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BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
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BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Entstehungsgeschichte
- II. Kommentar i.e.S.
- Empfohlene weiterführende Lektüre
- Zu den Autoren
- Materialien
- Literaturverzeichnis
I. Entstehungsgeschichte
1 Art. 118 BV wird als Gesundheitsartikel der Bundesverfassung bezeichnet und überführte die Art. 69, 69bis und 24quinquies Abs. 2 aBV in den neuen Verfassungstext.
II. Kommentar i.e.S.
A. Massnahmen zum Schutz der Gesundheit (Abs. 1)
2 In Art. 118 Abs. 1 BV wird ein sehr allgemein gehaltener, programmatischer Auftrag an den Bund formuliert, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier
3 Zum Verständnis von Art. 118 Abs. 1 BV ist der Begriff der Gesundheit zentral. Gleichwohl sucht man nicht nur in der Bestimmung selbst, sondern auch in den Materialien vergebens nach einer Definition dieses «hochgradig unbestimmten, konkretisierungsbedürftigen»
4 Mit Blick auf das internationale Recht, macht es durchaus Sinn, den Gesundheitsbegriff weit zu verstehen, so wie es etwa die WHO in der Erklärung von Alma-Ata von 1978 oder in den Umschreibungen der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung von 1986 tut. In Ziff. I der Erklärung von Alma-Ata wird die Gesundheit dabei als «Zustand völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens» umschrieben und wird sie explizit nicht als blosser Zustand des «Freiseins von Krankheit oder Gebrechen» verstanden.
5 Gegenstand von Art. 118 Abs. 1 BV sind in erster Linie polizeiliche Massnahmen der Gefahrenabwehr, mit welchen im Allgemeinen unmittelbare Gesundheitsbeeinträchtigungen verhindert werden sollen – es geht mithin um konkrete und direkte Gefahren für die öffentliche Gesundheit und damit um die Gesundheit von Mensch und Tier im Allgemeinen.
B. Gesetzgebungsaufträge (Abs. 2)
1. Umfassende Gesetzgebungskompetenz mit nachträglich derogatorischer Wirkung
6 In Abs. 2 von Art. 118 BV wird dem Bund die Berechtigung und Verpflichtung erteilt, in den abschliessend genannten gesundheitsrelevanten Teilbereichen gemäss lit. a bis c Vorschriften zu erlassen.
2. Umgang mit Lebensmitteln, Heilmitteln, Betäubungsmitteln, Organismen, Chemikalien und gesundheitsgefährdenden Gegenständen (lit. a)
7 Gemäss Art. 118 Abs. 2 lit. a BV hat der Bund Vorschriften zum Umgang mit gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln, Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen zu erlassen.
8 Die vom Verfassungsgeber gewählte Formulierung «Umgang mit» deutet darauf hin, dass nicht nur die primären Handlungen – wie etwa der Verzehr oder Konsum bei Lebens-, Heil- oder Betäubungsmitteln – von der Bestimmung erfasst sind. Vielmehr ist gemäss den Materialen auch davon auszugehen, dass mit der Umschreibung verschiedenste Vorgänge und Handlungen erfasst sind, d.h. insbesondere Herstellung, Verarbeitung, Handel (Einfuhr, Aufbewahrung, Abgabe, Bezug) und Verwendung. Nicht in den Geltungsbereich soll hingegen die Herstellung zum Eigenbedarf fallen.
9 Im Lebensmittelbereich hat der Bund seine Kompetenz durch den Erlass des Bundesgesetzes über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (LMG; SR 817.0) wahrgenommen. Gestützt darauf wurden zahlreiche departementale und einige bundesrätliche Verordnungen wie etwa die Lebensmittel- und Gegenständeverordnung (LGV; SR 817.02) oder die Tabakverordnung (TabV; SR 817.06) erlassen. In Art. 4 Abs. 1 LMG findet sich sodann auch eine allgemein gehaltene Definition von Lebensmitteln als «alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen sich vernünftigerweise vorhersehen lässt, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden». Diese Definition wird in Art. 4 Abs. 2 LMG um eine Positiv- und in Art. 4 Abs. 3 LMG um eine Negativliste ergänzt. Auf eine generell-abstrakte Definition von Gebrauchsgegenständen hat der Bundesgesetzgeber verzichtet und stattdessen in Art. 5 LMG acht Produktkategorien definiert, in die ein Gegenstand fallen kann, um als Gebrauchsgegenstand im Sinne des LMG zu gelten.
