-
- Art. 3 BV
- Art. 5a BV
- Art. 6 BV
- Art. 10 BV
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- Art. 17 BV
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- Art. 68 BV
- Art. 75b BV
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- Art. 118 BV
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- Art. 166 BV
-
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- Art. 12 OR
- Art. 50 OR
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- Art. 701 OR
- Art. 715 OR
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- Art. 808c OR
- Übergangsbestimmungen zur Aktienrechtsrevision vom 19. Juni 2020
-
- Art. 2 BPR
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- Art. 4 BPR
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- Art. 76 BPR
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-
- Vorb. zu Art. 1 DSG
- Art. 1 DSG
- Art. 2 DSG
- Art. 3 DSG
- Art. 5 lit. f und g DSG
- Art. 6 Abs. 6 und 7 DSG
- Art. 7 DSG
- Art. 10 DSG
- Art. 11 DSG
- Art. 12 DSG
- Art. 14 DSG
- Art. 15 DSG
- Art. 19 DSG
- Art. 20 DSG
- Art. 22 DSG
- Art. 23 DSG
- Art. 25 DSG
- Art. 26 DSG
- Art. 27 DSG
- Art. 31 Abs. 2 lit. e DSG
- Art. 33 DSG
- Art. 34 DSG
- Art. 35 DSG
- Art. 38 DSG
- Art. 39 DSG
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- Art. 47 DSG
- Art. 47a DSG
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- Art. 49 DSG
- Art. 50 DSG
- Art. 51 DSG
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- Art. 57 DSG
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- Art. 65 DSG
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- Art. 67 DSG
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- Art. 72 DSG
- Art. 72a DSG
-
- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 3 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 4 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 5 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 6 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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- Art. 9 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 11 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 12 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 25 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 29 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 32 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 33 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 34 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
MEDIZINPRODUKTEVERORDNUNG
GELDWÄSCHEREIGESETZ
- I. Allgemeines
- II. Weitergabe von Informationen an ausländische Meldestellen (Abs. 1)
- III. Beispiele für zu übermittelnde Informationen (Abs. 2)
- IV. Berichtsform (Abs. 3)
- V. Weiterleitung an eine ausländische Drittbehörde (Abs. 4)
- VI. Genehmigungspflicht bei Schweizer Strafverfahren (Abs. 5)
- VII. Memorandum of Understanding (Abs. 6)
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
I. Allgemeines
1 Art. 30 GwG regelt die Zusammenarbeit der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) mit ausländischen Meldestellen (oft wird auch die englische Bezeichnung Financial Intelligence Unit oder kurz «FIU» für Meldestelle verwendet).
2 Dabei kann der Artikel in drei thematische Teile unterteilt werden. Der erste thematische Teil, der aus den Abs. 1–3 des Art. 30 GwG besteht, befasst sich mit der Übermittlung von Informationen der Meldestelle an eine ausländische Partnerbehörde. Es werden die Voraussetzungen, welche die ausländische Meldestelle erfüllen muss, damit die MROS Personendaten und übrige Informationen liefern kann, definiert. Zudem werden die Art der übermittelten Informationen und die Form der Übermittlung festgehalten.
3 Abs. 4 und 5 machen den zweiten thematischen Teil von Art. 30 GwG aus. Dieser regelt die Weiterleitung der von der MROS gelieferten Informationen durch die ausländische Meldestelle an eine Drittbehörde. Dabei werden einerseits die durch die Drittbehörde zu erfüllenden Bedingungen bei einer solchen Weiterleitung festgelegt. Andererseits wird das Vorgehen der MROS für den Fall bestimmt, in welchem das Ersuchen nach Weiterleitung der Informationen durch die ausländische Meldestelle an eine Drittbehörde einen Sachverhalt betrifft, der in der Schweiz Gegenstand eines Strafverfahrens ist.
4 Der dritte und letzte thematische Teil von Art. 30 GwG betrifft Abs. 6. Dieser gibt der Meldestelle die Befugnis, Modalitäten zur Zusammenarbeit mit ausländischen Meldestellen selbst zu regeln.
A. Historie
5 Bei der Auseinandersetzung mit Art. 30 GwG ist es wichtig zu erwähnen, dass dieser erst am 1. November 2013 in Kraft getreten ist. Das bedeutet, dass die MROS in den ersten rund 16 Jahren ihres Bestehens aufgrund des Bankkunden- und Amtsgeheimnisses nicht befugt war, Finanzinformationen, wie beispielsweise Kontoinhaber, Kontonummer oder Angaben zu Transaktionen, mit ausländischen Partnerbehörden auszutauschen – dies, obwohl die MROS die Schweizer Financial Intelligence Unit darstellt. Folglich ist das Inkrafttreten des Art. 30 GwG zusätzlich zu den neuen Kompetenzen, die er der Schweizer Meldestelle verlieh, insofern bemerkenswert, als dass mit diesem neuen Artikel der Vorrang des Bankkunden- und des Amtsgeheimnisses beim Austausch von Informationen zwischen der MROS und ausländischen Meldestellen entfiel. Vor dem 1. November 2013 beruhte der internationale Informationsaustausch der Schweizer Meldestelle auf Art. 32 Abs. 2 GwG und bestand im Wesentlichen aus Personendaten und Informationen zu in der Schweiz hängigen Strafverfahren, wobei auf andere Kanäle, wie beispielsweise den Polizei- oder Rechtshilfekanal, verwiesen wurde.
6 Dem Inkrafttreten von Art. 30 GwG ging ein hoher internationaler Druck voraus. Im Februar 2012 revidierte die Financial Action Task Force (FATF, auch bekannt unter dem französischen Namen Groupe d’Action financière, kurz GAFI) ihre Empfehlungen dahingehend, dass es den Meldestellen erlaubt sein müsse, alle Informationen, inklusive Finanzinformationen, untereinander auszutauschen. Darunter fiel nach dem revidierten Wortlaut und den Interpretativnoten neu explizit auch die in den Meldungen der Finanzintermediäre enthaltenen Finanzinformationen.
