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STRAFPROZESSORDNUNG
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ZIVILGESETZBUCH
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SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Entstehungsgeschichte
- II. Kontext der Bestimmung
- III. Normgehalt im Einzelnen
- Literaturverzeichnis
I. Entstehungsgeschichte
1 Art. 32 IRSG trat mit dem Rechtshilfegesetz am 31. Dezember 1982 in Kraft.
2 Die Auslieferung mutmasslicher oder verurteilter Delinquenten von einem Souverän (heute: Staat) an einen anderen, die Gegenstand der Art. 32 ff. IRSG bildet, hat eine lange Geschichte,
3 Art. 1 des Auslieferungsgesetzes von 1892 kann als Vorgängerbestimmung des Art. 32 IRSG angesehen werden. Der Bundesrat scheint in seiner Botschaft von 1976 davon ausgegangen zu sein, dass Art. 28 E-IRSG (später Art. 32 IRSG) im Vergleich zum früheren Recht keine Änderung bewirkt.
II. Kontext der Bestimmung
4 Mit Art. 32 IRSG beginnt der Zweite Teil des Rechtshilfegesetzes, der die Auslieferung regelt. Noch 1976 hielt der Bundesrat fest, dass sie «als die wichtigste Form der internationalen Zusammenarbeit zu betrachten» sei.
5 Innerhalb des Zweiten Teils des IRSG steht Art. 32 am Anfang des 1. Kapitels, das die Voraussetzungen der Auslieferung regelt. Dabei greift Art. 32 IRSG das auslieferungsrechtliche Inländerprivileg des Art. 7 Abs. 1 IRSG wieder auf, indem seinem Wortlaut nach nur «Ausländer» ausgeliefert werden können (dazu N. 12 ff.), und zeichnet den durch Art. 35 IRSG konkretisierten Auslieferungsgrund einer bestimmten Straftat (Auslieferungsdelikt) vor (dazu N. 21 ff.).
6 Wie alle anderen Verfahren der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen untersteht die Auslieferung den Allgemeinen Bestimmungen des Rechtshilfegesetzes (Art. 1 ff. IRSG).
7 Zu beachten ist das Verhältnis des Art. 32 IRSG zu international-vertraglichen und kantonalrechtlichen Bestimmungen. Nach Art. 1 Abs. 1 IRSG gehen Bestimmungen in Auslieferungsverträgen dem IRSG und damit auch dessen Art. 32 vor.
III. Normgehalt im Einzelnen
8 Art. 32 IRSG können zwei Funktionen zugeschrieben werden: Zum einen trägt die Norm dazu bei, die Definition der Auslieferung im geltenden Recht zu klären (A.), zum anderen stellt sie erste Voraussetzungen für die Auslieferung auf (B.), die durch die darauffolgenden Artikel des Rechtshilfegesetzes ergänzt werden.
9 Art. 32 IRSG ist als «Kann-Vorschrift» formuliert; eine Pflicht zur Auslieferung begründet er nicht. Damit spiegelt Art. 32 IRSG den in Art. 1 Abs. 4 IRSG enthaltenen Grundsatz wider, wonach auf dem Rechtshilfegesetz kein Anspruch auf Zusammenarbeit abgeleitet werden kann.
A. Konkretisierung des Auslieferungsbegriffs
10 Art. 32 IRSG lässt Rückschlüsse auf den Begriff der Auslieferung zu, den das Rechtshilfegesetz zugrunde legt. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft von 1976 zu diesem Gesetz ausführte, bedeutete «ausliefern» unter dem Regime des Auslieferungsgesetzes von 1892 «die Überantwortung des Verfolgten an den ersuchenden Staat zur Strafverfolgung oder -vollstreckung wegen Taten, die der (originären) Gerichtsbarkeit dieses Staates unterliegen».
B. Formulierung erster Voraussetzungen für die Auslieferung
11 Dem Wortlaut des Art. 32 IRSG können folgende erste, von den anschliessenden Gesetzesbestimmungen zu ergänzende Voraussetzungen für die Auslieferung entnommen werden:
1. Ausländer
12 Erstens muss es sich bei der betroffenen Person grundsätzlich um einen Ausländer handeln. Dies folgt sowohl aus der Sachüberschrift als auch aus dem Wortlaut des Art. 32 IRSG in allen drei Amtssprachen. Dass prinzipiell nur Ausländer ausgeliefert werden können (Inländerprivileg), ergibt sich zudem aus Art. 25 Abs. 1 zweiter Teilsatz BV und Art. 7 Abs. 1 IRSG.
