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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
MEDIZINPRODUKTEVERORDNUNG
GELDWÄSCHEREIGESETZ
I. Kontext und Zweck
1 Art. 97 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) eröffnet das Kapitel über die Folgen der Nichterfüllung, das die Art. 97 bis 109 OR umfasst. Dieses Kapitel beginnt mit Art. 97 OR, der den Grundsatz festlegt, dass ein Schuldner verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, der durch die Nichterfüllung einer bestimmten Verpflichtung entsteht.
2 Für eine nicht fachkundige oder ausländische Leserschaft mag die Sprache von Art. 97 OR in verschiedener Hinsicht eigentümlich sein:
1. Er bezieht sich allgemein auf „eine Verpflichtung“ und nicht speziell auf eine vertragliche Verpflichtung. Dies liegt daran, dass das Schweizer Privatrecht auf einer allgemeinen Theorie des „Schuldrechts“ basiert, in der Verträge nur eine von drei Quellen sind, aus denen Verpflichtungen entstehen können (unerlaubte Handlungen [Art. 41 ff. OR] und ungerechtfertigte Bereicherung [Art. 62 OR] sind die beiden anderen Quellen). Obwohl der Leser das Wort „Vertrag“ darin nicht findet, gelten sowohl Art. 97 OR und die folgenden Art. 98-109 OR direkt und spezifisch auf jede Situation einer Vertragsverletzung anwendbar sind, es sei denn, (i) die Parteien haben eine andere Haftungsregelung für Vertragsverletzungen vorgesehen (soweit dies gesetzlich zulässig ist) und/oder (ii) das Obligationenrecht (oder ein anwendbares internationales Übereinkommen wie das CISG) sieht bei bestimmten Vertragsarten (z. B. Kaufvertrag, Mietvertrag, Agenturvertrag usw.) (sogenanntes Prinzip „Lex specialis derogat lex generalis“).
2. Art. 97 OR befasst sich offiziell mit den „Folgen der Nichterfüllung“ einer solchen Verpflichtung, scheint sich dann aber nur auf eine dieser möglichen Folgen zu konzentrieren, nämlich die Pflicht, durch die Nichterfüllung entstandene Schäden zu beheben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Pflicht zum Ersatz eines Schadens das einzige Rechtsmittel ist, das im Falle einer Nichterfüllung zur Verfügung steht. Insbesondere das Recht eines Gläubigers, von einem säumigen Schuldner eine bestimmte Leistung zu verlangen, ist in Art. 97 OR implizit enthalten und wird von der Schweizer Rechtsprechung weitgehend anerkannt. Weitere Rechte sind in den Artikeln nach Art. 97 OR festgelegt, wie z. B. das Recht auf Ersatzleistung durch einen Dritten (Art. 98 OR) oder das Recht auf Kündigung des Vertrags (Art. 107 ff. OR).
3. Art. 97 OR legt auch nicht fest, welche Art von „Nichterfüllung“ gemeint ist. Es ist allgemein anerkannt, dass Art. 97 OR für alle Arten von nicht ordnungsgemäßer Leistung (sogenannte „Leistungsstörungen“) gilt, einschließlich verspäteter Leistung (sogenannter „Verzug“, Demeure, siehe Art. 102 ff. OR), unvollständiger Leistung, mangelhafter Leistung oder jeder anderen Art von tatsächlicher Verletzung oder Nichteinhaltung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen („positive Vertragsverletzung“).
