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- Übergangsbestimmungen zur Aktienrechtsrevision vom 19. Juni 2020
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- Art. 3 DSG
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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
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DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Einleitung
- II. Voraussetzungen einer Universalversammlung
- III. Folgen
- IV. Voraussetzungen nicht gegeben
- V. Protokoll und Verhandlungsleitung
- VI. Ausblick auf das revidierte Aktienrecht
- Literaturverzeichnis
I. Einleitung
A. Begriff der Universalversammlung
1 Grundsätzlich müssen die Aktionäre für die Generalversammlung einer Aktiengesellschaft förmlich, unter Einhaltung einer Frist und unter verbindlicher Angabe der Verhandlungsgegenstände, eingeladen werden (dazu Art. 700 OR). Diese Einberufungsformalitäten dienen dem Aktionärsschutz und sorgen dafür, dass die Aktionäre die Möglichkeit haben, ihre Mitwirkungsrechte an der Generalversammlung auszuüben.
2 Das Gesetz sieht in Art. 701 OR eine Ausnahme vor, nach der eine Generalversammlung ohne Einhaltung der für die Einberufung vorgeschriebenen Vorschriften abgehalten werden kann. Die Marginale bezeichnet diese Generalversammlung als "Universalversammlung". Universal ist die Versammlung insoweit, als die Aktionäre der Gesellschafter oder deren Vertreter an der Versammlung umfassend anwesend sind.
3 Ist dies der Fall, kann die Generalversammlung ohne die für ihre Einberufung vorgeschriebenen Vorschriften abgehalten werden (Art. 701 Abs. 1 OR; dazu unten N 28). In der Universalversammlung kann über alle in den Geschäftskreis der Generalversammlung fallenden Gegenstände gültig verhandelt und Beschluss gefasst werden (Art. 701 Abs. 2 OR). Der Universalversammlung stehen somit sämtliche Befugnisse einer Generalversammlung zu (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 1 – 6 OR).
B. Zweck der Universalversammlung
4 Der Zweck der Universalversammlung ist "praktischer Art"
5 Sind alle Aktionäre (oder deren Vertreter) widerspruchsfrei anwesend, also mit der Durchführung der Generalversammlung ohne Beachtung der Einberufungsformalitäten einverstanden, ist ein Beharren auf die Einberufungsvorschriften auch nicht sinnvoll.
6 An der Universalversammlung wird der Aktionärsschutz vielmehr anderweitig sichergestellt: Der Aktionär oder sein Vertreter hat sich selbst vor einer möglichen Überrumpelung zu schützen (dazu oben N 1). Ist er mit der Durchführung der Generalversammlung nicht einverstanden oder benötigt er mehr Zeit für die Vorbereitung eines Verhandlungsgegenstandes, kann er an der Versammlung nicht teilnehmen, sie jederzeit verlassen oder Widerspruch gegen die Behandlung einzelner Traktanden erheben (dazu unten N 15 ff. und N 20 ff.).
7 Aufgrund dieses Vetorechts ist die Durchführung einer Universalversammlung nicht zu empfehlen, wenn darin Beschlüsse über Themen gefällt werden sollen, die bei einzelnen Aktionären auf fundamentalen Widerspruch stossen. Ebensowenig ist eine Universalversammlung empfehlenswert, wenn das Aktionariat zerstritten oder wenn mit Stör- oder Verzögerungsmanövern zu rechnen ist.
C. Praktische Bedeutung der Universalversammlung
8 In der Praxis halten Einpersonengesellschaften, Gesellschaften mit kleinem Aktionariat sowie Konzernuntergesellschaften mit hundertprozentiger Beteiligung ihre Generalversammlungen in der Regel als Universalversammlungen ab.
9 Bei Gesellschaften mit breit gestreutem Aktionärskreis ist es demgegenüber in aller Regel nicht möglich, alle Aktien in einer Versammlung zu versammeln. Entsprechend ist es praktisch ausgeschlossen, für solche Gesellschaften eine Universalversammlung durchzuführen.
