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Kommentierung zu
Art. 27 GwG

Eine Kommentierung von Caroline Kindler

Herausgegeben von Damian K. Graf / Doris Hutzler

defriten

I. Zweck und Struktur

1 Art. 27 GwG regelt den Informationsaustausch zwischen behördlichen und nicht behördlichen (Aufsichts-)Funktionsträgern im Rahmen des Geldwäschereigesetzes. Diese Bestimmung ist notwendig, um eine effektive Aufsichtsstruktur sicherzustellen, da die inländische Amtshilfe nach Art. 29 GwG nur auf Behörden

anwendbar ist. Es ist zu beachten, dass auch die Aufsichtsorganisationen, welche im Verbund eine SRO betreiben, in den persönlichen Anwendungsbereich von Art. 27 GwG fallen.

2 Abs. 1 legt den Grundsatz des Informationsaustauschs zwischen der FINMA und der SRO sowie zwischen den SRO selbst fest: «Die Selbstregulierungsorganisationen und die FINMA können untereinander alle Auskünfte und Unterlagen austauschen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen».

3 Abs. 2 konkretisiert Art. 26 Abs. 2 GwG hinsichtlich der unverzüglichen Meldepflichten der SRO an die FINMA bezüglich Änderungen des Mitgliederbestands und regelt darüber hinaus weitere Ereignisse, die eine unverzügliche Meldepflicht an die FINMA auslösen. Diese Meldepflichten wurden im Einzelnen im FINMA-Rundschreiben 2008/17 (ehemals Rundschreiben der Kontrollstelle GwG 2006/1) präzisiert.

4 Abs. 3 auferlegt der SRO eine periodische Berichterstattungspflicht gegenüber der FINMA, indem die SRO der FINMA mindestens einmal jährlich «Bericht über ihre Tätigkeit im Rahmen dieses Gesetzes [erstattet]» sowie «eine Aufstellung über die in der Berichtsperiode ergangenen Sanktionsentscheide [übermittelt]».

5 Abs. 4 verpflichtet die SRO, der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) Sachverhalte zu melden, die ein von ihr beaufsichtigter Finanzintermediär hätte melden müssen; Abs. 5 legt die Subsidiarität dieser Meldepflicht fest, da diese entfällt, wenn der Finanzintermediär die Meldung bereits selbst vorgenommen hat.

II. Informationsaustausch zwischen SRO und FINMA im Allgemeinen (Abs. 1)

6 Die ursprünglich in aArt. 19

und aArt. 27 GwG
vorgesehene einseitige Auskunftspflicht der SRO gegenüber der Kontrollstelle wurde mit der Revision, die am 1. Januar 2009 in Kraft trat, durch den Grundsatz des Informationsaustauschs ersetzt. Dieser Austausch erfolgt sowohl zwischen der FINMA und den SRO als auch zwischen den SRO untereinander. Der Gesetzgeber erkannte, dass ein wechselseitiger Informationsaustausch aller (Aufsichts-)Funktionsträger den praktischen Bedürfnissen besser entspricht.

7 Damit schafft der Gesetzgeber die notwendige gesetzliche Grundlage für den Austausch nicht öffentlich zugänglicher Informationen zwischen der FINMA und den SRO, sowie zwischen den SRO untereinander.

Art. 27 Abs. 1 GwG ergänzt somit nicht nur die inländische Amtshilfe nach Art. 29 GwG für nicht behördliche (Aufsichts-)Funktionsträger, sondern adressiert auch die rechtlichen Hürden, die der Übermittlung oder Bearbeitung von Informationen entgegenstehen, wie etwa im Strafrecht
oder im Datenschutzrecht.

8 Die FINMA und die SRO können sowohl als Empfänger als auch als Übermittler von «Informationen»

bzw. «Auskünften und Unterlagen»
auftreten. Der Begriff «Informationen» bzw. «Auskünfte und Unterlagen» wird in Art. 27 Abs. 1 GwG nicht näher definiert. Nach der hier vertretenen Ansicht sollte man jedoch von einer breiten Definition ausgehen, die sowohl mündliche als auch schriftliche Auskünfte sowie die Herausgabe von Dokumenten, Akten und sonstigen Unterlagen jeglicher Art einschliesst.