7 Mit dem Art. 30 GwG wurde der MROS nicht nur die Möglichkeit gegeben, Finanzinformationen mit ausländischen Partnerbehörden auszutauschen, sondern auch die Befugnis erteilt, die Zusammenarbeit mit ausländischen Meldestellen selbst zu regeln (Abs. 6). Hierbei handelt es sich in der Praxis um ein Memorandum of Understanding (MoU). Vor dem 1. November 2013 war die Genehmigung von MoUs mit anderen Meldestellen dem Bundesrat vorbehalten.
B. Informationsaustausch zwischen FIUs
1. Auslandsbezug von Verdachtsmeldungen
8 Der Austausch von Informationen zwischen Meldestellen ist von zentraler Bedeutung für die effiziente Bekämpfung der Geldwäscherei und deren Vortaten, der organisierten Kriminalität sowie der Terrorismusfinanzierung auf nationaler und internationaler Ebene. Diese Bedeutung wird mit Blick auf die Tatsache, dass die Mehrzahl der bei der MROS eingehenden Verdachtsmeldungen einen Auslandsbezug aufweist, evident.
2. Zweckbestimmtheit
9 Die von einer ausländischen FIU stammenden und von der MROS an eine Schweizer Strafverfolgungsbehörde weitergegebenen Informationen vereinfachen allfällige internationale Rechtshilfeersuchen durch die Schweizer Strafverfolgungsbehörden massgeblich. So kann die MROS mittels Informationsaustausches zentrale Informationen (in der Praxis handelt es sich dabei überwiegend um Finanzinformationen) auf eine – im Verhältnis zu den oft langwierigen und formellen Rechtshilfeersuchen – schnelle und effiziente Art erlangen. Das Unterstützen der internationalen Rechtshilfe stellt eines der Hauptziele des FIU-Austausches dar.
10 In diesem Zusammenhang kann sich die Schweizer Meldestelle unter Umständen dafür entscheiden, die in der Verdachtsmeldung enthaltenen Informationen an eine ausländische Meldestelle zu senden, anstatt sie an eine Schweizer Strafverfolgungsbehörde zu übermitteln. Dies macht vor allem dann Sinn, wenn im Ausland bereits ein Verfahren bezüglich des entsprechenden Sachverhalts hängig ist oder wenn von einem Nichteintreten der Schweizer Strafverfolgungsbehörde ausgegangen werden muss. In dieser Konstellation – sowie auch bei der Beantwortung von Anfragen ausländischer Partnerbehörden durch die MROS – wird der oftmals unterschätzte Mehrwert von Informationen, die aus Verdachtsmeldungen von Schweizer Finanzintermediären stammen und nicht an eine Schweizer Strafverfolgungsbehörde übermittelt werden, ersichtlich. Der Mehrwert der MROS besteht somit nicht nur aus ihrer oft zitierten «Filterfunktion» zwischen Finanzintermediären und Strafverfolgungsbehörden, sondern auch aus dem gezielten Austausch relevanter Finanzinformationen mit ausländischen Partnerbehörden. Dabei sind die von der Schweizer Meldestelle übermittelten Informationen an ausländische FIUs, neben ihrer Relevanz für die von der ausländischen Meldestelle selbstständig durchgeführten Analyse oder für die Einleitung eines Strafverfahrens, vor allem für die Ermöglichung bzw. Komplettierung von Rechtshilfeersuchen aus dem Ausland an eine Schweizer Behörde von zentraler Bedeutung.
3. Erweiterte Kompetenzen der MROS
11 Als grossen Meilenstein betreffend die Zusammenarbeit der MROS mit ausländischen Meldestellen muss das Inkrafttreten des Art. 11a Abs. 2bis GwG am 1. Juli 2021 erwähnt werden. Seit diesem Datum hat die Schweizer Meldestelle die Möglichkeit, bei den dem GwG unterstellten Finanzintermediären aufgrund von aus dem Ausland erhaltenen Informationen (insbesondere Spontaninformationen und Anfragen) weitere Informationen anzufordern. Mit dieser Befugnis wurden die Kompetenzen der MROS zugunsten zielführender und effektiver Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerbehörden erweitert. Vor dem Inkrafttreten des Art. 11a Abs. 2bis GwG durfte die MROS bei der internationalen Zusammenarbeit lediglich Informationen von den dem GwG unterstellten Finanzintermediären verlangen, wenn diese Informationen mit einer bereits erhaltenen Verdachtsmeldung in Zusammenhang standen.
4. Egmont Group
12 Damit gewährleistet wird, dass sich der Informationsaustausch zwischen Meldestellen trotz des – im Gegensatz zu Rechtshilfeersuchen – informelleren Charakters sicher und regelbasiert gestaltet, wurde 1995 die Egmont Group gegründet. Die MROS ist seit dem Anfang ihres Bestehens, also seit 1998, Mitglied. Im August 2024 waren insgesamt 177 FIUs Mitglied der Egmont Group – Tendenz steigend. Dabei decken diese 177 Mitglieder alle Regionen der Welt ab, wobei aber gerade in Asien und Afrika noch einige Lücken auf der Karte zu finden sind. FIUs, die Mitglieder der Egmont Group sind, können über das Egmont Secure Web, ein elektronisches Kommunikationssystem, Informationen austauschen. Dabei ist zu erwähnen, dass weder Art. 30 GwG noch ein anderer Gesetzesartikel die MROS darauf limitiert, lediglich mit Mitgliedern der Egmont Group Informationen auszutauschen. Die Botschaft zur Änderung des Geldwäschereigesetzes vom 27. Juni 2012 präzisiert vielmehr, dass Art. 30 GwG sowohl für den Informationsaustausch mit Meldestellen der Egmont Group als auch mit den FIUs aller übrigen Staaten Gültigkeit hat.
