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Kommentierung zu
Art. 41 DSG

Eine Kommentierung von Sarah Bischof

Herausgegeben von Thomas Steiner / Anne-Sophie Morand / Daniel Hürlimann

defriten

In Kürze

Ist eine Person der Auffassung, dass ein Bundesorgan bei der Bearbeitung von Personendaten gegen die anwendbaren Bestimmungen des DSG verstösst, so stellt ihr Art. 41 DSG (gemeinsam mit dem Auskunftsrecht gemäss Art. 25 DSG) die notwendigen Ansprüche zur Verfügung, um eine gesetzmässige Datenbearbeitung gegenüber dem verantwortlichen Bundesorgan durchsetzen zu können. Sie kann insbesondere verlangen, dass das Bundesorgan eine widerrechtliche Datenbearbeitung unterlässt, die Folgen einer widerrechtlichen Bearbeitung beseitigt oder aber die Widerrechtlichkeit der Bearbeitung feststellt (Art. 41 Abs. 1 DSG). Der Artikel sieht Ausnahmen vor, wie insbesondere die Einschränkung der Bearbeitung (Art. 41 Abs. 3 DSG). Der Entscheid des Bundesorgans über Nichteintreten bzw. Gewährung oder Ablehnung dieser Ansprüche ergeht in der Form einer Verfügung, welche wiederum, bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen, nach den Regeln der allgemeinen Bundesrechtspflege angefochten werden kann.

I. Allgemeines

A. Vorbemerkungen

1 Bearbeitet ein Bundesorgan Personendaten, so stellt dies einen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung gemäss Art. 13 Abs. 2 BV und Art. 8 EMRK der betroffenen Person dar.

Aus diesem Grund dürfen Bundesbehörden auch nur in begrenztem Rahmen unter Einhaltung der Bearbeitungsgrundsätze gemäss Art. 6 DSG sowie insbesondere Art. 34 ff. DSG überhaupt Personendaten bearbeiten. Insbesondere benötigen sie dafür eine gesetzliche Grundlage.

2 Datenbearbeitungen durch ein Bundesorgen stellen in der Regel Realakte dar.

Art. 41 DSG gewährt der betroffenen Person (sowie allenfalls auch Dritten, siehe N. 8) eine Reihe von Ansprüchen, mittels welcher sie verlangen kann, dass die Rechtmässigkeit einer Datenbearbeitung wiederhergestellt bzw. die Widerrechtlichkeit zumindest festgestellt werden kann. Zumindest im Falle eines (teil-) abweisenden Entscheids, erlangt die betroffene Person so eine anfechtbare Verfügung.

3Vom individuellen Rechtsschutz des Art. 41 DSG, der nur im Falle einer aktiven Geltendmachung der betroffenen Person zu Tragen kommt, sind die Kontrollrechte des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (vgl. die Ausführungen zu Art. 49 ff. DSG) zu unterscheiden. Der EDÖB ist im Rahmen seiner aufsichtsrechtlichen Kompetenzen befugt, von Amtes wegen Untersuchungen vorzunehmen und Verfügungen zu erlassen, wodurch auch Personen geschützt werden, die nicht gegen ein fehlbares Bundesorgan gerichtlich vorgehen können (z.B., weil sie keine Kenntnis der Unrechtmässigkeit oder von der Datenbearbeitung an sich haben) oder wollen.

B. Entstehungsgeschichte

4Gemäss der bundesrätlichen Botschaft zum ursprünglichen DSG von 1992 sollte sich das vorgeschlagene Rechtssystem einerseits an den privatrechtlichen Klagen von Art. 28a ZGB orientieren, sich aber andererseits in das damals geltende Verwaltungsverfahrensrecht einfügen.

Die Räte zogen dieses vom Bundesrat vorgeschlagene Konzept in weiterer Folge grundsätzlich nicht in Zweifel und nahmen nur wenige Änderungen vor.

5Die Bestimmung erfuhr durch die Revision, die per 1. September 2023 in Kraft getretenen ist, einige Änderungen. So wurde insbesondere ein ausdrückliches Recht auf Löschung sowie die Einschränkung der Bearbeitung aufgenommen. Diese vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen wurden von den Räten ohne Weiteres angenommen.