13 Den beiden letztgenannten Vorschriften ist zu entnehmen, dass für die Möglichkeit der Auslieferung nicht der Besitz einer ausländischen Staatsbürgerschaft (des ersuchenden
14 Massgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem die Auslieferungsvoraussetzungen beurteilt werden bzw. die Vollstreckung der Auslieferung stattfindet (und nicht etwa der Zeitpunkt der Tat).
15 Entgegen dem, was der Wortlaut des Art. 32 IRSG vermuten lassen könnte, ist eine Auslieferung von Schweizer Staatsangehörigen nicht per se ausgeschlossen, sondern möglich, wenn diese in die Auslieferung einwilligen (Art. 25 Abs. 1 zweiter Teilsatz BV; Art. 7 Abs. 1 IRSG; s.a. Art. 54 IRSG).
16 Weitere Fälle, in denen Schweizer Staatsangehörige nach aussen übergeben werden können, sind die Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof (vgl. Art. 16 Abs. 3 ZISG), die Durchlieferung (Art. 7 Abs. 2, Art. 20a IRSG),
2. Übergabe an einen anderen Staat
17 Zweitens muss die Übergabe an einen anderen Staat erfolgen. Dem Gesetzeswortlaut nach ist somit keine «Auslieferung» im Sinne des IRSG möglich an schweizerisch-innerstaatliche Behörden – wie schon der Titel und Kontext des IRSG nahelegen –, an nicht als Staaten konstituierte Gemeinschaften oder an inter- oder supranationale Organisationen (s. zu solchen Organisationen aber N. 19). Allerdings billigte das Bundesstrafgericht in BStGer 2008 61 die Auslieferung an die United Nations Interim Administration Mission in Kosovo.
18 Die Konstitution als Staat setzt nach der völkerrechtlich anerkannten Drei-Elemente-Lehre ein Staatsgebiet, ein Staatsvolk und die Staatsgewalt voraus.
19 Die am 1. Juni 2021 in Kraft getretene Änderung des Art. 1 IRSG
20 Indem Art. 32 IRSG von «übergeben» spricht, wird implizit vorausgesetzt, dass sich die betroffene Person im Inland befindet.
3. Anlasstat
21 Drittens muss die Übergabe aufgrund einer Handlung, die der andere Staat ahnden kann, erfolgen. Während der italienische Gesetzeswortlaut mit «atti» wie der deutsche von Handlungen spricht, schliesst der französische mit «infraction» bereits den Rechtsbruch ein, ist dafür aber bezüglich der Art desselben offener, da er auch die Unterlassung auf Anhieb einzuschliessen vermag. Doch sind auch die «Handlungen» bzw. «atti» in Art. 32 IRSG in einem weiten, sowohl Tun als auch Unterlassen umfassenden Sinn zu verstehen. Diese Auslegung steht im Einklang mit Art. 35 IRSG, der festlegt, welche Eigenschaften die Anlasstat überdies aufzuweisen braucht, und von «[D]elikte[n]» und «Tat» («infractions»/«reati») spricht, ohne eine Beschränkung auf Begehungsdelikte vorzusehen.
22 Soweit Art. 32 IRSG verlangt, dass der andere Staat die fragliche Handlung «ahnden kann» («a le droit de connaître de»/«può reprimere»), ist damit gemeint, dass er Strafhoheit (Strafgewalt) über sie besitzen muss,
23 Grundsätzlich ist unerheblich, auf welche völkerrechtliche Grundlage sich der andere Staat zur Begründung seiner Strafhoheit beruft, z.B. ob auf das Territorialitätsprinzip oder das Schutzprinzip (s. zum Universalitätsprinzip N. 27 ff.). Allerdings folgt aus dem Reziprozitätsgrundsatz, dass es eine solche sein muss, auf Grund derer die Schweiz von ihm die Auslieferung verlangen könnte.
24 Fiolka verlangt ausserdem, dass die Tat im anderen Staat strafbar und dass dessen Recht auf sie anwendbar sei sowie dass die ausländischen Behörden für die «Ahndung» der Tat zuständig seien.
25 Die Rechtsprechung legt einen zurückhaltenden Beurteilungsmassstab an. Danach ist die Rechtshilfe bzw. Auslieferung (nur) dann zu verweigern, wenn das Fehlen der Strafhoheit des anderen Staates derart offensichtlich ist, dass dessen Ersuchen als missbräuchlich bzw. dessen Bejahung der eigenen Zuständigkeit als willkürlich erscheint.
26 Der erwähnte von der Rechtsprechung angewandte sehr rechtshilfefreundliche Massstab
27 Wie ist mit einem Auslieferungsgesuch umzugehen, bei dem sich der ersuchende Staat zur Begründung seiner Strafhoheit auf das Universalitätsprinzip (Weltrechtsprinzip) beruft? Es sind zwei Konstellationen zu unterscheiden.