13 Die Grundsätze für den Informationsaustausch zwischen Meldestellen, die für die Mitglieder der Egmont Group verbindlich
II. Weitergabe von Informationen an ausländische Meldestellen (Abs. 1)
A. Voraussetzungen für den Informationsaustausch mit ausländischen FIUs
14 Der erste Absatz des Art. 30 GwG regelt – zusammen mit den Abs. 2 und 3 – die Übermittlung von Informationen seitens der MROS an eine ausländische FIU. Dabei listet Abs. 1 fünf Voraussetzungen auf, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit die Schweizer Meldestelle Informationen an die Partnerbehörde im Ausland weitergeben kann.
B. Arten von Informationen
15 Grundsätzlich kann die MROS Informationen jeglicher Art (d.h. Finanzinformationen, Personendaten, Polizeiinformationen), welche entweder bei ihr durch den Eingang von Verdachtsmeldungen gemäss Art. 9 GwG (Meldepflicht) oder Art. 305ter Abs. 2 StGB (Melderecht) bereits vorhanden sind oder von ihr mittels Art. 11a Abs. 1–2bis GwG sowie Art. 29 Abs. 2 GwG beschafft werden können, mit einer Partner-FIU austauschen.
1. Finanzinformationen
16 In der Praxis liegt der Fokus klar auf dem Austausch von Finanzinformationen. Dieser generiert bei der Zusammenarbeit der MROS mit ausländischen Meldestellen den grössten Mehrwehrt, da diese Informationen auf nationaler Ebene meistens nur bei der MROS vorhanden sind oder nur von ihr beschafft werden können. Dabei leistet der bereits im Kapitel I.B.3. angesprochene Art. 11a Abs 2bis GwG ohne Zweifel den grössten Beitrag an dieser Mehrwertgenerierung im Austausch von Finanzinformationen mit Partner-FIUs. Bevor diese Kompetenz der MROS am 1. Juli 2021 in Kraft trat, war der internationale Informationsaustausch via FIU-Kanal, welcher auf Reziprozität basiert, beeinträchtigt. Seit dem Inkrafttreten des Art. 11a Abs. 2bis GwG hat sich der Austausch mit Partner-FIUs stark verbessert, was für die Schweiz auch bei der Geldwäschereibekämpfung auf nationaler Ebene von grosser Wichtigkeit ist (an dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Mehrzahl der Verdachtsmeldungen von Schweizer Finanzintermediären einen Auslandbezug aufweisen).
2. Personendaten und Polizeiinformationen
17 Für den alleinigen Austausch von Personendaten oder Polizeiinformationen bietet sich in erster Linie der Austausch zwischen Polizeibehörden an, auch wenn die Schweizer FIU ebenfalls solche Informationen übermittelt, welche sie durch den Zugang zu diversen Justiz- und Polizeidatenbanken erhält. Dies geschieht vor allem in Fällen, in denen noch kein vorgängiger Austausch zwischen den Polizeibehörden stattgefunden hat, in denen von der anfragenden FIU spezifisch danach gefragt wird oder in Kombination mit Finanzinformationen. Prinzipiell liegt der Fokus bei der Analyse von FIU-Anfragen auf deren Beantwortung – es werden also hauptsächlich diejenigen Informationen an die entsprechende Partner-FIU übermittelt, welche die gestellten Fragen abdecken.
C. Verwendung zu Analysezwecken im Rahmen der Geldwäscherei-Bekämpfung (lit. a)
18 Lit. a ist die erste von fünf kumulativen Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die MROS Informationen an Partner-FIUs weitergeben darf. Diese erste Voraussetzung kann wiederum in zwei einzelne – jedoch voneinander abhängige – Bedingungen aufgeteilt werden: Erstens dürfen die Informationen von der ausländischen Meldestelle ausschliesslich zu Analysezwecken (im internationalen Informationsaustausch zwischen FIUs ist die Rede jeweils von «for intelligence purposes only») benutzt werden und zweitens dürfen diese Informationen nur im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäscherei und von deren Vortaten, der organisierten Kriminalität oder der Terrorismusfinanzierung verwendet werden.
1. Austausch von Informationen zu Analysezwecken
19 Bei der Zusammenarbeit zwischen FIUs werden Informationen grundsätzlich nur zu Analysezwecken ausgetauscht. Das bedeutet, die Informationen dürfen für Analysen, Ermittlungen und/oder zur Erlangung von Ermittlungshinweisen, jedoch nicht als Beweismittel oder zur Unterstützung von Beweismitteln verwendet werden.
2. Geldwäscherei-Bezug
20 Die zweite Bedingung in lit. a ist vielschichtiger. Grundsätzlich bedeutet sie, dass die FIU-Anfrage Informationen enthalten muss, die explizit oder implizit Geldwäschereihandlungen beschreiben bzw. auf eine Vortat zur Geldwäscherei, organisierte Kriminalität oder Terrorismusfinanzierung hinweisen. Dabei ist zu betonen, dass beim Informationsaustausch zwischen FIUs die ausdrückliche Bedingung, dass es sich um eine Vortat «nach schweizerischem Recht» handeln muss, vom Gesetzgeber nicht vorausgesetzt wird. Im Art. 30 Abs. 4 lit. b GwG – erst wenn es um die Weitergabe von MROS-Informationen durch die Partner-FIU an ausländische Drittbehörden geht – wird dies eine Voraussetzung. In der Praxis interpretiert man jedoch die Teilbedingung «im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäscherei und von deren Vortaten, der organisierten Kriminalität oder der Terrorismusfinanzierung» nach Schweizer Recht. Als Vortaten für Geldwäscherei gelten in der Schweiz gemäss Art. 305bis Abs. 1 StGB alle Handlungen in Bezug auf Vermögenswerte, die aus einem Verbrechen nach Art. 10 Abs. 2 StGB oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Art. 305bis Abs. 1bis StGB herrühren. Jedoch muss in einer FIU-Anfrage die Vortat von der Partner-FIU nicht explizit genannt werden – es reicht, wenn mögliche Geldwäschereihandlungen aus dem Sachverhalt des Informationsschreiben ersichtlich werden.