II. Anspruchs- und Prozessvoraussetzungen

6Anspruchsadressat ist das verantwortliche Bundesorgan, welches die Daten zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags bearbeitet oder bearbeiten lässt. Als Bundesorgan gelten nicht nur die Bundesbehörden, sondern auch Private, die öffentlich-rechtliche Aufgaben des Bundes erfüllen (siehe Ausführungen zu Art. 5 lit. i DSG). Damit sind beispielsweise Ansprüche aus einer widerrechtlichen Datenbearbeitung gegenüber einer Pensionskasse, die zwar als privatrechtliche Stiftung organisiert ist, aber die obligatorische berufliche Vorsorge gemäss dem BVG anbietet und somit als Bundesorgan gilt, gemäss Art. 41 DSG (und nicht gemäss Art. 32 DSG) geltend zu machen.

7Es ist zu beachten, dass die Durchsetzung eines Anspruchs gegenüber einem Bundesorgan keine bindende Wirkung für andere Bundesorgane hat (siehe N. 21 zur Mitteilung an Dritte oder Veröffentlichung); sie sind somit gegebenenfalls gegenüber jedem verantwortlichen Bundesorgan, welches Daten bearbeitet, einzeln durchzusetzen.

8Anspruchsberechtigt ist jede Person, die über ein schutzwürdiges Interesse verfügt. Ob ein solches vorliegt, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen im Verwaltungsverfahren.

Das schutzwürdige Interesse beschränkt sich auch nicht auf persönlichkeitsrechtliche Interessen
und muss zudem nicht mit dem durch die verletzte Norm geschützten Interesse übereinstimmen.
Erforderlich ist allein, dass der Gesuchsteller ein aktuelles rechtliches oder tatsächliches Interesse am Ausgang des von ihm angestrengten Verfahrens hat und dieses ihm einen unmittelbaren, praktischen Nutzen bringen kann.
Er muss in einer besonderen Beziehung zum Streitgegenstand stehen und damit mehr betroffen sein als die Allgemeinheit.

9 Im Falle der betroffenen Person wird ein schutzwürdiges Interesse in der Regel gegeben sein. Ausnahmen sind allerdings möglich, z.B. wenn das Bundesorgan die Daten gar nicht mehr bearbeitet, womit das Gesuch gegenstandslos wäre. In wenigen Konstellationen ist es auch denkbar, dass Dritte, deren Daten gar nicht bearbeitet werden, ein schutzwürdiges Interesse vorweisen können. Dies aber wohl regelmässig nur dann, wenn ein solcher Dritter ein naher Verwandter oder Freund der (verstorbenen) betroffenen Person ist und sich auf den bundesgerichtlich anerkannten Andenkensschutz berufen kann.

III. Die Begehren

A. Voraussetzung der Widerrechtlichkeit

10 Gemäss Art. 41 Abs. 1 DSG kann die gesuchstellende Person die Unterlassung einer widerrechtlichen Datenbearbeitung, die Beseitigung der Folgen einer widerrechtlichen Datenbearbeitung oder die Feststellung der Widerrechtlichkeit einer Datenbearbeitung verlangen.

11 Gemeinsam ist diesen Ansprüchen, dass sie die Widerrechtlichkeit der Datenbearbeitung voraussetzen. Dies im Gegensatz zum Widerspruch gegen die Bekanntgabe von Personendaten nach Art. 37 DSG; hier ist nur ein schutzwürdiges Interesse der betroffenen Person, nicht jedoch die Widerrechtlichkeit der Bekanntgabe massgebend (vgl. die Kommentierung zu Art. 37 DSG).

12 Die Widerrechtlichkeit kann unter anderem darin bestehen, dass das Bundesorgan über keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die entsprechende Datenbearbeitung verfügt.

Beispielsweise entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass eine Pensionskasse, die die Vorsorgeausweise unverschlossen direkt an den Arbeitgebenden sendet, widerrechtlich handelt, weil eine solche Bekanntgabe für die Durchführung der beruflichen Vorsorge gemäss BVG nicht notwendig ist und auch sonst keine gesetzliche Grundlage (insbesondere Art. 86a BVG welcher die Datenbekanntgaben im Rahmen des BVG regelt) dies legitimieren würde.
Zudem ist auch die Bearbeitung von unrichtigen Daten widerrechtlich, sofern das verantwortliche Bundesorgan seiner diesbezüglichen Vergewisserungspflicht (vgl. Kommentierung zu Art. 6 Abs. 5 DSG) nicht nachkommt.

