppe gebildet, um einen Vorentwurf für Bestimmungen zur Konkretisierung der Verfassungsnorm zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe unter der Leitung des Direktors des Bundesamtes für Justiz und bestehend aus sechs Juristen, zwei Ärzten und zwei ehemaligen Mitgliedern des Initiativkomitees schlug Bestimmungen vor, die den im Dezember 2002 verabschiedeten neuen Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches ergänzen sollten. Nach einem mühsamen Gesetzgebungsverfahren, bei dem es darum ging, den Volkswillen so weit wie möglich in Einklang zu bringen mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen der Schweiz, traten schließlich am 1. August 2003 die Art. 56 Abs. 4, 64 Abs. 1bis, 64a) Abs. 1 S. 1, 64c), 65 S. 1, 84 Abs. 6bis, 90 Abs. 4ter, 380a und 387 Abs. 1bis StGB sind schließlich am 1. August 2008 in Kraft getreten. Während der Hauptsitz der Materie nun im Strafgesetzbuch liegt, hauptsächlich in Art. 64 Abs. 1bis, trägt die Untersuchung der Verfassungsbestimmung zur Auslegung des Gesetzestextes bei.

8 Im Jahr 2018 wurden im Nationalrat eine Interpellation mit dem Titel „Ist es nicht an der Zeit, die Initiative für eine lebenslange Verwahrung von gefährlichen Straftätern wirklich umzusetzen? » und das Postulat mit dem Titel „Lebenslange Verwahrung für gefährliche Straftäter wirklich umsetzen“ wurden im Nationalrat eingereicht. Die Interpellation stellte nach einem Bundesgerichtsentscheid, der eine lebenslange Verwahrung aufhob, die Frage nach der Angemessenheit der Umsetzungsnormen, um das von der Initiative angestrebte Sicherheitsziel zu erreichen. In seiner Antwort lehnte der Bundesrat es aufgrund des Prinzips der Gewaltentrennung ab, sich zu den Gerichtsentscheidungen zu äußern. Er betonte dann, dass die im Umsetzungsgesetz aufgeführten Bedingungen die in Art. 123a der Bundesverfassung festgelegten Bedingungen wiederholten. Schliesslich erinnerte er daran, dass es neben der lebenslangen Verwahrung mehrere strafrechtliche Sanktionen gibt (lebenslange Freiheitsstrafe [Art. 40 Abs. 2 StGB] und ordentliche Verwahrung [Art. 64 Abs. 1 StGB]), die es ermöglichen, eine Person lebenslang ihrer Freiheit zu berauben, wenn ihre Gefährlichkeit und der Schutz der Allgemeinheit dies erfordern. Der oben erwähnte Vorstoss forderte vom Bundesrat die Vorlage eines Zwischenberichts elf Jahre nach Inkrafttreten der Bestimmungen zur lebenslangen Verwahrung im Strafgesetzbuch. Die Regierung verzichtete aufgrund der geringen Anzahl von Fällen, die von einer möglichen Anwendung der Maßnahme betroffen sind. Der Nationalrat gab diesen beiden parlamentarischen Vorstössen keine Folge. Im Juni 2022 lehnte die grosse Kammer ein neues Postulat ab, das 2020 mit dem gleichen Wortlaut wie das erste eingereicht worden war.

9 Bis Ende März 2025 wurde in der Schweiz nur eine Person endgültig zu lebenslanger Verwahrung verurteilt. Diese Massnahme wurde 2010 vom Bezirksgericht Weinfelden (Thurgau) angeordnet. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags hatte der Verurteilte etwas mehr als die Hälfte seiner 20-jährigen Freiheitsstrafe verbüßt, nach der seine lebenslange Verwahrung beginnen wird. Andere erst- und zweitinstanzliche Gerichte haben eine solche Sanktion verhängt, bevor das Bundesgericht sie wegen Verletzung des Bundesrechts aufhob. In Urteilen, gegen die keine Beschwerde beim Bundesgericht eingelegt wurde, vertraten auch die bernischen und zugerischen Berufungsgerichte sowie das erstinstanzliche Strafgericht in Genf die Auffassung, dass die von der Staatsanwaltschaft geforderten Voraussetzungen für eine lebenslange Verwahrung nicht erfüllt seien.

II. Integration von Art. 123a der Bundesverfassung in die schweizerische Rechtsordnung und strafpolitische Herausforderungen

10 Die lebenslange Verwahrung, die in erster Linie darauf abzielt, die Gemeinschaft vor einer Handvoll als besonders gefährlich eingestufter Personen zu schützen, verstärkt einige der Spannungen, die die schweizerische Rechtsordnung durchziehen. Art. 123a der Bundesverfassung schwächt grundlegende Aspekte des Strafrechts und drängt die Garantien der Menschenrechte an den Rand.

11 Genau wie die Revision des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches von 2007 tragen auch Art. 123a der Bundesverfassung und seine Umsetzungsbestimmungen dazu bei, das von Carl Stooss konzipierte dualistische System zu verzerren, indem sie die konkrete Unterscheidung zwischen den verschiedenen freiheitsentziehenden Sanktionen, die im Schweizer Recht vorgesehen sind, noch verwischen. Grundsätzlich sollten sich Strafen und Massnahmen ergänzen und nicht überlagern. Die Verwahrungsmassnahme (Art. 64 Abs. 1 StGB) weist jedoch «eine grosse Ähnlichkeit» mit der Freiheitsstrafe auf, so dass «die Trennung zwischen [beiden] in der Praxis nicht klar aufrechterhalten werden kann». Für das Bundesgericht, dessen Argumentation vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt wurde, unterscheidet sich die ordentliche Verwahrung von der Strafe dadurch, dass erstere auf der Gefährlichkeit des Täters beruht, während letztere entsprechend seiner Schuld festgelegt wird. Dennoch kann die Maßnahme wie die Strafe nur von einer urteilenden Behörde als strafrechtliche Sanktion nach einer Straftat verhängt werden. Darüber hinaus hat die Verwahrung aufgrund ihrer unbegrenzten Dauer, ihrer Vollstreckung in einer geschlossenen Strafanstalt (siehe Art. 64 Abs. 4 und 76 Abs. 2 StGB) und der damit verbundenen schweren Beeinträchtigung der Freiheit und der Persönlichkeitsrechte einen unbestreitbaren Strafcharakter. Umgekehrt ist das Sicherheitsziel nicht auf die Massnahmen beschränkt (vgl. Art. 75 Abs. 1 StGB). Die Strafe soll nicht nur ein Verschulden des Täters ausgleichen, denn das Strafrecht dient nicht in erster Linie der Vergeltung, sondern der Verhütung von Straftaten.

12 Das Bundesgericht und der EGMR haben die ordentliche Verwahrung daher als „Strafe“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 EMRK qualifiziert, obwohl letztere im innerstaatlichen Recht eine „Maßnahme“ ist. Unserer Meinung nach erfüllt Art. 64 Abs. 1bis des StGB aufgrund seines „quasi irreversiblen“ Charakters a fortiori die Kriterien zur Definition des autonomen Begriffs „Strafe“, die von der Straßburger Rechtsprechung festgelegt wurden. Ohne sich unbedingt auf die EMRK zu beziehen, sind der Bundesrat und ein Teil der Lehre der Ansicht, dass die (lebenslange) Verwahrung aus ähnlichen Gründen eine Strafe darstellt.

13 Angesichts des Vorstehenden stellt sich insbesondere die Frage nach der Einhaltung des Grundsatzes der Schuld (nulla poena sine culpa; Art. 19 Abs. 1 StGB)und der Regeln zur Strafzumessung (Art. 47 StGB). Wenn die Verwahrung (auf Lebenszeit) tatsächlich eine Strafe im Sinne von Art. 7 EMRK ist, werden die von einer solchen Maßnahme betroffenen Personen „für das bestraft, was sie getan haben (die Tat), aber auch und vor allem für das, was sie sind (das Wesen)“, da der persönliche Zustand des Täters hier „der entscheidende Faktor“ ist. Wenn der Täter jedoch für strafrechtlich unzurechnungsfähig erklärt, aber dennoch interniert wird (siehe Art. 19 Abs. 3 StGB), was bleibt dann von seiner Schuld übrig, wenn nicht seine Persönlichkeit? Dieses „zugrundeliegende Problem, das von der Strafrechtslehre noch nicht behandelt und noch weniger gelöst wurde“, könnte eine Verletzung des in Art. 7 Abs. 1 EMRK verankerten Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Strafen nach sich ziehen, sofern dieser anwendbar ist. 7 Abs. 1 EMRK, sofern anwendbar. Nach der Rechtsprechung des EGMR steht das Fehlen einer „Verurteilung“, d. h. einer Schuldigsprechung, der Einstufung als „Strafe“ im Sinne der Konvention nicht entgegen.