9 Einschränkungen ergeben sich daher nicht aus der spezifischen Definition dieser Begriffe, sondern vielmehr aus dem erforderlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der Aufgaben (Zweckbindungsprinzip): Der Austausch von Informationen ist nur zulässig, wenn die Informationen im Einzelfall für die Erfüllung der Aufgaben der FINMA und der SRO relevant sind.

Aufgrund der weitreichenden Aufgaben und Kompetenzen sowohl der SRO als auch der FINMA wird eine sehr umfassende Informationsübermittlung wohl zulässig sein.

10 Art. 27 Abs. 1 GwG ist im Gegensatz zu den in Abs. 2 und 3 festgelegten einseitigen Informationspflichten der SRO gegenüber der FINMA als eine Kann-Vorschrift ausgestaltet. Dies bedeutet, dass ein Recht zum Informationsaustausch besteht, aber keine Verpflichtung oder Erfordernis zur weitergehenden Koordination der Aufsichtstätigkeit. Allerdings kann eine generelle Informationspflicht in dem Sinne entstehen, dass das Zurückhalten wesentlicher Informationen den Zielen der Finanzmarktaufsicht gemäss Art. 4 FINMAG widersprechen könnte.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die SRO als «Beaufsichtigte» im Sinne von Art. 3 lit. a FINMAG gelten und somit den Herausgabe- und Meldepflichten gegenüber der FINMA nach Art. 29 FINMAG unterliegen.
Diese Pflichten gelten jedoch ausschliesslich im Verhältnis zur FINMA und nicht im Verhältnis zu anderen SRO.

III. Unverzügliche Informationspflichten der SRO an die FINMA (Abs. 2)

11 Art. 27 Abs. 2 GwG führt die Ereignisse auf, die eine SRO der FINMA unverzüglich melden muss: die Kündigungen von Mitgliedschaften (lit. a), Entscheide über die Verweigerung eines Anschlusses (lit. b), Ausschlussentscheide mit deren Begründung (lit. c) sowie die Eröffnung von Sanktionsverfahren, die mit dem Ausschluss enden können (lit. d). Diese Aufzählung wird als abschliessend dargestellt.

Aus Sicht des Gesetzgebers ist es erforderlich, dass die FINMA unverzüglich über die in Abs. 2 genannten Vorgänge informiert wird, um über wichtige Entscheidungen und Verfahren der SRO auf dem Laufenden zu bleiben und bei Bedarf rechtzeitig eingreifen zu können.

12 Gestützt auf Art. 26 GwG sind SRO verpflichtet, Listen der angeschlossenen Finanzintermediären sowie der Personen, denen die Mitgliedschaft verweigert wurde, zu führen und der FINMA einschliesslich aller Änderungen bekannt zu geben. Das FINMA-Rundschreiben 2008/17 (ehemals Rundschreiben der Kontrollstelle GwG 2006/1) konkretisiert diese Bestimmung und sieht vor, dass diese Listen quartalsweise aggregiert bei der FINMA eingereicht werden müssen. Darüber hinaus sind einzelne Bestandsänderungen sowie abgelehnte Gesuchsteller unverzüglich zu melden.

Art. 27 Abs. 2 GwG schafft somit die gesetzliche Grundlage für die unverzüglichen Meldepflichten der SRO an die FINMA bei Bestandsänderungen in Form von Austritten und Ausschlüssen sowie bei der Verweigerung des Anschlusses und konkretisiert damit die Übermittlungspflicht gemäss Art. 26 Abs. 2 GwG.

13 Entsprechend ist die Kündigung unverzüglich nach Beendigung der Mitgliedschaft zu melden, sofern die SRO weiss oder annehmen muss, dass das kündigende Mitglied weiterhin einer berufsmässigen Tätigkeit nachgeht. Der Meldung ist das Kündigungsschreiben beizulegen.

Ausschlussentscheide meldet die SRO der FINMA unverzüglich, sobald der erstinstanzliche Entscheid ergangen ist, sofern einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen wurde, bzw. nach Rechtskraft des erstinstanzlichen Entscheids oder des Schiedsgerichtsurteils in allen anderen Fällen. Der Meldung ist die Begründung beizulegen, sofern eine solche vorliegt.
Verweigert die SRO einem Gesuchsteller den Anschluss, meldet sie dies der FINMA unverzüglich nach Erlass des erstinstanzlichen Entscheides und legt die Begründung bei, sofern eine solche vorliegt. Weiss die SRO oder muss sie annehmen, dass ein Finanzintermediär, dem der Anschluss verweigert wurde, in Verletzung von Art. 11 Abs. 1 lit. b GwV tätig ist oder war, zeigt sie dies der FINMA im Rahmen der im vorstehenden Satz erwähnten Meldung an, unter Angabe aller der SRO bekannten relevanten Informationen.