B. Unterlassungsanspruch (Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. a)

1. Generelles

13 Der Anspruch auf Unterlassung setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Geltendmachung ernstlich zu befürchten ist, dass das verantwortliche Bundesorgan eine bestimmte, in naher Zukunft liegende widerrechtliche Datenbearbeitung vornimmt.

Eine solche ernstliche Befürchtung kann einerseits gegeben sein, wenn das Bundesorgan die Datenbearbeitung bereits vollzieht und diese andauert oder aber konkrete Hinweise darauf schliessen lassen, dass die Daten in naher Zukunft in einer bestimmten Weise widerrechtlich bearbeitet werden. Nur dann kann gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung das aktuelle Rechtsschutzinteresse an der Unterlassung bejaht werden.

14 Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann die betroffene Person aber nicht nur verlangen, dass das Bundesorgan auf eine widerrechtliche Datenbearbeitung verzichtet. Vielmehr kann sie auch die Wiederherstellung der Rechtmässigkeit beantragen, insbesondere indem sie gestützt auf Art. 41 Abs. 2 lit. a DSG Berichtigung, Löschung oder Vernichtung der betreffenden Daten verlangt.

2. Berichtigung und Bestreitungsvermerk (Abs. 4)

15 Die Bearbeitung unrichtiger Personendaten ist nur dann widerrechtlich, wenn die Unrichtigkeit auf eine Verletzung der Vergewisserungspflicht gemäss Art. 6 Abs. 5 DSG zurückzuführen ist.

Ein datenbearbeitendes Bundesorgan hat somit von Amtes wegen bereits bei der Erhebung der Daten bzw. während der Dauer der Bearbeitung mit angemessenen Massnahmen die Richtigkeit der Daten sicherzustellen (vgl. Kommentierung zu Art. 6 Abs. 5 DSG). Auch wenn es dies tut, wird die Datenbearbeitung zumindest in dem Augenblick widerrechtlich, in dem die betroffene Person mit einem Berichtigungsanspruch an das Bundesorgan herantritt und dieses es unterlässt, die Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit erneut genügend abzuklären.

16 Kann die Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der Daten trotz des substantiierten Berichtigungsgesuchs der betroffenen Person nicht bzw. nicht ohne Weiteres festgestellt werden, so muss das Bundesorgan während der Dauer der notwendigen Abklärungen die Bearbeitung gemäss Art. 41 Abs. 3 DSG einschränken (siehe unten Bst. E). Das bedeutet, dass das Bundesorgan die Daten während dieser Dauer nur noch bearbeiten darf, um ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit festzustellen.

17 Ist es dem Bundesorgan, allenfalls trotz weiterer Abklärungen, nicht möglich die Richtigkeit der bearbeiteten Daten nachzuweisen, kann aber auch die betroffene Person im Gegenzug die Richtigkeit der von ihr verlangten Berichtigungen nicht beweisen, so hat das Bundesorgan einen Bestreitungsvermerk anzubringen.

Damit wird einerseits den Interessen der betroffenen Person entsprochen, indem dargetan wird, dass sie mit der Darstellung des Sachverhalts durch das Bundesorgan nicht einverstanden ist. Andererseits wird sichergestellt, dass das Bundesorgan nicht auf Datenbearbeitungen verzichten muss, die es für die Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags benötigt.

18 Die Gesetzesmaterialien zur mit der Revision 2023 neu eingeführten Einschränkung äussern sich nicht zum Verhältnis zwischen Art. 41 Abs. 3 und Abs. 4 DSG. Wie erläutert bezweckt der Bestreitungsvermerk jedoch unter anderem, dass das Bundesorgan weiterhin seinen gesetzlichen Aufgaben nachkommen kann. Ist damit eine Abklärung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten erfolglos, so muss es dem Bundesorgan möglich sein, eine im Hinblick auf diesen Zweck vorgenommene Einschränkung der Bearbeitung nach Art. 41 Abs. 3 DSG wieder aufzuheben, einen Bestreitungsvermerk anzubringen und die fraglichen Daten wieder vollumfänglich zu bearbeiten, zumindest sofern ein gänzlicher Verzicht auf die Bearbeitung nicht möglich ist und kein anderer Einschränkungsgrund (vgl. Bst. E) zur Anwendung gelangt.