4. Ein juristischer Laie oder ein ausländischer Leser könnte sich außerdem fragen, warum Art. 97(2) OR inmitten von Bestimmungen über Vertragsverletzungen auf das Verfahren des Schuldbetreibungsrechts verweist. Der Grund dafür ist, dass das Schweizer Recht einen ganz besonderen Mechanismus zur Durchsetzung von Geldschulden vorsieht, der es einem Gläubiger, der einen bestimmten Titel zur Begründung einer Geldforderung besitzt, ermöglicht, diese Forderung gegen den Schuldner direkt im Rahmen des Schuldbetreibungsverfahrens durchzusetzen, ohne unbedingt auf einen Gerichtsstreit zurückgreifen zu müssen, um Schadenersatz gemäß Art. 97 OR geltend zu machen. Ob es notwendig sein wird, den Schadenersatzanspruch zunächst durch ein Gerichtsverfahren durchzusetzen, hängt letztlich von der Art des Titels ab, den der Gläubiger besitzt, und davon, ob der Schuldner sich der Zwangsvollstreckung widersetzt.
3 Bemerkenswert ist ferner, dass Art. 97 ff. OR, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, die weiter unten behandelt werden, kein zwingendes Recht darstellen. Die Parteien können daher grundsätzlich von der in diesen Bestimmungen festgelegten Haftungsregelung abweichen.
4 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Art. 97 ff. OR die Standardbestimmungen darstellen, die bei Vertragsverletzungen gelten, wenn weder der Vertrag selbst noch das Schweizerische Obligationenrecht (oder ein anwendbares internationales Übereinkommen) eine andere spezifische Bestimmung für den betreffenden Vertrag vorsieht.
5 Art. 97 ff. OR gelten nicht direkt für die Verletzung potenzieller vorvertraglicher Verpflichtungen, wie z. B. die Pflicht, Verhandlungen nach Treu und Glauben zu führen. Die vorvertragliche Haftung, auch „culpa in contrahendo“ genannt, unterliegt nach der derzeit vorherrschenden Doktrin und Rechtsprechung hauptsächlich dem Deliktsrecht, wobei bestimmte Bestimmungen des vorliegenden Kapitels analog angewendet werden können. Im Gegensatz dazu gilt Art. 97 ff. OR im Allgemeinen für Verstöße gegen nachvertragliche Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag ergeben und über dessen Beendigung hinaus bestehen.
II. Allgemeiner Standard der vertraglichen Haftung
6 Nach Schweizer Recht unterliegt die vertragliche Haftung, verstanden als die Pflicht, einen Schaden zu ersetzen, der aus einer nicht ordnungsgemäßen Vertragserfüllung resultiert, vier grundlegenden Anforderungen:
1. eine Nichterfüllung einer bestimmten vertraglichen Verpflichtung, d. h. eine Vertragsverletzung;
2. ein Schaden;
3. ein Kausalzusammenhang zwischen der Nichterfüllung und dem Schaden;
4. ein fehlerhaftes Verhalten der nichterfüllenden Partei.
A. Eine Nichterfüllung
7 Wie oben erwähnt, umfasst der Begriff „Nichterfüllung“ in Art. 97 OR alle Arten der Nichteinhaltung vertraglicher Standards. Mit anderen Worten gilt jede Abweichung von einer vertraglichen Pflicht oder, falls keine spezifische vertragliche Pflicht besteht, von einer für den betreffenden Vertrag geltenden gesetzlichen Pflicht als „Nichterfüllung“ im Sinne von Art. 97 OR.
8 Art. 97 OR macht auch keine Unterscheidung hinsichtlich der Art der verletzten Pflicht. Insbesondere unterscheidet Art. 97 OR nicht zwischen sogenannten „Hauptpflichten“ (obligations principales), die die charakteristischen Pflichten eines bestimmten Vertrags sind (z. B. Lieferung eines Gegenstands gegen Zahlung seines Preises in einem Kaufvertrag oder Geldtransfer gegen Zinszahlung in einem Darlehensvertrag), und „Nebenpflichten“ (Nebenpflichten / obligations secondaires), die die Hauptpflichten umgeben, wie z. B. eine Exklusivitäts-, Wettbewerbsverbots- oder Vertraulichkeitspflicht usw. Es wird auch nicht zwischen Pflichten unterschieden, die aus einem aktiven Verhalten (etwas tun) oder einem passiven Verhalten (etwas tolerieren oder nicht tun) bestehen.