14 Bestandsänderungen in Form von Neuaufnahmen müssen gemäss FINMA-Rundschreiben 2008/17 in bestimmten Fällen ebenfalls unverzüglich der FINMA gemeldet werden.

Die SRO ist verpflichtet, die FINMA unverzüglich nach dem Anschluss eines neuen Finanzintermediärs zu informieren, wenn sie weiss oder aufgrund der Umstände annehmen muss, dass dieser gegen die Pflichten gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. b GwV verstossen hat.
Ein solcher Verstoss liegt vor, wenn der Finanzintermediär es versäumt hat, innerhalb von zwei Monaten nach Aufnahme seiner berufsmässigen Tätigkeit einen Anschlussantrag bei einer SRO zu stellen. Da diese Konstellation nicht in den Katalog der unverzüglichen Meldepflichten gemäss Art. 27 Abs. 2 GwG fällt, ergibt sich die gesetzliche Grundlage hierfür aus der allgemeinen Auskunfts- und Meldepflicht der SRO an die FINMA gemäss Art. 29 FINMAG.

15 Auch die unverzügliche Meldepflicht bei zurückgezogenen Anschlussgesuchen wird durch das FINMA-Rundschreiben 2008/17 geregelt. Die gesetzliche Grundlage dafür findet sich ebenfalls nicht in Art. 27 Abs. 2 GwG, sondern in Art. 29 FINMAG.

In solchen Fällen sind die gegenüber der SRO angegebenen Rückzugsgründe an die FINMA zu übermitteln. Sollte die SRO Kenntnis darüber erlangen oder Grund zur Annahme haben, dass ein Finanzintermediär, der sein Anschlussgesuch zurückgezogen hat, gegen Art. 11 Abs. 1 lit. b GwV verstösst oder verstossen hat, muss sie dies im Rahmen einer Meldung an die FINMA mitteilen und alle ihr bekannten relevanten Informationen angeben.

16 Das FINMA-Rundschreiben 2008/17 enthält keine Regelung zur unverzüglichen Meldepflicht der SRO bei Eröffnung eines Sanktionsverfahrens, das mit einem Ausschluss enden könnte; diese Verpflichtung ist jedoch ausdrücklich in Art. 27 Abs. 2 lit. d GwG festgelegt. Allerdings hat diese Bestimmung nur eine begrenzte praktische Bedeutung, da der Finanzintermediär bis zum rechtskräftigen Sanktionsentscheid und einem möglichen Ausschluss weiterhin Mitglied der SRO bleibt und ihrer Aufsicht unterliegt.

IV. Periodische Berichterstattungspflicht der SRO an die FINMA (Abs. 3)

17 Gemäss Art. 27 Abs. 3 GwG sind die SRO verpflichtet, mindestens einmal jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit im Bereich des Geldwäschereigesetzes sowie eine Aufstellung der in der Berichtsperiode ergangenen Sanktionsentscheide an die FINMA zu übermitteln. Diese Berichterstattung ist ein Instrument, mit dem die FINMA ihre Aufsichtspflichten gegenüber den SRO nach Art. 18 Abs. 1 GwG wahrnimmt und die dauernde Einhaltung der Anerkennungsvoraussetzungen der SRO gemäss Art. 24 Abs. 1 GwG überprüft.

18 Die Struktur und Form des Berichts werden von der FINMA vorgegeben.

In den letzten Jahren haben die kontinuierlich ausgebauten digitalen Plattformen der FINMA die elektronische Übermittlung von Daten erheblich erleichtert und gefördert. Daher wurde das aus der Zeit der Aufsicht durch die Kontrollstelle stammende Muster durch ein Formular auf der elektronischen Übermittlungsplattform der FINMA
ersetzt.

