-
- Art. 11 OR
- Art. 12 OR
- Art. 50 OR
- Art. 51 OR
- Art. 84 OR
- Art. 143 OR
- Art. 144 OR
- Art. 145 OR
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- Art. 787 OR
- Art. 788 OR
- Art. 808c OR
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- Art. 2 BPR
- Art. 3 BPR
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- Art. 10 BPR
- Art. 10a BPR
- Art. 11 BPR
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- Vorb. zu Art. 1 DSG
- Art. 1 DSG
- Art. 2 DSG
- Art. 3 DSG
- Art. 5 lit. f und g DSG
- Art. 6 Abs. 6 und 7 DSG
- Art. 7 DSG
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- Art. 11 DSG
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- Art. 22 DSG
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- Art. 31 Abs. 2 lit. e DSG
- Art. 33 DSG
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- Art. 38 DSG
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- Art. 72 DSG
- Art. 72a DSG
-
- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 3 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 4 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 5 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 6 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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- Art. 25 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 29 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 32 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 33 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
- Art. 34 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Abs. 1 – Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften
- II. Abs. 2 – Melderecht
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
I. Abs. 1 – Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften
A. Einleitung
1. Zweck
1 Um die Bekämpfung der Geldwäscherei nicht von vornherein ins Leere laufen zu lassen, bedarf es einer Norm, die den im Finanzsektor tätigen Personen durchsetzbare Identifizierungs-, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten auferlegt. Seit 1990 ist mit Art. 305ter Abs. 1 StGB eine für die Geldwäschereibekämpfung zentrale Pflicht – jene zur Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten – strafrechtlich geschützt. Mit Inkrafttreten des Geldwäschereigesetzes 1998 wurden weitere Pflichten unter Androhung von strafrechtlichen Sanktionen gesetzlich normiert.
2 Die Einführung des Geldwäschereistraftatbestands (Art. 305bis StGB) erfolgte im selben Jahr wie Art. 305ter Abs. 1 StGB und führte für Finanzintermediäre zu einem potentiellen Dilemma. Wurden aufgrund eines Geldwäschereiverdachts Konten gesperrt und Strafanzeige erstattet, riskierte der Finanzintermediär eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht.
3 Historisch betrachtet wurde Art. 305ter StGB nicht zum Zweck der Bekämpfung der Geldwäscherei ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Obwohl Art. 305ter StGB im Rahmen der Geldwäschereigesetzgebung eingeführt wurde, sollte er der Durchsetzung eines zentralen finanzaufsichtsrechtlichen Anliegens (Know Your Customer, KYC) dienen.
2. Deliktstypus
4 Bei Art. 305ter Abs. 1 StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt
5 Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung stellt die Rechtspflege das durch Art. 305ter Abs. 1 StGB zu schützende Rechtsgut dar, da eine fehlende Identifikation des wirtschaftlich Berechtigen den staatlichen Einziehungsanspruch gefährdet.
3. Praktische Bedeutung
6 Die Themen Steuerrecht und Geldwäschereibekämpfung gewannen, nicht zuletzt aufgrund diverser Enthüllungen durch das internationale Konsortium investigativer Journalisten
7 Jedoch wird mit Blick auf die im GwG geregelten Sorgfaltspflichten betreffend die Identifikation und Feststellung klar, dass die in Art. 305ter Abs. 1 StGB normierte Pflicht auch ausschliesslich mit finanzaufsichtsrechtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Mitteln hätte durchgesetzt werden können.
B. Objektiver Tatbestand
1. Tatsubjekt
8 Nach Art. 305ter Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer «berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft», sprich wer als Finanzintermediär auftritt. Entsprechend handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt, das die gesamte Finanzbranche zu demselben Identifikationsniveau verpflichten soll.
9 Zur Klärung der Frage, welche Tätigkeit konkret als Finanzintermediation gilt, kann nach herrschender Lehre Art. 2 GwG herangezogen werden, wobei die nicht abschliessende Aufzählung in Art. 2 Abs. 3 GwG jedoch nicht für die notwendige Klarheit zu sorgen vermag.