9 Art. 97 OR unterscheidet auch nicht zwischen verschiedenen Schweregraden von Verstößen. Obwohl es in der Praxis üblich ist, dass die Parteien je nach Schwere des Verstoßes unterschiedliche Konsequenzen festlegen, z. B. im Falle eines „wesentlichen Verstoßes“, kennt Art. 97 OR keine solche Unterscheidung. Alle Arten von Nichterfüllung werden zunächst gleich behandelt. Wird ein Schuldner jedoch auf seine Nichterfüllung hingewiesen und weigert er sich, diese innerhalb der vertraglichen oder gesetzlichen Frist zu beheben (sogenannter „Verzug des Schuldners“, Verzug / Demeure), so hat der Gläubiger eine größere Auswahl an Rechtsbehelfen, einschließlich des Rechts auf Kündigung und/oder zusätzlichen Schadensersatz (siehe Art. 102 ff.).
10 Darüber hinaus sind bei der Feststellung des Vorliegens einer Nichterfüllung die tatsächlichen Ursachen dieser Nichterfüllung irrelevant. Es gibt nur zwei Ausnahmen von diesem Grundsatz:
1. Ursprüngliche und vollständige Unmöglichkeit: Wenn die Erfüllung einer Verpflichtung von Anfang an, d. h. bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, objektiv und vollständig unmöglich war, ist die Verpflichtung selbst ab initio auf der Grundlage von Art. 20 OR ungültig und es ist keine Leistung fällig. Wird die Leistung erst nach Vertragsabschluss unmöglich, findet Art. 20 OR keine Anwendung. Tritt das Ereignis, das die Unmöglichkeit der Leistung verursacht, nach Vertragsabschluss ein und liegt außerhalb des Einflussbereichs des Schuldners, sieht Art. 119(1) OR vor, dass die betreffende Verpflichtung erlischt, was bedeutet, dass der Schuldner von der Leistungspflicht befreit ist und bereits erhaltene Leistungen zurückerstatten muss (Art. 119(2) OR). Somit befasst sich Art. 119 OR mit dem, was gemeinhin als „höhere Gewalt“ bezeichnet wird, auch wenn Art. 119 OR keine spezifische Definition dafür enthält und sich stattdessen auf das Ergebnis konzentriert: die objektive Unmöglichkeit der Leistung aufgrund externer Faktoren. Es ist zu beachten, dass Art. 119 OR kein zwingendes Recht ist und die Parteien daher in ihrem Vertrag von dieser Regel abweichen können, indem sie einer Partei bestimmte Risiken zuweisen, unabhängig von deren Einfluss auf die Verwirklichung dieses Risikos (Art. 119(3) OR). Weitere Einzelheiten zum Mechanismus der nachträglichen Unmöglichkeit nach Schweizer Recht finden Sie im Kommentar zu Art. 119 OR. Wenn weder Art. 20 OR noch Art. 119 OR anwendbar sind, wird eine Unmöglichkeit der Leistung als Fall der Nichterfüllung nach Art. 97 OR behandelt.
2. Clausula Rebus Sic Stantibus: Wenn sich die ursprüngliche Situation und das dem Vertrag zugrunde liegende Interessenverhältnis auf unvorhergesehene Weise und in einem solchen Ausmaß geändert haben, dass die Erfüllung einer bestimmten Verpflichtung für den Schuldner untragbar geworden ist und das Beharren des Gläubigers auf einer solchen Erfüllung zu einem missbräuchlichen Ungleichgewicht zwischen den beiden Leistungen führen würde, kann ein Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit werden. Die Anforderungen der Clausula Rebus sind strenger als die Doktrin der Härte im englischen Recht und verlangen vom Schuldner, zunächst eine Neuverhandlung des Vertrags zu beantragen und, falls der Gläubiger dies ablehnt, eine Vertragsänderung vor Gericht durchzusetzen. Die Clausula Rebus gibt dem Schuldner kein direktes Recht, die Leistung zu verweigern.