C. Beseitigungsanspruch (Abs. 1 lit. b)

19 Die betroffene Person hat zudem den Anspruch auf Beseitigung der Folgen einer widerrechtlichen Datenbearbeitung mittels geeigneter und verhältnismässiger Massnahmen. Es geht hier um die reale Beseitigung von nachteiligen Folgen, die auf eine widerrechtliche Datenbearbeitung zurückzuführen sind, also beispielsweise die nachträgliche Gewährung gesetzlicher Leistungen. Würde eine Krankenversicherung im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) mittels Gesundheitsfragebogen den generellen Gesundheitszustand eines Versicherten abklären und ihm basierend darauf bestimmte OKP-Leistungen nicht anbieten, so würde hierfür die gesetzliche Grundlage fehlen (und der Aufnahmepflicht des KVG widersprechen); die Datenerhebung wäre widerrechtlich und die Krankenversicherung müsste dem Versicherten die krankenversicherungsrechtlichen Leistungen gewähren.

20 Der Anspruch ermöglicht es den betroffenen Personen jedoch nicht, formell rechtskräftige Verfügungen zu beseitigen. Dies ist weiterhin nur mit den gesetzlich vorgesehenen Revisionsgründen gemäss Art. 66 VwVG möglich.

Ebenso wenig ist es den Betroffenen möglich, gestützt auf Art. 41 Abs. 1 lit. b DSG Schadenersatz oder Genugtuung zu verlangen, da diese Ansprüche über das Verantwortlichkeitsgesetz des Bundes geltend gemacht werden müssen.

21 In der Praxis wird der Beseitigungsanspruch regelmässig bei einer widerrechtlichen Datenbekanntgabe eine Rolle spielen. In diesem Fall kann die betroffene Person unter anderem die Veröffentlichung des Entscheids über die widerrechtliche Datenbearbeitung (namentlich über die Berichtigung, Löschung oder Vernichtung, den Bestreitungsvermerk aber auch über den Widerspruch gegen die Bekanntgabe nach Art. 37 DSG) oder dessen Mitteilung an allfällige Datenempfänger verlangen (Art. 41 Abs. 2 lit. b DSG). Dies bezweckt, dass ein Datenempfänger den Entscheid freiwillig übernehmen und die Daten löschen oder berichtigen kann; gezwungen werden kann er jedoch nicht. Hier bleibt der betroffenen Person weiterhin nichts anderes übrig, als allfällige Ansprüche gegenüber dem Datenempfänger geltend zu machen.

D. Feststellungsanspruch (Abs. 1 lit. c)

22 Der Gesuchsteller kann ausserdem die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Datenbearbeitung verlangen. Dieser Anspruch ist gegenüber dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nur subsidiärer Natur.

Solange die Unterlassung der widerrechtlichen Bearbeitung oder die Beseitigung der damit verbundenen Folgen verlangt werden kann, fehlt es an einem schutzwürdigen Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit.

23 Ein Feststellungsinteresse ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dann gegeben, wenn sich eine (vergangene) widerrechtliche Datenbearbeitung bzw. die damit zusammenhängende Persönlichkeitsverletzung weiterhin störend auswirkt und die Feststellung der Widerrechtlichkeit geeignet ist, diese andauernde Wirkung zu beseitigen.

E. Einschränkung der Bearbeitung (Abs. 3)

24 Mit der Revision von 2023 wurde Art. 41 Abs. 3 DSG neu eingefügt. Gemäss diesem muss das Bundesorgan, anstatt die Daten zu löschen oder zu vernichten, die Bearbeitung einschränken, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt:

  • Die betroffene Person bestreitet die Richtigkeit der Personendaten, aber weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit kann festgestellt werden (siehe oben N. 18);

  • Überwiegende Interessen Dritter oder überwiegende öffentliche Interessen erfordern, dass die Daten weiterhin bestehen bleiben;

  • Die Löschung oder Vernichtung der Daten würde eine Ermittlung, eine Untersuchung oder ein behördliches oder gerichtliches Verfahren gefährden.

25 Es sei darauf hingewiesen, dass auch Art. 18 DSGVO die "Einschränkung der Verarbeitung" vorsieht. Im Gegensatz zur Bestimmung der DSGVO, wo es sich um einen Anspruch der betroffenen Person gegenüber dem Verantwortlichen handelt, ist Art. 41 Abs. 3 DSG als Ausnahme zur Löschung/Vernichtung bzw. auch Berichtigung ausgestaltet.