14 Art. 123a der Bundesverfassung untergräbt auch die Kohärenz des schweizerischen Sanktionssystems, da das Gesetz die gleichzeitige Verhängung einer Verwahrung (lebenslang) und einer lebenslangen Freiheitsstrafe zulässt (Art. 40 Abs. 2 S. 2 StGB; vgl. Art. 57 StGB). Trotz des monistischen Charakters der lebenslangen Freiheitsstrafe und der Tatsache, dass sie ein „funktionales Äquivalent“ zur ordentlichen Verwahrung darstellt, spricht in der Praxis nichts dagegen, sie gemäß der Rechtsprechung zusammen anzuordnen (vgl. Art. 64 Abs. 3, 64a) Abs. 1 und 86 Abs. 1 StGB). Hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Vollzugs- und Entlassungsbedingungen (vgl. Art. 64c und 86 Abs. 1 StGB) hat sich das Bundesgericht hingegen kritischer gezeigt, was die Möglichkeit betrifft, den Vollzugeiner lebenslangen Verwahrung mit dem Vollzug der gegebenenfalls vorausgehenden lebenslangen Freiheitsstrafe zu verbinden (Art. 64 Abs. 2 StGB) indem er bestätigte, dass eine «koordinierte Lösung ausgeschlossen erscheint».

15 Der Bundesrat hielt es auch für notwendig, «die Form des Vollzugs bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit Verwahrung klarer zu regeln» im Rahmen der Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe, die als Antwort auf die Postulate Caroni und Rickli eingeleitet wurde. In ihrem Vorentwurf vom 2. Juni 2023 schlug die Exekutive vor, dass der Freiheitsentzug zunächst nach den Regeln für Freiheitsstrafen vollzogen wird und dann nach einer auf 26 Jahre festgelegten Dauer „der Vollzug nach den für die (lebenslange) Verwahrung geltenden Bestimmungen fortgesetzt wird“ (vgl. Art. 64 Abs. 3bis und 64c Abs. 7 VE-StGB). Obwohl der Wille, die Verknüpfung dieser Sanktionen zu regeln, von den meisten Beteiligten der Konsultation begrüßt wurde, mussten noch „Unklarheiten“ in der Umsetzungslösung des Bundesrates beseitigt werden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des am 2. Oktober 2023 abgeschlossenen Konsultationsverfahrens sieht der Entwurf des Bundesrates vom 19. Februar 2025 schließlich die Einführung eines Art. 80a. E-StGB vor, damit „bestimmte Aspekte des Freiheitsentzugs unter den Bedingungen der Verwahrung vollzogen werden können“. Gemäß dieser neuen Bestimmung, die restriktiver formuliert ist als die des Vorentwurfs, „kann der Gefangene, wenn er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, der Richter zusätzlich eine Verwahrung im Sinne von Art. 64 Abs. 1 oder 1bis angeordnet hat und der Gefangene 25 Jahre der Strafe verbüßt hat, kann er in eine Einrichtung eingewiesen werden, die auf den Vollzug von Verwahrungen spezialisiert ist. Unserer Meinung nach löst keiner dieser Vorschläge die Frage, welche Entlassungsbedingungen bei der gleichzeitigen Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe und einer lebenslangen Verwahrung gelten, obwohl genau dies der von der Rechtsprechung festgestellte Stolperstein ist.

16 Mit dem Ziel der Sicherheit, Personen, die als gefährlicheingestuft werden, endgültig zu neutralisieren, zeugt Artikel 123a der Bundesverfassung zudem von einer sehr alten Angst vor Rückfällen, die Teil des Konzepts eines „Feindstrafrechts“ ist. Insbesondere im Zusammenhang mit schweren Straftaten gegen die körperliche und sexuelle Integrität scheint eine der bevorzugten Methoden zur „Verteidigung“ der Gesellschaft tatsächlich darin zu bestehen, „unerwünschte“ Mitglieder, die nicht oder nicht mehr Teil der Gesellschaft sind, auf strafrechtlichem Wege dauerhaft auszuschließen und ihnen damit den vollen und uneingeschränkten Schutz zu entziehen, den ihnen der Staat eigentlich gewähren sollte. Da immer ein (vermeintliches) kollektives Sicherheitsinteresse im Vordergrund steht, das a priori unvereinbar mit der Wahrung der Menschenwürde und der (individuellen) Freiheiten ist, werden die Grundsätze der Universalität und Unbedingtheit der Menschenrechte damit zunichte gemacht. Angesichts des Leidens und der sozialen Ausgrenzung, die den (lebenslang) verwahrten Personen auferlegt werden, zeigt die Annahme von Art. 123a BV zeigt eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal und den Rechten dieser Menschen, die mit den (statistischen) Risiken gerechtfertigt wird, die sie für die Gemeinschaft darstellen. Diese dichotomische und feindselige Sichtweise widerspricht der Theorie, dass die Gesellschaft aus der Gesamtheit ihrer Mitglieder besteht und dass niemand, unabhängig von seinem Handeln, außerhalb des Gesellschaftsvertrags stehen kann. Aus dieser Art, das Zusammenleben und das Gemeinwohl zu denken und zu gestalten, entsteht ein „paradoxer Widerspruch“ zwischen Strafrecht und Menschenrechten, der sich in der lebenslangen Freiheitsstrafe gut materialisiert; es wird unmöglich, die Grundwerte des Systems zu schützen, ohne sie gleichzeitig zu verletzen. Die Menschenrechte dringen daher nur am Rande in das Strafsystem ein, da sie insbesondere bei schweren Straftaten nur zur Eindämmung sogenannter „radikaler“ oder „extremer“ Strafen herangezogen werden. So bestand der Prozess der Umsetzung von Art. 123a der Bundesverfassung vor allem darin, die Reichweite einer Verfassungsnorm, die die Grundrechte offensichtlich verletzte, zu begrenzen – manchmal vergeblich.

17 Für einen Teil der Lehre ähneln lebenslange Freiheitsstrafen aufgrund ihrer Schwere, ihrer neutralisierenden Wirkung und ihrer Unwiderruflichkeit der Todesstrafe. Historisch gesehen ist die „qualitative Nähe“ zwischen der Todesstrafe und lebenslangen Sanktionen in den Werken von Beccaria deutlich zu erkennen, der sich dafür ausspricht, die Todesstrafe durch eine lebenslange Strafe zu ersetzen, da letztere aufgrund ihrer Dauer wirksamer und grausamer sei. Die Prozesse zur Abschaffung der Todesstrafe in mehreren westlichen Ländern haben diese Verbindung im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts immer wieder reaktiviert; eine lebenslange Strafe hat die Todesstrafe in den meisten von ihnen ersetzt, denn “ Wenn man über eine Alternative zur Todesstrafe nachdenkt, besteht die große Sorge nicht darin, die Grundrechte des Verurteilten zu berücksichtigen, sondern die Strafskala nicht zu „schwächen“. Forscher*innen und Praktiker*innen sind daher der Ansicht, dass in den Rechtsordnungen, in denen die Vollstreckung der Todesstrafe nicht mehr üblich ist, nur die biologische Tötung abgeschafft wurde, da lebenslange Strafen, die „auf kleiner Flamme“ töten, eine andere Art der Todesstrafe sind.

18 Die Verabschiedung von Art. 123a der Bundesverfassung, die ein Strafmaß wieder einführt, das auch heute noch unübertroffen zu sein scheint, zeigt, wie wenig sich die Strafrechtsideen seit dem 18. Jahrhundert erneuert haben. Die Annäherung zwischen lebenslanger Verwahrung und Todesstrafe trägt jedoch zur Normalisierung anderer Freiheitsstrafen von unbestimmter Dauer bei, indem sie dielebenslange Freiheitsstrafe (Art. 40 Abs. 1 und 2 StGB), die ordentliche Verwahrung (Art. 64 Abs. 1 StGB) und die stationäre therapeutische Massnahme (Art. 59 Abs. 3 StGB). Da es sich um die „schwerste“ dieser Sanktionen handelt und die ultima ratio darstellt, wird die Schwere dieser anderen Sanktionen durch die lebenslange Verwahrung tendenziell verschleiert, da sie einen Großteil der Erwartungen ihrer Befürworter und der Bedenken ihrer Gegner auf sich zieht. Die Zustimmung zur Volksinitiative für eine lebenslange Verwahrung zeigt, dass die Mehrheit des Volkes und der Kantone das bestehende Strafarsenal für unzureichend hielt und dass nur diese neue, unbefristete Maßnahme die Gesellschaft schützen könnte. Im Gegenzug wurde gegen Art. 123a der Bundesverfassung und seine Umsetzungsbestimmungen oft das Argument vorgebracht, dass die einmalige – oder kumulative (siehe Art. 57 StGB) – Verhängung anderer unbefristeter Sanktionen bereits erlaube, eine als gefährlich eingestufte Person bis zu ihrem Tod zu neutralisieren. Trotz ihrer Unterschiede folgen diese Sanktionen jedoch alle in unterschiedlichem Maße einer ähnlichen Logik wie die lebenslange Verwahrung; sie bauen auf demselben „Gedankensystem“ auf und führen angesichts ihrer zeitlichen Unbegrenztheit zu ähnlichen Auswirkungen und Risiken einer Verletzung der Grundrechte. Art. 123a BV trägt somit dazu bei, das Spektrum der Strafpraktiken zu erweitern, die heute als akzeptabel gelten, um schwere Straftaten zu bestrafen und zu verhindern; über seine Existenz hinaus verankert er den Grundsatz der Anwendung von Sanktionen ohne Ende.