10 Seiner Verpflichtung und Kompetenz zur Regulierung des Umgangs mit Heilmitteln und Betäubungsmitteln ist der Bund mit Erlass des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG, Heilmittelgesetz; SR 812.21) nachgekommen. Dieses gilt im Übrigen auch für Betäubungsmittel, soweit sie als Heilmittel verwendet werden (Art. 2 Abs. 2 lit. b HMG). Den Umgang mit Betäubungsmitteln regelt der Bund überdies im Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe (BetmG; SR 812.121). Gemäss Art. 2 lit. a BetmG sind Betäubungsmittel abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate der Wirkungstypen Morphin, Kokain oder Cannabis, sowie Stoffe und Präparate, die auf deren Grundlage hergestellt werden oder eine ähnliche Wirkung wie diese haben. Bei Cannabis ist eine langsam fortschreitende Liberalisierung festzustellen. So wurde der Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken per 1. August 2022 legalisiert und erlaubt Art. 8a BetmG seit dem 15. Mai 2021 Pilotversuche mit kontrollierter Abgabe dieses Stoffes zu «Genusszwecken».
11 Die Begriffe «Organismen» und «Chemikalien» weisen die Gemeinsamkeit auf, dass sie eng ausgelegt werden müssen, da im Endeffekt auch Tiere und Menschen Organismen und deren «Bauteile» Chemikalien sind und die Kompetenz bei einem weiten Begriffsverständnis eine allumfassende wäre.
12 Bei «Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden können», handelt es sich im Wesentlichen um einen Auffangtatbestand.
3. Krankheitsbekämpfung (lit. b)
13 Art. 118 Abs. 2 lit. b BV verpflichtet den Bund zum Erlass von Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren. Die Bestimmung entspricht Art. 69 aBV.
14 Damit eine Bundeskompetenz begründet wird, muss eine Krankheit gemäss Art. 118 Abs. 2 lit. b BV folgende, alternative («eine der drei Eigenschaften»
15 Der Erlass von Vorschriften, die der «Bekämpfung» entsprechender Krankheiten von Menschen und Tieren dienen, meint nicht nur das Spektrum an gesundheitspolizeilichen Instrumenten wie Verboten, Verhaltens- und Bewilligungspflichten. Möglich sind durchaus auch zielgerichtete Massnahmen mit Präventionscharakter zur Abwehr von Krankheiten, solange der Fokus nicht rein generalpräventiv ist.
16 Gestützt auf Art. 118 Abs. 2 lit. b BV hat der Bund u.a. das Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101) erlassen. Dieses definiert etwa, was als «übertragbare Krankheit» zu sehen ist («Krankheit, die durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte auf den Menschen übertragbar ist»
17 Mit der Annahme der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» am 13. Februar 2022 ist dem Bund ausserdem der Auftrag erteilt worden, jede Art von Werbung für Tabakprodukte zu verbieten, die Kinder und Jugendliche erreicht. Damit wird nicht nur diejenige Tabakwerbung verboten, die sich explizit an Kinder und Jugendliche richtet, sondern auch diejenige, welche von diesen wahrgenommen werden kann bzw. für diese zugänglich ist. Betroffen sind somit im Resultat Printmedien, das Internet, Plakate, Kinos und Verkaufsstellen wie auch Veranstaltungen.
4. Schutz vor ionisierender Strahlung (lit. c)
18 Art. 118 Abs. 2 lit. c BV statuiert einen Gesetzgebungsauftrag betreffend den Schutz vor ionisierender Strahlung, während die nichtionisierende Strahlung vom Umweltschutzartikel von Art. 74 BV erfasst ist. Art. 118 Abs. 2 lit. c BV entspricht dem Art. 24quinquies Abs. 2 aBV.
Empfohlene weiterführende Lektüre
Burch Stephanie, Staatliche Gesundheitsförderung und Prävention, Diss. Zürich, Basel 2014.
Eichenberger Thomas/Jaisli Urs/Richli, Paul (Hrsg.), Basler Kommentar, Heilmittelgesetz, 2. Aufl., Basel 2022.
Fingerhuth Thomas/Schlegel Stephan/Jucker Oliver (Hrsg.), Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz, 3. Aufl., Zürich 2016.
Gutzwiller Felix/Jeanneret Olivier (Hrsg.), Sozial- und Präventivmedizin Public Health, 2. Aufl., Bern 1999.
Hug-Beeli Gustav, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz (BetmG), Basel 2015.
Landolt Hardy, Öffentliches Gesundheitsrecht, Public Health Law, Zürich/St. Gallen 2009.
Müller Markus, Zwangsmassnahmen als Instrument der Krankheitsbekämpfung, Basel 1992.
