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- Übergangsbestimmungen zur Aktienrechtsrevision vom 19. Juni 2020
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- Art. 2 CCC (Übereinkommen über die Cyberkriminalität [Cybercrime Convention])
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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
BUNDESGESETZ ÜBER DIE POLITISCHEN RECHTE
ZIVILGESETZBUCH
BUNDESGESETZ ÜBER KARTELLE UND ANDERE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN
BUNDESGESETZ ÜBER INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN
DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- In Kürze
- I. Allgemeines
- II. Objektiver Tatbestand
- III. Subjektiver Tatbestand
- IV. Rechtswidrigkeit und Schuld
- Literaturverzeichnis
- Materialienverzeichnis
In Kürze
Die Bestimmung von Art. 60 stellt (i) die vorsätzliche Verletzung der Auskunftspflicht, (ii) die vorsätzliche Verletzung der Informationspflicht sowie (iii) die vorsätzliche mangelhafte Kooperation mit dem EDÖB im Rahmen einer Untersuchung unter Strafe. Bei Erfüllung einer dieser Tatbestände droht eine Busse bis zu 250 000 Franken.
I. Allgemeines
1 Art. 60 übernimmt bereits in Art. 34 aDSG enthaltene Regelungsgehalte. Nicht übernommen wird Art. 34 Abs. 2 lit. a aDSG, da die entsprechenden Meldepflichten im revidierten DSG nicht mehr enthalten sind. Neu und zusätzlich erstreckt sich die Strafnorm auch auf die Informationspflicht bei einer automatisierten Einzelentscheidung nach Art. 21. Im Gegensatz zu Art. 34 aDSG i.V.m. Art. 14 aDSG gilt die Informationspflicht nicht mehr nur für besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile, sondern nun nach Art. 60 i.V.m. Art. 19 für sämtliche Personendaten. Dadurch wird die Bestimmung zusätzlich ausgeweitet. Im Vorentwurf wurde dazu ein sehr umfassender Artikel geschaffen. Vorgesehen waren eine Bestrafung für die vorsätzliche Verletzung von Informations-, Auskunfts- und Mitwirkungspflichten und auch ein Fahrlässigkeitstatbestand. Im Vernehmlassungsverfahren wurde die Strafbarkeit der fahrlässigen Verletzung teilweise kritisiert.
2 Bei der Strafnorm von Art. 60 Abs. 1 handelt es sich um ein Antragsdelikt, und bei jener von Art. 60 Abs. 2 um ein Offizialdelikt.
3 Mit der Bestimmung von Art. 60 sollen einerseits möglicherweise betroffene Personen vor der Gefährdung ihrer Persönlichkeit geschützt werden und andererseits soll mit dieser Bestimmung die Aufsichtsfunktion des EDÖB (und damit dessen Funktionsfähigkeit) im privaten Bereich geschützt werden.
4 Art. 60 Abs. 2 ist von der Bestimmung von Art. 63 dadurch abzugrenzen, dass bei Art. 60 Abs. 2 im Gegensatz zu Art. 63 keine Verfügung im formellen Sinn vorliegen muss.
5 Die Strafbestimmung ist weiterhin als Übertretung ausgestaltet, aber die dafür vorgesehene Bussenobergrenze wurde deutlich angehoben. In Art. 50 VE-DSG war noch eine Busse von bis zu 500 000 Franken
II. Objektiver Tatbestand
A. Täterkreis
6 Es handelt sich bei Art. 60 um ein Sonderdelikt, denn nur die Informations- bzw. Auskunftspflichtigen (Art. 60 Abs. 1) bzw. die vom EDÖB im Rahmen einer Untersuchung zur Auskunft oder sonstigen Mitwirkung aufgeforderten Personen (Art. 60 Abs. 2) kommen als Täter in Frage.
7 Die Ausrichtung der Strafbestimmung steht im Gegensatz zur DSGVO, in der das jeweilige Unternehmen zur Verantwortung gezogen wird. In der Schweiz erfolgt der Durchgriff auf die natürlichen Personen, die tatsächlich für das Unternehmen handeln und den Tatbestand schuldhaft erfüllen.
8 Belangt werden können Leitungspersonen, aber auch weitere Personen, die für relevanten Vorgang verantwortlich sind.
B. Strafbewehrtes Verhalten
9 Art. 60 sieht drei unterschiedliche Tathandlungen vor. Sanktioniert werden die Verletzung der Auskunftspflicht (Art. 60 Abs. 1 lit. a; unten, N. 10 ff.), die Verletzung der Informationspflicht (Art. 60 Abs. 1 lit. b; unten, N. 17 ff.) sowie die mangelhafte Kooperation mit dem EDÖB im Rahmen einer Untersuchung (Art. 60 Abs. 2; unten, N. 19 ff.).