III. Kommentar im engeren Sinne

A. Fehlen eines Randtitels

19 Art. 123a der Bundesverfassung ist die einzige Bestimmung der Bundesverfassung, die keinen Randtitel enthält. Biaggini bezeichnet sie als «das namenlose Sorgenkind». Diese Anomalie erklärt sich dadurch, dass die Initiant*innen bei der Ausarbeitung des ausgearbeiteten Entwurfs der Volksinitiative keinen Randtitel für den Artikel vorgesehen haben (nicht zu verwechseln mit dem Titel der Initiative) (vgl. Art. 139 Abs. 2 Satz 2 BV). Bei der Vorprüfung der Initiative durch die Bundeskanzlei scheint diese Unterlassung – ohne jegliche formale Konsequenz – keinen Austausch mit den Initiant*innen ausgelöst zu haben. Nach der offiziellen Veröffentlichung der Initiative und der gleichzeitigen Einleitung der Unterschriftensammlung (Art. 139 Abs. 1 BV) war die Hinzufügung eines Randtitels – also eines Auslegungselements des Textes, das Teil des Verfassungsartikels ist – nicht mehr möglich (siehe Art. 139 Abs. 5 S. 1 BV und Art. 99 ParlG, zum Verbot der Abänderung des Wortlauts einer Volksinitiative).

B. Absatz 1 Satz 1: Voraussetzungen für die Anordnung der lebenslangen Verwahrung

20 Art. 123a Abs. 1 Satz 1 BV sieht vor, dass ein „Sexual- oder Gewaltstraftäter“ lebenslang verwahrt werden muss, wenn das dem Urteil zugrunde liegende Gutachten ihn als „hochgefährlich“und „nicht therapierbar“ einstuft.

1. Ein „Sexual- oder Gewaltstraftäter“

21 Gemäß Verfassungstext wird die lebenslange Verwahrung gegen einen „Sexual- oder Gewaltstraftäter“ angeordnet, d. h. gegen den Täter einer Gewalttat oder alternativ einer Sexualstraftat. Da dieser Begriff des „Sexual- oder Gewaltstraftäters“ im Schweizer Strafrecht unbekannt ist, wurde er in Form einer erschöpfenden Liste von Straftaten (Art. 64 Abs. 1bis in limine StGB) umgesetzt, in Übereinstimmung mit dem Legalitätsprinzip (Art. 1 StGB). So riskiert lebenslange Verwahrung, wer einen Mord (Art. 112 StGB), eine vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB), eine schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB), eine Vergewaltigung (Art. 190 StGB), Raub (Art. 140 StGB), sexuelle Nötigung (Art. 189 Abs. 2 und 3 StGB), Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 StGB), Entführung (Art. 183 Ziff. 2 StGB), Geiselnahme (Art. 185 StGB) oder Verbrechen des Verschwindenlassens (Art. 185bis) StGB, wer sich am Menschenhandel beteiligt hat (Art. 182 StGB), an einem Völkermord (Art. 264 StGB) oder an einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 264a) StGB oder einem Kriegsverbrechen (Art. 264d) bis 264h) StGB mitgewirkt hat. Darüber hinaus muss die Person eine besonders schwere körperliche, psychische oder sexuelle Beeinträchtigung anderer Personen begangen oder beabsichtigt haben (Art. 64 Abs. 1bis lit. a StGB). Das Bundesgericht und die Rechtslehre stellen in diesem Zusammenhang klar, dass nicht alle Straftaten des Katalogs den gleichen Schweregrad aufweisen. Während beispielsweise kein Zweifel daran besteht, dass ein Mord oder eine Vergewaltigung per se eine solche Verletzung darstellen, so dass die in Art. 64 Abs. 1bis lit. a StGB geforderte Bedingung immer erfüllt ist, muss die Prüfung insbesondere bei sexueller Nötigung gründlicher sein. Nach Ansicht des Bundesgerichts impliziert letztere Straftat nicht zwangsläufig eine besonders schwere Beeinträchtigung der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität. Die beiden kumulativen Bedingungen in Bezug auf die Art der Straftat, die im Strafgesetzbuch vorgesehen sind (Art. 64 Abs. 1bis in limine und 1bis lit. a StGB), spiegeln somit den Willen wider, die Verhängung einer lebenslangen Verwahrung auf die schwersten Fälle zu beschränken.

2. Ein „äußerst gefährlicher“ Mensch

22 Die „äußerste Gefährlichkeit“, die den Menschen nach Art. 123a Abs. 1 BV auszeichnet, ist ein rechtlich unbestimmter und psychiatrisch unpräziser Begriff. Auf rechtlicher Ebene ermöglichen mehrere Elemente der Ausführungsbestimmung eine Konkretisierung dieses Begriffs, der nicht unverändert übernommen werden konnte. Die „äußerste Gefährlichkeit“ der Person wird hauptsächlich aus dem hohen Risiko abgeleitet, dass sie rückfällig wird und erneut eine der in Art. 64 Abs. 1bis in limine StGB genannten Straftaten begeht (Art. 64 Abs. 1bis lit. b StGB). Indizien sind auch die erstmalige Begehung (oder der Versuch) einer der im Katalog aufgeführten Straftaten sowie die (tatsächliche oder beabsichtigte) Verletzung der körperlichen Integrität einer anderen Person in einem qualifizierten Ausmaß (Art. 64 Abs. 1bis) StGB. Aus medizinischer Sicht ergeben sich Schwierigkeiten insbesondere aus der Kontroverse um den Begriff der Gefährlichkeit und der Unsicherheit bei der Bewertung des Rückfallrisikos. Die in Art. 64 Abs. 1bis Bst. b StGB geforderte hohe Wahrscheinlichkeit eines spezifischen oder gleichartigen Rückfalls kann nur in seltenen Fällen angenommen werden und beschränkt die Möglichkeit, eine lebenslange Verwahrung auszusprechen, auf Ausnahmefälle. 64 Abs. 1bis lit. b StGB, beschränkt die Möglichkeit, eine lebenslange Verwahrung auszusprechen, auf Ausnahmefälle.

3. Ein „nicht therapierbarer“ Mensch

23 Für die Zwecke der Verfassungsbestimmung muss der Mensch darüber hinaus als „nicht therapierbar“ (non amendable; refrattario alla terapia) angesehen werden. Dieser Begriff wurde von den betroffenen Praktiker*innen und wissenschaftlichen Kreisen weitgehend angefochten, weil er eine grundlegende ethische Frage berührt. Nach dem kantischen Konzept der Menschenwürde, das auf der Achtung der individuellen Autonomie beruht, ist es nicht zulässig, eine Person als endgültig unfähig zu behandeln, die Kontrolle über ihr Leben zu übernehmen, denn dies kommt der Annahme gleich, dass sie kein rationaler Akteur ist, der zu moralischem Urteilsvermögen fähig ist. Mit anderen Worten: Die Annahme der irreversiblen Unheilbarkeit einer Person läuft darauf hinaus, ihre Menschlichkeit zu leugnen, da Autonomie und Selbstbestimmung, zu denen auch die Fähigkeit zur Veränderung gehört, unveräußerliche und unverzichtbare Eigenschaften des Menschen sind. Der Begriff der Nichttherapierbarkeit scheint daher nur schwer mit den verfassungsmäßigen und vertraglichen Normen vereinbar zu sein, die die Menschenwürde schützen, da sie einer der Grundwerte demokratischer Gesellschaften ist. Aus ähnlichen Überlegungen heraus ist auch die vorherrschende forensisch-psychiatrische Lehre aus deontologischen und wissenschaftlichen Gründen der Ansicht, dass es nicht möglich ist, sich endgültig zur Nichttherapierbarkeit zu äußern; jedes Lebewesen und a fortiori der Mensch kann sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Unter dem Gesichtspunkt ihrer klinischen Gültigkeit stellen die meisten Psychiaterinnen und Psychiater außerdem klar, dass die Prognosen höchstens einen Zeitraum von ein oder zwei Jahrzehnten abdecken können, wenn die betroffenen Täterinnen und Täter zum Zeitpunkt des Urteils im Allgemeinen eine Restlebenserwartung von vierzig bis fünfzig Jahren haben.

24 Indem er die Mehrheit des Volkes der Mehrheit der Expert*innen und Praktiker*innen entgegenstellt, spiegelt der Begriff der „Nichttherapierbarkeit“ den gordischen Knoten wider, der die lebenslange Verwahrung darstellt. Er hat zu zahlreichen Diskussionen über seine rechtliche Auslegung geführt. Art. 64 Abs. 1bis lit. c StGB sieht vor, dass eine lebenslange Verwahrung für Personen angeordnet werden kann, die als «auf Dauer nicht therapierbar [(dauerhaft nicht therapierbar; durevolmente refrattario alla terapia)]» eingestuft werden, sofern die Therapie auf lange Sicht erfolglos zu sein scheint. In der Botschaft von 2005 qualifiziert die Exekutive die Nichttherapierbarkeit als chronisch und erklärt, dass diese „tatsächlich ein Wahrscheinlichkeitsverhältnis darstellt, das dem extrem hohen Risiko, dass neue sehr schwere Straftaten begangen werden, die sehr geringe Wahrscheinlichkeit gegenüberstellt, dass Veränderungen eintreten, die die Risiken verringern könnten“. Mit dem Vorschlag, das Adverb „dauerhaft“ hinzuzufügen, um wissenschaftliche Vorbehalte hinsichtlich der Nicht-Besserungsfähigkeit zu berücksichtigen, ging der Bundesrat das Risiko ein, die Bedingungen für die Verhängung einer lebenslangen Verwahrung zu lockern. Diese Entscheidung mag überraschen, da sie a priori der Logik der Abschottung widerspricht, die bei der Einführung der lebenslangen Verwahrung maßgebend war. Sie zeigt, wie schwierig es für die Schweizer Behörden ist, die verschiedenen Interessen und Herausforderungen nach der Verabschiedung von Art. 123a derBundesverfassung in Einklang zu bringen.