10 Nach Stratenwerth und Bommer wird mit der Umschreibung des tatbestandsmässigen Verhaltens «Annehmen», «Aufbewahren», «Anlegen» oder «Übertragen», welche typische Handlungen eines Finanzintermediärs darstellen,
2. Tathandlung
11 In der Lehre herrscht Uneinigkeit darüber, ob Art. 305ter Abs. 1 StGB als echtes Unterlassungsdelikt oder schlichtes Tätigkeitsdelikt zu qualifizieren ist,
12 Die Sorgfaltspflicht richtet sich «nach den Umständen». Dies dient der Durchsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips und regelt damit die Grenze der zumutbaren Abklärungen.
13 Im Rahmen der jüngsten GwG-Revision
14 Neu sind somit die vom Vertragspartner
C. Subjektiver Tatbestand
15 Strafbar macht sich lediglich, wer vorsätzlich handelt. Der Täter muss bewusst die Feststellungspflicht verletzen, wobei Eventualvorsatz genügt.
D. Strafandrohung und Verjährung
16 Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor (Vergehen).
17 Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung handelt es sich bei Art. 305ter Abs. 1 StGB um ein Dauerdelikt. Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald das strafbare Verhalten endet. Dies ist an jenem Tag der Fall, an dem die Geschäftsbeziehung beendet wird oder an welchem der Finanzintermediär dem rechtswidrigen Zustand durch Feststellung der Identität des an den Vermögenswerten wirtschaftlich Berechtigten ein Ende gesetzt hat.
E. Konkurrenz
18 Grundsätzlich geht Art. 305bis StGB vor,
II. Abs. 2 – Melderecht
A. Einleitung
1. Zweck
19 Wie einleitend erwähnt, stellt das in Art. 305ter Abs. 2 StGB kodifizierte Melderecht einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund für die Verletzung beruflicher Geheimhaltungspflichten dar, unter welchem verdachtsbegründende Informationen an die MROS
20 Damit komplementiert das Melderecht die Meldepflicht. Gemäss dieser muss der Finanzintermediär der MROS unverzüglich Meldung erstatten, wenn er weiss oder den begründeten Verdacht hat, dass die in die Geschäftsbeziehung involvierten Vermögenswerte im Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung nach Art. 305bis StGB stehen (Art. 9 Abs. 1 GwG). Bei Sachverhalten, welche die Schwelle des begründeten Verdachts einstweilen (noch) nicht erreicht haben, würde sich die meldeberechtigte Person ohne das Melderecht in einem Dilemma befinden, denn wenn sie keine Meldung erstatten würde, dann könnte sie sich der Geldwäscherei (durch Unterlassen) schuldig machen, sofern der Sachverhalt im Nachgang als meldepflichtig bewertet würde. Die Schwelle zur fahrlässigen oder gar eventualvorsätzlichen Unterlassung einer Meldung (Art. 37 Abs. 1 und 2 GwG) wäre aufgrund der weiten Auslegung des Begriffs des begründeten Verdachts schneller erreicht. Wenn die meldeberechtigte Person jedoch einen Verdacht melden würde, welcher die Schwelle des begründeten Verdachts tatsächlich nicht erreicht, dann könnte sie ihre berufliche Geheimhaltungspflicht verletzen (Bankkundengeheimnis gemäss Art. 47 BankG, Berufsgeheimnis gemäss Art. 321 StGB, Geschäftsgeheimnis gemäss Art. 162 StGB oder Postgeheimnis gemäss Art. 321ter StGB).