1. Erteilung falscher oder unvollständiger Auskunft (Art. 60 Abs. 1 lit. a)
10 Art. 60 Abs. 1 lit. a stellt das Erteilen einer falschen oder unvollständigen Auskunft unter Strafe und bezieht sich damit auf die Verletzung von Art. 19, Art. 21 und Art. 25-27.
11 Zum objektiven Tatbestand gehört das Vorliegen einer Auskunftspflicht und das Nicht-Vorliegen eines Grundes, der diese Pflicht aufhebt oder einschränkt (Art. 19, 21 und 25-27). Es kann zwischen Informationspflicht nach Art. 19 und 21 und Auskunftspflicht nach Art. 25-27 unterschieden werden.
12 Im Rahmen der Auskunftspflicht (Art. 25) ist nur strafbar, wer eine falsche oder unvollständige Auskunft erteilt, nicht aber, wer z.B. einen falschen Weigerungsgrund nach Art. 26 geltend macht.
13 Nicht strafbar ist jedoch, wer durch Schwärzungen oder auf andere Weise offenlegt, dass die Auskunft unvollständig ist, da hier nicht der Anschein der Vollständigkeit erweckt wird.
14 Ebenfalls nicht von Art. 60 Abs. 1 lit. a erfasst ist, wenn (z.B. weil das Bestehen einer zur Auskunft verpflichtenden Situation in Abrede gestellt wird) gar keine oder nur mit Verzögerung Auskunft erteilt wird.
15 Im Rahmen der Informationspflicht (Art. 19 und 21) ist ebenfalls die falsche oder unvollständige Informationserteilung strafbar.
16 In Art. 21 bezieht sich die Informationspflicht nicht mehr wie in Art. 14 aDSG nur auf das Beschaffen von besonders schützenswerten Personendaten und Persönlichkeitsprofilen
2. Unterlassung von Informationen (Art. 60 Abs. 1 lit. b)
17 Art. 60 Abs. 1 lit. b erfasst jene Fälle, in denen eine private Person es unterlässt, (i) die betroffene Person zu informieren, dass Personendaten über sie beschafft wurden (Art. 19 Abs. 1) oder dass eine automatisierte Einzelentscheidung getroffen wurde (Art. 21 Abs. 1) bzw. (ii) der betroffenen Person jene Informationen zu geben, die sie benötigt, um ihre Rechte nach dem DSG geltend zu machen (Art. 19 Abs. 2). Der objektive Tatbestand von Art. 61 lit. b wäre etwa erfüllt, wenn ein Unternehmen es unterlässt, in einer rechtsgenügenden Datenschutzerklärung zu informieren, welche Personendaten es bearbeitet.
18 Strafbar ist dabei auch, wer für das Ausbleiben der Information einen Grund angibt. Die Strafbarkeit ist insofern weiter gefasst als bei Art. 60 Abs. 1 lit. a.
3. Erteilung falscher Auskunft oder Verweigerung der Mitwirkung im Rahmen einer Untersuchung des EDÖB (Art. 60 Abs. 2)
19 Die Strafnorm von Art. 60 Abs. 2 übernimmt den Regelungsgehalt von Art. 34 Abs. 2 lit. b aDSG, der das Erteilen falscher Auskünfte oder die Verweigerung der Mitwirkung im Rahmen einer Untersuchung des EDÖB für strafbar erklärte. Sie bezieht sich auf die in Art. 49 Abs. 3 statuierte Mitwirkungspflicht, wonach private Personen verpflichtet sind, dem EDÖB sämtliche für die Untersuchung notwendigen Auskünfte zu erteilen und notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Tatvariante «Erteilung falscher Auskunft» ist als Tätigkeitsdelikt und die Tatvariante «Verweigerung der Mitwirkung» als echtes Unterlassungsdelikt ausgestaltet.
20 Der objektive Tatbestand setzt eine formelle, wegen eines möglichen Verstosses gegen Datenschutzvorschriften eröffnete Untersuchung des EDÖB nach Art. 49 voraus. Eine allfällige Falschauskunft oder Mitwirkungsverweigerung im Rahmen von Abklärungen, die der EDÖB ausserhalb einer formellen Untersuchung tätigt, sind von Art. 60 Abs. 2 nicht erfasst.
21 Das Strafgericht darf sich nicht darauf beschränken, die Handlung oder Unterlassung der beschuldigten Person zu prüfen, sondern hat auch zu prüfen, ob die Aufforderung des EDÖB zur Auskunftserteilung bzw. Mitwirkung rechtmässig war.
22 Die Aufforderung des EDÖB muss (im Unterschied zu Art. 63 und von Art. 292 StGB) nicht unter Hinweis auf die Strafbarkeit erfolgen, es muss der aufgeforderten Person aber klar sein, dass ihre Mitwirkung nicht freiwillig ist.