25 Nach einer sorgfältigen Analyse entschied sich das Bundesgericht schließlich für einen restriktiven Ansatz und stellte fest, dass „nur derjenige, der wirklich untherapierbar ist, sein Leben lang“ im Sinne von Art. 64 Abs. 1bis lit. c StGB dauerhaft nicht therapierbar ist. Seine Auslegung, die dem Willen des Gesetzgebers treuer ist als die vom Bundesrat skizzierte, reduziert die praktische Tragweite der gesetzlichen Bestimmung fast auf Null, da „die Initiative auf einer Fiktion beruht, die im Widerspruch zur Realität steht“.

26 Nach Ansicht des Bundesrates muss die vorgesehene Behandlung (traitement; trattamento) darauf abzielen, die Gefährlichkeit der Person ausreichend zu verringern, unabhängig davon, ob diese mit psychischen Störungen im eigentlichen Sinne zusammenhängt oder von Symptomen oder Persönlichkeitsmerkmalen abgeleitet wird, die mit einer Therapie erfolgreich behandelt werden könnten. Die Bestimmungen über die lebenslange Verwahrung gelten daher sowohl für Personen mit psychischen Störungen als auch für Personen ohne psychische Störungen, sofern zum Zeitpunkt des Urteils feststeht, dass keine Therapieform sie daran hindern wird, erneut eine schwere Straftat zu begehen.

27 In Übereinstimmung mit dem Bundesrat verlangt die Rechtsprechung, dass sich die Analyse des Zustands des Individuums ausschließlich auf strukturelle Kriterien stützt, die eng und dauerhaft mit seiner Person verbunden sind. Variable Kriterien – wie mangelnde Motivation, fehlende rationale Anerkennung seiner Tat, Symptome, die durch den Einsatz von Medikamenten verändert werden können, oder das Fehlen einer geeigneten Einrichtung – werden nicht berücksichtigt. Im Übrigen würde die Schweiz, wenn dies der Fall wäre, ihre Pflichten aus den Artikeln 3 und 5 Absatz 1 EMRK im Bereich der inhaftierten Personen, insbesondere der psychischen Betreuung, verletzen. In diesem Zusammenhang gehören eine angemessene Einrichtung und Betreuung des Gesundheitszustands der Person zu den unerlässlichen Maßnahmen. Im Allgemeinen müssen gemäß der positiven Verpflichtung, allen Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, die Möglichkeit zu bieten, Fortschritte auf dem Weg der Besserung zu machen, alle Mittel angeboten werden, die es dem Individuum ermöglichen, seine Gefährlichkeit zu verringern, unabhängig davon, ob es psychische Störungen aufweist oder nicht. Auch wenn eine Person im Sinne der Bundesrechtsprechung als „dauerhaft nicht therapierbar“ eingestuft wird, sind die Schweizer Behörden daher nicht von ihren Verpflichtungen ihr gegenüber befreit.

C. Absatz 1 Satz 2: Ausschluss von Erleichterungen während der Vollstreckung der lebenslangen Verwahrung

28 Art. 123a Abs. 1 Satz 2 BV schliesst jegliche vorzeitige Entlassung und jeglichen Urlaub für lebenslänglich verwahrte Personen aus. Dieses Verbot wird in Art. 90 StGB explizit aufgegriffen, dessen Absätze 2 bis 4bis die Modalitäten der Vorbereitung auf die Entlassung regeln und in Absatz 4ter festlegen, dass «während der lebenslangen Verwahrung kein Urlaub oder eine andere Vollzugsöffnun gewährt wird». Art. 84 StGB, der die Beziehungen der verurteilten Person zur Aussenwelt regelt, wurde ebenfalls um einen Absatz 6bis ergänzt, der den gleichen Ausschluss während des Strafvollzugs vorsieht, der der lebenslangen Verwahrung vorausgeht.

29 In der Botschaft von 2001 betont der Bundesrat zu Recht, dass das von der Initiative vorgesehene System nur schwer mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Wir haben zwei weitere Vorbehalte hinsichtlich der Vereinbarkeit des durch Art. 123a Abs. 1 S. 2 BV eingeführten Systems mit der Verfassung. Die erste hätte bereits zum Zeitpunkt der Abstimmung über die lebenslange Verwahrung formuliert werden können, während die zweite auf Entwicklungen des EGMR zurückgeht, die nach der Verabschiedung von Art. 123a der Bundesverfassung und ihrer Durchführungsbestimmungen erfolgten, aber unter eine Norm des ius cogens fallen. Einerseits sind die Staaten nach ständiger Rechtsprechung seit den 1990er Jahren verpflichtet, Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, gemäß Art. 8 EMRK zu gestatten und zu unterstützen, mit ihren engsten Familienangehörigen in Kontakt zu treten. Daraus ergibt sich zwar kein bedingungsloses Recht auf eine vorübergehende Ausgangsgenehmigung, doch obliegt es den nationalen Behörden, jeden einzelnen Antrag inhaltlich zu prüfen und nachzuweisen, dass die Einschränkung des Rechts der betroffenen Person im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist. Indem Art. 84 Abs. 6bis StGB jegliche Interessenabwägung ausschließt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Darüber hinaus stehen Art. 84 Abs. 6bis und Art. 90 Abs. 4ter StGB stehen im Widerspruch zu dem Hauptziel der Wiedereingliederung und Resozialisierung, das dem schweizerischen Strafvollzug zugrunde liegt (siehe insbesondere Art. 74, 75 Abs. 1 und 3 sowie 90 Abs. 2 StGB) und das der EGMR 2013 zur positiven Verpflichtung erhoben hat. Ihrer Ansicht nach geht es um die Achtung der Menschenwürde aller Personen, denen die Freiheit entzogen ist, aber auch um die Sicherheit der Allgemeinheit, da die Resozialisierung durch die strafrechtliche Sanktion „letztendlich darauf abzielt, Rückfälle zu verhindern und damit die Gesellschaft zu schützen“. Im Bereich des Art. 3 EMRK bedeutet die Verpflichtung, die Resozialisierung aller Personen im Freiheitsentzug zu fördern, auch wenn sie zu lebenslanger Haft verurteilt sind, insbesondere, dass Strafvollzugsregime gewährleistet werden müssen, die mit dem Ziel der Besserung vereinbar sind und es den Betroffenen ermöglichen, auf diesem Weg Fortschritte zu machen. Das progressive System des Strafvollzugs (siehe Art. 75 StGB) und der Maßnahmen (siehe Art. 90 StGB), das Erleichterungen umfasst, ist genau eine Ausprägung der Resozialisierungsfunktion der strafrechtlichen Sanktion. Ebenso ist die Aufrechterhaltung von Kontakten zur Außenwelt von grundlegender Bedeutung, um die Wiedereingliederung von Personen zu fördern, denen die Freiheit entzogen wurde. Obwohl Kontakte möglicherweise auf andere Weise aufrechterhalten werden können, scheint uns der absolute Ausschluss von Urlaubsreisen ein großes Hindernis für die soziale Wiedereingliederung von Personen zu sein, die zu lebenslanger Verwahrung verurteilt wurden, und somit das Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu bergen.

D. Absatz 2 Satz 1: Voraussetzungen für die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung

30 Gemäß Art. 123a Abs. 2 Satz 1 StGB werden „neue Gutachten nur erstellt, wenn aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse feststeht, dass der Täter geheilt werden kann und somit keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellt“. Mit anderen Worten: Nur „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ eröffnen die Möglichkeit, eine lebenslange Verwahrung aufzuheben. Die größte Schwierigkeit bei der Umsetzung der Verfassungsbestimmung besteht darin, dass sie nicht vorsieht, dass die Verringerung oder gar das Verschwinden der Gefährlichkeit der lebenslang verwahrten Person von etwas anderem abhängen kann als von ihrer Fähigkeit, auf eine Behandlung anzusprechen.

31 Gemäß den ersten drei Absätzen von Art. 64 c) StGB beschränkt sich der Gesetzgeber darauf, einen relativ komplexen Umsetzungsmechanismus vorzusehen, der der Logik der Initiative entspricht. Zunächst beauftragt die zuständige kantonale Behörde von Amts wegen oder auf Antrag der lebenslänglich verwahrten Person eine eidgenössische Fachkommission mit der Prüfung, ob es „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ gibt, die belegen, dass die betreffende Person geheilt werden kann (Art. 64c Abs. 1 StGB). Auf der Grundlage des Beratungsberichts der Kommission entscheidet die kantonale Behörde dann, der Person die Behandlung vorzuschlagen, wenn sie der Ansicht ist, dass es hinreichend wahrscheinlich ist, dass ihre Gefährlichkeit dadurch beseitigt wird (Art. 64c Abs. 1 und 2 StGB). Schliesslich ordnet das Gericht, das die lebenslange Verwahrung angeordnet hat, deren Aufhebung an und ersetzt sie durch eine stationäre therapeutische Massnahme, wenn mindestens zwei neue Gutachten zu dem Schluss kommen, dass sich die Gefährlichkeit der Person dank der Behandlung erheblich verringert hat und weiter verringert werden kann, sodass sie keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellt (Art. 64c Abs. 3 und 5 StGB; vgl. Art. 59 ff. StGB). Zu diesem Zeitpunkt kann die Person unter den Bedingungen der Artikel 62 bis 62d StGB freigelassen werden.

