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Kommentierung zu
Art. 13 BV

Eine Kommentierung von Joel Drittenbass

Herausgegeben von Stefan Schlegel / Odile Ammann

defriten

I. Entstehungsgeschichte

A. Recht auf Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV)

1 Die Bundesverfassung kennt erst seit 1999 eine ausdrückliche, grundrechtliche Garantie der Privatsphäre, die in Art. 13 BV

unter dem Titel «Schutz der Privatsphäre» ihren Niederschlag findet.
Art. 13 Abs. 1 BV schützt – mit fast identischem Wortlaut wie Art. 8 Abs. 1 EMRK
– das Privat- und Familienleben, die Wohnung sowie den Brief-, Post- und Fernmeldeverkehr.
Die Bundesverfassung vom 12. September 1848 (BV 1848)
sowie die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (BV 1874)
enthielten demgegenüber keine allgemeine, integrale Garantie der Privatsphäre, sondern sie schützten lediglich gewisse Aspekte der Privatsphäre.
So schützte die BV 1848 beispielsweise in einem gewissen Umfang die Vertraulichkeit der Kommunikation, indem sie in Art. 33 Abs. 3 die Unverletzlichkeit des Postgeheimnisses statuierte.
Das Postgeheimnis wurde sodann in der BV 1874 durch das Telegraphengeheimnis (Art. 36 Abs. 4) erweitert.
Auch zahlreiche Kantonsverfassungen verankerten mit der Unverletzlichkeit der Wohnung ab 1830 einen wesentlichen Aspekt der Privatsphäre.
Einzelne Aspekte der Privatsphäre wurden demnach bereits vor 1999 verfassungsrechtlich auf eidgenössischer sowie kantonaler Ebene gewährleistet.

2 Bis zur Schaffung von Art. 13 BV wurde der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre in der Schweiz insbesondere durch die persönliche Freiheit gewährleistet, die 1963 vom Bundesgericht als ungeschriebenes Grundrecht anerkannt wurde.

In den Folgejahren erweiterte das Bundesgericht den Schutzbereich der persönlichen Freiheit auf die geistige Unversehrtheit (1964) sowie auf elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung (1971).
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung zur persönlichen Freiheit war massgeblich durch die EMRK und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) geprägt.
Die massgebenden Impulse für den grundrechtlichen Privatsphärenschutz in der Schweiz gingen – und gehen – demnach von der EMRK und der Konventionsrechtsprechung zu Art. 8 Abs. 1 EMRK aus.
Das Bundesgericht ist daher um eine harmonisierende Auslegung von Art. 13 Abs. 1 BV sowie Art. 8 Abs. 1 EMRK bemüht.

B. Datenschutzgrundrecht (Art. 13 Abs. 2 BV)

3 Art. 13 Abs. 2 BV schützt jede Person vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten. Vor 1999 war der grundrechtliche Anspruch auf Datenschutz in der Bundesverfassung – im Gegensatz zu gewissen Kantonsverfassungen – nicht ausdrücklich verankert. Das Bundesgericht anerkannte allerdings bereits unter der Bundesverfassung von 1874 datenschutzrechtliche Ansprüche, z.B. ein Auskunfts- und Berichtigungsrecht von Privaten bezüglich der sie betreffenden, von einer Behörde registrierten Daten.

4 Das Datenschutzrecht in der Schweiz wurde und wird wesentlich durch das internationale und europäische Datenschutzrecht geprägt.

So wird der Schutz der persönlichen Daten auch in für die Schweiz verbindlichen völkerrechtlichen Verträgen gewährleistet. Zu nennen sind hier insbesondere Art. 17 UNO-Pakt II sowie Art. 8 EMRK.
Massgebliche Impulse für das Schweizer Datenschutzrecht gehen zudem vom Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten («Europäische Datenschutzkonvention», DSK)
aus, weil die Schweiz datenschutzrechtliche Grundbegriffe (z.B. den Begriff der besonders schützenswerten Personendaten) sowie Grundprinzipien der DSK (namentlich die allgemeinen Datenbearbeitungsgrundsätze) ins nationale Datenschutzrecht überführt hat.

5 In jüngster Vergangenheit wurde das Schweizer Datenschutzrecht insbesondere durch die Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO)

beeinflusst, weil sich der Bundesgesetzgeber im Rahmen der Totalrevision des eidgenössischen Datenschutzgesetzes (DSG)
an den Bestimmungen der DSGVO orientierte.
Diese Annäherung des totalrevidierten DSG an die DSGVO erachtete der Regelungsgeber als notwendig, damit die Europäische Kommission das Datenschutzniveau der Schweiz mit Blick auf den grenzüberschreitenden Datenverkehr zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten weiterhin als angemessen anerkennt (sog. Angemessenheitsbeschluss).

II. Gegenstand und Gehalt von Art. 13 BV

A. Verfassungsrechtlicher Privatsphärenbegriff

6 Die Bundesverfassung definiert nicht näher, was unter dem Begriff der Privatsphäre im Sinne von Art. 13 BV konkret zu verstehen ist. Ein Versuch einer Begriffsbestimmung findet sich dagegen in der Botschaft vom 20. November 1996 zur neuen BV. Diese umschreibt das Recht auf Privatsphäre als Anspruch «jeder Person, vom Staat nicht an der freien Gestaltung ihres Lebens und ihres Verkehrs mit anderen Personen gehindert zu werden, sowie die Respektierung eines persönlichen Geheimbereichs».

Das Recht auf Achtung und Schutz der Privatsphäre besteht indessen in erster Linie im privaten Raum (sachlicher Schutzbereich). Art. 13 BV schützt jedoch auch private Tätigkeiten, die im öffentlichen Raum erfolgen. Denn Personen, die sich in der Öffentlichkeit aufhalten, geben damit noch keine implizite Einwilligung, von staatlichen Behörden überwacht, gefilmt, fotografiert oder abgehört zu werden.

7 Eine einheitliche, wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition des Privatsphärenbegriffs nach Art. 13 Abs. 1 BV konnte sich bisher im Schrifttum nicht durchsetzen, was – um hier die Worte von Oliver Diggelmann zu verwenden – eine «Flucht» in die Praxis zur Folge hat.

Mit anderen Worten hat der verfassungsrechtliche Privatsphärenbegriff in der Rechtspraxis unterschiedliche Deutungen erfahren, weil der Begriff relativ offen und unbestimmt gehalten ist.
Hinzu kommt, dass im Schrifttum unterschiedliche Begrifflichkeiten (z.B. Privatheit, Privatsphäre oder Privatleben) verwendet werden.
Diese Begriffsvielfalt birgt freilich die Gefahr von Missverständnissen und Begriffsverwirrungen, weil der verfassungsrechtliche Privatsphärenbegriff z.B. mit dem Begriff des Privatlebens als Teilgehalt von Art. 13 BV nicht deckungsgleich ist. Vorliegend wird daher der Begriff der Privatsphäre (in Abgrenzung zu jenem des Privatlebens) als Oberbegriff für sämtliche unter Art. 13 BV fallenden Lebenssachverhalte verwendet. Der unter Art. 13 Abs. 1 BV geschützte Teilgehalt des Privatlebens ist demzufolge nach dem hier vertretenen Begriffsverständnis ein wesentlicher, vom verfassungsrechtlichen Schutz auf Privatsphäre erfasster Lebensbereich. Schematisch und vereinfacht lässt sich die Abgrenzung wie folgt darstellen:

8 Die Rechtspraxis behilft sich trotz oder gerade wegen der konzeptionellen Schwierigkeit, das Grundrecht auf Achtung und Schutz der Privatsphäre konzis zu fassen, mit der Aufzählung typischer Eingriffe bzw. relevanter Schutzbereiche.

Es erstaunt daher kaum, dass eine reichhaltige Kasuistik zu typischen Anwendungsfällen von Art. 13 BV existiert, die nachfolgend in Abschnitt III. beispielhaft dargestellt werden (vgl. unten, N. 16 ff.).

9 Auch der EGMR bestimmt von Fall zu Fall, ob ein Lebenssachverhalt den Schutzbereich von Art. 8 EMRK überhaupt berührt.

Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung sowie der Korrespondenz.
Art. 8 EMRK wird in Verfahren vor dem EGMR relativ häufig angerufen, die Anzahl an Urteile, in denen eine Verletzung von Art. 8 EMRK festgestellt wurde, hält sich allerdings in Grenzen.
Gemäss der Konventionsrechtsprechung fallen z.B. folgende Sachverhalte unter den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK:

  • Zum Recht auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK gehört die Autonomie des Menschen und damit das Selbstbestimmungsrecht.

    Zum Recht auf Selbstbestimmung gehört auch das Recht auf Identität und Entwicklung einer Person, wozu auch die Möglichkeit, Beziehungen zu anderen Menschen zu pflegen, auch sexueller Natur, zählt.

  • Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst auch geschäftliche und berufliche Aktivitäten.

  • Nach der Rechtsprechung des EGMR können Umweltbeeinträchtigungen (z.B. Lärm oder andere Emissionen) die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Wohnung gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK beeinträchtigen.

    An diese Rechtsprechung knüpfte der EGMR im Urteil vom 9.4.2024 («KlimaSeniorinnen-Urteil») an und leitete aus Art. 8 EMRK ein «Menschenrecht auf effektiven Schutz vor den nachteiligen Folgen des Klimawandels für die menschliche Gesundheit und Lebensqualität» ab.
    Der EGMR stellte hier einen Verstoss gegen Art. 8 EMRK fest, weil die Schweiz ihre menschenrechtliche Schutzpflicht verletzte, da sie nach Auffassung des EGMR nicht genügend Massnahmen getroffen hat, um die im Pariser Klimaübereinkommen
    festgelegten Ziele zu erreichen.
    Damit unbeantwortet blieb jedoch die Frage, wie weit eine solche Schutzpflicht des Staates im Zusammenhang mit dem Klimawandel reicht.
    Denn das Pariser Klimaübereinkommen, auf welches sich der EGMR im KlimaSeniorinnen-Urteil u.a. abstützte, gibt den Vertragsstaaten und damit der Schweiz weder konkrete Emissionsreduktionspflichten noch konkrete Instrumente vor, mit denen die im Abkommen festgelegten Ziele erreicht werden sollen.

  • Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt eine Person auch vor Telefonüberwachung bzw. dem Einsatz anderer technischer Überwachungsgeräte durch staatliche Akteure.

10 Das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK schützt die vielfältigen Formen des menschlichen Zusammenlebens in einer Familie, wozu auch die Achtung einer partnerschaftlichen Gemeinschaft eines gleich- oder verschiedengeschlechtlichen Paares zählt.

B. Persönlicher Schutzbereich

11 Trägerinnen und Träger des Rechts auf Achtung und Schutz der Privatsphäre sind sowohl natürliche als auch juristische Personen des Privatrechts.

Letztere können sich allerdings nur auf diejenigen Teilgehalte von Art. 13 BV berufen, die nicht an Eigenschaften anknüpfen, welche typischerweise natürlichen Personen eigen sind. So steht juristischen Personen des Privatrechts die Achtung der Geschäftsräumlichkeit, die Achtung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs sowie der Schutz vor Missbrauch persönlicher Daten, nicht aber der Schutz des Privat- und Familienlebens zu.

12 Juristische Personen des öffentlichen Rechts wie öffentlich-rechtliche Körperschaften oder öffentlich-rechtliche Anstalten können sich grundsätzlich nicht auf Art. 13 BV berufen, weil diese in der Regel nicht grundrechtsberechtigt sind.

Ausnahmsweise können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts jedoch auf Grundrechte und damit auf Art. 13 BV berufen, «wenn sie sich auf dem Boden des Privatrechts bewegen und durch den angefochtenen staatlichen Akt gleich wie eine Privatperson betroffen sind».

C. Individual- und objektivrechtliche Dimensionen

13 Nach allgemein anerkannter Auffassung begründet Art. 13 BV neben reinen Abwehransprüchen (sog. subjektivrechtliche bzw. individualrechtliche Dimension eines Grundrechts) überdies bestimmte Leistungs- und Schutzpflichten (sog. konstitutiv-institutionelle bzw. objektivrechtliche Dimension eines Grundrechts).

In der Rechtsprechung wurden positive Schutzpflichten im Bereich des Privat- und Familienlebens anerkannt.
Der EGMR bejahte z.B. im Zusammenhang mit der geheimen Videoüberwachung am Arbeitsplatz eine Pflicht der Konventionsstaaten, für einen Ausgleich zwischen den Interessen der Mitarbeitenden und jenen der Arbeitgeberin zu sorgen.
Weiter anerkannte der EGMR beispielsweise die Pflicht des Staates, dafür zu sorgen, dass sich Beziehungen zwischen Mitgliedern einer Familie normal entwickeln können und dass ein Familienleben zwischen Elternteilen und Kindern möglich ist.

14 Zu beachten ist, dass grundrechtliche Schutzpflichten gegenüber privaten Gefährdungen des Rechts auf Schutz der Privatsphäre in einem Spannungsfeld zu grundrechtlich geschützten Freiheitssphären Privater (z.B. Art. 10 Abs. 2 BV, Art. 26 BV oder Art. 27 BV) stehen. Damit rückt die Frage ins Zentrum, nach welchem Massstab der Regelungsgeber einen Ausgleich zwischen grundrechtlich geschützten Freiheitssphären Privater und grundrechtlichen Schutzpflichten gegenüber privaten Gefährdungen des Rechts auf Achtung der Privatsphäre finden soll.

Oder plastischer formuliert: Nach welchen Kriterien soll der Regelungsgeber Personen vor den Risiken neuartiger Technologien durch Private schützen, ohne die Chancen aus derartigen Anwendungen und damit die Ausübung von verfassungsmässigen Freiheitsrechten zu vereiteln? Diese Fragestellung gewinnt in jüngerer Zeit durch das Aufkommen innovativer Technologien – zu nennen sind hier etwa das «Internet der Dinge» («IoT»; engl. «Internet of Things»), «Big Data» oder «Künstliche Intelligenz» («KI»; engl. «Artificial Intelligence», «AI») – erheblich an Bedeutung,
weil auch Private das Recht auf Privatsphäre durch den Einsatz solcher Technologien bedrohen können, ohne allerdings direkt an Art. 13 BV gebunden zu sein. Zugleich können Private durch die Verwendung von innovativen Technologien zur Verwirklichung von Chancen (z.B. die Aussicht auf wirtschaftliche Erfolge, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder auf neue Verfahren im Umgang mit Krankheiten) beitragen und sich dabei verfassungsmässigen Freiheitsrechten bedienen. An dieses Spannungsfeld knüpft der Risk-Based Approach an, weil dieser für einen möglichst rationalen und wissenschaftsbasierten Ausgleich zwischen grundrechtlichen Schutzpflichten gegenüber privaten Gefährdungen der Privatsphäre und grundrechtlich geschützten Freiheitssphären Privater sorgt. Denn eines der Ziele des Ansatzes ist es, den rechtlichen Umgang mit neuen Technologien so auszugestalten, dass Einbussen an Gemeinwohlverträglichkeit und Verluste an Handlungsoptionen möglichst minimiert werden.

D. Abgrenzungen

15 Der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz weist Verbindungslinien zum Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) sowie zum Recht auf Ehe und Familie (Art. 14 BV) auf, weshalb sich im Wesentlichen zwei Abgrenzungsfragen stellen:

  • Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist das Recht auf persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV ein subsidiäres Auffangrecht gegenüber Art. 13 BV.

    Die überwiegende Lehre folgt dieser Rechtsprechung.