III. Subjektiver Tatbestand
23 In subjektiver Hinsicht verlangt ist Vorsatz. Es genügt dabei bereits Eventualvorsatz, also ein für möglich halten und in Kauf nehmen der Tatbestandsverwirklichung. Der Täter muss im Zeitpunkt der Tatbegehung die Sachverhaltsumstände, gestützt auf die der objektive Tatbestand als erstellt angesehen werden muss, erkannt haben, und er muss die darauffolgenden rechtlichen Wertungen zumindest laienhaft nachvollzogen haben (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre).
24 In der Praxis dürfte es nicht selten vorkommen, dass die handelnde Person sich der Möglichkeit bewusst ist, dass eine Auskunft unvollständig sein könnte und sie dies in Kauf nimmt, weil sie es vorzieht, eine solche statt gar keine Auskunft zu liefern. Wird der betroffenen Person eine Vollständigkeitserklärung abgegeben, wird Vorsatz regelmässig angenommen, wenn die Auskunft dann doch nicht vollständig ist.
25 Irrt der Täter über den für den Tatbestand relevanten Sachverhalt, so liegt ein Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 13 StGB vor. In diesem Fall beurteilt das Gericht die Tat nach der Sachverhaltsvorstellung des Täters. Besonders relevant ist dies, wenn die Auskunftspflichtige eine unvollständige Auskunft erteilt, weil sie meint, diese sei vollständig erteilt worden.
IV. Rechtswidrigkeit und Schuld
26 Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit gelten nach Art. 333 Abs. 1 StGB die allgemeinen Regeln des StGB. Tatbestandsmässiges Verhalten kann ausnahmsweise aufgrund gesetzlicher oder übergesetzlicher Rechtfertigungsgründe erlaubt sein.
27 Auch hinsichtlich der Schuld gelten nach Art. 333 Abs. 1 StGB die allgemeinen Regeln. Die Strafbarkeit kann nach Art. 21 StGB durch einen Verbotsirrtum gehindert werden. Dies jedoch nur, wenn die als Täterin in Frage kommende Person nicht wissen konnte, dass sie rechtwidrig handelt. Sie meint in diesem Fall, nichts Unrechtes getan zu haben. Wäre der Rechtsirrtum vermeidbar gewesen, wird die Strafe nur gemindert.
Literaturverzeichnis
Niggli Marcel Alexander/Maeder Stefan, Kommentierung zu Art. 34 aDSG, in: Maurer-Lambrou Urs/Blechta Gabor-Paul (Hrsg.), Basler Kommentar, Datenschutzgesetz / Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl., Basel 2014.
Niggli Marcel Alexander/Maeder Stefan, Kommentierung zu Art. 21 StGB, in: Niggli Marcel Alexander/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafrecht (StGB/JStGB), 4. Aufl., Basel 2018.
Rosenthal David, Das neue Datenschutzgesetz, in: Jusletter 16. November 2020, https://jusletter.weblaw.ch/juslissues/2020/1045/das-neue-datenschutz_0e89d89706.html, besucht am 8.8.2023.
Rosenthal David/Gubler Seraina, Die Strafbestimmungen des neuen DSG, SZW 1/2021, S. 52 ff.; Rosenthal David/Jöhri Yvonne, Handkommentar zum Datenschutzgesetz sowie weiteren, ausgewählten Bestimmungen, Zürich 2008.
Wohlers Wolfgang, Kommentierung zu Art. 66 DSG, in: Baeriswyl Bruno/Pärli Kurt/Blonski, Dominika (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar, Datenschutzgesetz, 2. Aufl., Bern 2023.
Materialienverzeichnis
Botschaft zum Bundesgesetz über die Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz vom 15.9.2017, BBl 2017 S. 6941 ff. (zit. Botschaft 2017), abrufbar unter https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2017/6941.pdf, besucht am 8.8.2023.
Erläuternder Bericht des Bundesamts für Justiz BJ zum Vorentwurf für das Bundesgesetz über die Totalrevision des Datenschutzgesetzes und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz vom 21.12.2016, abrufbar unter https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/staat/gesetzgebung/datenschutzstaerkung/vn-ber-d.pdf.download.pdf/vn-ber-d.pdf (zit. Erläuternder Bericht VE-DSG), besucht am 8.8.2023.
Zusammenfassung des Bundesamts für Justiz BJ der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens vom 10.8.2017 betreffend Vorentwurf für das Bundesgesetz über die Totalrevision des Datenschutzgesetzes und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz vom 21.12.2016 (zit. Zusammenfassung Vernehmlassung VE-DSG), abrufbar unter https://www.bj.admin.ch/dam/bj/de/data/staat/gesetzgebung/datenschutzstaerkung/ve-ber-d.pdf.download.pdf/ve-ber-d.pdf, besucht am 8.8.2023