2. Praktische Bedeutung
21 Die praktische Bedeutung des Melderechts ergibt sich nicht nur aufgrund der Rechtfertigung der Geldwäschereimeldung. In der Rechtswirklichkeit erstarkt das Melderecht zu einer Meldepflicht für den Finanzintermediär, denn es geht für ihn nicht nur um den Vorwurf der eventualvorsätzlichen Entgegennahme verbrecherisch erlangter Mittel,
22 Fehlen einer Meldung: Würde das Melderecht abgeschafft, so wie während der Beratungen zur jüngsten GwG-Revision diskutiert, dann fiele die meldeberechtigte Person einfacher unter die Strafbestimmungen von Art. 37 GwG. Die Schwelle zur fahrlässigen Unterlassung einer Meldung gemäss Art. 37 Abs. 2 StGB wäre dann nämlich aufgrund der weiten Auslegung des Begriffs des «begründeten Verdachts» schneller erreicht.
23 Verspätete Meldung: Im Gegensatz zur Meldepflicht ist eine Meldung nach Melderecht gemäss Wortlaut der Bestimmung nicht unverzüglich zu erstatten. Hat der Finanzintermediär jedoch fälschlicherweise eine Meldung unter dem Titel des Melderechts nicht unverzüglich abgesetzt, obwohl er diese Meldung unter dem Titel der Meldepflicht hätte absetzen sollen, dann kann ihm der Vorwurf der Meldepflichtverletzung i.S.v. Art. 37 GwG gemacht werden. Deshalb empfiehlt es sich, auch eine Meldung gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB so rasch wie möglich zu erstatten.
24 Unvollständige Meldung: Eine unvollständige Geldwäschereimeldung kann ebenfalls eine Verletzung der Meldepflicht im Sinne von Art. 37 GwG bedeuten.
25 Die Eigenständigkeit des Melderechts gegenüber der Meldepflicht ergibt sich nur dann, wenn sich die jeweiligen Verdachtsschwellen deutlich unterscheiden lassen.
26 Die praktische Bedeutung des Melderechts ist gegeben. Es wäre jedoch begrüssenswert, das Melderecht vom Strafgesetzbuch ins Geldwäschereigesetz zu verschieben.
B. Meldeberechtigte Personen
27 Der Kreis der meldeberechtigten Personen gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB ist identisch mit dem Täterkreis gemäss Abs. 1. In der Praxis sind dies Compliance Officer von Banken und anderen Finanzintermediären, Treuhänder(innen), Anlageberater(innen), Finanzverwalter(innen), Geldwechsler(innen) oder Edelmetallhändler(innen).
28 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die auch als Finanzintermediäre tätig sind, droht in der Praxis eine Strafbarkeitsfalle. Denn ergibt sich ein Geldwäschereiverdacht aus einer anwaltlichen Tätigkeit, welche somit durch das Berufsgeheimnis gemäss Art. 321 StGB geschützt ist, haben sie weder eine Meldepflicht gemäss Art. 9 Abs. 2 GwG noch ein Melderecht gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB. Eine Geldwäschereimeldung darf nur erfolgen, sofern die Annahme der potentiell inkriminierten Vermögenswerte in einer Tätigkeit erfolgte, welche nicht dem Berufsgeheimnis untersteht.
29 Händlerinnen und Händler gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. b GwG haben kein Melderecht, sondern lediglich eine Meldepflicht gemäss Art. 9 Abs. 1bis GwG, da sie explizit nicht dem Kreis der Finanzintermediäre angehören.
C. Ein die Meldung rechtfertigender Verdacht
1. Gegenstand des Verdachts
30 Gemäss Gesetzeswortlaut bezieht sich der Verdacht (lediglich) auf die Herkunft der Vermögenswerte aus einem Verbrechen (Art. 10 Abs. 2 StGB) oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Art. 305bis Ziff. 1bis StGB. Die Meldepflicht gemäss Art. 9 Abs. 1 GwG kennt weitere Verdachtsgegenstände (strafbare Handlung nach Art. 260ter StGB oder Art. 305bis StGB; Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation; Terrorismusfinanzierung nach Art. 260quinquies Abs. 1 StGB).
31 Als qualifiziertes Steuervergehen gilt ein Steuerbetrug i.S.v. Art. 186 DBG (direkte Bundessteuer) und Art. 59 StHG (direkte Steuer der Kantone und Gemeinden). Dieser setzt sich zusammen aus einer Steuerhinterziehung mithilfe eines Urkundendelikts. Der hinterzogene Steuerbetrag muss zudem mindestens 300‘000 Franken pro Steuerperiode betragen.