  • Was die Abgrenzung des Rechts auf Privatsphäre vom Recht auf Ehe und Familie nach Art. 14 BV betrifft, so schützt Letzteres die Gründung einer Familie, wohingegen Art. 13 Abs. 1 BV das familiäre Zusammenleben gewährleistet.

    Die zwei Grundrechte schützen demzufolge unterschiedliche Lebenssachverhalte.

III. Schutz der Privatsphäre

A. Absatz 1: Anspruch auf Achtung der Privatsphäre

1. Vorbemerkungen

16 Die grundrechtliche Garantie der Privatsphäre umfasst fünf Teilgehalte; vier Teilgarantien sind in Absatz 1, eine weitere in Absatz 2 von Art. 13 BV verankert.

Art. 13 Abs. 1 BV schützt dabei das Privat- und Familienleben (vgl. unten, N. 17 ff. und N. 21 ff.), die Wohnung (vgl. unten, N. 27 ff.) sowie das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (vgl. unten, N. 33 ff.). Absatz 2 gewährleistet ausserdem den Schutz vor Missbrauch persönlicher Daten (vgl. unten, N. 43 ff.).
Die Aufzählung der Teilgarantien in Art. 13 BV scheint zwar abschliessender Natur zu sein. Gemäss Biaggini und Diggelmann steht Absatz 1 von Art. 13 BV allerdings einer «abrundenden Erweiterung» durch die Rechtspraxis nicht entgegen.

2. Privatleben

a. Schutzbereich

17 Art. 13 Abs. 1 BV statuiert einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Achtung des Privatlebens. Dieses Recht schützt gemäss Bundesgericht «l’identité, les relations sociales et les comportements intimes de chaque personne physique, l’honneur et la réputation, ainsi que notamment toutes les informations se rapportant à une personne qui ne sont pas accessibles au public».

Zu den zentralen Gehalten des Anspruchs auf Achtung des Privatlebens gehört das Recht auf Wahrung der Geheim- und Intimsphäre des Einzelnen.
Jeder Mensch hat mit anderen Worten das Recht, selbst darüber zu entscheiden, welchen Personen er wann welche persönlichen Lebenssachverhalte offenbart.

18 Das Recht auf Achtung des Privatlebens schützt ausserdem die Freiheit des Beziehungslebens. Daher hat jede Person das Recht, persönliche Beziehungen zu anderen Menschen ihrer Wahl einzugehen, zu pflegen oder abzulehnen.

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung umfasst die Freiheit des Beziehungslebens auch gleichgeschlechtliche Beziehungen.
Geschützt ist zudem der Entscheid über die geschlechtliche Identität, indem der Staat z.B. operative oder hormonelle Massnahmen zur Anpassung des Geschlechts nicht übermässig erschweren darf
und die Geschlechtsidentität anerkennen muss.
Allerdings lässt sich aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens kein Anspruch auf Rückerstattung der Kosten für die operative Geschlechtsumwandlung ableiten.
Aus Art. 13 Abs. 1 BV lässt sich zudem gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kein Anspruch auf Einführung eines dritten Geschlechts bzw. auf Streichung des Geschlechts im Zivilstandsregister ableiten.
Bereits zuvor stellte der EGMR fest, dass die Pflicht zur binären Eintragung des Geschlechts im Register mit Art. 8 EMRK vereinbar ist.
Der EGMR begründete diese Auffassung damit, dass es in den Staaten der europäischen Gesellschaften in Bezug auf die Einführung eines dritten Geschlechts an einem hinreichend klaren Konsens mangelt, an dem sich der EGMR bei rechtspolitischen Fragen wie vorliegend orientiert.
Denkbar ist daher, dass der EGMR zukünftig die Pflicht, im Register entweder als männlich oder weiblich eingetragen zu werden, als Verletzung des Rechts auf Anerkennung der sexuellen Identität und damit von Art. 8 EMRK qualifizieren wird.

19 Schliesslich gehören gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die Achtung des Namens

sowie die Achtung des sozialen Ansehens
zum sachlichen Schutzbereich des Privatlebens gemäss Art. 13 Abs. 1 BV. Das Bundesgericht stellte beispielsweise fest, dass der Staat den Namen eines Verlustscheinschuldners nicht im Amtsblatt veröffentlichen darf, weil eine solche Bekanntmachung geeignet sei, das öffentliche Ansehen einer Person zu beeinträchtigen.
Das Recht auf Privatleben schützt allerdings nicht allgemein vor Reputationsverlusten aufgrund eigenen Fehlverhaltens.

b. Einschränkungen

20 Einschränkungen des Grundrechts auf Schutz und Achtung des Privatlebens können vielfältiger Natur sein. Es erstaunt daher kaum, dass Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich gelagerte Einschränkungen des Rechts auf Achtung des Privatlebens herausgearbeitet haben.

Zu nennen sind hier insbesondere folgende Einschränkungen:

  • Ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens liegt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei verdeckten Ermittlungstätigkeiten durch die Polizei (z.B. Observation, verdeckte Fahndung oder verdeckte Vorermittlung)

    oder durch Privatdetektive zwecks Abklärung der Leistungspflicht der Unfallversicherung
    vor,
    selbst wenn die Überwachung im öffentlichen Raum erfolgt.

  • Auch eine Testpflicht für Personal in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen ohne Covid-Zertifikat stellt gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Eingriff ins Recht auf Achtung des Privatlebens der betroffenen Personen dar,

    wobei dieser durch den Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt werden kann, sofern die übrigen Voraussetzungen nach Art. 36 BV erfüllt sind.
    Gemäss der Konventionsrechtsprechung zu Art. 8 EMRK begründet eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht für Kinder gegen neun in der Medizin altbekannte Krankheiten einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens.
    So erblickte auch das Bundesgericht in der Pflicht zur Covid-19-Impfung und der im Unterlassungsfall angedrohten Entlassung einen Eingriff in die Grundrechte eines Berufsmilitärs (insbesondere in die durch Art. 10 Abs. 2 BV garantierte persönliche Freiheit),
    der allerdings im konkreten Fall gerechtfertigt war, weil die Impfpflicht darauf abzielte, die sofortige Einsatzbereitschaft für kurzfristige Einsätze im Ausland zu gewährleisten.
    Dem ist insoweit beizupflichten, als dass im konkreten Kontext keine mildere Massnahme zur Verfügung stand, um die sofortige Bereitschaft als Angehöriger einer Spezialeinheit der Schweizer Armee (Kommando Spezialkräfte) für kurzfristige Einsätze im Ausland zu gewährleisten. Die höchstrichterlichen Erwägungen deuten jedoch an, dass eine allgemeine Pflicht zur Covid-19-Impfung für sämtliche Armeeangehörige wohl kaum einer Rechtfertigung zugänglich wäre.

  • Der EGMR stellte sodann fest, dass die Weigerung der Schweizer Behörden, das von einem amerikanischen Gericht festgestellte Kindesverhältnis zwischen dem nicht-genetischen Vater und dem aus einer Leihmutterschaft hervorgegangenen Kind anzuerkennen, unverhältnismässig in das Recht des Kindes auf Achtung seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK eingreift.

  • Auch die Weitergabe von Bankkundendaten ins Ausland stellt einen Eingriff in die Privatlebensgarantie dar.

  • Schliesslich kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die vorläufige Aufnahme

    den grundrechtlich geschützten Anspruch auf Achtung des Privatlebens beeinträchtigen, wenn damit rechtliche oder faktische Nachteile (z.B. Hindernisse bei der schrittweisen Integration, Einschränkungen bei der Mobilität, Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt) verbunden sind.
    Eine solche Beeinträchtigung des Rechts auf Privatleben bejahte das Bundesgericht in einem konkreten Fall eines 15-jährigen Mädchens aus Syrien, das vor zehn Jahren zusammen mit seiner Familie in der Schweiz vorläufig aufgenommen wurde. Das Bundesgericht begründete die Beeinträchtigung des Rechts auf Privatleben im vorliegenden Fall im Wesentlichen damit, dass mit dem baldigen Erreichen des Endes der obligatorischen Schulzeit Hindernisse im Zusammenhang mit der Suche nach einer Lehrstelle oder mit einem Studium auftreten können.
    Im konkreten Fall führte die vorläufige Aufnahme somit zu konkreten Nachteilen, die die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an das 15-jährige Mädchen als vorläufig aufgenommene Person rechtfertigten. Wird eine Beeinträchtigung des Rechts auf Privatleben aufgrund der konkreten Umstände wie vorliegend bejaht, so kann die betroffene Person gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung – gestützt auf das Recht auf Privatleben – einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung haben. Mit Blick auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an vorläufig aufgenommene Personen sind die Integration, die familiären Verhältnisse und die Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
    Daneben kommt bei Wegweisungen der bisherigen Aufenthaltsdauer eine erhebliche Bedeutung bei der Frage zu, ob der Anspruch auf Achtung des Privatlebens i.S.v. Art. 13 Abs. 1 BV bzw. Art. 8 Ziff. 1 EMRK verletzt ist.
    In BGE 144 I 266 hat das Bundesgericht im Sinne einer Leitlinie festgehalten, dass bei einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren die sozialen Beziehungen in der Schweiz in der Regel so eng sind, «dass es für eine Aufenthaltsbeendigung besonderer Gründe bedarf».
    Diese zeitliche Schwelle leitete das Bundesgericht unter anderem aus Art. 34 Abs. 2 AIG
    , wonach die Niederlassungsbewilligung in der Regel nach zehnjährigem Aufenthalt erteilt werden kann. Im Einzelfall kann der grundrechtlich geschützte Anspruch auf Achtung des Privatlebens gemäss Bundesgericht bereits zu einem früheren Zeitpunkt verletzt sein, wenn eine Bewilligung nicht erneuert wird, z.B. im Falle einer besonders ausgeprägten Integration.

3. Familienleben

a. Schutzbereich

21 Art. 13 Abs. 1 BV gewährleistet weiter einen grundrechtlichen Anspruch auf Schutz des Familienlebens. Dieser schützt die persönlichen Beziehungen zwischen Familienmitgliedern sowie die Art des Zusammenlebens, aber auch den Entscheid, nicht zusammenzuleben oder keine Kontakte zu pflegen.

Der Begriff der Familie im Sinne von Art. 13 Abs. 1 BV umfasst neben der traditionellen Kernfamilie (Zwei-Eltern-Familie mit minderjährigen Kindern) auch andere Beziehungsformen (z.B. Ein-Eltern-Familie, Patchwork-Familie oder Grossfamilie), soweit die Beziehung tatsächlich gelebt und eine gewisse Intensität sowie Stabilität aufweist.
Unter diesen Voraussetzungen sind auch Konkubinatsverhältnisse geschützt.
Für ein verfassungsrechtlich geschütztes Familienleben i.S.v. Art. 13 Abs. 1 BV sprechen z.B. das Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt, gegenseitige Fürsorgepflicht, finanzielle Abhängigkeiten sowie regelmässige Kontakte.

22 Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts durch das Recht auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 13 Abs. 1 BV (vgl. oben, N. 17 ff.), nicht aber – im Gegensatz zur Rechtsprechung des EGMR – durch jenes auf Achtung des Familienlebens geschützt.

In Anlehnung an die neuere Konventionsrechtsprechung des EGMR
und in Anbetracht der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare auf Gesetzesstufe («Ehe für alle»)
erscheint diese Rechtsprechung allerdings überholt zu sein. Dies muss umso mehr gelten, als gleichgeschlechtliche Paare heute auch (Stief-)Kinder adoptieren dürfen. Aus diesen Gründen ist – angesichts gesellschaftlich gewandelter Wertevorstellungen – eine dynamische Auslegung des Familienbegriffs nach Art. 13 Abs. 1 BV geboten. Daher ist das Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Paaren nach der hier vertretenen Auffassung sowohl durch das Recht auf Privatleben als auch durch das Recht auf Familienleben grundrechtlich geschützt,
zumal zwischen dem Recht auf Privatleben und dem Recht auf Familienleben enge Verflechtungen bestehen
(vgl. oben, N. 17 ff.).

b. Einschränkungen

23 Von erheblicher praktischer Bedeutung sind Einschränkungen des Rechts auf Familienleben aufgrund ausländerrechtlicher Massnahmen,

weil sich aus Art. 13 Abs. 1 BV unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Anwesenheit in der Schweiz bzw. ein Anspruch auf Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung ergibt.
Das Recht auf Familienleben gemäss Art. 13 Abs. 1 BV vermittelt – analog zu Art. 8 EMRK – somit kein absolutes Anwesenheitsrecht
oder einen absoluten Anspruch auf Familiennachzug
.

24 Ein Eingriff in das Recht auf Schutz des Familienlebens nach Art. 13 Abs. 1 BV wird praxisgemäss angenommen, «wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser möglich bzw. zumutbar wäre, das entsprechende Familienleben andernorts zu pflegen».

Eine hinreichend gefestigte Anwesenheit der betroffenen Person besteht nach einem, das Recht auf Privatleben nach Art. 13 Abs. 1 BV betreffenden Urteil des Bundesgerichts bei einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren, weil davon ausgegangen werden kann, «dass die sozialen Beziehungen in diesem Land so eng geworden sind, dass es für eine Aufenthaltsbeendigung besondere Gründe bedarf» (vgl. oben, N. 20).
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach ab einem rechtmässigen Aufenthalt von rund zehn Jahren besondere Gründe vorliegen müssen, um einen Aufenthalt in der Schweiz zu beenden, lässt sich nach der hier vertretenen Auffassung auf das Recht auf Familienleben im Sinne von Art. 13 Abs. 1 BV übertragen.
Denn wenn eine ausländische Person gestützt auf das Recht auf Privatleben i.S.v. Art. 13 Abs. 1 BV einen Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt in der Schweiz hat, so hat diese Person gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung auch einen aus dem Recht auf Familienleben (Art. 13 Abs. 1 BV) fliessenden Anspruch auf Familiennachzug. Ein solcher Anspruch besteht allerdings nur, wenn die vom innerstaatlichen Recht festgelegten Voraussetzungen für einen Familiennachzug
erfüllt sind.
Diese innerstaatlichen Voraussetzungen müssen freilich mit Art. 13 BV sowie Art. 8 EMRK vereinbar sein. Im Umkehrschluss lässt sich daraus schliessen, dass eine ausländische Person, die selbst kein Aufenthaltsrecht in der Schweiz hat, auch keinen Anspruch auf Familienzusammenführung gestützt auf das Recht auf Familienleben i.S.v. Art. 13 Abs. 1 BV hat.

25 Der EGMR hat in einem Urteil vom 17. September 2024 zudem entschieden, dass die Schweiz bei der Anordnung einer Landesverweisung gegen einen aus Bosnien und Herzegowina stammenden Mann dessen Recht auf Achtung des Familienlebens i.S.v. Art. 8 EMRK verletzt hat.

Der Mann wurde zuvor der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG)
schuldig gesprochen, weshalb er zugleich gestützt auf Art. 66 Abs. 1 lit. o des Strafgesetzbuches (StGB)
für fünf Jahre des Landes verwiesen wurde.
Denn bei der qualifizierten Widerhandlung gegen das BetmG handelt es sich um eine Anlasstat, die von Verfassung und Gesetzes wegen – unter Vorbehalt eines persönlichen Härtefalles – zur Anordnung einer Landesverweisung führt. Bisher hat sich das Bundesgericht bei solchen Straftaten von ausländischen Personen hinsichtlich der Anordnung einer Landesverweisung besonders streng gezeigt.
Aus diesem Grund hat es auch vorliegend die Anordnung der Landesverweisung geschützt.
Das Bundesgericht liess insbesondere die Einwände des Mannes gegen eine Landesverweisung, wonach sein Verschulden gering sei und nur eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten ausgesprochen wurde, nicht gelten.