28 Befand sich der mutmassliche Täter zuvor nicht im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates, so handelt es sich eindeutig um einen Fall des sog. uneingeschränkten Universalitätsprinzips (auch absolutes, reines oder echtes Universalitätsprinzip genannt), wonach die Anwesenheit des Täters im Hoheitsgebiet der Strafverfolgungsbehörde nicht erforderlich ist.
29 Freilich: Auch wenn – wie in der hier diskutierten Konstellation – der ersuchende Staat seine Strafhoheit letztlich nicht auf bestehendes Völkerrecht stützen kann, wird sein Ersuchen umso weniger als missbräuchlich erscheinen, je mehr dies (hier: die Tragweite des Universalitätsprinzips) umstritten ist. In Anwendung des – nicht überzeugend begründeten (s. N. 25) – sehr rechtshilfefreundlichen Massstabs des Bundesgerichts könnte daher einem auf das uneingeschränkte Universalitätsprinzip gestützten Ersuchen vielleicht dennoch entsprochen werden.
30 Befand sich der präsumierte Täter zunächst auf dem Territorium des ersuchenden Staates, der eine Untersuchung gegen ihn einleitete, und verliess er anschliessend dieses Staatsgebiet, so kann argumentiert werden, dass ein Fall des eingeschränkten Universalitätsprinzips vorliegt. Ob dieses Prinzip im Völkerrecht diesen Fall tatsächlich abdeckt oder ob die Strafhoheit mit dem Verlassen des Staatsgebietes erlischt, bedarf einer völkergewohnheitsrechtlichen Untersuchung, die hier nicht zu leisten ist. Das Auslieferungsersuchen erscheint in dieser Konstellation jedenfalls noch weniger missbräuchlich und wird – vorbehältlich anderer Ablehnungsgründe – schon deshalb zu bewilligen sein, weil die Schweiz in der gleichen Konstellation selber die Strafhoheit in Anspruch nimmt und Auslieferungsersuchen an das Ausland stellt.
31 Schliesslich sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass die in Frage stehende Handlung von der betroffenen Person selbst getätigt worden sein muss. Hierauf ist sogleich zurückzukommen (N. 32).
4. Zweck der Übergabe: Strafverfolgung oder Vollzug einer freiheitsbeschränkenden Sanktion
32 Viertens muss die Übergabe zur Strafverfolgung oder zum Vollzug einer freiheitsbeschränkenden Sanktion erfolgen. Damit wird Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG wieder aufgegriffen. Ein anderer Zweck, etwa die Durchführung von Zivil- oder Verwaltungsverfahren oder die Einvernahme in einem anderen Strafverfahren (gegen Dritte) im betreffenden Ausland, fällt ausser Betracht.
33 Die Auslieferung zur Strafverfolgung dient der Festnahme und Übergabe einer in einem ausländischen Strafverfahren beschuldigten Person, damit die ausländischen Justizbehörden ein Strafverfahren gegen sie durchführen können.
34 Aus Art. 35 Abs. 1 lit. a IRSG folgt, dass es auch in der Variante des Zwecks der Strafverfolgung (und nicht nur in derjenigen des Zwecks der Strafvollstreckung) um ein Delikt gehen muss, das eine gewisse Schwere aufweist. Die Bestimmung setzt nämlich ein Delikt voraus, das nach dem Recht sowohl der Schweiz als auch des ersuchenden Staates mit einer freiheitsbeschränkenden Sanktion im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Sanktion bedroht ist.
35 Die Auslieferung zum Vollzug einer freiheitsbeschränkenden Sanktion bezweckt die Festnahme und Übergabe einer Person an den anderen Staat, gegen die eine ausländische rechtskräftige und vollstreckbare Entscheidung zum Vollzug einer freiheitsbeschränkenden Sanktion vorliegt.
36 Eine Mindestdauer der zu vollstreckenden Strafe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
37 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts im Kontext des EAÜ ist die Auslieferung zur Vollstreckung einer bedingten Freiheitsstrafe nur dann möglich, wenn der bedingte Strafvollzug widerrufen wird (Suspensivbedingung).
5. Ersuchen
38 Fünftens muss entweder der andere Staat um Auslieferung ersuchen (vgl. Art. 27 ff. IRSG) oder auf Ersuchen der Schweiz die Strafverfolgung oder die Vollstreckung des Strafentscheides übernehmen. Die beiden letztgenannten Varianten setzen auch die ausdrückliche Einwilligung des anderen Staates in die Auslieferung voraus.
Der Autor dankt den Herausgebern des Onlinekommentars und einem anonymen Gutachter.
In diesem Kommentar wird das generische Maskulinum verwendet.
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