32 Wurde die Vortat im Ausland begangen, so muss sie dort strafbar und im Inland ein Verbrechen oder ein qualifiziertes Steuervergehen darstellen, damit sie als Vortat zur Geldwäscherei qualifiziert werden kann.
2. Untere Schwelle und der «einfache Verdacht»
33 Gemäss Gesetzeswortlaut dürfen «Wahrnehmungen» gemeldet werden. Doch was bedeutet dies? Laut Botschaft sind Unterstellungen oder vage Eindrücke nicht ausreichend. Es geht vielmehr um Anhaltspunkte, Bedenken oder Ungereimtheiten, schlicht um Indizien, die auf eine kriminelle Herkunft der Vermögenswerte hindeuten und geeignet sind, von den Strafverfolgungsbehörden erhärtet zu werden.
34 Das Melderecht sollte nicht beliebig gedehnt und interpretiert werden. Betreffend die fraglichen Vermögenswerte muss zumindest der Anschein entstehen, dass sie verbrecherischer Herkunft sein könnten.
35 Bereits bei einem Anhaltspunkt für Geldwäscherei darf das Melderecht in Anspruch genommen werden.
3. Obere Schwelle und der «begründete Verdacht»
a. BGer zum «simple doute»
36 Das Bundesgericht sorgte mit seinem Entscheid vom 27. November 2008 für fortwährende Verwirrung und Kritik.
37 Sorgfältiger Weise wäre für das deutsche Wort «Verdacht» der französische Begriff «soupçon» und nicht «doute» zu verwenden, wenn man sich am Wortlaut der französischen Fassung des Art. 9 GwG orientiert.
38 Mit Urteil vom 18. März 2015 hat das Bundesstrafgericht das Auslösen der Meldepflicht dahingehend präzisiert, dass ein Verdacht immer dann begründet ist, wenn die besonderen Abklärungen gemäss Art. 6 GwG die Vermutung, dass die Vermögenswerte mit einer Straftat in Zusammenhang stehen, nicht widerlegen können. Denn nach erfolgten Abklärungen ergibt sich: Entweder ist die verdächtig erscheinende Transaktion plausibilisiert und in Ordnung, oder der Verdacht des Finanzintermediärs ist begründet und gemäss Meldepflicht an die MROS zu übermitteln.
39 Die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichts deckt sich (nun) auch mit der Interpretation der FINMA gemäss ihrem Jahresbericht 2017: «Ein begründeter Verdacht besteht, wenn die Ergebnisse dieser besonderen Abklärungen [gemäss Art. 6 Abs. 2 GwG] die Vermutung nicht entkräften können, dass die Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren. Der Finanzintermediär muss solche Geschäftsbeziehungen bei der Meldestelle für Geldwäscherei melden (Meldepflicht nach Art. 9 GwG; siehe Entscheide des Bundesstrafgerichts SK 2017.54 vom 19. Dezember 2017 und SK.2014.14 vom 18. März 2015, E. 4.5.1.1). Sind die Voraussetzungen für eine Meldepflicht unklar, darf der Finanzintermediär trotzdem eine Meldung erstatten (Melderecht nach Art. 305ter Abs. 2 StGB).»
b. Parlamentarische Beratung zur Aufnahme einer Definition
40 In der eidgenössischen parlamentarischen Beratung wurde darauf hingewiesen, dass die vorsätzliche Missachtung der Meldepflicht für den betroffenen Finanzintermediär zu einer Busse von bis zu 500‘000 Franken (Art. 37 Abs. 1 GwG) oder einem Berufsverbot (Art. 33 FINMAG) führen kann. Gerade deshalb müsse der begründete Verdacht vom Gesetzgeber definiert werden. Im Zweifelsfall habe sich der Finanzintermediär jeweils für eine Geldwäschereimeldung an die MROS entschieden, wodurch die Meldestelle überlastet wurde.