Das Bundesorgan muss bei der Bearbeitung eines Begehrens um Löschung/Vernichtung, aber auch um Berichtigung (obschon nicht explizit genannt, macht die Einschränkung der Bearbeitung zur Prüfung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten in gesetzeslogischer Hinsicht Sinn) von Amtes wegen prüfen, ob einer der Gründe für eine Einschränkung vorliegt. Wird dem Begehren stattgegeben und die Einschränkung bejaht, muss das Bundesorgan die Bearbeitung auf jenen Zweck reduzieren, welcher der Löschung/Vernichtung bzw. Berichtigung entgegensteht.

26 Der Entscheid über die Einschränkung hat als Verfügung bzw. als Zwischenverfügung, sofern damit das Verfahren nicht abgeschlossen wird, zu ergehen.

27 Die Botschaft sieht vor, dass die Einschränkung so umzusetzen ist, dass die bestrittenen Daten klar gekennzeichnet werden müssen, was in der Praxis bedeuten könne, dass sie vorübergehend in ein anderes Bearbeitungssystem verschoben oder die Zugriffsrechte beschränkt werden. Der Gesetzgeber hat bei dieser Argumentation nicht berücksichtigt, dass dies in der Praxis regelmässig zu Umsetzungsproblemen führen wird, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Systeme solche Vorkehrungen für einzelne Daten, also sozusagen "feldbasiert" ermöglichen und auch nicht ohne Weiteres umsetzen können. Fehlen die technischen Umsetzungsmöglichkeiten, muss die Einschränkung zumindest mit organisatorischen Massnahmen sichergestellt werden, z.B. mittels Hinweisen im System, Weisungen oder auch separaten Listen.

IV. Ausnahmebestimmung (Abs. 5)

28 Die Berichtigung, Löschung oder Vernichtung von Personendaten kann nicht verlangt werden in Bezug auf Bestände sogenannter öffentlicher Gedächtnisstätten, wie insbesondere öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen oder Archive. Auch ein Bestreitungsvermerk ist in diesen Konstellationen nicht möglich. Zweck dieser Institutionen ist es, einen Moment in der Vergangenheit abzubilden, was nur erreicht werden kann, wenn die Bestände originalgetreu und unverändert enthalte sind.

29 Die betroffene Person kann aber immerhin verlangen, dass der Zugang zu umstrittenen Daten beschränkt wird. Grundsätzlich geht das öffentliche Interesse am freien und unverfälschten Zugang zu Dokumenten zwar vor. Allerdings ist ein überwiegendes Interesse der betroffenen Person an der Zugangsbeschränkung anzunehmen, wenn ihr aufgrund eines freien Zugangs erhebliche persönliche Nachteile erwachsen würden, beispielsweise weil sie in ihrem beruflichen Fortkommen eingeschränkt werden würde und der archivarische Wert der fraglichen Daten demgegenüber als geringer erscheint.

Gemäss der Botschaft ist diese Ausnahme insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Veröffentlichung von Archivgut im Internet zu beachten.

V. Verwaltungsverfahrensrecht (Abs. 6)

30 Das Verfahren für die Geltendmachung der Ansprüche des Art. 41 Abs. 1-2 DSG richten sich nach dem VwVG. Dies auch dann, wenn das VwVG auf das jeweilige Sachgebiet eigentlich gar keine Anwendung findet (die Ausnahmen des Art. 2 und 3 des VwVG finden keine Anwendung).

31 Dies bedeutet insbesondere, dass das Bundesorgan den Sachverhalt von Amtes wegen abklären muss (Untersuchungsgrundsatz, Art. 12 VwVG). Der Gesuchsteller unterliegt jedoch einer Mitwirkungspflicht (Art. 13 VwVG); beispielsweise hat er im Rahmen eines Berichtigungsgesuchs Beweismittel vorzulegen, welche die Richtigkeit der von ihm verlangten Änderungen nachweisen.

32 Das Bundesorgan kann auch Nichteintreten, Gutheissung oder Ablehnen entscheiden.

Der Entscheid ergeht in Form einer Verfügung, welche wiederum beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann.

Literaturverzeichnis

Bangert Jan, Kommentierung zu Art. 25/25bis DSG, in: Maurer-Lambrou Urs/Blechta Gabor-Paul (Hrsg.), Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, 3. Aufl., Basel, 2014.

Burkert Herbert, Datenschutz und Rechtsschutz, in: Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht, ZBl 108 (2007), S. 374-379.

Fanger Reto, Kommentierung zu Art. 41 DSG, in: Bieri Adrian/Powell Julian (Hrsg.), OFK-Orell Füssli Kommentar (Navigator.ch), Zürich 2023.