32 Der Begriff der „neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse“, der die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung bestimmt, hat die Debatten reichlich befeuert, da nach einhelliger Meinung der an der gesetzlichen Umsetzung Beteiligten die Vereinbarkeit der Maßnahme mit Artikel 5 EMRK hängt weitgehend davon ab. Das Initiativkomitee verstand diesen Ausdruck zweifellos im objektiven Sinne von „neuen Heilverfahren zur Behandlung gefährlicher Straftäter“ und verkennt damit die Anforderungen von Art. 5 EMRK. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vertritt der Bundesrat in seiner Botschaft von 2005 die Auffassung, dass es sich zwar um neue therapeutische Methoden handelt, diese jedoch auch die Veränderungen der betroffenen Person berücksichtigen müssen, also solche subjektiver Natur sind. Im selben Absatz der Botschaft werden auch „neue wissenschaftliche Erkenntnisse […] all jene, die durch methodische Verfahren gewonnen wurden und die die Gefährlichkeit und (Nicht-)Besserungsfähigkeitdes Straftäters betreffen, die zu seiner Verwahrung geführt haben“ genannt. Daher ist nicht klar, ob diese für den Bundesrat die Gefährlichkeit und die Besserungsfähigkeit unabhängig voneinander betreffen können oder ob sie sich nur auf die Besserungsfähigkeit beziehen müssen, die sich möglicherweise auf die Gefährlichkeit auswirkt. Die drei Sprachfassungen der Botschaften von 2001 stimmen alle darin überein, dass die Prüfung die Gefährlichkeit und die Besserungsfähigkeit betrifft. In der Botschaft von 2005 ist die Definition auf Französisch identisch, aber in der deutschen und italienischen Version wird nur noch auf die Änderbarkeit verwiesen. Der Zweifel an der Definition der Regierung, was genau unter diesem unbestimmten Rechtsbegriff zu verstehen ist, wurde durch die parlamentarischen Debatten nicht ausgeräumt. Er besteht bis heute fort, da das Bundesgericht die Frage nicht entschieden hat.

33 In Erwartung einer Entscheidung der Bundesrichter sind wir der Ansicht, dass sich die Analyse im Rahmen von Art. 64c. Abs. 1 bis 3 StGB nur auf die Entwicklungen der lebenslang verwahrten Person im Zusammenhang mit einer Form der Behandlung bezieht. Mit anderen Worten: Die Prüfung bezieht sich nur auf das Vorhandensein wissenschaftlicher Erkenntnisse über die (Nicht-)Besserungsfähigkeit der lebenslänglich verwahrten Person, die es erlauben, Veränderungen ihrer extrem gefährlichen Natur zu erwarten. Unserer Meinung nach missachtet eine weiter gefasste Definition, die alle Veränderungen der Gefährlichkeit der Person einbezieht, den Willen des Verfassungsgebers und weicht zu sehr vom Wortlaut der Art. 123a Abs. 2 S. 1 BV und 64c Abs. 1 bis 3 StGB ab, indem sie den Begriff „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ seines wörtlichen Sinns entleert. Wir lehnen sie auch deshalb ab, weil sie der Rechtssystematik zuwiderläuft. Sie verhindert die Gliederung der Art. 64c) Abs. 1 bis 4 StGB, da das in Abs. 4 erwähnte Alter und die Krankheit im absoluten Sinne auch Veränderungen darstellen, die die Gefährlichkeit der lebenslänglich verwahrten Person beeinflussen, Veränderungen, die unter den Absätzen 1 bis 3 betrachtet werden müssten, wenn der Begriff „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ extensiv ausgelegt würde.

34 In Art. 64c Abs. 4 StGB sieht der Gesetzgeber – ebenfalls im Bestreben, Art. 5 EMRK zu entsprechen, aber deutlich abweichend vom Geist von Art. 123a Abs. 2 S. 1 BV – die Möglichkeit für den Richter, die Person, die aufgrund ihres Alters, einer schweren Krankheit oder aus einem anderen Grund keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt, ohne vorherige oder nachfolgende Behandlung bedingt zu entlassen (siehe 64a) StGB). Die Frage der Behandlung tritt somit zugunsten der weiter gefassten Frage der Gefährlichkeit des Täters in den Hintergrund. Die Auslegung dieses Absatzes ist derzeit ungewiss, erweist sich jedoch als entscheidend für das gesamte System der Aufhebung der lebenslangen Verwahrung, da es sich um einen Weg der Freilassung handelt, der eine Alternative zu dem in den ersten drei Absätzen vorgesehenen darstellt. Nach der Rechtslehre, der wir uns anschließen, ist die Generalklausel von Art. 64c Abs. 4 StGB, die die Entlassung der Person aus einem „anderen Grund“ vorsieht, nicht eindeutig.

35 Der Vorentwurf des Bundesrates stützte die Vereinbarkeit der Regelung von Art. 64c StGB mit Art. 5 EMRK auf die extensive Auslegung des Begriffs «neue wissenschaftliche Erkenntnisse» und einen Art. 64c Abs. 4 VE-StGB, der nur die beiden Varianten Alter und schwere Krankheit vorsieht. Nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens fügte die Regierung in Absatz 4 diesen dritten „anderen Grund“ für die Entlassung ein, da einige der Beteiligten der Ansicht waren, dass der Text andernfalls gegen Artikel 5 EMRK verstoßen würde. Es ist nicht leicht zu verstehen, ob aus Sicht des Bundesrates die Vereinbarkeit der Modalitäten zur Aufhebung der lebenslangen Verwahrung mit der EMRK durch die extensive Auslegung der „neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ in Art. 64c Abs. 1 StGB, durch die Hinzufügung der dritten Variante in Art. 64c Abs. 4 StGB oder durch beides gewährleistet ist. Die Exekutive hat auch nicht die Verbindung zwischen dem in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehenen Mechanismus und dem in Absatz 4 vorgesehenen Mechanismus sowie ihre jeweilige Tragweite präzisiert. Sie hat sich darauf beschränkt, zu bestätigen, dass die Formulierung „aus einem anderen Grund“ der zuständigen Behörde ermöglichen, „das Gericht um Anordnung einer bedingten Entlassung zu ersuchen, wenn sie aufgrund des Berichts der Fachkommission nach Absatz 1 zu dem Schluss kommt, dass der Täter auch ohne Vorbehandlung oder nach der ‚Probezeit‘-Behandlung im Sinne von Absatz 2 keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellt“. Auch im Parlament gingen die Meinungen über die Auslegung dieser Klausel auseinander, so dass weiterhin Unsicherheit besteht. Das Bundesgericht hatte seinerseits keine Gelegenheit, sich zur Umsetzung von Art. 64c Abs. 4 StGB zu äußern. Wir unsererseits schließen in den „anderen Grund“ von Art. 64c. Abs. 4 StGB alle denkbaren Gründe für das spätere Verschwinden der Gefährlichkeit des lebenslang verwahrten Individuums.

36 Im Gegensatz zu den Absätzen 1 bis 3 von Art. 64c. StGB wird in Absatz 4 nicht näher erläutert, wie die gerichtliche Überprüfung der bedingten Entlassung eingeleitet wird. Diese Prüfung kann aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl auf Antrag der verwahrten Person als auch auf Initiative der Vollzugsbehörde eingeleitet werden. Die Stellungnahme der eidgenössischen Fachkommission erscheint in diesem Zusammenhang nicht erforderlich. Gemäß dem Wortlaut von Art. 123a Abs. 2 S. 1 1 BV, Art. 64c Abs. 1 bis 3 StGB und der Verordnung vom 26. Juni 2013 (siehe insbesondere deren Titel und Art. 2 Bst. a) besteht der einzige Auftrag dieser Kommission darin, sich zur Frage des Vorliegens einer Behandlung für die betreffende Person, d. h. zu ihrer Strafmilderbarkeit, zu äußern. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Kommission bei dieser Analyse in Anwendung von Art. 64c Abs. 1 StGB feststellt, dass die lebenslänglich verwahrte Person nicht mehr gefährlich ist. In einem solchen Fall finden die Art. 64c Abs. 2 und 3 StGB keine Anwendung und die Vollzugsbehörde befasst den Richter auf der Grundlage von Art. 64c. Abs. 4 StGB. Bei der Entscheidung über die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung und die bedingte Entlassung stützt sich das Gericht auf zwei unabhängige und übereinstimmende Gutachten, die bestätigen, dass die betreffende Person nicht gefährlich ist (Art. 64c. Abs. 5 StGB; vgl. auch Art. 64a. StGB).

