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Kommentierung zu
Art. 24a GwG

Eine Kommentierung von Caroline Kindler

Herausgegeben von Damian K. Graf / Doris Hutzler

defriten

I. Zulassung: Begriff und Rechtsnatur

1 Prüfgesellschaften und leitende Prüfer führen als verlängerter Arm der Selbstregulierungsorganisation (SRO) Prüfungen bei den von der SRO beaufsichtigten Finanzintermediären durch. Daher müssen Prüfgesellschaften und leitende Prüfer:innen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, wenn sie im Auftrag einer SRO prüfen.

2 Zuständig für die Erteilung der Zulassung von Prüfgesellschaften und leitenden Prüfer:innen ist die SRO.

3 In der Frage, ob bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen ein Anspruch auf Zulassung durch die SRO besteht, ist sich die Lehre uneinig: Aus Sicht von Zysset besteht ein «bedingter Anspruch» auf Zulassung, sodass die Ausgangslage mit der einer Polizeibewilligung vergleichbar sei;

dies ist laut Neese aufgrund der privatrechtlichen Natur des Rechtsverhältnisses zwischen SRO und Prüfgesellschaft sowie gestützt auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht generell zutreffend;
Zufferey hingegen ist der Ansicht, dass aufgrund der Wahrnehmung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe der Zulassungsentscheid als anfechtbare Verfügung betrachtet werden müsste.

4 Aus Sicht der Rechtsprechung sind SRO aufgrund der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben gestützt auf Art. 35 Abs. 2 BV an die Grundrechte gebunden und müssen die Grundsätze des staatlichen Handelns gemäss Art. 5 Abs. 2 BV beachten.

Nach hier vertretener Ansicht ist das Zulassungsverfahren für Prüfgesellschaften und leitenden Prüfer:innen zumindest an das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV) gebunden: So sind Zulassungsentscheide, die Prüfgesellschaften bzw. leitende Prüfer:innen trotz gleicher Voraussetzungen unterschiedlich behandeln, oder Ablehnungsentscheide, die sich auf keinerlei sachliche Gründe stützen, nicht zulässig; ferner ist der Prüfgesellschaft bzw. den leitenden Prüfer:innen das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) einzuräumen, womit insbesondere der Anspruch auf eine begründete Entscheidung verbunden ist. Gleiches gilt für den Entzug der Zulassung oder die Erteilung eines Verweises durch die SRO gemäss Art. 24a Abs. 4 GwG i.V.m. Art. 17 RAG.

II. Voraussetzungen

5 Für die Zulassung von Prüfgesellschaften und leitenden Prüfer:innen gilt das System der «Doppelzulassung»

bzw. der «doppelspurigen Zulassungsprüfung»
: Die Zulassung sowohl der Prüfgesellschaften als auch der leitenden Prüfer:innen setzt voraus, dass eine «Grundzulassung» der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) vorliegt. Diese Grundzulassung wird von der SRO nicht erneut überprüft, sondern lediglich vorausgesetzt. Darauf aufbauend wird die «spezialgesetzliche Zulassung» durch die SRO erteilt.

III. Voraussetzungen für die Prüfgesellschaft (Abs. 2)

6 Für die Zulassung der Prüfgesellschaft setzt Art. 24a Abs. 2 GwG voraus, dass diese kumulativ (1) von der RAB zugelassen ist, (2) ausreichend organisiert ist und (3) keine andere nach den Finanzmarktgesetzen bewilligungspflichtige Tätigkeit ausübt. Art. 24a Abs. 5 GwG würde die SRO ermächtigen, weitere Zulassungskriterien vorzusehen; festzustellen ist, dass bisher keine SRO von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat.

A. Zulassung als Revisorin nach Art. 6 RAG durch die RAB (lit. a)

7 Art. 24a Abs. 2 lit. a GwG verweist ausdrücklich auf Art. 6 RAG und somit darauf, dass die Organe (mehrheitlich), Mitarbeiter (zu mindestens einem Fünftel) und leitenden Prüfer (gesamthaft) als Revisor:in nach Art. 5 RAG zugelassen sein müssen. Als Revisor:in wird zugelassen, wer über einen unbescholtenen Leumund verfügt, eine Ausbildung nach Art. 4 Abs. 2 RAG abgeschlossen hat sowie eine Fachpraxis von mindestens einem Jahr nachweist (Art. 5 Abs. 1 RAG).

8 Für die Zulassung der Prüfgesellschaft durch die SRO ist ausschliesslich das Vorliegen einer formellen Zulassung der Prüfgesellschaft als Revisorin nach Art. 6 RAG massgebend: Die SRO ist nicht zuständig für die materielle Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen gemäss Art. 6 RAG.

B. Genügende Organisation (lit. b)

9 Gemäss Art. 24a Abs. 2 lit. b GwG muss die Prüfgesellschaft für diese Prüfung ausreichend organisiert sein. Dies ist gemäss Art. 22a Abs. 1 GwV gegeben, wenn die Prüfgesellschaft kumulativ (1) über mindestens zwei leitende Prüfer:innen im Sinne von Art. 24a Abs. 3 GwG verfügt, (2) spätestens drei Jahre nach Zulassungserteilung über mindestens zwei Prüfmandate im Bereich des GwG verfügt und (3) die Vorschriften zur Dokumentation und Aufbewahrung der Unterlagen nach Art. 730c OR einhält.