19 Neben dieser formalisierten Berichterstattungspflicht haben sich in der Praxis weitere Aufsichtsmassnahmen der FINMA über die SRO etabliert: Je nach interner Risikoeinstufung der SRO durch die FINMA werden diese einmal jährlich, alle zwei oder drei Jahre im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen geprüft. Darüber hinaus finden regelmässige Aufsichtsgespräche mit den SRO statt.

Ein weiterer Austausch zwischen der FINMA und den SRO erfolgt im Rahmen der jährlichen von der FINMA veranstalteten GwG-Tagung sowie im Forum-SRO.

V. Meldepflicht der SRO an die MROS (Abs. 4 und 5)

1. Meldepflicht (Abs. 4)

20 Auch die SRO unterliegt einer Meldepflicht an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS). Gemäss Art. 27 Abs. 4 GwG muss sie der MROS unverzüglich Meldung erstatten, wenn sie den begründeten Verdacht hat, dass einer der folgenden Sachverhalte vorliegt: eine strafbare Handlung nach Art. 260ter Ziff. 1 oder 305bis StGB (lit. a), Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Art. 305bis Ziff. 1bis StGB stammen (lit. b), Vermögenswerte der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen (lit. c) oder Vermögenswerte der Terrorismusfinanzierung (Art. 260quinquies Abs. 1 StGB) dienen (lit. d).

21 Der Tatbestand der Meldepflicht gemäss Art. 27 Abs. 4 GwG entspricht im Wesentlichen dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 GwG, wobei jedoch einige Unterschiede bestehen, die im Folgenden dargelegt werden. Diese Abweichungen erlauben es dennoch, zur Auslegung die Kommentierung zu Art. 9 Abs. 1 GwG analog heranzuziehen. Anders als in Art. 9 Abs. 1 GwG besteht für die SRO nach Art. 27 Abs. 4 GwG nur dann eine Meldepflicht, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. Die Pflicht besteht jedoch nicht ausdrücklich, wenn die SRO weiss oder gesicherte Kenntnis davon hat, dass eine Anlasstat vorliegt. Es erscheint allerdings fraglich, ob dies tatsächlich beabsichtigt war, oder ob es sich lediglich um eine gesetzgeberische Unachtsamkeit handelt, da es kaum vorstellbar ist, dass der Gesetzgeber bewusst vom Regelungskonzept der Meldepflicht nach Art. 9 GwG abweichen wollte.

Zudem bezieht sich der für die Meldepflicht relevante Verdacht gemäss Art. 27 Abs. 4 lit. b–d GwG auf die Vermögenswerte selbst und nicht, wie in Art. 9 Abs. 1 GwG, auf «die in die Geschäftsbeziehung involvierten Vermögenswerte». Wenn man hierin eine Absicht erkennen möchte und es nicht ebenfalls als gesetzgeberische Nachlässigkeit betrachtet, könnte dies damit erklärt werden, dass Aufsichtsbehörden im Gegensatz zum Finanzintermediär keine Abklärungspflichten nach Art. 6 GwG obliegen und sie daher über weniger konkrete Kenntnisse verfügen.
Anders als eine Verletzung der Meldepflicht nach Art. 9 GwG wird ein Verstoss gegen Art. 27 Abs. 4 GwG schliesslich nicht nach Art. 37 GwG sanktioniert.

22 Das Gegenstück zu Art. 27 Abs. 4 GwG ist Art. 16 GwG für Aufsichtsorganisationen, jedoch mit dem Unterschied, dass SRO keine Pflicht zur Anzeige von Verstössen im Sinne von Art. 305ter Abs. 1 StGB durch ihre angeschlossenen Finanzintermediäre auferlegt wird: Gemäss Art. 305ter Abs. 1 StGB macht sich ein Finanzintermediär strafbar, wenn er es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen. Der Gesetzgeber rechtfertigte diesen Unterschied damit, dass die SRO im Gegensatz zu spezialgesetzlichen Aufsichtsbehörden und der FINMA privatrechtlichen Charakter haben.

Da eine SRO jedoch im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit auf solche Verstösse angemessen reagieren muss, kann der Sachverhalt dennoch an die MROS gelangen. Dies geschieht indirekt, indem die SRO das Sanktionsverfahren nach Art. 27 Abs. 2 lit. d GwG an die FINMA meldet, die ihrerseits gestützt auf Art. 16 GwG eine Meldung an die MROS erstattet.