11 Wenn Vertragsparteien Ausnahmen von der Pflicht zur Erfüllung bestimmter Verpflichtungen im Falle von Ereignissen höherer Gewalt oder Härtefällen schaffen wollen, müssen sie daher entsprechende Bestimmungen in ihren Vertrag aufnehmen und dabei besonders auf die Definition solcher Begriffe und ihre Folgen achten.
12 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle Arten von Verstößen gegen jegliche Art von vertraglichen Pflichten, unabhängig davon, ob sie sich aus dem Vertrag oder dem Gesetz ergeben, als „Nichterfüllung“ im Sinne von Art. 97 OR, unabhängig vom Grund für die Nichterfüllung. Ausnahmen von einer so weit gefassten Definition der Nichterfüllung sind möglich, müssen jedoch von den Parteien in ihrem Vertrag vorgesehen werden und unterliegen bestimmten gesetzlichen Beschränkungen (siehe unten Art. 100 OR).
B. Schaden
13 Der Schadensbegriff des schweizerischen Rechts ist sehr weit gefasst und umfasst jede unfreiwillige Verminderung des Vermögens einer Partei, die in einer tatsächlichen Verringerung des Nettowerts ihres Vermögens oder einer Erhöhung der Verbindlichkeiten bestehen kann. Diese Verminderung des Vermögens oder Erhöhung der Verbindlichkeiten wird als Differenz zwischen dem Stand der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, der ohne den Vertragsbruch bestanden hätte, und ihrem Stand mit dem Vertragsbruch gemessen (sog. „Differenztheorie“; Differenztheorie).
14 Obwohl die Definition von Schaden recht weit gefasst ist, liegt der Schwerpunkt auf finanziellen Schäden. Andere Arten von Schäden, die sich nicht in einen eindeutigen Geldwert umrechnen lassen, wie moralische Vorurteile, Rufschädigung oder entgangene Chancen, gelten nach Schweizer Recht im Allgemeinen nicht als Schaden und können daher nicht entschädigt werden.
Gemäß der allgemeinen Regel zur Beweislast (Art. 8 ZGB und Art. 42 OR) obliegt es der Partei, die einen Schaden geltend macht, (i) das Vorliegen eines solchen Schadens sowie (ii) dessen Umfang (d. h. die Quantifizierung) nachzuweisen.
15 In dieser Hinsicht weist das Schweizer Recht die folgenden Besonderheiten auf:
1. Grundsätzlich sind nach Schweizer Recht alle Arten von Schäden ersatzfähig, solange sie unter die oben genannte Definition von Schaden fallen. Das Schweizer Recht beschränkt den ersatzfähigen Charakter eines Schadens insbesondere nicht auf seine Einstufung als direkter oder indirekter Schaden oder als Folgeschaden. Diese Arten von Schäden fallen ebenfalls unter die allgemeine Definition von Schaden, und ihr ersatzfähiger Charakter hängt davon ab, ob sie einen adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Verstoß aufweisen, um ersatzfähig zu sein (siehe unten Abschnitt 2.3).
2. Der tatsächliche Schaden stellt die Obergrenze des potenziellen Schadenersatzes dar. Mit anderen Worten: Der fällige Schadenersatz darf den tatsächlichen Wert des entstandenen Schadens nicht übersteigen. Insbesondere kennt das Schweizer Recht den Begriff des „Strafschadensersatzes“, wie er in bestimmten Common-Law-Rechtsordnungen bekannt ist, nicht. Das Schweizer Recht erlaubt es den Parteien jedoch, vertragliche „Strafklauseln“ (Vertragsstrafe / Clause pénale) vorzusehen, die darauf abzielen, den Druck auf eine Partei zur Vertragserfüllung zu erhöhen, indem sie für den Fall eines Vertragsbruchs eine pauschale Vertragsstrafe vorsehen, wodurch der Gläubiger von der Beweislast für einen Schaden befreit wird. Diese Klauseln müssen jedoch vor dem Eintritt eines Schadens vorgesehen werden und können unter bestimmten Umständen vom Richter reduziert werden, sodass sie sich in ihrer Art und ihrem Zweck deutlich vom Konzept des „Strafschadensersatzes“ im Common Law unterscheiden (siehe Art. 163 OR).