C. Keine Ausübung einer anderen bewilligungspflichtigen Tätigkeit (lit. c)

10 Art. 24a Abs. 2 lit. c GwG untersagt der im GwG-Bereich tätigen Prüfgesellschaft jegliche bewilligungspflichtige Tätigkeit nach den Finanzmarktgesetzen. Art. 22a Abs. 2 GwV weitet dieses Verbot auf folgende Personen aus: Gesellschaften, die mit der Prüfgesellschaft unter einheitlicher Leitung stehen (lit. a); natürliche Personen, die direkt oder indirekt mit mindestens 10 % des Kapitals oder der Stimmen an einer Gesellschaft nach lit. a beteiligt sind oder deren Geschäftstätigkeit auf andere Weise massgebend beeinflussen können (lit. b); sowie die leitenden Prüfer (lit. c).

IV. Voraussetzungen für leitende Prüfer:innen (Abs. 3)

11 Für die Zulassung der leitenden Prüfer:in setzt Art. 24a Abs. 3 GwG voraus, dass sie oder er kumulativ von der RAB zugelassen ist (lit. a) und über das nötige Fachwissen sowie die erforderliche Praxiserfahrung für die Prüfung verfügt (lit. b).

A. Zulassung als Revisor:in nach Art. 5 RAG durch die RAB (lit. a)

12 Art. 24a Abs. 3 lit. a GwG verweist ausdrücklich auf Art. 5 RAG, welcher unter Abs. 1 neben einem unbescholtenen Leumund eine Ausbildung gemäss Art. 4 Abs. 2 RAG sowie eine Fachpraxis von mindestens einem Jahr voraussetzt, wobei die Fachpraxis in Abs. 2 präzisiert wird.

13 Wie bei der Zulassung der Prüfgesellschaft

ist auch für die Zulassung der leitenden Prüfer:innen durch die SRO ausschliesslich das Vorliegen einer formellen Zulassung der leitenden Prüferin bzw. des leitenden Prüfers als Revisor:in nach Art. 5 RAG massgebend: Die SRO ist nicht zuständig für die materielle Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen gemäss Art. 5 RAG.

B. Fachwissen und Praxiserfahrung (lit. b)

14 Art. 24a Abs. 3 lit. b GwG verlangt von den leitenden Prüferinnern bzw. leitenden Prüfern das nötige Fachwissen und die erforderliche Praxiserfahrung für die Prüfung. Art. 22b GwV legt die Mindestanforderungen fest: (1) bei der Zulassung: Berufserfahrung von fünf Jahren in der Erbringung von Prüfdienstleistungen im Bereich des GwG, 200 Prüfstunden im Bereich des GwG, vier Stunden Weiterbildung im Bereich des GwG innerhalb eines Jahres vor der Einreichung des Zulassungsgesuchs (Abs. 1); (2) nach der Zulassung: 100 Prüfstunden im Bereich des GwG in den letzten vier Jahren, vier Stunden Weiterbildung pro Jahr im Bereich des GwG (Abs. 2).

15 Art. 22d GwV präzisiert die an die Weiterbildung gestellten Anforderungen: Externe und interne Weiterbildungsveranstaltungen müssen den Bereich des GwG umfassen und mindestens eine Stunde dauern. An internen Weiterbildungsveranstaltungen müssen mindestens drei Personen teilnehmen. Nicht als Weiterbildung gilt das Selbststudium. Es wird die effektive Dauer der Weiterbildungsveranstaltung angerechnet, es sei denn, es wird ein Fachreferat oder Fachunterricht erteilt; dann wird die doppelte Referats- oder Unterrichtsdauer angerechnet.

V. Entzug der Zulassung / Erteilung eines Verweises durch die SRO (Abs. 4)

16 Art. 24a Abs. 4 GwG legt fest, dass für den Entzug der Zulassung und die Erteilung eines Verweises durch die SRO Art. 17 RAG sinngemäss anwendbar ist. Wie oben dargelegt, sind nicht nur im Rahmen des Zulassungsverfahrens, sondern auch beim Entzug der Zulassung oder bei der Erteilung eines Verweises die Grundrechte, konkret das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV), das Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) zu beachten.

Literaturverzeichnis

Neese Martin, Kommentierung zu Art. 24a GwG, in: Peter Ch. Hsu/Daniel Flühmann (Hrsg.), Basler Kommentar, Geldwäschereigesetz, Basel 2021.

Zufferey Jean-Baptiste, Kommentierung zu Art. 24a GwG, in: Cassani Ursula/Bovet Christian/Villard Katia (Hrsg.), Commentaire Romand, Loi sur le blanchiment d’argent, Basel 2022.

Zysset Pascal, Kommentierung zu Art. 24a GwG, in: Peter V. Kunz/Thomas Jutzi/Simon Schären (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar (SHK) zum Geldwäschereigesetz (GwG), Bern/Zürich 2017.

Fussnoten

  • SHK-Zysset, Art. 24a GwG N. 7.
  • BSK-Neese, Art. 24a GwG N. 11.
  • CR-Zufferey, Art. 24a GwG N. 3.
  • BGer 2C_887/2010 vom 28.4.2011 E. 6.1; BVGer B-1645/2019 vom 11.6.2019 E. 4.
  • BSK-Neese, Art. 24a GwG N. 8.
  • SHK-Zysset, Art. 24a GwG Nr. 4.
  • BSK-Neese, Art. 24a GwG N. 8; SHK-Zysset, Art. 24a GwG N. 4.
  • BSK-Neese, Art. 24a GwG N. 14; SHK-Zysset, Art. 24a GwG N. 12.
  • Siehe N. 8.
  • BSK-Neese, Art. 24a GwG N. 22; SHK-Zysset, Art. 24a GwG N. 18.

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10.17176/20250319-200410-0

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