41 Betreffend die konkrete Definition wurden verschieden strenge Varianten diskutiert. Schliesslich hat man sich an der geltenden Bundesgerichtspraxis orientiert. Der Finanzintermediär müsse bei Vorliegen konkreter Hinweise eine Meldung erstatten, wenn er seinen begründeten Verdacht mittels zusätzlicher Abklärungen nicht ausräumen kann. Dabei ginge es um die Entkräftung des Anhaltspunkts oder des konkreten Hinweises auf Geldwäscherei.
42 Es wurde betont, dass der Finanzintermediär angemessene Abklärungen zu treffen hat, im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen, denn er hätte keine polizeilichen oder untersuchungsrichterlichen Befugnisse.
c. Definition gemäss Art. 9 Abs. 1quater revGwG
43 Die Lehre war sich im Vorfeld der jüngsten GwG-Revision einig, dass die unscharfe Abgrenzung zwischen Melderecht und Meldepflicht sowie die verschiedenen Verdachtsstufen einer Klärung bedürfen. Betreffend die Umsetzung dieser Klärung wurden verschiedene Ansätze präsentiert. Thelesklaf forderte, den in Art. 9 GwG kodifizierten Begriff «begründet» zu streichen.
44 Schliesslich wurde das Melderecht beibehalten und der folgende neue Abs. 1quater kodifiziert:
In den Fällen nach Absatz 1 liegt ein begründeter Verdacht vor, wenn der Finanzintermediär einen konkreten Hinweis oder mehrere Anhaltspunkte hat, dass für die in die Geschäftsbeziehung involvierten Vermögenswerte Absatz 1 Buchstabe a erfüllt sein könnte, und dieser Verdacht aufgrund zusätzlicher Abklärungen gemäss Artikel 6 nicht ausgeräumt werden kann.
d. Einschätzung der Rechtssicherheit der neu statuierten Definition
45 Mit der jüngsten GwG-Revision ist nun kodifiziert, dass ein Verdacht, welcher auf einem konkreten Hinweis oder mehreren Anhaltspunkten basiert, dann zu einer Meldepflicht führt, sofern der Verdacht mittels zusätzlicher Abklärungen nicht ausgeräumt werden kann.
46 Tatsächlich führt eine genügende gesetzliche Grundlage zu mehr Rechtssicherheit für den Finanzintermediär, weshalb eine an Art. 20 Abs. 1 GwV angelehnte Definition zu begrüssen ist.
47 Hingegen ist der Finanzintermediär weiterhin zu einer Meldung gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB berechtigt, wenn die Voraussetzungen für eine Meldepflicht unklar sind und in diesem Sinne ein gewisses Unbehagen bleibt.
D. Informationsverbot
48 Die jüngste GwG-Revision betraf auch das Informationsverbot gemäss Art. 10a GwG. Der revidierte Absatz 3 lautet wie folgt:
Der Finanzintermediär darf einen anderen diesem Gesetz unterstellten Finanzintermediär ebenfalls darüber informieren, dass er eine Meldung nach Artikel 9 dieses Gesetzes oder nach Artikel 305ter Absatz 2 StGB erstattet hat, soweit dies zur Einhaltung der Pflichten gemäss diesem Gesetz erforderlich ist und sofern beide Finanzintermediäre:
a. für einen Kunden aufgrund einer vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit gemeinsame Dienste im Zusammenhang mit dessen Vermögensverwaltung erbringen; oder
b. dem gleichen Konzern angehören.
49 Neu wird auch die Meldung gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB explizit erwähnt. Der Finanzintermediär darf somit unter gewissen Umständen sowohl über Meldungen gestützt auf die Meldepflicht als auch gestützt auf das Melderecht informieren.
50 Mit der Ergänzung des Melderechts wurde eine aus praktischer Sicht relevante Lücke geschlossen. Bei Finanzintermediären innerhalb des gleichen Konzerns herrschte stets Unsicherheit darüber, ob, wie und welche Informationen sie im Falle einer Meldung nach Art. 305ter Abs. 2 StGB teilen dürfen.