21 Jede Jurisdiktion hat selbstverständlich eigene Gesetze und somit auch andere Vortaten für Geldwäscherei. Mehrheitlich herrscht jedoch auch auf internationaler Ebene eine ähnliche Auffassung von Geldwäscherei und deren Vortaten. Die FATF führt im Anhang ihres Recommendation-Dokumentes eine Liste von Straftaten auf, welche Mindestanforderungen an Vortaten zur Geldwäscherei vorgibt («Designated categories of offences»). In der Praxis nimmt die MROS bei zwei Delikten vertiefte Abklärungen vor, bevor sie Informationen an eine ausländische Meldestelle liefert bzw. ihr die Erlaubnis zur Weitergabe an ausländische Drittbehörden erteilt: Steuervergehen und Sanktionsumgehung. Bei einem solchen Verdacht klärt die Schweizer Meldestelle grundsätzlich vorgängig ab, ob der im Ausland analysierte Fall in der Schweiz tatsächlich unter eine Geldwäscherei-Vortat fällt oder nicht.
D. Gegenrechtsprinzip (lit. b)
22 Der FIU-Austausch ist stets ein Geben und Nehmen. Von einer Meldestelle wird erwartet, dass sie mit ihren ausländischen Partnern jene Informationen, die sie nach dem in ihrem Land geltenden Recht erlangen kann, austauscht.
E. Amts- oder Berufsgeheimnis (lit. c)
23 Lit. c stellt ebenfalls ein Grundprinzip der FATF und der Egmont Group (Principles for Information Exchange between Financial Intelligence Units) dar.
F. Weitergabeverbot ohne ausdrückliche Zustimmung (lit. d)
24 In lit. d wird festgehalten, dass eine FIU erhaltene Informationen nicht ohne ausdrückliche Zustimmung von der MROS an Dritte weitergeben darf. Die Grundlage für diese Bestimmung findet sich ebenfalls in den von der Egmont Group vorgegebenen Grundsätzen für den Informationsaustausch zwischen FIUs (Principles for Information Exchange between Financial Intelligence Units).
G. Möglichkeit der MROS zur Erteilung von weiteren Auflagen und Verwendungsbeschränkungen (lit. e)
25 Lit. e bezweckt klarzustellen, dass die Bestimmungen in lit. a–d nicht abschliessende Voraussetzungen sind, sondern die Schweizer Meldestelle einer Partner-FIU weitere Auflagen und Verwendungsbeschränkungen auferlegen kann, und zwar sowohl in Einzelfällen als auch standardmässig.
26 Lit. e stellt somit gleichzeitig die gesetzliche Grundlage für den Disclaimer der MROS dar. Dieser wird in jedem Informationsschreiben seitens der Schweizer FIU angefügt und variiert je nachdem, ob die Erlaubnis zur Weitergabe von Informationen an ausländische Drittbehörden einer Partner-FIU erteilt wird oder nicht. Der MROS-Disclaimer ist an sich eine Zusammenfassung der Voraussetzungen von Art. 30 Abs. 1 bzw. Abs. 4 GwG und besagt zusätzlich, dass die MROS stets als Informationsquelle zu schützen sei.
III. Beispiele für zu übermittelnde Informationen (Abs. 2)
A. Austausch von Finanzinformationen
27 Abs. 2 führt nicht abschliessende Beispiele («namentlich») verschiedener möglicher Inhalte auf, welche die MROS ausländischen Partnerbehörden übermitteln kann. Gleichzeitig bildet er die gesetzliche Grundlage für den Austausch von Finanzinformationen mit ausländischen FIUs, was Abs. 2 zum zentralen Bestandteil des am 1. November 2013 in Kraft getretenen Art. 30 GwG macht.
28 Lit. a–d sind Beispiele von Finanzinformationen, die unter diesem Gesetz ausgetauscht werden können. Der Katalog solcher Finanzinformationen wurde vom Gesetzgeber bewusst offengehalten. Art. 30 Abs. 1 GwG sieht bereits vor, dass die MROS alle verfügbaren Informationen an ihre ausländischen Partnerbehörden übermitteln kann. Eine Beschränkung auf bestimmte Kategorien von Finanzinformationen würde in der Analysephase dem Ziel einer möglichst umfassenden Nutzung aller verfügbaren Informationen zuwiderlaufen.
29 An diese Finanzinformationen gelangt die Meldestelle einerseits durch Verdachtsmeldungen von Schweizer Finanzintermediären gemäss Art. 9 Abs. 1 GwG oder Art. 305ter Abs. 2 StGB bzw. von Händlerinnen und Händlern gemäss Art. 9 Abs. 1bis GwG, welche bei der MROS eingegangen sind. Andererseits kann die Schweizer FIU über den Art. 11a GwG von Finanzintermediären oder Händlerinnen bzw. Händlern Informationen einverlangen. Auch der Austausch der MROS mit nationalen Behörden gemäss Art. 29 Abs. 1 und 2 GwG stellt eine Quelle für Informationen, die an ausländische FIUs übermittelt werden können, dar.