37 Unser Ansatz, der eine weite Auslegung des „anderen Grundes“ in Art. 64c Abs. 4 StGB befürwortet, ermöglicht eine logische Verknüpfung aller Absätze von Art. 64c StGB, wenn die Person nicht mehr als „äußerst gefährlich“ gilt. Die Aufhebung der Massnahme ist in vier Fällen denkbar. Die erste Möglichkeit betrifft Personen, deren Gefährlichkeit dank einer Behandlung bereits deutlich gesunken ist und weiter sinken kann. Ihre lebenslange Verwahrung wird aufgehoben und sie wird in eine geschlossene Einrichtung im Rahmen einer stationären therapeutischen Massnahme im Sinne der Art. 59 bis 61 StGB eingewiesen, aus der sie dann unter den Bedingungen der Art. 62 bis 62d) StGB entlassen wird (Art. 64c) Abs. 1 bis 3 cum Abs. 5 StGB). Die zweite Situation ist aufgrund der Unschärfe in Art. 64 Abs. 1bis des StGB zwischen Personen mit psychischen Störungen und solchen ohne psychische Störungen weniger eindeutig. Tatsächlich kann nur der „Kranke“, also derjenige, der eine psychische Störung aufweist, „geheilt“ – und damit freigelassen – werden. Daher kann die Person, die auf eine gemäß Art. 64c Abs. 1 und 2 StGB durchgeführte Therapie anspricht, aber aufgrund einer psychischen Störung nicht gefährlich war, nicht den in Art. 64c Abs. 3 StGB vorgesehenen Weg beschreiten, da sie a priori nicht die Voraussetzungen für die Verhängung einer stationären Maßnahme erfüllt (siehe insbesondere Art. 59 StGB). Obwohl fraglich, ist die einzige Möglichkeit, die wir uns vorstellen können, um diese Hürde zu überwinden und die Freilassung dieser Person in Betracht zu ziehen, diejenige des Art. 64c Abs. 4 S. 3 StGB (cum Abs. 5 StGB), unter der Annahme, dass ihre Gefährlichkeit aus einem „anderen Grund“ verschwunden ist. Auch aus dieser Sicht muss die Frage der Gefährlichkeit notwendigerweise Vorrang vor der subsidiären Frage der Besserungsfähigkeit haben. Die dritte Möglichkeit ist die Person, die aufgrund von Alter, schwerer Krankheit oder einer anderen ähnlichen Form der Invalidität nicht mehr gefährlich ist und unter den Bedingungen von Art. 64a) StGB entlassen wird (Art. 64c) Abs. 4 cum Abs. 5 StGB). Der vierte, seltene, aber theoretisch denkbare Fall betrifft lebenslänglich verwahrte Personen, deren festgestellte Nichtgefährlichkeit weder auf die Wirkung einer Behandlung noch auf die Verschlechterung ihres körperlichen Zustands zurückzuführen ist. Für diese Personen besteht die einzige Möglichkeit der Entlassung darin, wie bei der Person in der zweiten Situation das Vorliegen eines „anderen Grundes“ geltend zu machen (Art. 64c) Abs. 4 Satz 3 cum Abs. 5 StGB).

38 Keine der Interpretationen entspricht vollständig dem Willen der Initiant*innen. Unser Vorschlag erscheint jedoch in zweierlei Hinsicht stärker im Hinblick auf die Konventionskonformität als derjenige, der auf einer weit gefassten Definition von „neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen“ beruht, zumindest was Art. 5 EMRK betrifft.

39 Erstens kann diese letztere Auslegung zwar zur Vereinbarkeit der in Art. 64 c) Abs. 1 bis 3 StGB vorgesehenen Regelung mit Art. 5 EMRK beitragen, sie führt jedoch zu einer neuen Schwierigkeit im Hinblick auf diese letztgenannte Norm. Die vom Bundesrat vorgeschlagene contra legem Auslegung macht die Anwendung von Art. 64c StGB deutlich unsicherer. Nach Ansicht des EGMR erfüllen Bestimmungen, die von den nationalen Behörden widersprüchliche Auslegungen erhalten, die sich gegenseitig ausschließen, nicht die in Art. 5 Abs. 1 EMRK festgelegte Anforderung der Rechtssicherheit. Indem unser Vorschlag den Begriff «neue wissenschaftliche Erkenntnisse» nicht wörtlich auslegt und die beiden in Art. 64c StGB vorgesehenen Entlassungswege formuliert, zielt er daher darauf ab, eine bessere Vorhersehbarkeit bei der Anwendung der gesetzlichen Bestimmung zu gewährleisten.

40 Weiterhin garantiert Art. 5 Abs. 4 EMRK das Recht auf kurzfristige und regelmäßige Überprüfung der Rechtmäßigkeit jeder Freiheitsentziehung durch ein unparteiisches und unabhängiges Gericht. Bei dieser Prüfung, die ein eigenständiges Recht darstellt, muss das Gericht prüfen, ob die Strafe oder Maßnahme noch den Bedingungen von Art. 5 Abs. 1 EMRK erfüllt und gegebenenfalls die Freilassung anzuordnen. Im Allgemeinen ist für den Richter, der die Rechtmäßigkeit eines unbefristeten Freiheitsentzugs überprüft, dessen Grund sich im Laufe der Zeit ändern kann, nur die Situation der Person in ihrer Gesamtheit und zum Zeitpunkt der Überprüfung relevant. Die Entscheidung des Gerichts stützt sich insbesondere auf die Persönlichkeit und das Verhalten des Individuums, seinen psychischen Gesundheitszustand und seine mögliche Gefährlichkeit. Genauer gesagt fällt der Freiheitsentzug nach Art. 64 Abs. 1bis des StGB je nach den Umständen unter den Grund von Art. 5 Abs. 1 lit. a oder lit. e EMRK oder unter beide gleichzeitig.

41 Im Bereich der Sicherheitshaft prüft der Richter grundsätzlich die Situation von Personen, die keine psychischen Störungen aufweisen und die unter dem Gesichtspunkt von Art. 5 Abs. 1 lit. a EMRK für schuldig befunden wurden. Zu den Kriterien, die bei der Analyse berücksichtigt werden, gehört das Kriterium eines hinreichenden Kausalzusammenhangs zwischen der vom Gericht in der Hauptsache ausgesprochenen Verurteilung und dem Freiheitsentzug. Dieser Zusammenhang lockert sich mit der Zeit allmählich und kann schließlich ganz aufgehoben werden, insbesondere wenn die Entscheidung, die Person nicht freizulassen, auf einer unangemessenen Einschätzung der mit der ursprünglichen Verurteilung verfolgten Ziele beruht. Die Verweigerung der Entlassung kann auch mit dem Zweck der ursprünglichen Strafe unvereinbar werden, wenn die Person inhaftiert bleibt, „weil die Gefahr besteht, dass sie rückfällig wird, obwohl ihr gleichzeitig die notwendigen Mittel vorenthalten werden [...], um ihr zu ermöglichen, nachzuweisen, dass sie keine Gefahr mehr darstellt“. In diesen Fällen wird eine ursprünglich lebenslange Strafe zu einem Freiheitsentzug, der mit Art. 5 Abs. 1 lit. a EMRK unvereinbar ist.

42 Bei einer „geisteskranken“ Person im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. e EMRK, deren psychische Störungen die Freiheitsentziehung begründet haben, muss das Gericht insbesondere sicherstellen, dass diese Störungen am Tag der Prüfung der Entlassung fortbestehen, indem es alle möglichen Entwicklungen ihrer psychischen Gesundheit berücksichtigt, die nach der Verhängung der Strafe oder der Maßnahme eingetreten sind. Der Freiheitsentzug gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e EMRK gilt als willkürlich, wenn keine derartigen Störungen vorliegen. Dies gilt auch, wenn die Störungen, die der Verurteilung zugrunde liegen, nicht angemessen behandelt werden, und zwar „selbst dann, wenn die Krankheit oder Störung nicht heilbar ist oder die betroffene Person nicht auf eine Behandlung anspricht“.

43 Der Mechanismus zur Aufhebung der lebenslangen Verwahrung erfüllt nicht die Anforderungen von Art. 5 EMRK, wenn die Überprüfung allein auf die Frage der Besserungsfähigkeit beschränkt ist. Da die auf Art. 64c Abs. 1 und 2 StGB gestützten Entscheidungen der Vollzugsbehörde anfechtbar sind, besteht das Problem a priori nicht so sehr im Zugang zu einem Richter als vielmehr in der Einschränkung der Kognition des Gerichts (Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 EMRK). Indem der Begriff „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ auf behandlungsbedingte Veränderungen der extrem gefährlichen Wesensart der eingewiesenen Person beschränkt wird, lässt das in den ersten drei Absätzen vorgesehene Verfahren dem Gericht keinen ausreichenden Spielraum für eine der Rechtsprechung des EGMR entsprechende Kontrolle. Mit dem in Art. 64 c) Abs. 4 StGB vorgesehenen alternativen Weg ist der Entlassungsmechanismus hingegen eher mit der EMRK vereinbar. Das Gericht, das in diesem Rahmen entscheidet, hat in der Tat den erforderlichen Spielraum, um die Entwicklung der betreffenden Person zu beurteilen (Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 EMRK).