E. Meldung bei Abbruch der Geschäftsbeziehung
51 Aus praktischer Sicht stellt sich oft die Frage, welchen Handlungsspielraum der Finanzintermediär hat, um sich von seinem Vertragspartner zu trennen, ohne gegen die Meldepflicht oder das Melderecht zu verstossen.
52 In Folge der jüngsten GwG-Revision wurden auch die GwV und die GwV-FINMA betreffend die Pflichten bei Verdacht auf Geldwäscherei entsprechend revidiert. Dabei wurden die Bestimmungen über den Abbruch der Geschäftsbeziehung gemäss Art. 32 aGwV-FINMA vom Bundesrat auf Stufe GwV
53 Nach erfolgter Meldung darf der Finanzintermediär die Geschäftsbeziehung nicht von sich aus abbrechen (Art. 12a Abs. 1 GwV, Art. 32 Abs. 3 aGwV-FINMA) und hat Kundenaufträge weiter auszuführen (Art. 9a Abs. 1 GwG). Erst sofern die MROS dem Finanzintermediär nicht innert 40 Arbeitstagen mitteilt, dass sie die gemeldeten Informationen einer Strafverfolgungsbehörde übermittelt, darf die Geschäftsbeziehung abgebrochen werden (Art. 9b Abs. 1 GwG i.V.m. Art. 12a Abs. 1 GwV). Der Abbruch der Geschäftsbeziehung und das Datum des Abbruchs sind der Meldestelle unverzüglich mitzuteilen (Art. 9b Abs. 3 GwG). Der Rückzug bedeutender Vermögenswerte ist dann nur in einer Form zu gestatten, die es den Strafverfolgungsbehörden erlaubt, deren Spur weiterzuverfolgen (Art. 9b Abs. 2 GwG). Auch im Falle einer Nichtmeldung nach Melderecht besteht diese Pflicht (Art. 12b Abs. 2 GwV).
54 Dem Finanzintermediär ist es zudem untersagt, sowohl eine zweifelhafte Geschäftsbeziehung (für welche er entscheidet, das Melderecht nicht in Anspruch zu nehmen, obwohl die Voraussetzungen erfüllt sind) abzubrechen, wie auch den Abzug bedeutender Vermögenswerte zuzulassen, wenn konkrete Anzeichen bestehen, dass behördliche Sicherstellungsmassnahmen unmittelbar bevorstehen (Art. 12a Abs. 2 GwV; Art. 32 Abs. 2 aGwV-FINMA).
55 Die Erstellung eines sogenannten No-AML Reports ist neu in Art. 22a Abs. 2 GwV-FINMA geregelt (Art. 31 aGwV-FINMA): Erstattet der Finanzintermediär keine Verdachtsmeldung basierend auf dem Melderecht (Art. 305ter Abs. 2 StGB), weil er den Verdacht aufgrund zusätzlicher Abklärungen gemäss Art. 6 GwG ausräumen konnte, so dokumentiert er die durchgeführten Abklärungen und seine Schlussfolgerungen in geeigneter Weise (Art. 7 GwG). Dabei hat er festzuhalten, weshalb er den Verdacht ausgeräumt und auf sein Melderecht verzichtet hat.
56 Nach Abbruch der Geschäftsbeziehung stellt sich die Frage, ob die Meldepflicht und das Melderecht andauern und falls ja, wie lange.
57 Mit der Geschäftsbeziehung endet auch die Pflicht zur Meldung gemäss Art. 9 Abs. 1 GwG.
58 Das Melderecht gemäss Art. 305ter Abs. 2 StGB besteht hingegen auch nach Abbruch der Geschäftsbeziehung (zeitlich unbeschränkt) weiter. Auch hier ist zunächst auf den Wortlaut der Norm abzustellen. Die Vermögenswerte müssen nicht in eine Geschäftsbeziehung involviert sein.