10 Ebenso ist die Durchführung einer Universalversammlung aufgrund der gesetzlichen Schutzvorschriften zugunsten der Partizipanten in aller Regel nicht möglich, wenn die Gesellschaft Partizipationskapital ausgegeben hat.
II. Voraussetzungen einer Universalversammlung
11 Für eine gültige Universalversammlung ist nach Art. 701 Abs. 1 OR zweierlei notwendig:
Alle Aktionäre der Gesellschaft sind fortlaufend anwesend bzw. rechtsgültig vertreten.
Kein Aktionär bzw. kein Vertreter erhebt Widerspruch gegen die Durchführung der Universalversammlung.
A. Anwesenheit oder Vertretung aller Aktien
1. Fortlaufende Anwesenheit aller Aktien
12 Für eine rechtsgültige Universalversammlung wird erstens verlangt, dass alle Aktionäre fortlaufend anwesend oder rechtsgültig vertreten sind.
13 Sind alle Aktien in der Hand eines Aktionärs vertreten, genügt es für eine Universalversammlung damit im Extremfall, dass nur ein Aktionär bzw. nur ein Vertreter anwesend ist und die Versammlung durchführt.
14 Verlangt wird nur Präsenz des Aktionärs oder seines Vertreters. Aktive Mitwirkung an der Versammlung, etwa durch Stimmausübung, wird für eine gültige Universalversammlung nicht vorausgesetzt.
2. Verlassen der Versammlung
15 Die Anwesenheit sämtlicher Aktien ist für die ganze Dauer der Universalversammlung erforderlich.
16 Nach dem Weggang kann zwar an der Zusammenkunft der verbleibenden Aktionäre weiterhin unverbindlich verhandelt werden. Generalversammlungsbeschlüsse können aber nicht mehr gültig gefasst werden (zu den Folgen unten N 33 ff.).
17 Sind zu Beginn der Versammlung nicht alle Aktien vertreten (oder verlässt ein Aktionär die Versammlung), kann nach der Ankunft oder Rückkehr des letzten Aktionärs die Versammlung (wieder) als Universalversammlung geführt werden.
3. Schriftliche Zustimmung?
18 Ein abwesender Aktionär kann nicht im Voraus oder im Nachhinein den Beschlüssen einer Universalversammlung schriftlich zustimmen, obschon das in der Praxis immer wieder versucht wird.
4. Anwesenheit des Verwaltungsrats?
19 Für die Gültigkeit der Universalversammlung ist nur die Präsenz aller Aktionäre (oder deren Vertreter) notwendig, nicht hingegen die Anwesenheit der Mitglieder des Verwaltungsrates, auch wenn sie nach Art. 702a OR berechtigt sind, an der Versammlung teilzunehmen und Anträge zu stellen.
B. Kein Widerspruch
20 Bei der Universalversammlung verzichten die Aktionäre auf die Beachtung von Einberufungsformalitäten.
1. Form des Widerspruchs
21 Der Widerspruch des Aktionärs oder dessen Vertreters ist an keine Form gebunden. Der Aktionär (oder Vertreter) hat den Widerspruch jedoch klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen.
2. Inhalt des Widerspruchs
22 Der Widerspruch des Aktionärs (oder dessen Vertreters) kann sich gegen die Durchführung der Universalversammlung oder gegen die Beschlussfassung über ein bestimmtes Traktandum richten.
23 Unzulässig ist hingegen ein Widerspruch gegen einzelne Anträge zu einem Traktandum.
24 Ebensowenig ist es zulässig, den Widerspruch bedingt zu erklären. So kann ein Aktionär beispielsweise den Verzicht auf den Widerspruch zu einem Traktandum nicht vom Ergebnis der Abstimmung abhängig machen.