B. Name des Meldenden (lit. a)
1. Wahrung der Anonymität
30 Um den Austausch von Finanzinformationen sinnvoll und effizient zu gestalten, ist die Weitergabe des Namens des Finanzintermediärs, bei welchem eine Geschäftsbeziehung gehalten wird, oftmals unabdinglich. Ein allfälliges Rechtshilfeersuchen aus dem Ausland an eine Schweizer Staatsanwaltschaft verlangt den Namen des Finanzinstituts, von welchem Finanzinformationen eingefordert werden sollen (ansonsten könnte das Ersuchen als Fishing Expedition eingestuft werden). Liefert die MROS diese Informationen nicht an die ausländische FIU, wird der gesamte Prozess der Rechtshilfe verlangsamt oder gar verunmöglicht. Dabei hat die Anonymität der Mitarbeitenden von meldenden oder Informationen herausgebenden Finanzintermediären bzw. Händlerinnen und Händlern oberste Priorität, wobei Art. 30 Abs. 2 lit. a GwG im Einklang mit Art. 9 Abs. 1ter GwG sowie Art. 32 Abs. 3 GwG steht. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es, natürliche Personen (d.h. Angestellte von meldenden oder Informationen herausgebenden Finanzintermediären) sowie Händlerinnen und Händler vor möglichen Repressalien infolge einer solchen Verdachtsmeldung oder solchen herausgegebenen Informationen zu schützen. Die Schweizer Meldestelle hat von einer Weitergabe des Namens des Finanzintermediärs immer dann abzusehen, wenn dadurch die Anonymität der Person, die der Meldestelle eine Verdachtsmeldung erstattet hat oder die einer im GwG verankerten Informationsherausgabepflicht nachgekommen ist, nicht gewahrt werden kann. Dies ist vor allem bei kleineren Finanzintermediären mit wenigen Mitarbeitenden der Fall. Besteht die konkrete Gefahr eines solchen Anonymitätsverlusts, muss die MROS von der Weitergabe aller Informationen, welche Rückschlüsse auf konkrete Personen zulassen, absehen. In Zweifelsfällen besteht für die MROS die Möglichkeit, die potenziell gefährdete Person um eine Einwilligung zu ersuchen.
31 Es muss in diesem Kontext betont werden, dass es beim FIU-Informationsaustausch darum geht, (Finanz-)Informationen und Verdachtsmomente auszutauschen. Wer die Meldung eingereicht hat, ist für den FIU-Informationsaustausch nicht entscheidend. Zentral sind die Informationen, dass ein Verdacht besteht, bei welchem Finanzintermediär die Geschäftsbeziehung gehalten wird sowie die Erkenntnisse aus der Analyse. Konkret bedeutet dies in der Praxis, dass die Schweizer Meldestelle den Namen des meldenden Finanzintermediärs sowieso nicht explizit erwähnt, sondern nur die Information weitergibt, bei welchem Finanzintermediär die Geschäftsbeziehung gehalten wird (auch wenn sich in den meisten Fällen der meldende Finanzintermediär und derjenige, der die Geschäftsbeziehung führt, decken).
2. Informationspflicht
32 Lit. a erwähnt des Weiteren die «Informationspflicht». Damit gemeint ist die Pflicht von Finanzintermediären sowie von Händlerinnen und Händlern zur Übermittlung von Informationen an die MROS, welche Letztere basierend auf Art. 11a GwG herausverlangt hat. Neben den Verdachtsmittelungen ist diese Informationspflicht gemäss Art. 11a GwG die nationale Hauptquelle von Finanzinformationen. Lit. a hält also fest, dass die MROS theoretisch den Namen nicht nur von Finanzintermediären oder von Händlerinnen und Händlern, die eine Verdachtsmeldung erstattet haben, an eine ausländische Meldestelle weitergeben darf, sondern auch von jenen, die von der Schweizer FIU zur Herausgabe von Informationen gemäss Art. 11a GwG aufgefordert wurden (zur Wahrung der Anonymität siehe Kap. III.B.1.). In der Praxis gilt hier dieselbe Vorgehensweise wie bei den meldenden Finanzintermediären bzw. Händlerinnen und Händlern: An eine Partner-FIU wird grundsätzlich nur die Information bezüglich des kontoführenden Finanzintermediärs weitergegeben und nicht konkret, wer die Informationen herausgegeben hat.
C. Weitere exemplarische Finanzinformationen (lit. b–d)
33 Lit. b–d zählen weitere exemplarische Finanzinformationen auf, welche unter diesem Gesetz an eine Partner-FIU weitergegeben werden dürfen. Erwähnt sind als wesentliche Informationen hinsichtlich Geschäftsbeziehungen der Kontoinhaber, Kontonummer, Kontosaldi, wirtschaftlich berechtigte Personen sowie Angaben zu Transaktionen, wobei es sich hierbei nicht um eine abschliessende Aufzählung handelt. Die in lit. b–d aufgezählten Finanzinformationen sind wichtiger Bestandteil des Informationsaustausches zwischen der Schweizer Meldestelle und ihren ausländischen Partnerbehörden.
IV. Berichtsform (Abs. 3)
34 Die Form des Informationsaustausches zwischen der MROS und ausländischen Meldestellen wird in Art. 30 Abs. 3 GwG geregelt. Dieser besagt, dass die Schweizer FIU Informationen, über die sie verfügt oder beschaffen kann, lediglich in Berichtsform an eine Partnerbehörde im Ausland übermitteln darf. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die MROS keine Originaldokumente mit der ausländischen FIU teilt – FIUs sind an das Beweisverwertungsverbot gebunden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Zusammenarbeit zwischen Meldestellen unter keinen Umständen die internationale Rechtshilfe umgehen oder ersetzen soll. Originaldokumente zur Beweisverwertung müssen über den Rechtshilfeweg beschafft werden, während für die Analyseaufgaben von FIUs, für die Einleitung eines Strafverfahrens oder um ein Rechtshilfeersuchen zu ermöglichen bzw. zu komplettieren, Informationen in Berichtsform ausreichen.
35 Die Schweizer Meldestelle ist durch die Vorgabe der Berichtsform angehalten, sich auf die wesentlichen Informationen zu beschränken. Zusätzlich zum erstellten Informationsbericht teilt die MROS in der Praxis Anhänge mit ausländischen FIUs. Dabei handelt es sich unter anderem um öffentlich zugängliche Informationen, wie beispielsweise Auszüge aus dem Schweizer Handelsregister (Zefix). Aufgrund der oftmals umfangreichen und komplexen Transaktionen, die FIUs zu analysieren haben, versendet die MROS zudem Anhänge mit den relevanten Transaktionen, die es den ausländischen FIUs erlauben, die darin enthaltenen Informationen effizienter zu verarbeiten.