Art. 97 OR hindert die Parteien auch nicht daran, die Art des Schadens vertraglich einzuschränken oder einen Schadenersatzbetrag festzulegen, der niedriger ist als der tatsächlich entstandene Schaden oder sich von diesem unterscheidet (sogenannte „vereinbarte Beträge“ oder „pauschalierter Schadenersatz“). Dies stellt jedoch eine Einschränkung des in Art. 97 OR festgelegten Standard-Haftungsregimes dar und unterliegt daher den in Art. 100 OR vorgesehenen Beschränkungen, auf die weiter unten eingegangen wird.
3. Die Tatsache, dass die Definition des Schadens weit gefasst ist, bedeutet nicht, dass eine Partei alle Arten von Schadenersatz gleichzeitig verlangen kann. Gemäß Art. 97 OR wird allgemein zwischen dem sogenannten „positiven Schaden“ oder „Erfüllungsinteresse“ (positives Vertragsinteresse, Erfüllungsinteresse / dommage positif) und dem „negativen Schaden“ oder „Nichterfüllungsinteresse“ (negatives Vertragsinteresse, Nichterfüllungsinteresse / dommage négatif) unterschieden.
Das Erfüllungsinteresse stellt den vollen Wert des ordnungsgemäß erfüllten Vertrags dar. Hier zielt die Entschädigung darauf ab, den Gläubiger in die Situation zu versetzen, in der er sich befunden hätte, wenn der Vertrag vollständig und ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Der Schaden ist somit die Differenz zwischen dem Status der Vermögenswerte und der Haftung des Gläubigers im Verletzungsszenario und dem Status, den dieser Status bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung gehabt hätte. Dazu gehören vor allem entgangene Gewinne (lucrum cessans), aber auch alle Kosten, die dem Gläubiger aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung entstehen (damnum emergens), wie z. B. zusätzliche Lagerkosten für Waren, Inspektionskosten, Reparaturkosten, Vernichtungskosten, Kosten für einen Produktrückruf, Strafen oder Schadensersatz, den der Gläubiger seinen eigenen Kunden im Zusammenhang mit verspäteten Lieferungen schuldet, usw.
Der Vertrauenszins stellt die tatsächlichen Kosten und Verluste dar, die sich aus dem nicht ordnungsgemäß erfüllten Vertrag ergeben. Hier zielt die Entschädigung darauf ab, den Gläubiger in die Situation zu versetzen, in der er sich befunden hätte, wenn der Vertrag nie abgeschlossen worden wäre. Der Schaden ist somit die Differenz zwischen dem Status des Gläubigers im Verletzungsszenario und seinem Status vor Vertragsabschluss.
Nach Schweizer Recht ist es nicht möglich, sowohl die Erfüllung als auch das Vertrauensinteresse geltend zu machen; der Gläubiger kann nur eine dieser beiden Schadensarten geltend machen. Solange der Vertrag in Kraft bleibt, kann der Gläubiger nur das Erfüllungsinteresse geltend machen. Entscheidet sich der Gläubiger für eine Vertragsauflösung, kann er nur das Vertrauensinteresse geltend machen (Art. 107-109 OR). Daher ist es für einen Gläubiger von entscheidender Bedeutung, die Vor- und Nachteile eines Anspruchs auf Erfüllungsinteresse gegenüber einem Anspruch auf Vertrauensinteresse sorgfältig abzuwägen, bevor er die spezifischen Rechtsbehelfe nach Art. 107 ff. OR in Anspruch nimmt.