23 Nach Art. 11 Abs. 2 GwG gilt der Straf- und Haftungsausschluss aus Art. 11 Abs. 1 GwG ausdrücklich auch für SRO, die eine Meldung gemäss Art. 27 Abs. 4 GwG erstatten. Art. 11 Abs. 1 GwG besagt, dass die meldende Person, sofern sie guten Glaubens handelt, «nicht wegen Verletzung des Amts-, Berufs- oder Geschäftsgeheimnisses belangt oder wegen Vertragsverletzung haftbar gemacht werden [kann]». Diese Bestimmung stellt sicher, dass eine SRO, die ihrer Meldepflicht im Zusammenhang mit verdächtigen Vermögenswerten gemäss Art. 27 Abs. 4 GwG nachkommt, keine zivil- oder strafrechtlichen Konsequenzen befürchten muss.

Art. 11 GwG klärt somit den Konflikt zwischen sich widersprechenden Rechten und Pflichten. Der zugrunde liegende allgemeine Rechtsgrundsatz basiert auf der Selbstverständlichkeit, dass das Recht nicht ein und dasselbe Verhalten einer Person einerseits vorschreiben bzw. erlauben und andererseits bestrafen kann.
Im Strafrecht wird dieser Grundsatz ausdrücklich in Art. 14 StGB verankert.
Die gleichen Überlegungen gelten auch für den zivilrechtlichen Haftungsausschluss: Eine zivilrechtliche Haftung für die Erstattung der Meldung ist daher ausgeschlossen, wobei dieser Ausschluss bereits auf der Tatbestandsebene und nicht erst bei der Verschuldensprüfung greift. So entfällt etwa die Annahme der Widerrechtlichkeit im Sinne von Art. 41 OR.

2. Subsidiarität (Abs. 5)

24 Die Meldepflicht der SRO nach Art. 27 Abs. 4 GwG ist subsidiär, das heisst, sie greift nur dann, wenn der Finanzintermediär selbst keine Meldung an die MROS erstattet hat (Art. 27 Abs. 5). Umgekehrt bedeutet dies, dass die SRO von der Meldepflicht nach Art. 27 Abs. 4 GwG entbunden ist, wenn der angeschlossene Finanzintermediär bereits eine entsprechende Meldung eingereicht hat. Die Meldepflicht der SRO ist hingegen primär, wenn sich die Anzeige direkt auf den Finanzintermediär bezieht, basierend auf der Annahme, dass ein Finanzintermediär nicht dazu neigt, verdächtige Vermögenswerte in seinem eigenen Unternehmen zu melden.

Literaturverzeichnis

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Materialienverzeichnis

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Botschaft zum Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz; FINMAG) vom 1.2.2006, BBl 2006 2829, abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2006/303/de, besucht am 23.8.2024.

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), Rundschreiben 2008/17 Informationsaustausch zwischen den SRO und der FINMA betreffend Anschlüsse, Ausschlüsse und Austritte von Finanzintermediären vom 20.11.2008, abrufbar unter https://www.finma.ch/de/~/media/finma/dokumente/dokumentencenter/myfinma/rundschreiben/finma-rs-2008-17.pdf?sc_lang=de&hash=71FFD4758724C36DBC692710A9C8477B, besucht am 23.8.2024.

Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV), Kontrollstelle GwG, Rundschreiben 2006/1 Informationsaustausch zwischen den SRO und der Kontrollstelle betreffend Anschlüsse, Ausschlüsse und Austritte von Finanzintermediären vom 10.4.2006, abrufbar unter https://www.finma.ch/finmaarchiv/gwg/d/dokumentationen/gesetze_und_regulierung/rundschreiben/index.php, besucht am 23.8.2024.

Forum Schweizer Selbstregulierungsorganisationen (Forum-SRO), Statuten vom 30.9.2009, abrufbar unter https://www.forum-sro.ch/_files/ugd/f269ef_75384def8a2144b9814c2d42076907d9.pdf, besucht am 23.8.2024.