3. Zeitpunkt des Widerspruchs
25 Der Widerspruch des Aktionärs (oder Vertreters) kann vor oder während der Versammlung erfolgen.
26 Wurde der Widerspruch vor der Versammlung erhoben, nimmt der Aktionär oder dessen Vertreter aber an der Versammlung teil, hat er seinen Widerspruch zu wiederholen. Ansonsten ist durch die rügelose Teilnahme des Aktionärs grundsätzlich ein Verzicht auf Widerspruch anzunehmen.
27 Während der Versammlung kann der Aktionär oder sein Vertreter seinen Widerspruch zu Protokoll geben.
III. Folgen
A. Verzicht auf Einberufungsformalitäten
28 Wenn die obgenannten beiden Voraussetzungen für die Durchführung der Universalversammlung gegeben sind, kann die Generalversammlung ohne die für ihre Einberufung vorgeschriebenen Vorschriften abgehalten werden (Art. 701 Abs. 1 OR). Die formellen Erleichterungen der Universalversammlung beschränken sich aber nur auf die gesetzlichen und statutarischen Einberufungsvorschriften.
29 Im Übrigen sind die gesetzlichen und statutarischen Vorschriften, die auf die Generalversammlung anwendbar sind, auch für die Universalversammlung ohne Einschränkungen einzuhalten.
30 Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 701 Abs. 1 OR vor, kann irgendeine Zusammenkunft der Aktionäre (bzw. deren Vertreter) grundsätzlich zu einer Generalversammlung erklärt werden.
31 Aber nicht jede informelle Zusammenkunft aller Aktionäre der Gesellschaft stellt ohne Weiteres eine Universalversammlung dar.
B. Heilung von Einberufungsmängel
32 Wurde eine "gewöhnliche" Generalversammlung einberufen, war aber die Einberufung fehlerhaft, weil etwa die Einberufungsfrist nicht eingehalten oder die Traktanden nicht rechtsgenüglich genannt wurden, werden mit der Durchführung einer Universalversammlung die Einberufungsfehler geheilt.
IV. Voraussetzungen nicht gegeben
A. Nichtigkeit
33 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung leiden Beschlüsse, die an einer "Universalversammlung" gefasst wurden, obschon nicht alle Aktien an der Versammlung anwesend oder vertreten waren, unter einem schweren formellen Mangel und sind nichtig (Art. 706b Ziff. 1 OR).
34 Die Nichtigkeit eines Beschlusses ist vom Gericht jederzeit von Amtes wegen festzustellen.
35 Die Nichtigkeit kann auch im Rechtsmittelverfahren festgestellt werden, namentlich auch vom Bundesgericht. Das Bundesgericht beurteilt aber die Nichtigkeit eines Generalversammlungsbeschlusses als privatrechtliches Rechtsgeschäft nur insoweit, als sich die Nichtigkeit auf den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt stützen lässt oder eine rechtsgenügliche Sachverhaltsergänzung verlangt wird.
B. Konversion in eine gewöhnliche Generalversammlung
36 Verlässt ein Aktionär oder dessen Vertreter die Versammlung, kann diese in eine "gewöhnliche" Generalversammlung konvertiert werden.
37 Der Wechsel von einer Universalversammlung zu einer "gewöhnlichen" Generalversammlung ist im Protokoll der Versammlung festzuhalten. Wird die Versammlung als "gewöhnliche" Generalversammlung weitergeführt, gelten die gewöhnlichen Einberufungsschriften. Insbesondere beschränkt sich der Kreis der Geschäfte, über welche die Generalversammlung beschliessen kann, auf die in der Einladung erwähnten Verhandlungsgegenstände.
V. Protokoll und Verhandlungsleitung
38 Die Tatsache, dass alle Aktionäre bzw. deren Vertreter anwesend sind und niemand Widerspruch erhebt, ist im Protokoll der Universalversammlung festzuhalten.