C. Ein Kausalzusammenhang
16 Während bestimmte Rechtssysteme verlangen, dass ein Schaden „vorhersehbar“ ist, oder zwischen direkten und indirekten Schäden oder Folgeschäden unterscheiden, bezieht sich das Schweizer Recht auf das Konzept des „Kausalzusammenhangs“ (Kausalzusammenhang / lien de causalité). Damit ein Schaden zu einer Schadensersatzpflicht führt, müssen die Pflichtverletzung und der Schadenersatzanspruch in einem „Ursache-Wirkung“-Verhältnis stehen, das aus zwei verschiedenen Blickwinkeln beurteilt wird:
1. Es muss ein natürlicher Kausalzusammenhang (natürlicher Kausalzusammenhang / lien de causalité naturelle) bestehen: Das betreffende Verhalten, das den Vertragsbruch darstellt, muss die conditio sine qua non des Schadens sein. Mit anderen Worten: Ohne den Vertragsbruch wäre kein Schaden entstanden.
Beispiel: Ein Pharmaunternehmen verwendete bei der Herstellung eines Medikaments einen falschen Inhaltsstoff. Infolgedessen wurden Patienten krank und der Verkäufer musste das Medikament zurückrufen sowie seine Vertriebshändler und die Patienten entschädigen. Hätte der Hersteller den richtigen Inhaltsstoff verwendet, wären die Patienten nicht krank geworden und es wäre kein Rückruf oder eine Entschädigung erforderlich gewesen.
2. Dieser natürliche Kausalzusammenhang muss auch angemessen sein (adäquater Kausalzusammenhang / lien de causalité adequate): Dies bedeutet, dass das „pflichtwidrige Verhalten nicht nur die natürliche Ursache des Schadens sein muss, sondern auch nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung geeignet gewesen sein muss, eine Wirkung der eingetretenen Art hervorzurufen, so dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Ergebnisses durch das pflichtwidrige Verhalten allgemein erhöht worden zu sein scheint“. Obwohl anders konzipiert, unterscheidet sich der Test der adäquaten Kausalität nach Schweizer Recht in der Praxis nicht so sehr vom Test der „Vorhersehbarkeit“, der nach dem CISG oder anderen Gesetzen angewendet wird.
Beispiel: Nach allgemeiner Kenntnis und Erfahrung war zu erwarten, dass die Verwendung des falschen Inhaltsstoffs in dem Medikament dazu führen würde, dass Patienten krank werden und somit ein Produktrückruf erforderlich ist.
Wenn das verletzende Verhalten in einer Unterlassung besteht, muss der Kausalitätstest angepasst werden. Die relevante Frage ist dann, ob das schädigende Ergebnis nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung hätte vermieden werden können, wenn die betroffene Partei das erforderliche Verhalten an den Tag gelegt hätte (sogenannter „hypothetischer Kausalzusammenhang“).
D. Ein Verschulden
17 Um eine Schadensersatzpflicht nach Art. 97 OR auszulösen, reicht eine Vertragsverletzung allein nicht aus. Die Vertragsverletzung muss das Ergebnis eines fehlerhaften Verhaltens des Schuldners sein. Art. 97 OR begründet jedoch eine Verschuldensvermutung. Mit anderen Worten muss der Gläubiger nur nachweisen, dass eine Vertragsverletzung vorliegt. Diese Vertragsverletzung wird dann als Folge eines fehlerhaften Verhaltens vermutet, und es ist Sache des Schuldners, nachzuweisen, dass ihm bei der Begehung der Vertragsverletzung kein Verschulden zur Last gelegt werden kann (sogenannter „Exkulpationsbeweis“/„Preuve exculpatoire“).
18 Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Haftungsstandard für internationale Kaufverträge nach dem CISG, bei dem ein Verschulden keine Voraussetzung für die Haftung bei Vertragsverletzung ist.
19 Das Konzept des Verschuldens wird dann in Art. 99 OR weiter behandelt.
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