44 Zusammenfassend sind wir der Ansicht, dass der Mechanismus zur Aufhebung der lebenslangen Verwahrung gegen Art. 5 EMRK verstößt, wenn man sich auf Art. 123a Abs. 2 S. 1 BV und sein gesetzliches Gegenstück, die Art. 64c Abs. 1 bis 3 StGB allein, beschränkt. Vorbehaltlich eines Problems der Vorhersehbarkeit des Rechts, das de lege lata nicht vollständig gelöst werden kann, stellt Absatz 4 die einzige Chance dar, Artikel 64c des StGB auf dem Gebiet von Artikel 5 EMRK, da es die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung einer Person ermöglicht, die aus irgendeinem Grund nicht mehr „äußerst gefährlich“ ist.

45 Gemäß Art. 3 EMRK muss jede freiheitsentziehende Sanktion von unbegrenzter Dauer außerdem de jure und auch de facto komprimierbar sein, d. h. es muss von Anfang an die Möglichkeit einer Überprüfung und der Chancen auf Entlassung bestehen. Einerseits muss die lebenslange Strafe oder Maßnahme einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden, die es der zuständigen Behörde ermöglicht, zu untersuchen, ob sich die Person im Laufe der Vollstreckung so weit entwickelt hat und auf dem Weg der Besserung voranschreitet, dass kein legitimer strafrechtlicher Grund mehr für ihre weitere Inhaftierung besteht. Nach Ansicht des EGMR widerspricht es der Menschenwürde, dass eine „Bestrafung unverändert bleibt [...], was auch immer der Betreffende tut oder wie außergewöhnlich seine Fortschritte auf dem Weg zur Besserung auch sein mögen“. Der EGMR lässt den Staaten zwar einen großen Ermessensspielraum bei den Modalitäten der Überprüfung, stellt jedoch klar, dass diese seine einschlägige Rechtsprechung widerspiegeln und ein ausreichendes Maß an Klarheit und Sicherheit aufweisen müssen. So hat jede lebenslang verurteilte Person das Recht, unmittelbar nach der Verhängung ihrer Strafe zu erfahren, was sie tun muss, damit ihre Freilassung in Betracht gezogen wird, und welche Bedingungen dafür gelten. Die betroffene Person hat insbesondere das Recht, den Zeitpunkt zu erfahren, zu dem eine erste Überprüfung stattfinden wird oder beantragt werden kann. Andererseits verlangt Art. 3 EMRK vom Staat, dass er allen zu lebenslanger Haft verurteilten Personen echte Aussichten auf eine Lockerung ihrer Strafe bietet. Die Straßburger Rechtsprechung ist der Ansicht, dass die Achtung der Menschenwürde „verhindert, dass eine Person ihrer Freiheit durch Zwang beraubt wird, ohne gleichzeitig auf ihre Wiedereingliederung hinzuarbeiten und ihr die Chance zu geben, diese Freiheit eines Tages wiederzuerlangen“. Zusätzlich zur positiven Verpflichtung, die Existenz von Haftbedingungen und Einrichtungen, Maßnahmen oder Behandlungen sicherzustellen, die geeignet sind, die Besserung von zu lebenslanger Haft verurteilten Personen zu ermöglichen, scheint es – angesichts bestimmter Urteile des EGMR – so, als müssten die Staatenauch einen Mechanismus der bedingten Entlassung für alle inhaftierten Personen als Instrument zur Förderung der Besserung vorsehen. Die Freilassung aus rein humanitären Gründen, wie Alter oder schwere Krankheit, ist für Kompressibilitätszwecke unzureichend und in der Schweiz statistisch selten.

46 Die Bestimmung zur Aufhebung der lebenslangen Verwahrung in Art. 64c des StGB erfüllt die Anforderungen des EGMR im Bereich von Art. 3 EMRK, weil er angesichts der Interpretationsschwierigkeiten, die er hervorruft, nicht genügend Klarheit bietet. Diese erheblichen Zweifel sind, wie auch bei Art. 5 EMRK, als solche problematisch im Hinblick auf Art. 3 EMRK.

47 Darüber hinaus sind wir der Ansicht, dass die Unvereinbarkeit des Schweizer Rechts mit Art. 3 EMRK unabhängig von der Auslegung des innerstaatlichen Rechts, die letztlich bevorzugt werden könnte, bestehen bleibt, im Gegensatz zu dem Ergebnis, das unter dem Gesichtspunkt von Art. 5 EMRK erzielt werden kann. Der Begriff der „neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse“, um den sich der Weg der Art. 64 c) Abs. 1 bis 3 StGB dreht, lässt keine Bestimmung zu, innerhalb welcher Frist die erste und die folgenden Überprüfungen stattfinden werden. Das Vorliegen einer neuen Behandlung, die die Besserungsfähigkeit der Person beeinflusst, ist ein zufälliges Ereignis ohne zeitliche Verankerung, das in keiner Weise die einschlägige Rechtsprechung des EGMR widerspiegelt. Selbst wenn eine Freiheitsstrafe gemeinsam verhängt wird (vgl. Art. 57 Abs. 1 und 64 Abs. 2 S. 1 StGB), kann die zu lebenslanger Verwahrung verurteilte Person nicht von vornherein wissen, wann ihre Massnahme überprüft wird, und sieht sich gezwungen, eine unbestimmte Anzahl von Jahren in Haft zu verbringen, ohne konkrete Angaben zu den Möglichkeiten einer Überprüfung und damit zu ihren Aussichten auf eine Entlassung zu erhalten. Tatsächlich scheint es uns schwierig, aus Art. 64c Abs. 6 StGB, der zwar vorsieht, dass die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung „frühestens erfolgt, wenn der Täter zwei Drittel seiner Strafe oder bei einer lebenslangen Verurteilung fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt hat“, aber noch nicht bedeutet, dass das Ende der Maßnahme, deren Bedingungen sich von denen der Strafe unterscheiden, bei dieser Gelegenheit geprüft wird. Da die Möglichkeiten der Entlassung nach Art. 64 Abs. 1bis des StGB allein von der Frage abhängen, ob eine neue Behandlung vorliegt, entziehen sie sich zudem weitgehend der Kontrolle der lebenslang verwahrten Person und der Vollzugsbehörden. Die Bemühungen um eine Entlassung können daher vergeblich und die Strafe aussichtslos erscheinen. Kurz gesagt, die Bedingung der „neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ verlagert die lebenslange Verwahrung auf die Seite der unverkürzbaren Sanktionen, indem sie sowohl die Möglichkeit einer Überprüfung als auch die Aussichten auf eine Entlassung übermäßig einschränkt. Unsere Auslegung von Art. 64 c) Abs. 4 StGB garantiert auch nicht die Vereinbarkeit mit Art. 3 EMRK. Die umfassende Prüfung der (Nicht-)Gefährlichkeit der Person bietet konkrete Aussichten auf eine Entlassung, sofern diese nicht nur aus humanitären Gründen erfolgt. Da jedoch keine gesetzliche Frist für die Überprüfung der Aufhebung der lebenslangen Verwahrung vorgesehen ist, kann die verurteilte Person zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung nicht wissen, wann eine Behörde überprüfen wird, ob die Maßnahme weiterhin gerechtfertigt ist.

48 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass angesichts der unzureichenden Bedingungen für die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung, die in Art. 123a Abs. 2 Satz 1 BV festgelegt sind, keine Lösung zur Umsetzung vollständig zufriedenstellend sein kann. Unser Vorgehen erscheint uns am besten geeignet, dem in Art. 64c Abs. 1 StGB vorgesehenen System zur Aufhebung der lebenslangen Verwahrung eine gewisse Gesamtkohärenz zu verleihen und, nachdem wir festgestellt haben, dass Art. 123a Abs. 2 S. 1 BV unheilbar unvereinbar mit der EMRK ist, den Herausforderungen der Konventionskonformität bestmöglich Rechnung zu tragen. Dieser Ansatz weicht jedoch vom Volkswillen ab, da er die Entlassung einer verwahrten Person ermöglicht, die nicht mehr gefährlich ist (Art. 64c Abs. 4 Fall 3 StGB in Verbindung mit Art. 64a StGB), auch wenn keine „neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, die belegen, dass der Täter geheilt werden kann“ (Art. 123a Abs. 1 Satz 1 GG).

E. Absatz 2 Satz 2: Haftung der Behörde, die die Aufhebung der Verwahrung anordnet

49 Gemäß Art. 123a Abs. 2 Satz 2 BV ist die Behörde, die die Aufhebung der Verwahrung aufgrund neuer Gutachten verfügt, haftbar im Wiederholungsfall (vgl. Art. 64c Abs. 5 StGB).

50 Die Initiative zielt in erster Linie darauf ab, eine Haftung des Staates einzuführen. In der Arbeitsgruppe „Verwahrung“ machten die beiden ehemaligen Mitglieder des Initiativkomitees geltend, dass der Wortlaut des Verfassungstextes eindeutig die „Verantwortung der Behörde“ vorsehe, was „weniger eine finanzielle Wiedergutmachung als vielmehr die Verpflichtung der Entscheidungsträger, die den Täter freigelassen haben, die Folgen dieser Entscheidung zu tragen“ impliziere. Nach Ansicht der großen Mehrheit der Arbeitsgruppe war der Bundesrat jedoch der Ansicht, dass der Begriff der Haftung rechtlich klar sei und nur im Sinne einer „Schadensersatzleistung für Vermögensschäden“ verstanden werden könne (vgl. Art. 41 ff. OR).