V. Weiterleitung an eine ausländische Drittbehörde (Abs. 4)
A. Allgemeines
36 Abs. 4, der zusammen mit Abs. 5 als zweiter thematischer Teil von Art. 30 GwG verstanden werden kann, listet die Voraussetzungen auf, welche eine ausländische Drittbehörde erfüllen muss, um Informationen der MROS via FIU im Ausland erhalten zu können. So muss die Partner-FIU bei der Weiterleitung von Informationen an ausländische Drittbehörden die vorgängige Zustimmung der MROS einholen, was schon in Art. 30 Abs. 1 lit. d GwG vorgesehen ist (vgl. N. 24). Bereits für den allgemeinen Informationsaustausch zwischen FIUs ist diese Bestimmung folglich eine Voraussetzung. Die Bedingungen für die Genehmigung der Informationsweitergabe an ausländische Drittbehörden (Art. 30 Abs. 4 GwG) und diejenigen für den FIU-Informationsaustausch (Art. 30 Abs. 1 GwG) sind ähnlich. Zu betonen ist bei Art. 30 Abs. 4 GwG die zusätzliche Einschränkung, dass die weitergegebenen Informationen ausschliesslich zur Verfolgung von Straftaten verwendet werden dürfen, die nach schweizerischem Recht eine Vortat zur Geldwäscherei darstellen.
37 Das Ziel der Weitergabe von Informationen, die eine ausländische FIU von der MROS übermittelt erhalten hat und ihrerseits an eine Drittbehörde weiterleitet, ist schlussendlich die effektive Bekämpfung kriminellen Verhaltens. Die FIUs leisten mit ihren Analysetätigkeiten bezüglich geldwäschereirelevanter Phänomene zentrale Vorarbeit für die nachgelagerten Strafverfolgungsbehörden, welche die von den FIUs zur Verfügung gestellte Intelligence für die Durchführung von Strafverfahren sowie internationaler Rechtshilfe benötigen. Das Weitergeben von Informationen an Drittbehörden, beispielsweise an eine Polizeibörde oder Staatsanwaltschaft, ist somit unabdinglich für die Verfolgung von Geldwäscherei und deren Vortaten, organisierter Kriminalität sowie Terrorismusfinanzierung.
38 In der Praxis erteilt die MROS ihre Zustimmung zur Weiterleitung grundsätzlich auf Anfrage der ausländischen FIU, wobei unter gewissen Umständen auch eine proaktive Zustimmung denkbar ist. Dies ist beispielsweise bei einer ausgehenden Spontaninformation an eine ausländische FIU oder bei zeitlicher Dringlichkeit sinnvoll, sodass die ins Ausland übermittelten Informationen effizient und effektiv verwendet werden können.
B. Verwendungsmöglichkeiten der Informationen durch eine ausländische Drittbehörde (lit. a)
39 Unter lit. a werden in den Ziff. 1–2 die beiden Verwendungsmöglichkeiten der von der MROS übermittelten Informationen festgehalten. Diese sind abschliessende, alternativ zu erfüllende Voraussetzungen und spezifizieren gleichzeitig, was mit dem Begriff «Drittbehörde» gemeint ist.
1. Weiterleitung zu Analysezwecken
40 In Ziff. 1 wird die Weiterleitung an ausländische Drittbehörden zu Analysezwecken im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäscherei, deren Vortaten, der organisierten Kriminalität und der Terrorismusfinanzierung festgehalten. Grundsätzlich erfüllen die FIUs ihre Analyseaufgaben selbst. Es kann aber sein, dass die ausländische FIU die Unterstützung von Drittbehörden bei der Analyse von Informationen hinzuzieht. Dabei ist vor allem an spezialisierte Zentralstellen der Kriminalpolizei zu denken, die über die Expertise in bestimmten Arten von Finanzkriminalität verfügen.
2. Weiterleitung zu Strafverfolgungszwecken
41 In Ziff. 2 wird die Weitergabe an ausländische Drittbehörden entweder zur Einleitung eines Strafverfahrens wegen Geldwäscherei, deren Vortaten, der organisierten Kriminalität oder der Terrorismusfinanzierung oder zur Substantiierung eines Rechtshilfeersuchens im Rahmen eines solchen Strafverfahrens festgehalten. Dabei sind es hauptsächlich die Strafverfolgungsbehörden, die diese vom Gesetzgeber gewollten Zwecke erfüllen. Die MROS weist die ausländische FIU im an das Informationsschreiben angehängten Disclaimer auf die Kompetenzen, über welche die Drittbehörde verfügen muss, hin. Es erscheint in der Praxis als unrealistisch, jede ausländische Drittbehörde dahingehend zu überprüfen, ob sie in ihren Kompetenzen einer schweizerischen Strafverfolgungsbehörde gemäss Art. 12 StPO entspricht. Im erwähnten Disclaimer wird der Wortlaut von Ziff. 2 übernommen, wonach die Behörde mit der Bekämpfung der Geldwäscherei, deren Vortaten, der organisierten Kriminalität oder der Terrorismusfinanzierung betraut sein muss.
C. Beidseitige Strafbarkeit (lit. b)
1. Praxis der MROS
42 Art. 30 Abs. 4 lit. b GwG besagt, dass die MROS einer ausländischen Meldestelle keine Genehmigung zur Weiterleitung an eine Drittbehörde erteilen darf, falls die Verdachtsmomente offensichtlich keine Vortat zur Geldwäscherei nach Schweizer Recht erkennen lassen. Die beidseitige Strafbarkeit wird eine definitive Voraussetzung.