26 Dem Urteil des Bundesgerichts vermochte allerdings eine Mehrheit des EGMR nicht zu folgen. Der Gerichtshof begründete seine gegenteilige Auffassung damit, dass das Verschulden des Mannes gering war, nur eine bedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde, der Mann weder vorbestraft war noch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte und er seit längerem in der Schweiz lebte, weshalb sich die fünfjährige Landesverweisung nachteilig auf das Familienleben auswirken würde und damit mit dem Recht auf Familienleben nicht vereinbar sei.

Die überzeugend vertretene Minderheitsmeinung im Rahmen einer «dissenting opinion» hält dieser Sichtweise allerdings entgegen, dass im vorliegenden Fall keine triftigen Gründe ersichtlich sind, um als Gerichtshof von der Gesamtbewertung der Schweizer Gerichte abzuweichen, weil die Schweizer Gerichte die konkreten Umstände sorgfältig geprüft und die öffentlichen sowie privaten Interessen für respektive gegen eine Landesverweisung im Lichte der Konventionsrechtsprechung abgewogen haben.
Namentlich der Umstand, dass der Mann erst im Alter von 30 Jahren in die Schweiz gekommen ist und damit seine lebensprägenden Jahre in seinem Heimatland verbrachte, mässig in die Schweizer Gesellschaft integriert war, während er gleichzeitig enge Verbindungen zu seinem Heimatland aufrechterhielt, aber auch der Umstand, dass seine Ehefrau sowie seine kleinen Kinder Serbisch sprachen und mit der Kultur von Bosnien und Herzegowina gut vertraut waren, lassen einen Umzug in dessen Heimatland nicht ohne Weiteres als unzumutbar erscheinen. Nach der hier vertretenen Auffassung erscheint insgesamt daher eine Landesverweisung im konkreten Fall – in Übereinstimmung mit dem Bundesgericht sowie der Minderheit des Gerichtshofes – vertretbar.
Gegen den Verbleib des Mannes in der Schweiz und damit für dessen Wegweisung spricht vorliegend zudem, dass der Mann 186 Gramm reines Kokain entgegengenommen und nach Zürich transportierte und damit eine schwere Straftat begangen hat, da die Grenze zum schweren Fall bei 18 Gramm Kokain liegt.

4. Wohnung

a. Schutzbereich

27 Der in Art. 13 Abs. 1 BV ausdrücklich statuierte Anspruch auf Achtung der Wohnung gewährleistet dem Einzelnen einen physischen Rückzugsort, der ihm das Alleingelassenwerden, aber auch die Pflege sozialer Kontakte jenseits der Öffentlichkeit ermöglicht.

Unter den sachlichen Schutzbereich fallen neben ständig oder vorübergehend bewohnten Wohnungen (Wohnung im engeren Sinne) auch offene Räume, die aufgrund ihrer Nutzung objektiv als Privaträume zu betrachten sind. Als Aussenräume zu nennen sind etwa Balkone, Terrassen oder Gärten.
Geschützt sind grundsätzlich auch Geschäftsräumlichkeiten, wobei deren Schutz gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei primär geschäftlicher Nutzung weniger weit reicht als bei (rein) privatem Gebrauch.
Unerheblich ist, ob die betroffene Person Eigentümerin oder Mieterin der Wohnung ist.

28 Der EGMR versteht unter dem Begriff der Wohnung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK einen räumlich abgegrenzten Bereich, in dem das Privat- und Familienleben stattfindet.

Gemäss Rechtsprechung des EGMR sind unter Art. 8 EMRK neben Zweit- und Ferienwohnungen
auch gewerbliche Räume von juristischen Personen
geschützt. Im Einzelfall können auch Trainingscenter sowie Hotelräume von Art. 8 EMRK geschützt sein.

b. Einschränkungen

29 Ein Eingriff in das Recht auf Achtung der Wohnung liegt z.B. beim physischen Eindringen des Staates in die Wohnung im Rahmen von Hausdurchsuchungen sowie beim Ausspähen oder Aushorchen durch staatliche Akteure von aussen vor.

Insbesondere das heimliche Überwachen staatlicher Behörden mittels technischer Geräte gewinnt durch das Aufkommen neuartiger Technologien erheblich an Bedeutung, weil dadurch neue Bedrohungen für das Recht auf Achtung der Wohnung entstehen, die von der Eingriffsintensität her weiter gehen können als traditionelle Überwachungsmassnahmen des Staates. So können Behörden z.B. Drohnen zur Entdeckung von baulichen Veränderungen an Grundstücken einsetzen, die Einblicke in Schlaf- und Wohnzimmer sowie Balkone, Terrassen oder Gärten ermöglichen. Der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich hat daher festgestellt, dass dies ein Eingriff in die Privatsphäre (oder präziser: in das Recht auf Achtung der Wohnung) darstellt.
Die französischen Steuerbehörden sollen Medienberichten zufolge nicht deklarierte private Schwimmbäder mittels KI-basierter Software entdeckt haben; diese Software soll zukünftig auch dazu genutzt werden, andere rechtswidrig erstellte Bauten und Anlagen zu identifizieren.

30 Ein weiteres, im Kontext des Rechts auf Achtung der Wohnung bislang kaum diskutiertes Problemfeld stellt der Einsatz von Smart Meters– auch als intelligente Messsysteme bzw. intelligente Stromzähler bezeichnet

– dar.
Denn durch intelligente Messsysteme werden Daten zum Stromverbrauch von Endkundinnen und Endkunden automatisch an (staatliche) Netzbetreiber übermittelt.
Diese Daten geben Aufschluss darüber, welche elektronischen Geräte wann in welchem Umfang in einem Haushalt genutzt werden.
Intelligente Messsysteme können folglich das subjektive Gefühl des ständigen Überwachtseins fördern und damit die freie persönliche Entfaltung des Menschen innerhalb der eigenen Wohnung beeinträchtigen, indem z.B. Betroffene bestimmte Gewohnheiten – aus Angst vor (missbräuchlicher) Überwachung – in der eigenen Wohnung anpassen.

31 Aus grundrechtlicher Sicht problematisch sind zudem verdeckte Observationen von Versicherten durch Sozialversicherungen i.S.v. von Art. 43a sowie Art. 43b ATSG

, weil diese nicht nur an allgemein zugänglichen Orten zulässig sind, sondern auch an Orten, die von einem allgemein zugänglichen Ort aus frei einsehbar sind.
Das ATSG lässt somit das Filmen von öffentlich einsehbaren Balkonen sowie Gartenplätzen von Versicherten durch Sozialversicherungen zu,
worin ein Eingriff in das Recht auf Achtung der Wohnung von versicherten Personen zu erblicken ist.
Es wird sich weisen, ob diese neuen Bestimmungen zur Observation im Sozialversicherungsbereich, die der Bundesgesetzgeber aufgrund des EGMR-Urteils «Vukota-Bojic» erlassen hat, einer Überprüfung durch den EGMR standhalten werden.Denn der Gesetzgeber hat zwar mit Art. 43a sowie Art. 43b ATSG eine formell-gesetzliche Grundlage geschaffen, weil der EGMR zuvor rügte, dass eine versicherte Person ohne hinreichende gesetzliche Grundlage vom Unfallversicherer oberserviert worden war.
Der EGMR liess allerdings im erwähnten Urteil offen, inwiefern verdeckte Observationen im Sozialversicherungsbereich zur Verhinderung von Sozialversicherungsmissbrauch tatsächlicherforderlich sind.
An der Erforderlichkeit solcher Überwachungen können – trotz des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Bekämpfung von Sozialversicherungsmissbrauch – insoweit Zweifel bestehen, als dassder unrechtmässige Bezug von Sozialversicherungsleistungen (Sozialversicherungsmissbrauch gemäss Art. 148a StGB) bereits durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden im Rahmen von Observationen gemäss Art. 282 f. StPO
verfolgt und strafrechtlich sanktioniert werden kann.
Oder in den Worten von Pierre Heusser: «Die […] neuen Überwachungsmöglichkeiten sind […] unnötig, weil die notwendigen Ermittlungen auch ohne weiteres mit den bestehenden gesetzlichen Grundlagen von den Strafverfolgungsbehörden durchgeführt werden können».
Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass verdeckte Observationen von Versicherten durch Sozialversicherungen womöglich weniger intensiv in das Recht auf Achtung der Wohnung als Observationen durch Strafverfolgungsbehörden eingreifen.

32 Bemerkenswert und problematisch ist schliesslich, mit welcher Selbstverständlichkeit der Staat in jüngerer Zeit Regelungen erlässt bzw. zu erlassen gedenkt, die in (höchst-)private Bereiche einer Wohnung als physischen Rückzugsort hineinreichen. Zu nennen sind hier etwa Vorgaben zur zulässigen Anzahl an Personen in Wohnräumen im Rahmen der Bewältigung der Covid-19-Pandemie oder die vom Bundesrat im Entwurf der Verordnung über Beschränkungen und Verbote der Verwendung elektrischer Energie vorgesehenen Massnahmen für den Fall einer schweren Strommangellage wie Temperaturvorschriften für Wohn- und Büroräume. Solche Regelungen offenbaren ein zunehmend interventionistisches Staatsverständnis, das mit einer liberalen Verfassungskonzeption wohl kaum zu vereinen ist. Denn solche Gebote schränken das Recht der Menschen, selbst darüber zu entscheiden, wie sie ihr Leben in der eigenen Wohnung führen, in ganz grundsätzlicher Weise ein.

5. Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis

a. Schutzbereich

33 Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis schützt die vertrauliche Kommunikation zwischen Individuen.

Der Anspruch erfasst neben traditionellen Kommunikationsformen (Post, Telefon sowie Telefax) auch moderne Kommunikationsmittel wie E-Mail, SMS, MMS, Pager, Internet-Telefonie oder virtuelle Kommunikationsplattformen mit beschränktem Benutzerkreis.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung fallen demgegenüber «Homepages sowie öffentlich zugängliche Newsgroups» nicht unter das Kommunikationsgeheimnis,
weil hier nicht mit der Vertraulichkeit der Kommunikation gerechnet werden kann.
Massgeblich ist daher mit Blick auf den Schutzumfang des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, ob die betroffene Person nach objektiven Gesichtspunkten von einer vertraulichen Kommunikation ausgehen durfte.

34 Der Begriff des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs wird – in Anlehnung an Art. 8 Ziff. 1 EMRK

– von Lehre und Rechtsprechung zu Recht technikneutral ausgelegt.
Aus diesem Grund fallen auch neuartige Kommunikationsmittel unter das Kommunikationsgeheimnis, die seit Inkrafttreten von Art. 13 Abs. 1 BV eine erhebliche praktische Bedeutung erlangt haben. Insoweit ist der Umstand, dass der Wortlaut der Bestimmung eher auf traditionelle Kommunikationsformen abstellt und daher bedingt zeitgemäss erscheint, nicht weiter problematisch. Sollte Art. 13 BV dereinst jedoch revidiert werden, so ist in Erwägung zu ziehen, in Art. 13 BV einen technikneutraleren Begriff zu verwenden, analog etwa zu Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh)
, der den Begriff der Kommunikation vorsieht und deren Vertraulichkeit schützt.

35 Das Kommunikationsgeheimnis schützt in sachlicher Hinsicht sowohl den Inhalt als auch die Randdaten der Kommunikation. Im Telefonverkehr als Randdaten geschützt sind daher auch Informationen betreffend Telefonnummer, Aufenthaltsorte sowie Dauer des Telefongesprächs oder im Internetverkehr E-Mail- sowie IP-Adressen.

36 Der grundrechtliche Anspruch auf Achtung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gilt zwar auch für Personen in Sonderstatusverhältnissen (z.B. Untersuchungs- und Strafgefangene oder Angehörige der Armee). Für Untersuchungs- und Strafgefangene gilt das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis allerdings nur eingeschränkt.

37 Private Dienstleistungserbringer im Post- und Fernmeldewesen sind zwar nicht unmittelbar an das Kommunikationsgeheimnis gebunden. Der Gesetzgeber hat allerdings nach Massgabe von Art. 35 BV für entsprechenden Schutz zu sorgen.

b. Einschränkungen

38 In jüngerer Vergangenheit hat der Bundesgesetzgeber in Anbetracht der Weiterentwicklung moderner Kommunikationstechnologien, aber auch aufgrund neuartiger Bedrohungsformen durch Terrorismus und organisierte Kriminalität die gesetzlichen Grundlagen zur Anordnung von präventiven sowie repressiven verdeckten Überwachungsmassnahmen ausgebaut. So kann die Überwachung von Kommunikationsmitteln im Rahmen eines Strafverfahrens (Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs i.S.v. Art. 269 ff. StPO), aber auch aus Gründen des Staatsschutzes präventiv gestützt auf das Nachrichtendienstgesetz (NDG)

angeordnet werden.
Solche Überwachungen durch staatliche Behörden stellen in der Regel einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Schutz des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses dar,
der einer hinreichend präzisen, formell-gesetzlichen Grundlage bedarf.

39 Der EGMR hat in jüngerer Zeit in mehreren Urteilen die Zulässigkeit verschiedener Formen staatlicher Kommunikationsüberwachung beurteilt.

So befand der Gerichtshof, dass das britische System zur Massenüberwachung von Kommunikationsdaten sowie deren Beschaffung bei Kommunikationsdienstanbietern mit Art. 8 EMRK nicht vereinbar ist, weil keine wirksamen Garantien gegen Missbräuche vorhanden waren und unabhängige Kontrollmechanismen fehlten.
Auch im Verfahren «Centrum för Rättvisa gegen Schweden» stellte die Grosse Kammer – anders als noch eine Kammer des Gerichtshofes im Juni 2018
– eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest, weil die schwedische Regelung zur Überwachung der Telekommunikation durch den staatlichen Geheimdienst mitunter keine wirksame nachträgliche Kontrolle garantierte.
Der EGMR betonte allerdings in beiden Urteilen, dass die Vertragsstaaten über einen weiten Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung staatlicher Überwachungsmassnahmen verfügen, wenn und solange die vom Gerichtshof festgelegten Mindestkriterien erfüllt sind.

40 Das neue NDG erlaubt dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB), den Post- und Fernmeldeverkehr (in Echtzeit) zu überwachen

oder mittels «Trojanern» in private Computersysteme einzudringen, um z.B. «dort vorhandene oder von dort aus übermittelte Informationen zu beschaffen».
Der NDB hat neu zudem die Möglichkeit, die elektronische Kommunikation – zu nennen sind hier E-Mails, Suchanfragen oder Internet-Telefonie – verdachtsunabhängig bzw. anlasslos zu überwachen (sog. Kabelaufklärung).
Von dieser Kabelaufklärung sind potentiell sämtliche Personen in der Schweiz betroffen, die das Internet nutzen.
Das Bundesgericht erblickte jüngst in der Kabelaufklärung einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis sowie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäss Art. 13 Abs. 2 BV.
Das Gericht hiess eine Beschwerde des Vereins «Digitale Gesellschaft» gut und wies die Sache zur materiellen Beurteilung an das Bundesverwaltungsgericht zurück.