Poledna Tomas/Berger Brigitte, Öffentliches Gesundheitsrecht, Bern 2002.
Poledna Tomas/Kieser Ueli (Hrsg.), Gesundheitsrecht, in: Band VIII – Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht (SBVR) von Koller Heinrich/Müller Georg/Rhinow René/Zimmerli Ulrich (Hrsg.), Basel 2005.
Poledna Tomas/Arter Oliver/Gattiker Monika (Hrsg.), Lebensmittelrecht, Bern 2006.
Schwendener Myriam, Krankheit und Recht, Diss. Zürich, Basel 2008.
Streuli Christoph, Leitfaden zum Chemikalienrecht, 2. Aufl., Bern 2013.
Weber Rolf H., Lebensmittelrecht EU-Schweiz, 2. Aufl., Zürich 2012.
Wolf Salome /Mona Martino/Hürzeler Marc (Hrsg.), Prävention im Recht, Basel 2008.
Zu den Autoren
Rechtsanwalt Prof. Dr. iur. Ralph Trümpler studierte an den Universitäten Freiburg i.Ü., Zürich und Luzern. Nach Abschluss seiner Doktorarbeit im Bereich des Staatsrechts war er als Gerichtsschreiber an verschiedenen Verwaltungsgerichten tätig und spezialisierte sich als Rechtsanwalt auf öffentliches Recht. Seit 2018 ist er Dozent, und seit 2023 Professor für Verwaltungsrecht an der Kalaidos Law School. Bei Rudin Cantieni Rechtsanwälte AG betreut er Mandate im Bereich des Staats- und Verwaltungsrechts sowie im öffentlichen Wirtschaftsrecht.
Rechtsanwalt Dr. iur. Gregori Werder ist in der Anwaltskanzlei Werder Viganò AG beratend und prozessierend in sämtlichen Bereichen des öffentlichen Rechts tätig, mit Fokus auf dem öffentlichen Gesundheitsrecht, Krankenversicherungsrecht und Personalrecht. Darüber hinaus gibt er regelmässig Schulungen zu öffentlich-rechtlichen Themen und führt verschiedentlich Lehraufträge aus.
Die Autoren freuen sich über Anregungen und Hinweise per E-Mail auf truempler@rudincantieni.ch und/oder g.werder@wvlaw.ch.
Materialien
Amtl. Bull. NR, Separatdruck Verfassungsreform (abrufbar unter: https://www.parlament.ch/centers/documents/de/bundesverfassung-reform-amtliches-bulletin-nr-d.pdf besucht am 7. März 2022).
Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I, S. 1 ff.
Botschaft zum Bundesgesetz über Prävention und Gesundheitsförderung (Präventionsgesetz, PrävG) vom 30. September 2009, BBl 2009 S. 7071 ff.
Botschaft zum Bundesgesetz über Tabakprodukte (TabPG), BBl 2015 S. 9379 ff. (bezüglich den ersten Entwurf des Gesetzes) und BBl 2019 919 ff. (bezüglich den zweiten Entwurf des Gesetzes).
Entwurf des Bundesgesetzes über Tabakprodukte (TabPG), BBl 2015 S. 9471 ff. (bezüglich den ersten Entwurf des Gesetzes) und BBl 2019 999 ff. (bezüglich den zweiten Entwurf des Gesetzes); ferner BBl 2021 2327 ff. (Ablauf der Referendumsfrist).
Botschaft zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)», BBl 2020 7049 ff.
Literaturverzeichnis
Biaggini Giovanni, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Zürich 2017.
Bognuda Cristina, Die Verletzung des Rechts auf Gesundheit, Zürich 2011.
Ehrenzeller Bernhard/Mastronardi Philippe/Schweizer Rainer J./Vallender Klaus A., Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Zürich 2002 (zit. St. Galler Kommentar BV).
Gächter Thomas/Rütsche Bernhard, Gesundheitsrecht – Ein Grundriss für Studium und Praxis, 4. Aufl., Basel 2018.
Gächter Thomas/Renold-Burch Stephanie, in: Waldmann Bernhard/Belser Eva Maria/Epiney Astrid (Hrsg.), Basler Kommentar, Bundesverfassung, Basel 2015.
Kahil-Wolff Hummer Bettina/Manon Joseph, in: Martenet Vincent/Dubey Jacques, Constitution fédérale, Art. 81 Cst. – dispositions finales, Basel 2021.
Mahon Pascal, in: Aubert Jean-François/Mahon Pascal, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse di 18 avril 1999, Zürich/Basel/Genf 2003.