2. Unterschied zu Art. 30 Abs. 1 lit. a GwG
43 Sobald es um die Weiterleitung an eine ausländische Drittbehörde geht, ist der Gesetzgeber strenger als er dies beim Informationsaustausch zwischen FIUs ist. Wie bereits im Kapitel II.C.2. erwähnt, ist die in Art. 30 Abs. 4 lit. b GwG genannte Bedingung, dass es sich um eine Vortat zur Geldwäscherei «nach schweizerischem Recht» handeln muss, für den Informationsaustausch zwischen FIUs keine ausdrückliche Voraussetzung. Aufgrund der Tatsache, dass sich FIUs mit der Analyse von Verdachtsfällen in einem frühen Stadium der Aufdeckung von Straftaten befinden, kann die MROS der ausländischen FIU die Informationen in der Regel für eine interne Analyse zur Verfügung stellen (vgl. Kap. II.C.).
D. Verbot der Verwertung als Beweismittel (lit. c)
44 Art. 30 Abs. 4 lit. c GwG besagt explizit, dass die Informationen der MROS nicht als Beweismittel, sondern nur zu Informationszwecken benutzt werden dürfen. Dies ist vor allem für die im Art. 30 Abs. 4 lit. a Ziff. 2 GwG erwähnten Strafverfolgungsbehörden zentral. Beweise sind immer über den Rechtshilfeweg einzuholen. So wird auch eindeutig festgehalten, dass die Rechtshilfe nie umgangen werden soll. Durch den Informationsaustausch zwischen FIUs wird die Rechtshilfe, wie dies auch in Art. 30 Abs. 4 lit. a Ziff. 2 GwG festgehalten wird, unterstützt, aber keineswegs ersetzt.
E. Amts- oder Berufsgeheimnis (lit. d)
45 Art. 30 Abs. 4 lit. d GwG ist das Äquivalent zu Art. 30 Abs. 1 lit. c GwG und besagt, dass auch die ausländische Drittbehörde das Amts- und Berufsgeheimnis zu wahren hat bzw. deren Personal diesem unterstellt sein muss.
VI. Genehmigungspflicht bei Schweizer Strafverfahren (Abs. 5)
A. Allgemeines
46 Der fünfte Absatz von Art. 30 GwG regelt, dass die MROS die Erlaubnis zur Weitergabe von Informationen an eine ausländische Drittbehörde von einer Schweizer Staatsanwaltschaft einholen muss, sofern bei dieser Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren zum selben Sachverhalt offen ist. Dabei gilt es zu unterstreichen, dass Art. 30 Abs. 5 GwG nicht den Austausch von Informationen zwischen der MROS und einer ausländischen FIU meint. Vielmehr zielt dieser Absatz auf die Weitergabe von Informationen ab, welche von der MROS stammen und durch eine Meldestelle im Ausland an eine ausländische Drittbehörde weitergegeben werden. Diese Bestimmung gilt es daher stets im Zusammenhang mit Art. 30 Abs. 4 GwG zu beachten.
B. Vorrang der schweizerischen Strafverfolgung
47 Die Idee des Gesetzgebers bei diesem Absatz war es, Schweizer Strafverfahren gegenüber ausländischen den Vorrang zu geben, um zu verhindern, dass die von der MROS an eine ausländische FIU übermittelten und anschliessend an eine Drittbehörde weitergeleiteten Informationen ein in der Schweiz laufendes Strafverfahren beeinträchtigen.
48 Sollte die zuständige Schweizer Staatsanwaltschaft die Erlaubnis zur Weitergabe der Informationen durch die ausländische FIU an eine Drittbehörde im selben Land nicht erteilen, da sie ein obengenanntes Einwirken auf ihr Strafverfahren befürchtet, darf die Schweizer Meldestelle in ihrem Informationsschreiben an die ausländische FIU die Erlaubnis zur Weiterleitung nicht gewähren. Sie hängt in diesem Fall den Disclaimer ohne Erlaubnis zur Weitergabe von Informationen an Drittbehörden an.
C. Informationsquellen
49 Die Information, dass in der Schweiz ein Strafverfahren gegen eine im Informationsschreiben der MROS an eine ausländische Meldestelle erwähnte natürliche oder juristische Person hängig ist, erfährt die Schweizer FIU entweder durch Eröffnungsverfügungen, welche sie von Schweizer Staatsanwaltschaften zugesendet erhält, oder durch ihren Zugang zu diversen Justiz- und Polizeidatenbanken. Bei Letzteren ist es aufgrund der Fragmentierung der Datenbanken der Schweizer Strafverfolgungsbehörden jedoch fraglich, ob die MROS tatsächlich über jedes laufende Strafverfahren in der Schweiz Bescheid weiss. Diese Problematik wird durch die Tatsache verschärft, dass Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz die Meldestelle oftmals nur ungenügend über sämtliche hängige Verfahren im Zusammenhang mit den Art. 260ter, Art. 260quinquies Abs.1, Art. 305bis und Art. 305ter Abs. 1 StGB, wie sie es gemäss Art. 29a Abs. 1 GwG tun müssten, informieren.
D. Praxis der MROS
50 Hat die MROS Kenntnis von einem Strafverfahren in der Schweiz, bei dem natürliche oder juristische Personen vorkommen, die Gegenstand eines Informationsschreibens seitens der Schweizer Meldestelle an eine ausländische Partner-FIU sind, kontaktiert sie den zuständigen Staatsanwalt. Dies geschieht in den meisten Fällen telefonisch. Dabei geht es bei dieser Kontaktaufnahme vor allem darum, herauszufinden, ob es sich beim Sachverhalt des hängigen Strafverfahrens um den identischen Sachverhalt, der Gegenstand eines Ersuchens um Weiterleitung ist, handelt. Nur in einem solchen Fall hat die Schweizer Staatsanwaltschaft die Befugnis, die Erlaubnis zur Weitergabe an ausländische Drittbehörden tatsächlich zu verweigern.