41 Angesichts der weiten Verbreitung von Smartphones erstaunt es kaum, dass politische Bestrebungen bestehen, der Polizei im Rahmen der polizeirechtlichen Tätigkeit zu erlauben, Mobiletelefone (in Echtzeit) zu überwachen. Denn Smartphones hinterlassen Datenspuren im digitalen Raum, die Rückschlüsse auf das Kommunikationsverhalten eines Menschen und dessen Aufenthaltsort erlauben, welche zur präventiven Verhinderung von strafbaren Handlungen genutzt werden können. Bereits heute ist es technisch möglich, Handys im Rahmen eines Polizeieinsatzes präventiv einzusehen

oder Kommunikationsinhalte bei Hosting- oder interpersonellen Kommunikationsdiensten (z.B. WhatsApp, TikTok, Instagram, E-Mail-Dienste etc.) zur Eindämmung der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet zu durchsuchen (umgangssprachlich auch als Chatkontrolle bezeichnet)
. Trotz der berechtigten Interessen (Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit), die die Polizei mit der verdeckten Überwachung von Smartphones verfolgt, darf nicht übersehen werden, dass solche Überwachungstätigkeiten der Polizei gegenwärtig verfassungsrechtlich problematisch sein können. Denn in den meisten Kantonen dürfte hierzu eine formell-gesetzliche Grundlage im jeweiligen Polizeigesetz sowie wirksame Garantien gegen Missbräuche und unabhängige Kontrollmechanismen fehlen. Fraglich ist zudem, ob und inwieweit solche Überwachungstätigkeiten erforderlich sind.

42 Mit dem Einsatz von «Smart-Home-Technologien» (auch als digitale Assistenten bezeichnet)

stellt sich (zukünftig) wohl auch die Frage, ob und inwiefern Strafverfolgungsbehörden Informationen, die durch «Smart-Home-Technologien» gesammelt werden, zur Aufklärung von Straftaten verwerten dürfen.
Dieselbe Frage stellt sich, wenn der Staat zukünftig solche «Smart-Home-Anwendungen» zur präventiven Überwachung nutzen will.
Zugriffe des Staates auf «Smart-Home-Technologien» im Rahmen eines Strafverfahrens und/oder aus Gründen des Staatsschutzes führen zu schwerwiegenden Eingriffen in das verfassungsrechtlich geschützte Kommunikationsgeheimnis (sowie in das Recht auf Achtung der Wohnung), die zwingend gesetzlich zu regeln und in Bezug auf Dauer sowie Verwendungszweck zu beschränken sind. Ausserdem sind gesetzlich wirksame Garantien gegen Missbräuche und unabhängige Kontrollmechanismen vorzusehen.

B. Absatz 2: Datenschutzgrundrecht

1. Schutzbereich

43 Die BV verankert in Art. 13 Abs. 2 einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Datenschutz, der als Unterfall des Rechtsauf Privat- bzw. Geheimnissphäre (Art. 13 Abs. 1 BV) konzipiert ist.

In Lehre und Rechtsprechung wird das in Art. 13 Abs. 2 BV statuierte Datenschutzgrundrecht in Anlehnung an die Terminologie des deutschen Bundesverfassungsgerichts im Volkszählungsurteil auch als «Recht auf informationelle Selbstbestimmung»
bezeichnet.
Florent Thouvenin weist jedoch zu Recht darauf hin, dass die Idee des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, «d.h. das Recht der betroffenen Person, grundsätzlich selbst zu bestimmen, ob und zu welchen Zwecken Daten über sie bearbeitet werden dürfen»,
einer näheren Überprüfung kaum standhält.
Einerseits zeigt er anhand der historischen Entwicklung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, dass weder das Bundesgericht noch die Lehre je eine Begründung für dessen Bestehen vorgelegt haben, sondern sich lediglich mit einem Verweis auf das Volkszählungsurteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts begnügten.
Aus diesem Grund steht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung – so Florent Thouvenin – «auf äusserst tönernen Füssen», weil Lehre und Rechtsprechung mangels entsprechender Begründung nur auf der intuitiven Überzeugungskraft des Begriffs der informationellen Selbstbestimmung beruhen, was für den Bestand eines Grundrechts nicht genügt.
Andererseits zeigt seine Analyse der Kernbestimmungen des eidgenössischen DSG, dass die Idee eines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung für die Datenbearbeitung durch Bundesorgane gar nicht und jene durch Private nur punktuell umgesetzt worden ist. Folglich kann auch nicht davon gesprochen werden, dass der Bundesgesetzgeber ein solches Recht mit Erlass des eidgenössischen DSG implizit anerkannt hat.
Mit Florent Thouvenin ist daher an dieser Stelle festzuhalten, dass mit dem grundrechtlich gewährleisteten Schutz der Privatsphäre i.S.v. Art. 13 Abs. 1 BV bereits eine sinnvolle konzeptionelle Grundlage besteht, die geeignet ist, alle Aspekte der Privatsphäre und damit auch die Bearbeitung von Personendaten – also das Datenschutzrecht – zu erfassen.

44 Nach herrschender Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung beschränkt sich der Schutzbereich von Art. 13 Abs. 2 BV – entgegen seines Wortlautes – nicht nur auf den Schutz vor Missbrauch persönlicher Daten, sondern erfasst jedestaatlicheBearbeitung von persönlichen Daten (z.B. Erheben, Sammeln, Aufbewahren, Speichern sowie Bekanntgabe von Personendaten an Dritte, ungeachtet der jeweils angewandten Mittel und Verfahren).

Im Zeitalter der Digitalisierung stellt sich allerdings zunehmend die Frage, ob und inwiefern der Schutzbereich von Art. 13 Abs. 2 BV überhaupt tangiert ist, wenn mit einer staatlichen Datenbearbeitung keine Gefahren für die betroffenen Personen einhergehen, z.B. wenn staatliche Akteure Personendaten im ausschliesslichen Interesse der betroffenen Person bearbeiten.
Denn Art. 13 Abs. 2 BV bezweckt in erster Linie den Schutz vor Benachteiligungen der betroffenen Person durch staatliche Datenbearbeitungen.

45 Als persönliche Daten bzw. Personendaten i.S.v. Art. 13 Abs. 2 BV gelten alle Angaben, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen und «ihr zugeordnet werden können»,

wozu auch IP-Adressen
sowie Randdaten der Telekommunikation
zählen. Dieser Personenbezug weist auf die grundrechtsberechtigte Person, weshalb Daten von juristischen Personen unter Art. 13 Abs. 2 BV (weiterhin) geschützt sind.
Daran ändert nämlich der Umstand, dass das totalrevidierte DSG auf den Schutz von Daten juristischer Personen verzichtet (vgl. Art. 1 e contrario DSG),
nichts.

2. Dimensionen

a. Datenschutzgrundrecht als Abwehrrecht

46 Das Datenschutzgrundrecht als Abwehrrecht (subjektivrechtliche bzw. individualrechtliche Dimension) schützt das Individuum vor der Bearbeitung von Personendaten durch den Staat. In dieser Funktion bietet das Datenschutzgrundrecht jedoch keinen Schutz vor privater Datenbearbeitung.

b. Grundrechtliche Schutzpflicht gegenüber privater Datenbearbeitung

47 Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts anerkennt die schweizerische Rechtspraxis sowie Lehre – unter dem Einfluss der deutschen Rechtslehre – eine objektivrechtliche Dimension von Grundrechten: Grundrechte begründen neben ihrer abwehrrechtlichen Dimension auch staatliche Schutzpflichten gegen Gefährdungen, die von privaten Dritten ausgehen.

Dieses erweiterte Grundrechtsverständnis hat seinen rechtlichen Niederschlag in Art. 35 Abs. 1 BV gefunden, der bestimmt, dass Grundrechte «in der ganzen Rechtsordnung» zur Geltung kommen müssen.
Die objektivrechtliche Dimension des Datenschutzgrundrechts i.S.v. Art. 13 Abs. 2 BV i.V.m. Art. 35 Abs. 1 BV vermittelt somit eine Pflicht des Staates, Individuen vor Benachteiligungen von Datenbearbeitungen durch Private zu schützen.

48 Diese grundrechtliche Schutzpflicht gegenüber privater Datenbearbeitung richtet sich freilich an den demokratisch legitimierten Gesetzgeber und nicht an Private. Der Bundesgesetzgeber ist dieser Pflicht mitunter durch den Erlass des eidgenössischen DSG nachgekommen.

Damit unbeantwortet ist die Frage, nach welchem Massstab ein Ausgleich zwischen den grundrechtlich geschützten Freiheitssphären privater Datenbearbeiter und der grundrechtlichen Schutzpflicht gegenüber privater Datenbearbeitungstattfinden soll.
An dieser Stelle kann der Risk-Based Approach
(vgl. oben, N. 14) einen Beitrag zur teilweisen Auflösung dieses Spannungsfeldes leisten, weil dieser Regulierungsansatz einen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen auf Schutz der personenbezogenen Daten von Privaten und dem berechtigten Interesse an der Nutzung von Personendaten durch private Datenbearbeiter schafft. So sieht der Risk-Based Approach nämlich strengere Anforderungen bei hohen Datenschutzrisiken zum Schutz der betroffenen Personen, reduzierte Anforderungen dagegen bei geringen Datenschutzrisiken zur Sicherung von Freiheitssphären privater Datenbearbeiter vor. Der normative Gehalt des Risk-Based Approach ist somit, den Umfang sowie die Intensität von datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Abhängigkeit des jeweiligen Risikos unterschiedlich auszugestalten.
Eine risikobasierte Ausdifferenzierung datenschutzrechtlicher Regelungen hat den Vorteil, dass Gefährdungen der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person risikoproportional durch angemessene Datenschutzbestimmungen minimiert werden, ohne die Freiheitssphären privater Datenbearbeiter zu vereiteln.

3. Einschränkungen

49 Mit dem Einsatz neuartiger(Massen-)Überwachungssystemen im öffentlichen Raum verfügen staatliche Behörden über Instrumente, die zwar der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit dem Schutz von klassischen Polizeigütern dienen, die aber auch das Datenschutzgrundrecht (erheblich) beeinträchtigen können.

In jüngster Zeit wird insbesondere die automatische Gesichtserkennung
kontrovers diskutiert.
Automatische Gesichtserkennungstechnologien können zur präventiven Überwachung öffentlich zugänglicher Räume, zur Gefahrenabwehr oder zur Aufklärung von Straftaten eingesetzt werden.
Von automatischer Gesichtserkennung wird gesprochen, wenn digitale Gesichtsbilder natürlicher Personen automatisch zur Identifizierung oder Verifizierung der betreffenden Person bearbeitet werden.
Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass der Einsatz solcher Gesichtserkennungssysteme zu einem schwerwiegenden Eingriff in Art. 13 Abs. 2 BV führt,
wobei auch das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV) sowie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit (Art. 16 sowie Art. 22 BV) betroffen sein können.
Der EGMR hat sich im Verfahren «Glukhin gegen Russland» erstmalig zur automatischen Gesichtserkennung durch Strafverfolgungsbehörden geäussert. Der Gerichtshof befand, dass die Bearbeitung von personenbezogenen Daten mit Hilfe einer Gesichtserkennungstechnologie zur Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit im Rahmen eines Administrativverfahrens – zum einen, um die betroffene Person anhand der auf Telegram veröffentlichten Fotos und des Videos zu identifizieren, und zum anderen, um sie während der Fahrt mit der Moskauer U-Bahn ausfindig zu machen und festzunehmen – mit Art. 8 EMRK nicht vereinbar ist. Denn eine solche Datenbearbeitung durch eine Gesichtserkennungstechnologie zur Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit ist nach Auffassung des EGMR in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig.
Der EGMR anerkannte allerdings im Urteil das berechtigte Bedürfnis der Vertragsstaaten, Gesichtserkennungstechnologien zur Aufklärung von Straftaten, insbesondere im Zusammenhang mit Terrorismus und organisierter Kriminalität, einzusetzen,
was jedoch – so der Gerichtshof – detaillierte Regelungen mit Blick auf die konkreten Anwendungsformen der Gesichtserkennungstechnologie und strenge Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch und Willkür voraussetzt.
Auch aus diesem Grund qualifizierte der EGMR im konkreten Fall den Einsatz einer Gesichtserkennungstechnologie als konventionswidrig, weil solche Regelungen in Russland weitestgehend fehl(t)en.
Der Gesetzgeber wird folglich die schwierige Aufgabe haben, einen Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen des Schutzes verfassungsrechtlich gewährleisteter Freiheitsrechte und dem öffentlichen Interesse an Sicherheit zu finden, damit der Einsatz automatischer Gesichtserkennungstechnologie in menschen- und grundrechtskonformer Weise erfolgt.

50 Bei der automatisierten Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV) werden durch mobile oder stationäre Geräte die Kontrollschilder von vorbeifahrenden Fahrzeugen systematisch mittels Kamera erfasst. Neben der Identität des Fahrzeughalters oder der Fahrzeughalterin können auch weitere Daten – zu nennen sind hier etwa der Zeitpunkt der Kontrolle, Standort, die Fahrtrichtung sowie weitere Fahrzeuginsassen – erhoben werden.

Die AFV beschränkt sich allerdings nicht auf die Bearbeitung solcher erkennungsdienstlichen Informationen. Vielmehr werden die mittels der AFV erfassten Personendaten mit anderen Datensammlungen zusammengeführt und automatisiert abgeglichen, d.h. die AFV ermöglicht eine «serielle und simultane Verarbeitung grosser und komplexer Datensätze innert Sekundenbruchteilen». Darin erblickte das Bundesgericht einen schwerwiegenden Eingriff in das Datenschutzgrundrecht gemäss Art. 13 Abs. 2 BV, weil die AFV weder anlassbezogen noch aufgrund eines konkreten Verdachtes personenbezogene Daten erfasst, was eine abschreckende Wirkung entfaltet (sog. «chilling effect»), zumal die spätere (geheime) Verwendung solcher Personendaten durch die Behörden ein Gefühl des Überwachtseins auslösen kann. Weiter besteht gemäss Bundesgericht das Risiko, dass betroffene Personen aufgrund einer dem System immanenten Fehlerquote zu Unrecht in Verdacht geraten.

51 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung berührt die Entnahme der für die DNA-Analyse notwendigen körpereigenen Vergleichsproben (z.B. Wangenschleimhautabstrichs [WSA] oder Blutprobe) das in Art. 10 Abs. 2 BV verankerte Grundrecht der körperlichen Integrität,

die darauf folgende Erstellung eines DNA-Profils und dessen Bearbeitung durch staatliche Akteure das Datenschutzgrundrecht gemäss Art. 13 Abs. 2 BV.

52 Mit dem Einsatz datenbasierter Technologien können neuartige Bedrohungen für das Datenschutzgrundrecht i.S.v. Art. 13 Abs. 2 BV entstehen. So berühren KI-basierte Analysen bzw. Auswertungen von Social Media Massendaten durch staatliche Akteure (auch als «social media intelligence» [SOCMINT] bezeichnet) den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 2 BV.

Künstliche Intelligenz findet zunehmend auch im Gesundheitswesen Anwendung, zum Beispiel um eine Blutvergiftung (Sepsis), Lungenentzündung oder Krebs frühzeitig zu erkennen und personalisierte Therapien vorzuschlagen, wozu solche KI-Prognoseinstrumente allerdings eine Menge an Patientendaten benötigen, damit die Algorithmen solcher Prognoseinstrumente anhand von Patientendaten trainiert werden können.
Noch weitgehend unerforscht sind die Risiken für den grundrechtlich geschützten Anspruch auf Datenschutz gemäss Art. 13 Abs. 2 BV, die aus der Bearbeitung von Personendaten mithilfe von ChatGPT und vergleichbaren KI-gestützten Anwendungen durch staatliche Behörden resultieren können.