Gautschi Adrian, Kommentierung zu Art. 42 DSG, in: Blechta, Gabor-Paul/Vasella David (Hrsg.), Balser Kommentar, Datenschutzgesetz, 4. Aufl. Basel 2024.

Häfelin Ulrich/Müller Georg/Uhlmann Felix, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Zürich/St. Gallen 2020.

Häner Isabelle, Kommentierung zu Art. 25 und 25a VwVG, in: Waldmann Bernhard/Weissenberger Philippe (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., Zürich 2016.

Jöhri Yvonne, Kommentierung zu Art. 25 DSG, in: Rosenthal David/Jöhri Yvonne, Handkommentar zum Datenschutzgesetz, Zürich/Basel/Genf 2008.

Sturny Monique, Kommentierung zu Art. 41, in: Baeriswyl Bruno/Pärli Kurt/Blonski Dominika, Stämpflis Handkommentar (SHK) zum Datenschutzgesetz, 2. Aufl., Zürich 2023.

Materialienverzeichnis

Botschaft zum Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) vom 23.3.1988 (BBl 1988 413).

Botschaft zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz vom 15.9.2017 (BBl 2017 6941).

Fussnoten

  • BGE 120 Ia 147 E. 2.
  • Vgl. Burkert, ZBl 108 (2007), S. 378.
  • BSK-Gautschi, Art. 41 DSG N. 8 ff.
  • BBl 1988 II 413, S. 476.
  • Vgl. auch OFK-Fanger, Art. 41 DSG N. 2; BSK-Gautschi, Art. 41 DSG N. 2.
  • Art. 25 Abs. 2 VwVG, Art. 48 lit. a VwVG, Art. 103 lit. a OG; vgl. auch VPB 60.65, E. 3.1.
  • BSK-Bangert, Art. 25/25bis DSG N. 30.
  • BGE 141 II 50 E. 2.1; 133 II 249; BSK-Bangert, Art. 25/25bis DSG N. 30; Häfelin/Müller/Uhlmann, N. 1150.
  • BSK-Gautschi, Art. 41 N. 25.
  • Häner, Praxiskommentar VwVG, Art. 25 N. 18.
  • BGE 129 I 302 E. 1.2.2, m.w.H.; 127 I 145 E. 5.c.cc.
  • BSK-Gautschi, Art. 41 DSG N. 29 f.
  • BVerG A-4467/2011 vom 10.4.2012 E. 8.
  • BSK-Bangert, Art. 25/25bis DSG N. 41; BSK-Gautschi, Art. 41 DSG N 31.
  • z.B. BGE 116 II 357 E. 2.a; 109 II 338 E. 3.
  • VPB 65.51.
  • Ausführlich BSK-Bangert, Art. 25/25bis DSG N. 45 ff; vgl. auch Jöhri, Handkommentar DSG, Art. 25 N. 13.
  • BBl 2017 6941, S. 7085.
  • BGer Urteil 1C_114/2012 vom 25.5.2012 E. 5; bzgl. Qualifikation der Bestimmung als Beweislastregel oder Ausnahme zum Grundsatz der Datenrichtigkeit vgl. BSK-Bangert, Art. 25/25bis DSG N. 50 ff.; zum Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichts bei der Abklärung, ob ein Bestreitungsvermerk anzubringen ist vgl. BSK-Gautschi, Art. 41 DSG N. 44.
  • BSK-Bangert, Art. 25/25bis DSG N. 41 f.; OFK-Fanger, Art. 41 DSG N. 7.
  • BGE 126 II 300 E. 2c; 114 V 201 E. 2.
  • BGE 127 III 482 E. 1c; Häner, Praxiskommentar VwVG, Art. 25 N. 17.
  • OFK-Fanger, Art. 41 DSG N. 12.
  • Vgl. BBl 2017 6941, S. 7085
  • BBl 2017 6941, S. 7086; SHK-Sturny, Art. 41 N 34.
  • BBl 2017 6941, S. 7086.
  • BSK-Gautschi, Art. 41 DSG N. 5 ff.
  • Vgl. BGer Urteil 1C_240/2012 vom 13.08.2012 E. 3.1; BVGer Urteil A-181/2013 vom 5.11.2013 E. 5.1; BVGer Urteil E-1454/2018 vom 9.5.2018 E. 4.3.
  • Vgl. auch Häner, Praxiskommentar VwVG, Art. 25a N. 51.

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