Fussnoten

  • Zum Begriff der Behörde vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht I, N. 1780 ff.
  • AS 1998 892, S. 897.
  • AS 1998 892, S. 900.
  • Botschaft FINMAG 2006, S. 2910.
  • Benninger/Wyss, S. 300, 304.
  • Wie bspw. Art. 320 Ziff. 1 StGB.
  • Wie bspw. Art. 19 DSG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 lit. b DSG.
  • Gemäss Titel der Bestimmung.
  • Gemäss Wortlaut von Art. 27 Abs. 1 GwG.
  • Vgl. in Bezug auf Art. 39 FINMAG: BSK-Schwob/Wohlers, Art. 39 FINMAG N. 5; in Bezug auf Art. 88 FIDLEG: SK-Vollenweider/Parigi, Art. 88 FIDLEG N. 17.
  • Vgl. in Bezug auf Art. 88 FIDLEG: SK-Vollenweider/Parigi, Art. 88 FIDLEG N. 20.
  • SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 6; zum Informationsaustausch zwischen FINMA und weiteren, nicht behördlichen Stellen nach FIDLEG siehe SK-Vollenweider/Parigi, Art. 88 FIDLEG N. 2.
  • BSK-Neese, Art. 27 GwG N. 10, 44; SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 8; BVGer B-6737/2014 vom 17.2.2016 E. 2.6.
  • Eine ähnliche Feststellung trifft auch CR-Zufferey, Art. 27 GwG N. 9. Wie im Folgenden dargelegt (N. 14 f.), sieht das FINMA-Rundschreiben 2008/17 weitere unverzügliche Meldepflichten der SRO an die FINMA vor, die jedoch nicht auf Art. 27 Abs. 2 beruhen, sondern auf die Generalklausel von Art. 29 FINMAG.
  • Botschaft FINMAG 2006, S. 2910.
  • Für Einzelheiten zu den unverzüglichen Meldepflichten bei Bestandsänderungen sowie bei abgelehnten Gesuchstellern siehe Kommentierung zu Art. 26 GwG N. 10 ff.
  • Art. 27 Abs. 2 lit. a i.V.m. FINMA-RS 2008/17, Rz. 13.
  • Art. 27 Abs. 2 lit. c i.V.m. FINMA-RS 2008/17, Rz. 14. Zur Pflicht der SRO, den Ausschlussentscheid zu begründen, siehe Kommentierung zu Art. 25 GwG (N. 22).
  • Art. 27 Abs. 2 lit. b GwG i.V.m. FINMA-RS 2008/17, Rz. 10 f.
  • FINMA-RS 2008/17, Rz. 7.
  • FINMA-RS 2008/17, Rz. 7.
  • So auch SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 13.
  • So auch SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 13.
  • FINMA-RS 2008/17, Rz. 10 f.
  • SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 11; BSK-Neese, Art. 27 GwG N. 33.
  • CR-Zufferey, Art. 27 GwG N. 12.
  • Stadler, S. 55.
  • «Erhebungs- und Gesuchsplattform EHP» sowie «Trust Room».
  • Siehe hierzu BSK-Neese, Art. 27 GwG N. 17 ff.; SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 15.
  • Näheres hierzu siehe BSK-Neese, Art. 27 GwG N. 19 ff.
  • So zum deckungsgleichen Art. 16 GwG: BSK-Ivell, Art. 16 GwG N. 12; Kuster, Rz. 25.
  • So zum deckungsgleichen Art. 16 GwG: BSK-Ivell, Art. 16 GwG N. 13; SHK-Beuret, Art. 16 GwG N. 15.
  • Botschaft GwG 1996, S. 1150. Kritisch zu diesem Privileg der SRO äussern sich u.a. OK II-de Capitani, Art. 27 GwG N. 6; SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 19; CR-Zufferey, Art. 27 GwG N. 15.
  • So auch SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 19; CR-Zufferey, Art. 27 GwG N. 15.
  • Sinngemäss Botschaft GwG 1996, S. 1134.
  • BSK-Niggli/Göhlich, Vorb. zu Art. 14 StGB N. 5.
  • Wortlaut von Art. 14 StGB: «Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem oder einem ander[e]n Gesetz mit Strafe bedroht ist».
  • Porpiglia/Kunz, Art. 11 GwG N. 16, 110. Zur Haftung der meldenden SRO siehe ferner Kommentierung zu Art. 11 GwG.
  • So auch OK II-de Capitani, Art. 21 GwG N. 2; a.A. SHK-Ramelet, Art. 27 GwG N. 18.

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