Zum Autor

Dr. Joel Drittenbass arbeitet als Rechtsanwalt im Regulatory Team von VISCHER AG in Zürich. Er berät und vertritt Parteien in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, insbesondere im Wasser- und Umweltrecht, Gesundheitsrecht sowie Datenschutzrecht. Sein Schwerpunkt liegt in der Beratung von Unternehmen, die in regulierten Märkten tätig sind, insbesondere in der Energiebranche und im Gesundheitswesen. Daneben lehrt, forscht und publiziert er in den Bereichen des Staats- und Verwaltungsrechts unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der neuen Technologien (z.B. autonome Roboter, Künstliche Intelligenz). Der Autor vertritt hier seine persönliche Auffassung.

Joel Drittenbass studierte Rechtswissenschaft an der Universität St.Gallen (M.A. HSG in Law 2017). Vor und während seines Doktorates arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität St.Gallen (ILE-HSG). In seiner Dissertation, die mit dem Professor Walther Hug Preis 2021 ausgezeichnet wurde, beschäftigte er sich vertieft mit datenschutz- und medizinprodukterechtlichen Aspekten bei autonomen Medizinrobotern. Gewisse Ausführungen des vorliegenden Beitrages zu Art. 13 Abs. 2 BV stützen sich daher auf die Dissertation des Verfassers.

Dank

Der Autor dankt herzlich Damian Wyss, M.A. HSG in Law, Antonia Straden, M.A. HSG in Law and Economics, Céline Kehl, B.A. HSG in Law and Economics, Andrea Chawla, BLaw, Timo Tschopp, B.A. HSG in Law, sowie Giulia Odermatt, MLaw, für die Unterstützung bei der Recherche und redaktionellen Aufbereitung der vorliegenden Kommentierung. Herzlich gedankt sei auch Belinda Bachmann für das von ihr mit grosser Kompetenz und Effizienz ausgeübte Lektorat. Der Autor dankt weiter David Rosenthal, Partner bei VISCHER AG, für wertvolle Hinweise zur vorliegenden Kommentierung. Ein ganz besonderer Dank gebührt schliesslich den Herausgebern, Prof. Dr. Odile Ammann, LL.M., sowie Dr. Stefan Schlegel, für die kritische Durchsicht dieser Kommentierung. Ihre Anmerkungen haben zu wesentlichen Verbesserungen dieser Kommentierung geführt.