39 Wurde Widerspruch gegen die Universalversammlung als Ganzes oder gegen einzelne Traktanden erhoben, ist dies zu protokollieren. Dem Vorsitzenden der Universalversammlung ist zu empfehlen, allfällige Unklarheiten bezüglich des Widerspruches zu klären und für Rechtsklarheit zu sorgen. Ist die Aussage des Aktionärs nicht eindeutig, sollte der Vorsitzende beim Aktionär oder dessen Vertreter nachfragen, ob er Widerspruch erhebt und wenn ja, gegen was genau (gegen die Universalversammlung als Ganzes oder gegen welches konkrete Traktandum).
40 Erhebt ein Aktionär unzulässigerweise Widerspruch gegen einen Antrag (dazu oben N 23), ist es auch am Verhandlungsleiter, den Aktionär aufzuklären und nachzufragen, ob sich der Widerspruch gegen das ganze Traktandum richte. Sollte dies der Fall sein, ist die Verhandlung ohne das strittige Traktandum abzuhalten (dazu oben N. 22). Zieht der Aktionär seinen Widerspruch zurück, ist die Universalversammlung ohne Weiteres fortzuführen. Hält der Aktionär oder Vertreter demgegenüber (unzulässigerweise) an seinem Widerspruch gegen einen einzelnen Antrag fest, ist die Erklärung als Widerspruch gegen das gesamte Traktandum zu interpretieren.
VI. Ausblick auf das revidierte Aktienrecht
41 Das revidierte Aktienrecht 2020 ändert an der bisherigen Norm von Art. 701 Abs. 1 und 2 OR nichts Inhaltliches. Im Absatz 1 des revidierten Art. 701 OR findet einzig eine begriffliche Klärung statt, indem der Begriff der "Formvorschriften" durch "Vorschriften" ersetzt wird. Das vor der Hintergrund, dass mit der Universalversammlung nicht nur von Formvorschriften abgewichen werden kann, sondern auch von anderen Vorschriften, etwa bezüglich Einberufungsfristen.
42 Neu ist hingegen der Absatz 3 von Art. 701 OR. Unter dem geltenden Recht gibt es keine Möglichkeit, eine Generalversammlung unter Abwesenden durchzuführen, Zirkularbeschlüsse sind unzulässig.
Literaturverzeichnis
Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht) vom 23. November 2016, BBl 2017 S. 399 ff., abrufbar unter https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2017/399.pdf.
Böckli Peter, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2009.
Bürgi F. Wolfhart, Zürcher Kommentar, Band V/5b/2, Zürich 1969.
Dubs Dieter / Truffer Roland, in: Honsell Heinrich / Vogt Nedim Peter / Watter Rolf (Hrsg.), Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl., Basel 2016.
Forstmoser Peter / Meier-Hayoz Arthur / Nobel Peter, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996.
Frick Bruno / Stäheli Thomas, in: Wibmer Jeannette K. (Hrsg.), Aktienrecht – Kommentar, Zürich 2016.
Meier-Hayoz Arthur / Forstmoser Peter / Sethe Rolf, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 12. Aufl., Bern 2018.
Peter Henry / Cavadini Francesca, in: Tercier Pierre / Amstutz Marc / Trigo Trindade Rita (Hrsg.), Commentaire Romand, Code des Obligations II, 2. Aufl., Basel 2017.
Studer Christoph D., Die Einberufung der Generalversammlung der Aktiengesellschaft, Diss., Bern 1995.
Tanner Brigitte, in: Handschin Lukas (Hrsg.), Zürcher Kommentar, Art. 698 – 726 und Art. 731b OR, 3. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2018 (zitiert: ZK-Tanner).
dieselbe, in: Roberto Vito / Trüeb Hans Rudolf, Handkommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Personengesellschaften und Aktiengesellschaft / Vergütungsverordnung, 3. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2016 (zitiert: CHK-Tanner).
Von der Crone Hans Caspar, Aktienrecht, 2. Aufl., Bern 2020, ebenfalls abrufbar unter: https://www.aktienrechtweb.ch.
Von Steiger Fritz, Die sog. Universalversammlung der Aktionäre, SAG 12 (1939/1940), S. 193 ff.