F. Adressat und Form der Meldung
59 Adressat der Meldung ist die MROS im Bundesamt für Polizei (fedpol). Sie nimmt Meldungen der verschiedenen Finanzmarktakteure entgegen, führt Abklärungen zu den gemeldeten Vorgängen durch und entscheidet, ob und welche der gemeldeten Informationen an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden (Art. 23 GwG; Art. 1 Abs. 2 MGwV).
60 Per 1. Januar 2020 hat die MROS für den Verkehr mit der Meldestelle (bspw. das Einreichen von Geldwäschereimeldungen) das Online-Portal «goAML» eingeführt. Wer Meldungen nicht über dieses Informationssystem übermittelt, hat das bereitgestellte Formular zu verwenden und die Meldung gesichert zu übermitteln (Art. 3a Abs. 3 MGwV).
61 Im Rahmen der nächsten GwG-Revision
G. Frist für Analyse der Meldungen
62 Das alte Recht sah unterschiedliche Fristen für die Analyse der Meldungen durch die MROS vor. Dies führte bei den Finanzintermediären zu Unsicherheiten beim (weiteren) Umgang mit Geschäftsbeziehungen, bei welchen sie das Melderecht in Anspruch genommen hatten.
63 Der Art. 23 Abs. 5 aGwG sah vor, dass die MROS den Finanzintermediär innert 20 Arbeitstagen darüber informiert, ob sie die Meldung nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GwG an eine Strafverfolgungsbehörde weiterleitet oder nicht. Gemäss Art. 23 Abs. 6 aGwG hatte die MROS für die Analyse einer Meldung nach Art. 305ter Abs. 2 StGB jedoch keine Frist.
64 Auch seitens der MROS war die damalige Regelung nicht zufriedenstellend. Die Antwortzeit der MROS betrug im Schnitt 27 Arbeitstage, ohne die Zeit für die Vorbereitung und Auswertung. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die MROS allenfalls zusätzliche Informationen gemäss Art. 11a GwG einholen muss, gegebenenfalls sogar bei Gegenstellen im Ausland.
65 Um der Realität besser Rechnung zu tragen und der MROS den notwendigen Spielraum zu verschaffen, damit sie gravierende Verdachtsmeldungen priorisieren kann, wurde, auch vor dem Hintergrund der steigenden Zahl der Meldungen pro Jahr, die Frist auf 40 Arbeitstage verlängert.
Die vorliegende Kommentierung gibt lediglich die Interpretationen und Ansichten der Autorenschaft wieder. Es können keine Rückschlüsse auf die Praxis der Arbeitgeberinnen der Autorenschaft gezogen werden.
Literaturverzeichnis
Ackermann Jürg-Beat, Teil 2, Allgemeiner Teil des Wirtschaftsstrafrechts / § 4 Tatbestandsmässigkeit / V.–VI. / A.–B., in: Ackermann Jürg-Beat (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht der Schweiz, 2. Aufl., Bern 2021, S. 129–142.
Ackermann Jürg-Beat, Geldwäscherei – Money Laundering, Eine vergleichende Darstellung des Rechts und der Erscheinungsformen in den USA und der Schweiz, Zürich 1992 (zitiert Ackermann Geldwäscherei).
Arzt Gunther, Zur Rechtsnatur des Art. 305ter StGB, SJZ 1990, S. 189–192.
Beuret Arnaud, Das Bankkundengeheimnis und die Geldwäschereibekämpfung, in: Jusletter 16.4.2018.
Bommer Felix, Die strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2010, ZBJV 151 (2015), S. 350–374.
Boog Markus, Kommentierung zu Art. 251 StGB, in: Niggli Marcel Alexander/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Basler Kommentar Strafrecht II, 4. Aufl., Basel 2019.
Cassani Ursula, Kommentierung zu Art. 305ter, Commentaire du droit pénal suisse, Code pénal suisse, partie spéciale, Vol. 9, Crimes ou délits contre l’administration de la justice: Art. 303–311 CP, Bern 1996.
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Materialienverzeichnis
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