Weitere empfohlene Lektüre

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Fussnoten

  • Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (BV; SR 101).
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 1.
  • Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101). Der Begriff «Korrespondenz» gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK wurde in Art. 13 Abs. 1 BV durch «Brief-, Post- und Fernmeldeverkehr» ersetzt bzw. erweitert. Vgl. SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 2.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 30: «Das in Art. 13 BV verankerte Recht auf Schutz der Privatsphäre ist […] Art. 8 EMRK nachgebildet. Der verfassungsmässige Schutz der Privatsphäre stimmt mit dem konventionsrechtlichen weitgehend überein, ohne jedoch mit ihm deckungsgleich zu sein». Nach SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 2 m.Verw. auf BGE 146 I 20 E. 5.1 und BGE 126 II 377 E. 7 sind die Schutzbereiche von Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV hingegen deckungsgleich. Vgl. auch Botschaft 1996, S. 152: «Die Bestimmung […] stimmt materiell weitgehend mit Artikel 8 EMRK überein». Vgl. ferner CR-Hertig Randall/Marquis, Art. 13 BV N. 2 m.Verw.
  • Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12. September 1848 (BBl 1849 I 3 ff.).
  • Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 (BBl 1874 I 699 ff.).
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 1.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 2; Moeckli, S. 1385 m.w.H.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 8 m.Verw.; Biaggini, Art. 13 BV N. 1; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 1 m.Verw. auf BGE 122 I 182 E. 3a und BGE 109 Ia 273 E. 4a; Müller/Schefer, S. 39 m.w.Verw.
  • Moeckli, S. 1385 m.Verw.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 28; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 3 m.Verw.; Moeckli, S. 1385 f. In BGE 89 I 92 anerkannte das Bundesgericht die Garantie der persönlichen Freiheit als ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes an (E. 3): «Die persönliche Freiheit im Sinne der physischen Freiheit, d.h. der Freiheit über den eigenen Körper […], ist die Voraussetzung für die Ausübung aller andern Freiheitsrechte und bildet damit einen unentbehrlichen Bestandteil der rechtsstaatlichen Ordnung des Bundes. Nach der heute herrschenden Auffassung gehört die Garantie der persönlichen Freiheit daher wie die Eigentumsgarantie dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes an […] [Hervorhebungen nur hier]».
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 3; OK-Heri, Art. 10 BV N. 2; Moeckli, S. 1386 m.Verw. auf BGE 90 I 29 E. 3 sowie BGE 97 I 45 E. 3; Müller/Schefer, S. 39 f. m.w.Verw.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 13 m.Verw. In der Allgemeinen Menschenrechtserklärung wurde erstmals eine allgemeine Privatsphärengarantie formuliert, die 1966 mit minimalen Veränderungen in den Internationalen Pakt vom 16.12.1966 über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103; nachfolgend: UNO-Pakt II) überführt wurde. Vgl. BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 4; CR-Hertig Randall/Marquis, Art. 13 BV N. 6.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 4 f. m.w.H. Vgl. zur Entstehungsgeschichte von Art. 8 EMRK Brötel, 35 ff.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 1 m.Verw. auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung.
  • BGE 125 I 257 E. 3b. Vgl. dazu Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 57 ff.; BSK-Schönbächler/Maurer-Lambrou/Kunz, Art. 1 DSG N. 4 m.Verw.; CR-Hertig Randall/Marquis, Art. 13 BV N. 1 (FN 2); Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 388 m.w.Verw.; Müller/Schefer, S. 164 m.w.Verw.; SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 76.
  • Drittenbass, N. 130 m.w.Verw.; Schweizer, Geschichte, § 1 N. 8.
  • Drittenbass, N. 131 m.w.Verw.; Schweizer/Rechsteiner, § 2 N. 44 m.Verw. Die einzelnen Normen der EMRK sowie des UNO-Paktes II sind grundsätzlich unmittelbar anwendbar («self-executing»). Vgl. hierzu Rhinow/Schefer/Uebersax, N. 1049 sowie N. 1069.
  • Übereinkommen vom 28.1.1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SR 0.235.1; nachfolgend: DSK).
  • Drittenbass, N. 130 m.w.Verw.; Schweizer, Geschichte, § 1 N. 8 m.w.Verw. Die DSK gilt als «non self-executing treaty», weshalb sie keine unmittelbaren Rechte und Pflichten gegenüber dem Individuum begründet. Vgl. hierzu Meier, S. 86 m.w.Verw.; Gerschwiler, § 3 N. 8 m.Verw. Wohl a.A. SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 77: «Es ist grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar. Allerdings lassen sich u.E. doch gewisse justiziable Rechte des Einzelnen daraus ableiten, […]».
  • Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1–88.
  • Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).
  • SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 77.
  • Steiner, S. 54 m.Verw. Die Schweiz ist staatsvertraglich nicht zur integralen Übernahme der DSGVO verpflichtet, weil die DSGVO nicht Bestandteil des Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommens bildet. Vgl. Drittenbass, N. 137 m.w.Verw.; SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 77; Steiner, S. 63 ff.: «Bei der Herstellung der Gleichwertigkeit bzw. Angemessenheit oder Äquivalenz im Rahmen von Drittstaatenregimes – also ausserhalb staatsvertraglicher Regelungen – geht es regelmässig um eine Angleichung des Rechts der Handelspartner an das EU-Recht – nicht um eine Übernahme von EU-Recht». David Rosenthal zeigt in seinem Beitrag zum totalrevidierten DSG illustrativ auf, dass das revidierte DSG in gewissen Regelungsbereichen materiell von der DSGVO abweicht. Vgl. Rosenthal, Datenschutzgesetz, N. 1 ff.
  • Botschaft 1996, S. 152. Kritisch hierzu SGK-Breitenmoser Art. 13 Abs. 1 BV N. 14 m.Verw.: «Die in den Materialien gegebene Begriffsumschreibung ist denn auch kaum brauchbar».
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 33 m.w.Verw. Vgl. zudem Biaggini, Art. 13 BV N. 5; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 17 ff.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 6. Vgl. ferner Biaggini, Art. 13 BV N. 2 m.Verw.; CR-Hertig Randall/Marquis, Art. 13 BV N. 7; Diggelmann, Privatheit, S. 53 ff.; Moeckli, S. 1403 m.Verw.; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 13 m.w.Verw. So auch für den anglo-amerikanischen Rechtskreis Angel/Calo, S. 3: «One hundred years of debating solitude yielded no single consensus definition».
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 6 f., der die Ursache für das Fehlen einer allgemein gültigen Begriffsumschreibung im «Hybridcharakter» des Rechts auf Privatsphäre erblickt: «Es haben sich zwei sich ergänzende Privatsphären-Grundideen zu einem Grundrecht amalgamiert, wobei zwischen ihnen teilweise auch ein Spannungsverhältnis besteht».
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 6.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 5 m.Verw.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 6; Moeckli, S. 1403 m.w.Verw. auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung.
  • Breitenmoser, Privatsphäre, S. 37; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 6; Diggelmann, Privatheit, S. 52 f. m.w.Verw.
  • Das Recht auf Achtung der Privatsphäre gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK kann gemäss Rechtsprechung des EGMR nicht abschliessend definiert werden. Vgl. EGMR Peck gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 44647/98, 28.4.2003, N. 57: «La «vie privée» est une notion large, qui ne se prête pas à une définition exhaustive». Vgl. auch HK-EMRK/Nettesheim, Art. 8 EMRK N. 7; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 31 m.Verw. Vgl. zudem BGer 2C_157/2003 vom 23.7.2024 E. 5.4 m.w.Verw.
  • Villiger, N. 654.
  • EGMR National Federation of Sportspersons' Associations and Unions (FNASS) und andere gegen Frankreich, 18.1.2018, Nr. 48151/11 und Nr. 77769/13, N. 153 m.Verw.: «Article 8 protects the right to personal development, whether in terms of personality or of personal autonomy, which is an important principle underlying the interpretation of the Article 8 guarantees (…). It encompasses (…) and may include professional activities or activities taking place in a public context (…)».
  • HK-EMRK/Nettesheim, Art. 8 EMRK N. 7 m.w.Verw.
  • EGMR Niemietz gegen Deutschland, Nr. 13710/88, 16.12.1992, N. 29: «Il paraît, en outre, n’y avoir aucune raison de principe de considérer cette manière de comprendre la notion de "vie privée" comme excluant les activités professionnelles ou commerciales: après tout, c’est dans leur travail que la majorité des gens ont beaucoup, voire le maximum d’occasions de resserrer leurs liens avec le monde extérieur».
  • EGMR Cordella und andere gegen Italien, Nr. 54414/13 und Nr. 54264/15, 24.1.2019, N. 157-160. Vgl. auch Villiger, N. 666 m.w.Verw., der darauf hinweist, dass Art. 8 EMRK vor allem nachbarrechtliche Funktion aufweist. Daher ist mit Villiger festzustellen, dass sich Art. 8 EMRK weniger als Hebel für grundsätzliche Anliegen des Umweltschutzes eignet (a.a.O.). Vgl. auch HK-EMRK/Nettesheim, Art. 8 EMRK N. 18 m.w.H. Daran ändert das EGMR-Urteil vom 9.4.2024 («KlimaSeniorinnen-Urteil») nichts. Denn einerseits liefert das Urteil keinen justiziablen Massstab zur Beurteilung der konkret zu ergreifenden Massnahmen zum Schutz des Klimas (vgl. hierzu Biaggini, Rätsel, S. 461 f.). Andererseits betonte der EGMR im KlimaSeniorinnen-Urteil zwar, dass Umweltbelastungen menschenrechtsrelevant sind. Allerdings bietet die EMRK selbst keinen «allgemeinen Schutz der Umwelt als solche». Vgl. Zimmermann, S. 501 m.w.Verw.
  • EGMR (Grosse Kammer), Verein KlimaSeniorinnen Schweiz und andere gegen die Schweiz, Nr. 53600/20, 9.4.2024, N. 519: «(…) Article 8 must be seen as encompassing a right for individuals to effective protection by the State authorities from serious adverse effects of climate change on their life, health, well-being und quality of life». Vgl. dazu Müller, S. 472 m.Verw.
  • Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015 (Klimaübereinkommen; SR 0.814.012).
  • Seiler, S. 486.
  • Seiler, S. 487 f.: «Generell ist festzustellen, dass die ganze in Literatur und Rechtsprechung geführte Diskussion über die grundrechtliche Schutzpflicht des Staates bisher keine brauchbaren Antworten gegeben hat auf die entscheidende Frage, wie weit diese Schutzpflicht geht und wie sie sich gegenüber gegenläufigen Interessen verhält». Vgl. ferner Biaggini, Rätsel, S. 461: «Wie man aus Art. 8 EMRK einen justiziablen Massstab zur Beurteilung der Klimafrage gewinnen kann, bleibt rätselhaft – es sei denn, man behilft sich mit externen Kriterien, wie sie etwa das Pariser Klimaübereinkommen von 2015 bereithält».
  • Art. 4 Abs. 4 des Pariser Klimaübereinkommens, wonach «Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, […] weiterhin die Führung übernehmen [sollen], indem sie sich zu absoluten gesamtwirtschaftlichen Emissionsreduktionszielen verpflichten», ist völkerrechtlich unverbindlich. Deutlich wird dieser Umstand nicht in der deutschen Übersetzung, sondern bei Konsultation der verbindlichen englischen Ausfertigung des Abkommens, die das unverbindliche «should» – statt dem verbindlichen «shall» – verwendet. Vgl. SGK-Hettich, Vorbemerkungen zu Umwelt und Raumplanung, N. 14.
  • EGMR Malone gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 8691/79, 2.8.1984, N. 64; EGMR Halford gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 20605/92, 25.6.1997, N. 44; EGMR Zubkov und andere gegen Russland, Nr. 29431/05, 5.3.2018, N. 122-133.
  • EGMR Emonet und andere gegen die Schweiz, Nr. 39051/03, 13.6.2007, N. 34: «It points out that the notion of a “family”, for the purposes of Article 8, is not confined solely to marriage-based relationships but may also encompass other de facto “family ties” where partners live together without being married».
  • BGE 137 II 371 E. 6.1: «Non seulement, les personnes physiques, mais encore les personnes morales bénéficient de la protection de la sphère privée, bien que ces dernières ne soient pas titulaires de tous les aspects protégés par l'art. 13 Cst. […]». Vgl. hierzu CR-Hertig Randall/Marquis, Art. 13 BV N. 14 ff.; Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 57. Auch Personen in sog. Sonderstatusverhältnissen (z.B. Armeeangehörige oder Straf-/Untersuchungshäftlinge) können sich auf den Schutz der Privatsphäre berufen. Vgl. Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 692 m.Verw. auf BGE 122 II 299 E. 3c.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 31 und N. 35; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 693 m.Verw.; Moeckli, S. 1388 f. m.w.Verw. Vgl. ferner z.B. BGE 141 I 201 E. 4.1 (Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäss Art. 13 Abs. 2 BV).
  • Kiener, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 30 N. 48 m.Verw. auf BGE 125 I 173 E. 1b.
  • Kiener, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 30 N. 48 m.Verw. auf BGE 142 II 259 E. 4.2.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 3 m.Verw.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 8 m.w.Verw.; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 6 m.w.Verw. Vgl. BGE 137 I 305 E. 2.4 und E. 2.5; BGE 126 II 300 E. 5.
  • EGMR Eremia und andere gegen die Republik Moldova, Nr. 3564/11, 28.8.2013, N. 73 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK): «As regards respect for private life, the Court has previously held, in various contexts, that the concept of private life includes a person’s physical and psychological integrity, which the States have a duty to protect, even if the danger comes from the acts of others. To that end they are to maintain and apply in practice an adequate legal framework affording protection against acts of violence by private individuals […] [Hervorhebungen nur hier]». Vgl. zudem EGMR Lozovyye gegen Russland, Nr. 4587/09, 24.4.2018, N. 40-42; EGMR (Grosse Kammer), Bărbulescu gegen Rumänien, Nr. 61496/08, 5.9.2017, N. 112; EGMR Ernst August von Hannover gegen Deutschland, Nr. 53649/09, 19.2.2015, N. 46; EGMR, Evans gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 6339/05, 10.4.2007, N. 75: «Although the object of Article 8 is essentially that of protecting the individual against arbitrary interference by the public authorities, it does not merely compel the State to abstain from such interference: in addition to this primarily negative undertaking, there may be positive obligations inherent in an effective respect for private life. These obligations may involve the adoption of measures designed to secure respect for private life even in the sphere of the relations of individuals between themselves [Hervorhebungen nur hier]». Vgl. zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung BGE 118 V 206 E. 5.
  • EGMR (Grosse Kammer), López Ribalda u. a. gegen Spanien, Nr. 1874/13 und Nr. 8567/13, 17.10.2019, N. 109 ff.
  • HK-EMRK/Nettesheim, Art. 8 EMRK N. 68 m.Verw. auf EGMR P. und andere gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 56547/00, 16.7.2002, N. 116; EGMR Haase gegen Deutschland, Nr. 11057/02, 8.4.2004, N. 82; EGMR K. und T. gegen Finnland, Nr. 25702/94, 12.7.2001, N. 168.
  • Vgl. Drittenbass, N. 143 m.Verw.
  • Vgl. Drittenbass, N. 45 ff. («KI-Begriff»), N. 189 f. («Big Data») sowie N. 225 («IoT-Begriff»).
  • Eingehend dazu Drittenbass, N. 527 ff.
  • BGE 138 I 256 E. 4 m.w.Verw.; BGE 133 I 77 E. 3.2 m.w.Verw. (im Verhältnis zwischen Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 2 BV); BGE 126 I 50 E. 5a m.Verw. (im Verhältnis zwischen Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 13 Abs. 1 BV).
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 2 m.Verw.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 10 m.w.Verw.; Moeckli, S. 1390 m.Verw. So wohl auch Müller/Schefer, S. 139 m.w.Verw.: «Damit stellt die Garantie des Privatlebens nach Art. 13 Abs. 1 BV eine spezifische Konkretisierung (right to privacy) des umfassenderen Rechts auf selbstbestimmte Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 10 Abs. 2 BV dar». A.M. SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 4 m.Verw.: «Vielmehr sollte Art. 13 seinerseits wegen seiner Anknüpfung an die Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK und seines entsprechend weitreichenden Schutz- und Anwendungsbereichs als subsidiäres Auffangrecht gegenüber Art. 10 Abs. 2 qualifiziert werden».
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 10 m.Verw.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 8.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 8.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 4 m.Verw.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 8 m.Verw., die diese Auffassung allerdings weder begründen noch belegen.
  • BGE 135 I 198 E. 3.1. Der Begriff des Privatlebens i.S.v. Art. 8 EMRK wird umfassend ausgelegt, weshalb eine abschliessende Definition des Begriffs nicht möglich ist. Vgl. EGMR Peck gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 44647/98, 28.1.2003, N. 57: «Private life is a broad term not susceptible to exhaustive definition. The Court has already held that elements such as gender identification, name, sexual orientation and sexual life are important elements of the personal sphere protected by Article 8. That Article also protects a right to identity and personal development, and the right to establish and develop relationships with other human beings and the outside world and it may include activities of a professional or business nature [Hervorhebungen nur hier]». Vgl. auch HK-EMRK/Nettesheim, Art. 8 EMRK N. 7.
  • BGE 138 I 331 E. 5.1; BGE 133 I 58 E. 6.1; BGE 120 Ia 147 E. 2.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 37; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 701.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 11 m.w.H.; CR-Hertig Randall/Marquis, Art. 13 BV N. 21; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 703; Moeckli, S. 1404 m.Verw. Ausführlich dazu Müller/Schefer, S. 143 ff.
  • BGE 126 II 425 E. 4c.
  • Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 703 m.Verw. auf EGMR Schlumpf gegen die Schweiz, Nr. 29002/06, 8.1.2009, N. 115 sowie BGE 137 I 86 E. 5.3; Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 60 m.Verw.
  • Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 711 m.Verw. auf EGMR Christine Goodwin gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 28957/95, 11.7.2002, N. 93.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 14 m.Verw.