51 Die Staatshaftung wurde in Art. 380a Abs. 1 StGB in Form einer öffentlich-rechtlichen Kausalhaftung konkretisiert, d. h. unabhängig von einem Verschulden eines Beamten bei der Aufhebung der lebenslangen Verwahrung. Die Haftung der öffentlichen Körperschaft wird somit ausgelöst, wenn eine der ihr angeschlossenen Behörden eine lebenslange Verwahrung aufhebt oder einer lebenslang verwahrten Person bedingte Entlassung gewährt und diese Person erneut eine der in Art. 64 Abs. 1bis StGB genannten Straftaten begeht. Rückfall wird somit in seiner speziellen Bedeutung verstanden. Das Verfahren richtet sich je nach betroffenem Gemeinwesen nach den kantonalen Gesetzen über die Staatshaftung oder nach dem Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten vom 14. März 1958 (VG). Nur das Gemeinwesen – Bund oder Kanton – haftet für den Schaden, nicht jedoch die Behörde, die den Entscheid getroffen hat, da diese keine Rechtspersönlichkeit besitzt. Da die eidgenössische Fachkommission nur eine beratende Funktion ausübt, führen ihre Schlussfolgerungen nicht zu einer Haftung des Bundes.

52 Die Staatshaftung schließt die zivilrechtliche Haftung der rückfälligen Person nicht aus (Art. 41 ff. OR). Die geschädigte Person kann somit sowohl gegen das Gemeinwesen als auch gegen die rückfällige Person klagen. Gemäß Art. 380a Abs. 2 StGB gelten die Bestimmungen des Obligationenrechts über unerlaubte Handlungen als ergänzendes öffentliches Recht für den Rückgriff des belangten Gemeinwesens gegen den Täter (Art. 51 OR) sowie für die Verjährung der Klage auf Schadenersatz oder Genugtuung (Art. 60 OR).

53 Art. 380a des StGB schützt die Mitglieder der Behörde, die die Aufhebung der lebenslangen Verwahrung ausgesprochen haben, vor jeder direkten Klage des Opfers des Schadens. Gemäß Absatz 3 hat die beklagte Körperschaft jedoch ein Rückgriffsrecht gegen ihre Beamt*innen, das durch das kantonale Recht oder durch das VG geregelt wird.

54 Gemäß der Botschaft von 2001 wird im Initiativtext nicht präzisiert, um welche Art von Haftung es sich handelt, so dass davon auszugehen ist, dass die Initiantinnen und Initianten nicht nur die zivilrechtliche, sondern auch die strafrechtliche Haftung im Auge hatten. Die strafrechtliche Haftung der Mitglieder der Behörde, die die (bedingte) Entlassung anordnet, würde durch die Bestimmungen des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches abgedeckt, insbesondere durch die Straftat der fahrlässigen Tötung (Art. 117 StGB) oder der fahrlässigen schweren Körperverletzung (Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB). Nach der Verabschiedung der Verfassungsnorm wird diese Form der Haftung vom Bundesrat in seiner Botschaft von 2005 nicht mehr erwähnt und war auch nicht Gegenstand von Diskussionen im Parlament. Zu Recht ist sich die Lehre einig, dass die in Art. 123a Abs. 2 S. 2 BV genannte Haftung nicht strafrechtlicher Natur ist.

55 Auf vertraglicher Ebene verpflichten die sich aus Art. 2 EMRK ergebenden Verfahrenspflichten den Staat nicht, einem Opfer auf der Grundlage einer verschuldensunabhängigen Haftung im Falle einer Rückfälligkeit einer Person, die eine Strafmilderung oder eine bedingte Entlassung genießt, eine Entschädigung zu zahlen. Sie stehen auch nicht der Möglichkeit entgegen, die Haftung der Mitglieder einer Behörde, die über Haftverlängerungsmaßnahmen entscheidet, von Vorsatz oder grobem Verschulden abhängig zu machen. Dagegen beinhaltet Artikel 2 EMRK die positive Verpflichtung des Staates, die mögliche Haftung dieser Bediensteten festzustellen, wenn die zu lebenslanger Haft verurteilte Person in Freiheit eine neue schwere Straftat begeht. Das Verfahren gegen diese Beamt*innen muss nicht unbedingt strafrechtlicher Natur sein; es kann auch zivilrechtlicher oder disziplinarischer Natur sein.

F. Absatz 3: Anforderungen an Gutachten

56 Gemäß Art. 123a Abs. 3 BV wird jedes Gutachten, das die Person betrifft, der die lebenslange Verwahrung droht, „von mindestens zwei unabhängigen Sachverständigen erstellt, die alle erheblichen Elemente berücksichtigen“. Aus der deutschen und italienischen Fassung, die präziser sind als die französische, lässt sich entnehmen, dass die Initiantinnen und Initianten zwei voneinander unabhängige (reciprocamente indipendenti; voneinander unabhängig; erfahrene Fachleute; periti esperti) und erfahrene Expertinnen und Experten (esperti; experts) wünschten, die zwei vollständige Gutachten über die betreffende Person erstellen sollten.

57 Der Art. 56 Abs. 4bis des StGB überträgt den wesentlichen Inhalt des Art. 123a Abs. 3 der Bundesverfassung in das Gesetz. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, die von den Gutachter*innen erwarteten Kompetenzen in das Strafgesetzbuch aufzunehmen. In seiner Botschaft von 2005 präzisiert der Bundesrat jedoch, dass die hinzugezogenen Gutachter*innen Spezialist*innen für forensische Psychiatrie, gerichtliche Prognosebeurteilung und Behandlung von Täter*innen schwerer Straftaten gegen die körperliche oder sexuelle Integrität sein müssen. Im Gegensatz zum Verfassungstext fügt Art. 56 Abs. 4bis des StGB fügt die Bedingung der Unabhängigkeit der Gutachter*innen von der begutachteten Person hinzu, in dem Sinne, dass die ersteren die letzteren weder behandelt noch in irgendeiner Weise betreut haben dürfen. In der Praxis erschweren die geringe Anzahl von Gutachter*innen und die lange kriminelle Laufbahn von Personen, denen eine lebenslange Verwahrung droht, die Umsetzung dieser Anforderung.

58 Gemäß der Botschaft von 2005 müssen die beiden Gutachten zwar nicht in allen Punkten übereinstimmen, sie dürfen jedoch keine grundlegenden Widersprüche in Bezug auf die Schlussfolgerungen zur Verhängung der lebenslangen Verwahrung enthalten. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gutachtern hat das Gericht die Möglichkeit, ein drittes Gutachten anzufordern, da Art. 123a Abs. 3 BV, der in Art. 56 Abs. 4bis StGB übernommen wurde, vorsieht, dass sich der Richter auf „mindestens“ zwei unabhängige Gutachten stützt. Die juristische Rechtsprechung hat klargestellt, dass für die Verhängung einer lebenslangen Verwahrung von diesen beiden Gutachtern klare, unbestreitbare und übereinstimmende Aussagen über die lebenslange Unheilbarkeit der Person erforderlich sind. Gemäß den Ende März 2025 veröffentlichten Urteilen kamen einige Gutachter zu dem Schluss, dass die betreffende Person tatsächlich lebenslang unheilbar ist. Die sehr restriktiven Bedingungen, die das Strafgesetzbuch, das sich auf die Verfassung stützt, für die Verhängung dieser Maßnahme vorgibt, insbesondere die Forderung an die Sachverständigen, eine „lebenslange Unbehandelbarkeit“ vorherzusagen, sollten jedoch dazu führen, dass die lebenslange Verwahrung nur sehr selten, wenn überhaupt, angewendet wird.

59 Die Aufhebung der Massnahme erfordert ebenfalls die Erstellung von zwei Gutachten, die den gleichen Anforderungen entsprechen (vgl. Art. 64c Abs. 5 StGB).

Zu den Autoren

Justine Barton: Sie ist Doktorandin am Lehrstuhl für Strafrecht der Universität Genf und absolviert parallel dazu ihr Anwaltspraktikum. Sie hat einen Bachelor in Rechtswissenschaften (2015), einen Master in Allgemeinem Recht (2017) und ein Zertifikat in Anwaltsspezialisierung (2017) der Universität Genf. Ihre Forschung und Praxis konzentrieren sich hauptsächlich auf Strafrecht und Grundrechte.

Fabio Burgener ist Doktorand und Assistent am Institut für Strafrecht der Universität Genf. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Rechtswissenschaften der Universität Genf (2013), einen zweisprachigen Master-Abschluss in Zivil- und Strafrecht der Universitäten Genf und Basel (2016) und ein Zertifikat in Anwaltsspezialisierung (2015). Er ist außerdem Mitglied der Genfer Anwaltskammer, arbeitet in der Kanzlei Keppeler Avocats und ist Mitglied der Strafrechtskommission der Genfer Anwaltskammer. Seine Forschung und Praxis konzentrieren sich hauptsächlich auf das materielle Strafrecht und das Strafverfahren.

Empfohlene weiterführende Lektüre

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