51 In der Praxis klärt die MROS bei der entsprechenden Schweizer Staatsanwaltschaft zudem ab, ob die ausländische Strafverfolgungsbehörde, welche die Informationen gemäss ausländischer FIU erhalten soll, diese Informationen bereits auf dem Rechtshilfeweg erhalten hat oder erhalten wird (aufgrund eines vorhandenen Rechtshilfeersuchens aus dem Ausland oder aufgrund spontaner Rechtshilfe einer Schweizer Staatsanwaltschaft [Art. 67a IRSG]). Ist dies der Fall, verzichtet die MROS aus Effizienzgründen im Allgemeinen auf das Übermitteln der Informationen ihrerseits. In einem solchen Szenario weist die MROS die ausländische Meldestelle darauf hin, dass die Strafverfolgungsbehörde im entsprechenden Land die verlangten Informationen auf direktem Weg erhalten hat oder erhalten wird.
VII. Memorandum of Understanding (Abs. 6)
A. Abschlussbefugnis der MROS
52 Absatz 6 des Art. 30 GwG erteilt der Schweizer Meldestelle die Befugnis, Modalitäten der Zusammenarbeit mit ausländischen FIUs selbstständig zu regeln. In der Praxis handelt es sich dabei um ein sogenanntes Memorandum of Understanding (MoU, auch Absichtserklärung genannt). Seit dem Inkrafttreten von Art. 30 GwG unterzeichnet der oder die Leiter*in der MROS ein solches MoU selbst, während vor dem 1. November 2013 eine Absichtserklärung zwischen der Schweizer Meldestelle und einer ausländischen FIU vom Bundesrat genehmigt werden musste.
53 Die Interpretative Note der Recommendation 29 der FATF verlangt explizit, dass FIUs die Kompetenz besitzen müssen, selbstständig MoUs abzuschliessen: «The FIU should also be able to make arrangements or engage independently with other domestic competent authorities or foreign counterparts on the exchange of information.»
B. Gründe für ein MoU
54 Es gibt verschiedene Gründe, weshalb FIUs MoUs mit ausländischen Partnerbehörden abschliessen wollen. Grundsätzlich können diese Gründe in zwei Kategorien aufgeteilt werden:
(1) Eine Meldestelle benötigt eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerbehörden von Gesetzes wegen. Ohne eine solche ist der Austausch von Informationen nicht möglich;
(2) Eine Meldestelle benötigt von Gesetzes wegen keine Absichtserklärung mit einer ausländischen Partnerbehörde, um Informationen austauschen zu können. Sie möchte jedoch die Zusammenarbeit mit ihren Gegenparteien näher regeln. Entweder wird dabei auf ein allgemeines MoU zurückgegriffen, ohne dabei konkret auf Besonderheiten des Informationsaustausches mit der anderen FIU einzugehen, oder es werden Spezifitäten, die sich aus der Zusammenarbeit mit der ausländischen FIU ergeben, in der Absichtserklärung näher geregelt (beispielsweise wird das Bekämpfen einer konkreten Vortat zur Geldwäscherei erwähnt).
C. Praxis der MROS
55 Die MROS befindet sich in der komfortablen Lage, dass das Gesetz ihr die Möglichkeit gibt, eine breite Palette von (Finanz-)Informationen auszutauschen, ohne dass die Zusammenarbeit mit der ausländischen Partnerbehörde mittels MoU näher geregelt werden muss. Zusätzlich kann das Abschliessen einer Absichtserklärung mit nicht zu unterschätzendem Zeitaufwand seitens der MROS verbunden sein. Folglich unterzeichnet die Schweizer FIU MoUs in der Praxis hauptsächlich mit ausländischen Partnerbehörden, die eine solche Absichtserklärung von Gesetzes wegen benötigen. In einem solchen Fall ist eine Absichtserklärung auch im Sinne der MROS, kann doch die ausländische Meldestelle ohne MoU der MROS keine Informationen liefern.
56 Kommt eine ausländische FIU auf die MROS mit der Bitte zu, eine Absichtserklärung zu unterzeichnen, klärt die Schweizer Meldestelle als Erstes ab, ob die ausländische Partnerbehörde eine solche Absichtserklärung von Gesetzes wegen tatsächlich benötigt. Die MROS verlangt von der Gegenstelle die entsprechende Gesetzespassage und entscheidet, ob die von der Schweizer Meldestelle geforderten Voraussetzungen zum Abschluss eines MoU gegeben sind. Falls die ausländische FIU eine solche Absichtserklärung von Gesetzes wegen nicht benötigt, die Zusammenarbeit aber näher regeln möchte, klärt die MROS ab, ob dies ebenfalls in ihrem Interesse ist. In beiden Fällen prüft die MROS die von der ausländischen Meldestelle vorgeschlagene Absichtserklärung. Dabei wird vor allem darauf geachtet, dass die gesetzlichen Vorgaben (insbesondere Art. 30 und 31 GwG) eingehalten werden. Vor der definitiven Unterzeichnung durch den oder die Leiter*in der Schweizer Meldestelle, nimmt die MROS Rücksprache mit dem Eidgenössischen Department für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sowie dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF). Dadurch wird sichergestellt, dass die abgeschlossenen MoUs in die aussen- und aussenwirtschaftspolitischen Bestrebungen der Schweiz eingebettet sind.
57 Stand August 2024 hat die MROS mit rund einem Dutzend ausländischen FIUs MoUs unterzeichnet.
Literaturverzeichnis
Berger Corinne, Kommentierung zu Art. 30 GwG, in: Hsu Peter Ch./Flühmann Daniel (Hrsg.), Basler Kommentar, Geldwäschereigesetz, Basel 2021.
Beuret Arnaud, Kommentierung zu Art. 30 GwG, in: Kunz Peter V./Jutzi Thomas/Schären Simon (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar, Geldwäschereigesetz, Bern 2017.
Materialienverzeichnis
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