  • BGer 5A_391/2021 vom 8.6.2023 E. 3.6.5. Vgl. ferner Braun Binder/Laukenmann, S. 244 f.
  • EGMR Y. gegen Frankreich, Nr. 76888/17, 31.1.2023, N. 92.
  • EGMR Y. gegen Frankreich, Nr. 76888/17, 31.1.2023, N. 77.
  • BGE 143 III 3 E. 3.4.1; BGE 124 I 85 E. 2b.
  • BGE 135 I 198 E. 3.1.
  • BGE 107 Ia 52 E. 3c f.
  • EGMR (Grosse Kammer), Gillberg gegen Schweden, Nr. 41723/06, 3.4.2012, N. 104 ff.; BGer 1C_448/2008 vom 13.3.2009 E. 3.5: «Dieser beklagt zu Unrecht, er habe eine unverhältnismässige Rufschädigung im Hinblick auf seine anderweitige Gutachtertätigkeit bei den Empfängern des Schreibens vom 2. Mai 2005 erlitten. Sofern in der Folge sein berufliches Ansehen bei diesem Personenkreis geschmälert war, kann er dies nicht der Kantonsregierung anlasten, sondern hat es letztlich seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben [Hervorhebungen nur hier]».
  • Vgl. für eine detaillierte Übersicht der im Schrifttum und in der Rechtsprechung diskutierten Eingriffshandlungen SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 16 ff.
  • BGE 140 I 381 E. 4.3, bestätigt in BGE 147 I 103 E. 15.2 sowie BGer 1C_39/2021 vom 29.11.2022 E. 4.3 (m.w.H. zur Abgrenzung der Observation, verdeckten Fahndung sowie verdeckten Vorermittlung durch die Polizei, E. 4.2).
  • BGE 135 I 169 E. 4.4 (Observation einer versicherten Person durch Privatdetektive). Ausführlich zum Einsatz von Privatdetektiven Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 40 ff.
  • Das Bundesgericht hat bereits 1983 entschieden, dass der Einsatz von technischen Überwachungsgeräten durch den Staat in die durch Art. 8 EMRK geschützte Privatsphäre eingreift. Vgl. hierzu Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 381 m.Verw. auf BGE 109 Ia 273 E. 4a.
  • EGMR Vukota-Bojic gegen die Schweiz, Nr. 61838/10, 18.10.2016, N. 52 ff. Massgeblich ist dabei, ob das Individuum vernünftigerweise erwarten kann, dass ein Lebenssachverhalt als Privatsphäre geschützt ist. Vgl. Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 59 m.Verw.
  • BGer 2C_886/2021 vom 12.12.2022 E. 4.4.2.
  • BGer 2C_886/2021 vom 12.12.2022 E. 4.4.3 ff.
  • SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 24 m.Verw. auf EGMR Vavřička u.a. gegen die Tschechische Republik, Nr. 47621/13, 8.4.2021.
  • Vgl. OK-Heri, Art. 10 BV N. 54.
  • BGer 8C_327/2022, 8C_340/2022 vom 22.2.2023 E. 3.
  • BGer 8C_327/2022, 8C_340/2022 vom 22.2.2023 E. 3.5.
  • EGMR D.B. und andere gegen die Schweiz, Nr. 58817/15 und Nr. 58252/15, 22.11.2022, N. 42 ff.
  • BGE 139 II 404 E. 7.1; BGE 137 II 431 E. 2.1.2.
  • Die vorläufige Aufnahme bildet eine «grundsätzlich zeitlich beschränkte Ersatzmassnahme, wenn der Vollzug der Wegweisung undurchführbar ist. Sie tritt neben die rechtskräftige Wegweisung und berührt deren Bestand nicht, sondern setzt ihn voraus». Die vorläufige Aufnahme ist keine Aufenthaltsbewilligung, sondern – gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung – ein vorübergehender Status, «der die Anwesenheit regelt, solange der Wegweisungsvollzug – d.h. die exekutorische Massnahme der Wegweisung zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands – nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich erscheint». Nicht restlos klar erscheint jedoch, ob es sich bei der vorläufigen Aufnahme um eine zeitlich beschränkte Ersatzmassnahme für eine nicht mögliche Wegweisung oder um einen vorübergehenden Status handelt, weil das Bundesgericht auch von einem vorübergehenden Status spricht. Vgl. BGE 147 I 268 E. 4.2.1; BGE 141 I 49 E. 3.5; BGE 138 I 246 E. 2.3. Im rechtspolitischen Diskurs wird die vorläufige Aufnahme in jüngerer Zeit kritischer betrachtet, weil es politisch schwierig zu vermitteln ist, wenn ausländische Personen nicht in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden, obschon ihr Gesuch um Asyl abgewiesen wurde.
  • BGE 147 I 268 E. 1.2.5, bestätigt in BGE 150 I 93 E. 6.6 sowie BGer 2C_157/2003 vom 23.7.2024 E. 5.6 m.w.Verw.
  • BGer 2C_157/2003 vom 23.7.2024 E. 5.8 und E. 5.9.
  • BGer 2C_157/2003 vom 23.7.2024 E. 6.
  • BGE 144 I 266 E. 3.9 m.w.Verw.
  • BGE 144 I 266 E. 3.9.
  • Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20).
  • BGE 144 I 266 E. 3.9.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 39; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 17; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 723; Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 61 m.Verw.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 6 m.w.Verw.; Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 61 m.Verw.; Müller/Schefer, S. 234 f.; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 38 m.w.Verw. Vgl. zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung BGE 135 I 143 E. 3.1: «Geschützt wird nicht in erster Linie rechtlich begründetes, sondern tatsächlich gelebtes Familienleben. Neben der eigentlichen Kernfamilie werden auch weitere familiäre Verhältnisse erfasst, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Hinweise für solche Beziehungen sind das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit, speziell enge familiäre Bande, regelmässige Kontakte oder die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person» [Hervorhebung nur hier]. Vgl. ferner BGE 115 Ib 1 E. 1d; BGE 120 Ib 257 E. 1d.
  • SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 38 m.Verw.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 18 m.w.Verw.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 719; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 38 m.Verw.
  • BGE 126 II 425 E. 4b und E. 4c. Die Begründung des BGer scheint inzwischen aus der Zeit gefallen zu sein: «Auch wenn der rechtliche Status gleichgeschlechtlicher Partner in verschiedenen Rechtsbereichen im Sinne einer Beseitigung ungerechtfertigter Diskriminierungen verbessert worden ist, kann doch nicht von einer generellen Gleichstellung mit der Ehe bzw. einer entsprechenden Ausdehnung des traditionellen Familienbegriffs gesprochen werden. Die Ehe und Familie tragen aus biologischen Gründen immer noch und natürlicherweise in anderer Form zum Fortbestand der Gesellschaft bei als die gleichgeschlechtliche Partnerschaft». Vgl. ferner SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 42 m.w.Verw.; Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 61 m.Verw.
  • EGMR (Grosse Kammer), X. und andere gegen Österreich, Nr. 19010/07, 19.2.2013, N. 95; EGMR Schalk und Kopf gegen Österreich, Nr. 30141/04, 24.6.2010, N. 94; EGMR P.B. und J.S. gegen Österreich, 22.7.2010, Nr. 18984/02, N. 30.
  • AS 2021 747.
  • Ähnlich argumentierend im Kontext von Art. 13 und/oder Art. 14 BV Märkli, S. 470 ff.; Schoder, S. 1289 ff.; Ziegler, S. 653 f. Wohl a.A. Häner/Bundi, S. 10 ff. m.w.Verw. Vgl. weiter Bundesamt für Justiz (BJ), Gutachten, S. 2 ff. mit einer Übersicht zum umstrittenen Ehebegriff gemäss Art. 14 BV.
  • So auch Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 39 m.Verw.
  • Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 382 m.Verw.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 731.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 7 m.Verw. In diesem Zusammenhang stellt sich einerseits die Frage, ob eine in der Schweiz lebende, ausländische Person auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 1 BV einen rechtlich geschützten Anspruch vor Ausweisung aus der Schweiz hat, wenn die betroffene Person familiäre Beziehungen in der Schweiz pflegt. Andererseits geht es um die Frage, ob eine hier nicht lebende, ausländische Person gestützt auf Art. 13 Abs. 1 BV einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz hat, wenn sie in der Schweiz familiäre Bindungen hat. Vgl. Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 731.
  • BGer 2C_239/2007 vom 5.10.2007 E. 3.2 m.w.Verw.
  • BGE 137 I 284 E. 2.1 m.w.Verw.
  • SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 52 m.Verw. auf die Konventionsrechtsprechung zu Art. 8 EMRK.
  • BGE 139 I 330 E. 2.1 m.w.Verw.
  • BGE 144 I 266 E. 3.9, bestätigt in BGE 146 I 185 E. 5.2. Vgl. dazu Schlegel, 38 ff.
  • In diesem Sinne SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 52 ff., der diese bundesgerichtliche Rechtsprechung systematisch unter der Garantie des Familienlebens abhandelt. In der Praxis hat sich eine reichhaltige Kasuistik zur Frage entwickelt, wann ein Anspruch auf Anwesenheit in der Schweiz nach Massgabe von Art. 13 Abs. 1 BV besteht, auf welche vorliegend verwiesen wird. Vgl. für einen Überblick zur Rechtsprechung des Bundesgerichts BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 20 ff.; Biaggini, Art. 13 BV N. 7 m.w.Verw.; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 52 ff.; Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 382 m.Verw.; Zünd/Hugi Yar, S. 10 ff.
  • Zu nennen sind hier insbesondere die Voraussetzungen gemäss Art. 44 AlG, die gemäss Bundesgericht mit Art. 8 EMRK vereinbar sind. Vgl. 137 I 284 E. 2.6, bestätigt in BGE 146 I 185 E. 6.2.
  • BGE 146 I 185 E. 6.1 und E. 6.2 m.Verw. auf BGE 130 II 281 E. 3.2.2.
  • BGE 146 I 185 E. 6.2.
  • EGMR P.J. und R.J. gegen die Schweiz, Nr. 52232/20, 17.9.2024, N. 48 ff.
  • Bundesgesetz vom 3.10.1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG), SR 812.121.
  • Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0).
  • BGer 6B_191/2020 vom 17.6.2020 Sachverhalt A. Vgl. zur Landesverweisung Caroni et al., N. 706.
  • BGer 6B_371/2018 vom 21.8.2018 E. 2.3, bestätigt in BGer 6B_191/2020 vom 17.6.2020 E. 1.4.
  • BGer 6B_191/2020 vom 17.6.2020 E. 1.8.
  • BGer 6B_191/2020 vom 17.6.2020 E. 1.4 und E. 1.8: «Die obligatorische Landesverweisung wegen einer Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB greift grundsätzlich unabhängig von der konkreten Tatschwere […]. Zudem muss sie unabhängig davon ausgesprochen werden, ob die Strafe bedingt, unbedingt oder teilbedingt ausfällt […]. Soweit der Beschwerdeführer seine Rückfallgefahr damit in Frage stellt, dass seine Strafe bedingt ausgesprochen wurde, verkennt er, dass sich aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen von Straf- und Ausländerrecht im ausländerrechtlichen Bereich ein strengerer Beurteilungsmassstab ergibt. Der Aufschub des Strafvollzugs setzt nicht eine günstige, sondern nur das Fehlen einer ungünstigen Prognose voraus. Demgegenüber kann ausländerrechtlich gerade bei schweren Straftaten ein geringes Rückfallrisiko genügen, das auch bei einem Ersttäter, wie dem Beschwerdeführer, vorliegen kann. Je schwerer eine vernünftigerweise absehbare Rechtsgutsverletzung wiegt, umso weniger ist die Möglichkeit eines Rückfalls in Kauf zu nehmen. Der qualifizierte Drogenhandel aus rein pekuniären Motiven - wie vorliegend - gilt als schwere Straftat, von welcher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgeht […] [Hervorhebungen nur hier]».
  • EGMR P.J. und R.J. gegen die Schweiz, Nr. 52232/20, 17.9.2024, N. 55.
  • EGMR P.J. und R.J. gegen die Schweiz, Nr. 52232/20, 17.9.2024, Dissenting Opinion N. 3 und N. 6.
  • BGer 6B_191/2020 vom 17.6.2020 E. 1.4 ff. So auch die überzeugend vertretene Minderheitsmeinung in EGMR P.J. und R.J. gegen die Schweiz, Nr. 52232/20, 17.9.2024, Dissenting Opinion N. 3.
  • BGer 6B_191/2020 vom 17.6.2020 E. 1.4.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 25; Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 62. Im Schrifttum wird auch von der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung als Teilgehalt der Privatsphäre gesprochen. Vgl. hierzu Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 47 m.Verw.; Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 383.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 47 m.Verw.; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 69 m.w.Verw.
  • BGE 137 I 167 E. 3.3: «Peuvent, dans certaines circonstances, bénéficier de la protection du domicile des locaux dédiés à un usage professionnel ou commercial, auquel cas l'intérêt public permet de justifier plus facilement une ingérence des autorités, par exemple pour contrôler le respect de certaines normes sanitaires ou de droit du travail [Hervorhebungen nur hier]». So auch Biaggini, Art. 13 BV N. 9 m.w.Verw.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 25 m.Verw.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 740 m.Verw.; differenzierend(er) Müller/Schefer, S. 189 ff.
  • BGE 137 I 167 E. 3.3 m.w.Verw.
  • EGMR Gaida gegen Deutschland, Nr. 32015/02, 3.7.2007: «A home will usually be the place, the physically defined area, where private and family life develops. The individual has a right to respect for his home, meaning not just the right to the actual physical area, but also to the quiet enjoyment of that area».
  • EGMR Demades gegen die Türkei, Nr. 16219/90, 31.7.2003, N. 31-34, bestätigt in EGMR Fägerskiöld gegen Schweden, Nr. 37664/04, 26.2.2008: «Hence, in the Demades case, the Court considered that it might not always be possible to draw precise distinctions, since a person may divide his time between two houses or form strong emotional ties with a second house, treating it as his home. Therefore, a secondary house, which is fully furnished and equipped and used, inter alia, as a holiday home, can qualify as a “home” within the meaning of Article 8 (§§ 31-34)».
  • EGMR Delta Pekárny A.S. gegen die Tschechische Republik, Nr. 97/11, 2.10.2014, N. 77.
  • EGMR FNASS und andere gegen Frankreich, Nr. 48151/11 und Nr. 77769/13, 18.1.2018, N. 158.
  • SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 69 m.w.Verw. Vgl. weiter Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 48 f.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 26; Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 383.
  • Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich, S. 24.
  • Spiegel, Geldsegen für Steuerbehörden: Künstliche Intelligenz entlarvt illegale Pools in Frankreich, https://www.spiegel.de/netzwelt/kuenstliche-intelligenz-entlarvt-illegale-pools-in-frankreich-geldsegen-fuer-steuerbehoerden-a-ffa4fae4-c046-4e31-b57c-05a7fc45d0e0, 30.8.2022, besucht am 27.3.2023. Vgl. zum KI-Begriff Drittenbass, N. 45 ff.
  • Als intelligentes Messsystem im Elektrizitätsbereich gilt «eine Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, die eine bidirektionale Datenübertragung unterstützt und den tatsächlichen Energiefluss und dessen zeitlichen Verlauf erfasst» (vgl. Art. 17a Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 23. März 2007 über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG; SR 734.1). Der Bundesrat hat in Art. 8a ff. der Stromversorgungsverordnung vom 14. März 2008 (StromVV; SR 734.71) Vorgaben für den Einsatz intelligenter Messsysteme festgelegt.
  • Der Bundesrat verpflichtet die Netzbetreiber dazu, ab einem bestimmten Zeitpunkt bei allen Endverbrauchern, Erzeugern und Speicherbetreibern intelligente Messsysteme (Smart Meter) zu verwenden (vgl. Art. 17abis Abs. 2 Satz 3 des Bundesgesetzes vom 23. März 2007 über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG), SR 734, Änderung vom 29. September 2023, in: BBl 2023 2301 [Inkrafttreten voraussichtlich am 1. Januar 2025]. In Art. 31e der Stromversorgungsverordnung (StromVV), SR 734.71, ist dieser Zeitpunkt auf den 1. Januar 2028 festgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen 80 Prozent aller Messeinrichtungen in einem Netzgebiet den Anforderungen für intelligente Messsysteme gemäss Art. 8a und Art. 8b StromVV entsprechen. Bis zum 1. Januar 2028 bestimmt der Netzbetreiber selbst, wann er Endverbraucher, Erzeuger und Speicherbetreiber mit intelligenten Messsystemen ausstatten will.
  • Harasgama/Tamò, S. 119 m.w.Verw. Betreiber des intelligenten Messsystems beim Endverbraucher sind die (staatlichen) Netzbetreiber (vgl. Art. 8 Abs. 1 StromVV).
  • Harasgama, S. 32 m.w.Verw.; Harasgama/Tamò, S. 125 ff., die Smart Grids sowie Smart Meters unter dem Aspekt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vertieft analysieren. So auch Lubian, S. 263 ff.
  • Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1).
  • Art. 43a Abs. 4 ATSG.
  • Heusser, 35; Kieser, 314. Demgegenüber dürfen Wohn- und Schlafzimmer von versicherten Personen nicht durch Sozialversicherungen observiert werden. Vgl. dazu Art. 7h Abs. 2 lit. a der Verordnung vom 11. September 2002 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV; SR 830.11).
  • In diesem Sinne BGE 143 I 377 E. 3.1 u.a. m.Verw. auf EGMR Vukota-Bojic gegen Schweiz, 16.10.2016, Nr. 61838/10, N. 69-77; BGE 137 I 327 E. 4.4 m.w.Verw.
  • Gächter, S. 216 m.Verw.
  • Heusser, S. 40.
  • Schweizerische Strafprozessordnung vom 5.10.2007 (Strafprozessordnung, StPO; SR 312.0).
  • So zutreffend Heusser, S. 27 ff.; Pärli, 121 f.
  • Heusser, S. 40. A.M. Waldenmeyer/Kühne/Bär, S. 214, die die Verhältnismässigkeit bejahen.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 29 m.w.Verw.
  • Moeckli, in: Biaggini/Gächter/Kiener, Staatsrecht, § 31 N. 63 m.Verw. auf BGE 140 I 353 E. 8.3 f. Vgl. ferner Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 50 m.w.Verw.; Biaggini, Art. 13 BV N. 10 m.w.Verw. Vgl. auch BGE 140 IV 181 E. 2.3: «Die Geheimsphäre der E-Mail-Benützer ist durch das Fernmeldegeheimnis verfassungsrechtlich geschützt […]».
  • BGE 140 I 353 E. 8.3.
  • Moeckli, S. 1405 m.Verw.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 29 m.w.Verw.
  • BGE 140 I 353 E. 8.3.
  • In diesem Sinne SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 70 m.Verw. auf BGE 140 I 353 E. 8.3: «Auszugehen ist von der Achtung des umfassend zu verstehenden Fernmeldeverkehrs [Hervorhebung nur hier]».
  • Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in: ABl. 2012 C 326 vom 26.10.2012, 391-407.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 29 m.w.Verw.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 747 m.Verw.; Moeckli, S. 1405 m.w.Verw.; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 74. Vgl. zum grundrechtlich garantierten Schutz von Randdaten BGE 144 I 126 E. 4.1 m.w.Verw.; BGE 140 I 369 E. 8.3 m.Verw.; BGE 130 III 28 E. 4.2 m.Verw.; BGE 126 I 50 E. 6b. Vgl. zur Konventionsrechtsprechung EGMR Big Brother Watch und andere gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 58170/13, 62322/14 und 24960/15, 13.9.2018, N. 355 f.
  • Belser, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, § 6 N. 51; SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 75 m.w.H. Vgl. hierzu auch BGer 6B_264/2021 vom 30.3.2022 E. 2.4.4: «Zwar stellt die Öffnung der ein- oder ausgehenden Post ohne Zweifel einen Eingriff in das Recht des Gefangenen auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) sowie auf Achtung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK) dar. Diese Öffnung entspricht jedoch dem Verhältnismässigkeitsprinzip: Das von dieser Massnahme angestrebte öffentliche Interesse – Sicherheit der Strafanstalt – geht dem privaten Interesse des Beschwerdeführers auf die Vertraulichkeit seiner Korrespondenz vor […]».
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 10 m.w.Verw. Nicht restlos klar BGE 140 I 353 E. 8.3: «Mit dem Verfassungsanspruch gemäss Art. 13 Abs. 1 BV soll gewährleistet werden, dass die Kommunikation mit fremden Mitteln gegenüber Drittpersonen geheim erfolgen kann, auch wenn technische Mittel zur Kommunikationsüberwachung bestehen. […]. Dieser Geheimbereich ist unabhängig davon zu wahren, ob die Kommunikation durch eine staatliche Organisation (wie die früheren PTT-Betriebe) oder wie heute durch private Anbieter von Fernmeldedienstleistungen vermittelt wird […]». Wohl ähnlich BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 31; Müller/Schefer, S. 207 ff.
  • Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz, NDG; SR 121).
  • Moeckli, S. 1406. Vgl. weiter Biaggini, Art. 13 BV N. 10a ff.; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 29 m.w.Verw.; Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, § 12 N. 385 m.w.Verw. Vgl. zur Abgrenzung zwischen präventiver Überwachung und repressiver Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs Isenring/Quiblier, S. 129.
  • Kiener/Kälin/Wyttenbach, N. 752.
  • BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 30 m.w.Verw. auf die einschlägige Rechtsprechung.
  • Frei, S. 44 m.w.Verw.
  • EGMR Big Brother Watch und andere gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 58170/13, 62322/14 und 24960/15, 13.9.2018, N. 347; bestätigt durch EGMR (Grosse Kammer), Big Brother Watch und andere gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 58170/13, 62322/14 und 24969/15, 25.5.2021, N. 377-382 und N. 424-427. Vgl. dazu auch Frei, S. 63; Meyer/Staffler, S. 321; Moeckli, S. 1406 m.Verw.
  • EGMR Centrum för Rättvisa gegen Schweden, Nr. 352552/08, 19.6.2018, N. 179-181. Vgl. auch Frei, S. 63 m.Verw.: «Im Verfahren Centrum för rättvisa gegen Schweden hatte eine Kammer im Juni 2018 die Beschwerde abgewiesen, da die schwedische Regelung zur Massenüberwachung privater Kommunikation von genügend klaren gesetzlichen Vorgaben, Sicherheitsmassnahmen gegen Missbrauch und Rechtsschutzmöglichkeiten begleitet sei». Unklar daher SGK-Breitenmoser, Art. 13 Abs. 1 BV N. 74 m.w.Verw.: «Auch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Überwachung der Telekommunikation durch den staatlichen Geheimdienst stellt gemäss Gerichtshof einen Eingriff in Art. 8 EMRK dar (EGMR Centrum för Rättvisa c. Suède, 35252/08 [2018], Ziff. 90 ff. […]».
  • EGMR (Grosser Kammer), Centrum för Rättvisa gegen Schweden, 25.5.2021, N. 359-364 und N. 374.
  • Frei, S. 62 f.; Meyer/Staffler, S. 319. Das Bundesamt für Justiz (BJ), S. 6, fasste die Rechtsprechung des EGMR in Bezug auf die rechtsstaatlichen Anforderungen an die staatliche Massenüberwachung konzis zusammen: «Die Anwendung eines Regimes der Massenüberwachung steht somit nicht per se im Widerspruch zu Artikel 8 EMRK. Dennoch hielt der Gerichtshof fest, dass angesichts der ständigen Weiterentwicklung der modernen Kommunikationstechnologien sein üblicher Lösungsansatz betreffend gezielte Überwachungen an die Besonderheiten eines Regimes der Massenüberwachung anzupassen ist, und zwar sowohl wegen der dieser Art von Überwachung innewohnenden Missbrauchsgefahr als auch wegen des legitimen, sie kennzeichnenden Geheimhaltungsbedürfnisses. Insbesondere muss der Prozess von «umfassenden Garantien» begleitet sein, das heisst, auf nationaler Ebene müssen die Notwendigkeit und die Verhältnismässigkeit der ergriffenen Massnahmen in jeder Prozessetappe beurteilt werden, die Massenüberwachungstätigkeiten müssen von vornherein – sobald Zweck und Ausmass der Operation festgelegt sind – der Bewilligung einer unabhängigen Behörde unterstellt werden, und die Vorgänge müssen Gegenstand einer Aufsicht und einer nachträglichen unabhängigen Kontrolle sein. Der Gerichtshof hat somit mehrere wesentliche Kriterien herausgearbeitet, die vom nationalen Recht klar definiert sein müssen, damit das fragliche Regime mit den Anforderungen der Konvention als vereinbar betrachtet werden kann [Hervorhebungen nur hier]». Vgl. auch BGE 147 I 280 E. 7.1: Zu prüfen ist, ob das Gesetz angemessene und wirksame Garantien gegen Missbrauch vorsieht, unter Berücksichtigung nicht nur der materiellen Garantien (Umfang, Dauer und Art der Überwachungsmassnahmen, Voraussetzungen ihrer Anordnung, usw.), sondern auch der innerstaatlich zur Verfügung stehenden Kontroll- und Beschwerdemöglichkeiten und ihrer Effizienz […].
  • Vgl. Art. 26 Abs. 1 lit. a NDG.
  • Vgl. Art. 26 Abs. 1 lit. d NDG.
  • Vgl. Art. 39 ff. NDG. Vgl. auch Isenring/Quiblier, S. 126 und S. 137 ff.
  • Isenring/Quiblier, S. 126 und S. 139, die zu Recht darauf hinweisen, dass das im NDG statuierte Verbot der Inlandüberwachung elektronischer Kommunikation toter Buchstabe ist, weil es gar kein Schweizer Internet gibt. So auch BGE 147 I 280 E. 6.2.2 m.w.Verw.: «Bei der Funk- und Kabelaufklärung handelt es sich um eine anlasslose Massenüberwachung von grenzüberschreitenden Telekommunikationsströmen». Wie die Beschwerdeführenden zutreffend darlegen, wird auch ein Grossteil der inländischen Kommunikation erfasst, der z.B. über Netzwerke und Server im Ausland erfolgt […]».
  • BGE 147 I 280 E. 8.1 sowie E. 8.2.
  • BGE 147 I 280 E. 9.3: «Gegenstand der Prüfung ist nicht das Gesetz als solches, sondern die vermutete Erfassung von Daten der Beschwerdeführenden in der Funk- und Kabelaufklärung. Gefragt ist deshalb nicht, ob die Bestimmungen des NDG zur Funk- und Kabelaufklärung verfassungs- und konventionskonform gehandhabt werden könnten, sondern ob die (vermutete) Bearbeitung von Daten der Beschwerdeführenden im aktuellen System der Funk- und Kabelaufklärung deren Grundrechte verletzt».
  • Christian Kamm, Das Handy in Polizeihänden: Das Thurgauer Parlament hat sich verwählt, in: Tagblatt, www.tagblatt.ch, besucht am 16. Mai 2023.
  • Kampf gegen Kindesmissbrauch: EU-Kommissarin verteidigt Vorschlag, in: NZZ Online vom 5. Juni 2022, verfügbar auf www.nzz.ch, besucht am 17. Mai 2023.
  • Der Begriff der Smart-Home-Technologien weist keine klaren Konturen auf. Darunter werden z.B. smarte Haushaltsgeräte zur Steuerung der Heizung oder der Wohnraumbeleuchtung, aber auch Sprachassistenzsysteme wie «Alexa» von Amazon oder «Siri» von Apple verstanden. Vgl. Ametsbichler, S. 170 m.w.H.
  • Gless/Stagno, S. 291 ff.
  • Gless/Stagno, S. 293 ff.
  • Biaggini, Art. 13 BV N. 11; BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 32 beide m.Verw. auf BGE 128 II 259 E. 3.2; Drittenbass, N. 138 m.w.Verw.
  • Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde 1983 vom deutschen Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil formuliert als «die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen». Vgl. hierzu BVerfGE, Urteil des Ersten Senats vom 15.12.1983, 65, 1, 155. Vgl. auch Drittenbass, N. 138 (FN 515) m.w.Verw.
  • Vgl. zur Lehre BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 32 (die Terminologie sei aber «sprachlich unschön»); Flückiger, S. 844 ff.; Meier, S. 65; Schwegler, S. 371. Vgl. zudem BSK-Schönbächler/Maurer-Lambrou/Kunz, Art. 1 DSG N. 20 m.Verw. Kritisch zum Begriff Rudin, S. 248 f. Vgl. zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung BGE 113 Ia 1 E. 4a/bb, bestätigt in BGE 120 II 118 E. 3a; BGE 128 II 259 E. 3.2; BGE 133 I 77 E. 5.3; BGE 138 II 346 E. 8.2; BGE 140 I 2 E. 9.1; BGE 142 II 340 E. 4.2; BGE 144 I 126 E. 4.1.
  • BBl 2017 7010 m.Verw. auf BGE 140 I 2 E. 9.1.
  • Thouvenin, S. 2 ff.: «Der Gehalt der Idee wird allerdings kaum je konkretisiert. Vielmehr begnügt man sich meist damit, den Begriff anzuführen und dem Gegenüber zu überlassen, was er oder sie darunter verstehen mag. In der Verbindung von intuitiver Überzeugungskraft und inhaltlicher Offenheit liegt denn auch die Stärke des Begriffs […]: Es kommt gar nicht darauf an, was der Gehalt eines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist und sein kann – vielmehr reicht es, den Begriff in den Raum zu stellen und daraus Schlüsse zu ziehen oder Forderungen abzuleiten. Die informationelle Selbstbestimmung ist damit in der Schweiz (und darüber hinaus) zu einem Axiom der Informationsgesellschaft geworden, das nicht mehr zu hinterfragen ist. Ebendies tut dieser Beitrag aus drei Perspektiven: einer historischen, einer rechtstatsächlichen und einer normativen. […] [Hervorhebungen nur hier]».
  • Das Bundesgericht anerkannte in BGE 128 II 259 sowie in BGE 129 I 232 und damit nach Inkrafttreten der totalrevidierten BV erstmals ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung an, ohne allerdings darin eine Begründung für das neu geschaffene Grundrecht zu liefern. Das Bundesgericht verwies stattdessen in BGE 129 I 232 (E. 4.3.1) auf die Kommentierung von Rainer J. Schweizer zu Art. 13 Abs. 2 BV im St.Galler Kommentar zur Bundesverfassung, in der dieser festhielt, dass das Bundesgericht bereits seit 1987 ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anerkannte, obschon die von ihm angeführten Bundesgerichtsurteile eine solche Aussage nicht stützen. Vgl. Thouvenin, S. 8 ff. Auch der Bundesrat hat sich diesem Verständnis in der Botschaft des totalrevidierten DSG angeschlossen. Vgl. BBl 2017 7010 m.Verw.
  • Thouvenin, S. 5 ff.
  • Thouvenin, S. 15 ff.
  • Thouvenin, S. 43 f.
  • Epiney/Civitella/Zbinden, S. 17; Meier, S. 65; Moeckli, S. 1406; Müller/Schefer, S. 167 f.; Schweizer/Rechsteiner, § 2 N. 2 alle m.w.Verw.; SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 79 m.w.Verw. Vgl. ferner BSK-Schönbächler/Maurer-Lambrou/Kunz, Art. 1 DSG N. 5 und N. 20 m.Verw. Ein Teil der Lehre will dagegen Art. 13 Abs. 2 BV wortgetreu als Norm zum Schutz vor Missbrauch persönlicher Daten verstanden wissen. So erstmal Gächter/Egli, N. 24 ff.; grundlegend dazu Belser, S. 34 ff. Vgl. zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung BGE 144 I 126 E. 4.1; BGE 142 II 340 E. 4.2; BGE 138 II 346 E. 8.2.
  • Ähnlich im Kontext des eidgenössischen DSG Brunner, S. 38. «Es fragt sich indessen, ob das Datenschutzgesetz von seinem Zweck her überhaupt Anwendung finden kann, wenn eine Datenbearbeitung durch eine Behörde klarerweise keine Persönlichkeitsverletzung darstellt». A.M. Müller Lucien, S. 125 m.Verw.
  • Schweizer, Persönlichkeitsschutz, S. 704. Vgl. auch BGE 138 I 331 E. 5.1. A.M. Gächter/Egli, N. 25, wonach der Schutzzweck von Art. 13 Abs. 2 BV informationsorientiert und nicht verhaltensbezogen konzipiert sei.
  • SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 87 m.Verw. Im Gegensatz zum eidgenössischen Datenschutzgesetz (DSG) differenziert Art. 13 Abs. 2 BV demnach nicht zwischen «gewöhnlichen» und «besonders schützenswerten Personendaten». Als besonders schützenswerte Personendaten gelten z.B. Daten über religiöse und politische Ansichten oder Gesundheitsdaten. Vgl. hierzu Biaggini, Art. 13 BV N. 12.
  • BGE 136 II 508 E. 3.2 ff.
  • BGE 144 I 126 E. 4.2.
  • SGK-Schweizer/Striegel, Art. 13 Abs. 2 BV N. 87 m.Verw. auf BGE 144 II 77 E. 5.1; BGE 142 II 268 E. 6.1. Der Verweis auf BGE 142 II 268 überzeugt hier allerdings nicht restlos, weil sich das Bundesgericht in der erwähnten Erwägung lediglich zum Schutz von Daten juristischer Personen unter dem alten DSG äusserte, auf den im totalrevidierten DSG verzichtet wird.
  • Rosenthal, Datenschutzgesetz, N. 19.
  • BBl 2017 7011: «Auch bleibt für juristische Personen ein umfassender Schutz unverändert bestehen, wie er durch die Artikel 28 ff. des Zivilgesetzbuchs (ZGB) (…), das UWG, das Urheberrechtsgesetz vom 9.10.1992 oder durch die Bestimmungen zum Schutz von Berufs-, Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen sowie Artikel 13 BV auf Verfassungsebene gewährleistet wird».
  • Drittenbass, N. 142 m.w.Verw. Nach Biaggini, Art. 13 BV N. 11, erfasse Art. 13 Abs. 2 BV «grundsätzlich jede staatliche Bearbeitung von persönlichen Daten». So auch BSK-Diggelmann, Art. 13 BV N. 34.
  • Koller/Schindler, S. 279 f. Vgl. zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung BGE 126 II 300 E. 5a; BGE 140 II 315 E. 4.8. Vgl. auch Müller, S. 14 f. sowie S. 43 ff., der aufzeigt, dass das Bundesgericht bereits im 19. Jahrhundert fallweise eine objektivrechtliche Dimension von Grundrechten anerkannte.
  • Egli, S. 138. Koller/Schindler, S. 279 (FN 10), verweisen zudem auf Art. 36 Abs. 2 BV.
  • Egli, S. 164 m.Verw.; Schweizer/Kradolfer/Sutter, S. 238; Weber, S. 28.
  • Moeckli, S. 1409; Schweizer/Kradolfer/Sutter, S. 238; Weber, S. 28 m.w.Verw. Die grundrechtliche Schutzpflicht ist aus Sicht des Grundrechtsträgers zugleich ein aus der subjektivrechtlichen Dimension eines Grundrechts abgeleiteter Schutzanspruch, der sich gegen den Staat und nicht gegen Private richtet. Vgl. hierzu Müller, S. 127 f.
  • Drittenbass, N. 143 m.Verw.
  • Vgl. dazu eingehend Drittenbass, N. 527 ff.
  • Drittenbass, N. 554.
  • Drittenbass, N. 555.
  • In diesem Sinne BGer 1C_39/2021 vom 29.11.2022 E. 4.3.3.
  • Statt von Gesichtserkennung («Face Recognition») wird auch von «Gesichtsbildabgleich» gesprochen. Vgl. Simmler/Canova, Strafverfahren, S. 204 (FN 16).
  • So erfuhr z.B. die angebliche Absicht der SBB, an bestimmten Bahnhöfen Kameras zur Gesichtserkennung einzusetzen, in den Medien erhebliche Kritik, wobei unklar bleibt, ob und in welchem Umfang die SBB tatsächlich eine solche Technologie an Bahnhöfen einsetzen wollte. Vgl. hierzu Barnaby Skinner, Datenkrake SBB? – Mehr Mut zu digitalen Lösungen, in: NZZ Online vom 23.2.2023, verfügbar auf www.nzz.ch, besucht am 4.8.2023. Oder der Bundesrat hat anlässlich seiner Sitzung vom 5.4.2023 einen Verpflichtungskredit zur Finanzierung des Projektes AFIS2026 gutgeheissen. Dieses Projekt soll Gesichtsbildabgleiche ermöglichen, wozu eine Gesichtserkennungstechnologie eingesetzt werden soll. Vgl. hierzu Medienmitteilung vom 6.4.2023, Bundesrat heisst Verpflichtungskredit zur Erneuerung des AFIS-Systems gut, verfügbar auf www.admin.ch, besucht am 4.8.2023.
  • Simmler/Canova, Strafverfahren, S. 206. Vgl. zur Gesichtserkennung durch die Polizei im Besonderen Karaboga/Frei/Ebbers/Rovelli/Friedewald/Runge, S. 108 ff.
  • Braun Binder/Kunz/Obrecht, N. 5 und N 10 ff.; Simmler/Canova, Strafverfahren, S. 203 m.Verw.
  • Braun Binder/Kunz/Obrecht, N. 25 f.; Kühne, S. 13; Matter, S. 15; Simmler/Canova, Gesichtserkennungstechnologie, S. 112 f.
  • Braun Binder/Kunz/Obrecht, N. 25.
  • EGMR Glukhin gegen Russland, Nr. 11519/20, 4.7.2023, N. 90 f.: «In the light of all the above considerations the Court concludes that the use of highly intrusive facial recognition technology in the context of the applicant exercising his Convention right to freedom of expression is incompatible with the ideals and values of a democratic society governed by the rule of law, which the Convention was designed to maintain and promote. The processing of the applicant’s personal data using facial recognition technology in the framework of administrative offence proceedings – first, to identify him from the photographs and the video published on Telegram and, secondly, to locate and arrest him while he was travelling on the Moscow underground – cannot be regarded as “necessary in a democratic society” [Hervorhebungen nur hier]». Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte die Regelungen im Bundesland Hessen sowie im Bundesland Hamburg zur automatischen Gesichtserkennung durch die Polizei (vgl. § 49 Absatz 1 Alternative 1 des Hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei in der Fassung des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei und zur Änderung weiterer polizeirechtlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 [Gesetz- und Verordnungsblatt Hamburg Seite 485] sowie § 25a Absatz 1 Alternative 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung [HSOG] in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen vom 25. Juni 2018 [Gesetz- und Verordnungsblatt Hessen Seite 302]) für verfassungswidrig. Vgl. BVerfGE vom 16. Februar 2023 1547/19 und 2634/20.
  • EGMR Glukhin gegen Russland, Nr. 11519/20, 4.7.2023, N. 85: «The Court finds it to be beyond dispute that the fight against crime, and in particular against organised crime and terrorism, which is one of the challenges faced by today’s European societies, depends to a great extent on the use of modern scientific techniques of investigation and identification. However, while it recognises the importance of such techniques in the detection and investigation of crime, the Court must delimit the scope of its examination».
  • EGMR Glukhin gegen Russland, Nr. 11519/20, 4.7.2023, N. 82: «[…] the Court considers that it is essential in the context of implementing facial recognition technology to have detailed rules governing the scope and application of measures as well as strong safeguards against the risk of abuse and arbitrariness. The need for safeguards will be all the greater where the use of live facial recognition technology is concerned [Hervorhebungen nur hier]».
  • EGMR Glukhin gegen Russland, Nr. 11519/20, 4.7.2023, N. 83.
  • BGer 1C_39/2021 vom 29.11.2022 E. 8.1.1.
  • BGE 146 I 11 E. 3.2; bestätigt durch BGer 1C_39/2021 vom 29.11.2022 E. 8.1.1 m.w.Verw.
  • OK-Heri, Art. 10 BV N. 49.
  • BGer 1B_508/2022 vom 16.12.2022 E. 2.2 m.Verw. auf BGE 128 II 259 E. 3.2.
  • Vgl. Gerrit Hornung, S. 19, der den Einsatz von KI zur Auswertung von Social Media Massendaten unter deutschem Recht untersucht.
  • Christian J. Meier, KI im Spital: Stellen Computer bald die besseren Diagnosen?, in: NZZ Online vom 9.3.2023, verfügbar auf www.nzz.ch, besucht am 13.9.2023. Vgl. zu Big Data in der Medizin auch Drittenbass, N. 186 ff.
  • Vgl. hierzu Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB), Einsatz von ChatGPT und vergleichbaren KI-gestützten Anwendungen, verfügbar auf www.edoeb.admin.ch, besucht am 14. September 2023. Vgl. zum Datenschutz beim Einsatz generativer künstlicher Intelligenz Rosenthal, Einsatz, N. 1 ff.
  • Anregungen und Bemerkungen zu den Inhalten dieser Kommentierung werden gerne unter der E-Mail joel.drittenbass@vischer.com / joel.drittenbass@unisg.ch entgegengenommen.

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