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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
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ZIVILGESETZBUCH
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DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Entstehungsgeschichte
- II. Bedeutung der Vorschrift
- III. Wahl ohne Listen
- Literatur- und Materialienverzeichnis
I. Entstehungsgeschichte
1 Eine Regelung für das Vorgehen im Falle, dass bei der Erneuerungswahl des Nationalrates in einem Proporzwahlkreis keine Wahllisten eingereicht werden, war bereits Teil der Arbeiten zum Erlass des Bundesgesetzes betreffend die Wahl des Nationalrates
2 Im Rahmen der Arbeiten zum Bundesgesetz über die politischen Rechte wurde die Bestimmung zur «Proporzwahl» ohne Listen materiell unverändert in den Entwurf aufgenommen.
II. Bedeutung der Vorschrift
A. Allgemeines
3 Art. 46 BPR regelt den Fall, dass bei der Wahl der Nationalratsabgeordneten in einem Mehrpersonenwahlkreis
4 Wie schon in den Gesetzesmaterialien wird die Proporzwahl ohne Listen auch in der Literatur als bloss theoretischer Fall bezeichnet.
B. Rechtsvergleich
5 Auch einige Kantone haben eine Regelung für den Fall getroffen, dass bei der Proporzwahl ihrer Kantonsparlamente in einem Wahlkreis keine Wahlvorschläge eingereicht werden.
6 Zahlreiche Kantone sehen jedoch, auch wenn die Wahl ihrer Parlamente im Verhältniswahlverfahren erfolgt, keine ausdrückliche Regelung vor, wie im Falle fehlender Listen vorzugehen ist. Von praktischer Bedeutung war diese Lücke allerdings bisher nicht, da es auch bei den kantonalen Parlamentswahlen soweit ersichtlich noch keinen Fall gab, bei dem gar keine Wahllisten eingereicht wurden.
III. Wahl ohne Listen
A. Vorgehen bei Fehlen von Wahllisten (Abs. 1)
7 Bleiben in einem Proporzwahlkreis sämtliche Listen aus, kann gemäss Art. 46 Abs. 1 BPR im Wahlgang für jede Person gestimmt werden, welche die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach Art. 136 Abs. 1 BV erfüllt. Ausnahmsweise findet anstelle der Verhältniswahl in einem Mehrpersonenwahlkreis also eine relative Mehrheitswahl statt, das heisst diejenigen Personen mit den höchsten Stimmenzahlen sind bereits im ersten Wahlgang gewählt.
8 Der Entscheid zugunsten einer Mehrheitswahl liegt angesichts des Fehlens von Wahllisten auf der Hand, ist doch das Proporzwahlverfahren auf Wahlvorschläge angewiesen.
9 Der Gesetzgeber hat sich in Anlehnung an das Wahlverfahren in den Einerwahlkreisen (Art. 47 Abs. 1 BPR) gegen ein Mehrheitswahlverfahren mit absolutem Mehrheitserfordernis im ersten Wahlgang entschieden. Dies ist insofern überraschend, als die in der Schweiz üblichste Form des Majorzes diejenige mit Erfordernis einer absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang ist.
B. Überzählige Stimmen auf Wahlzetteln (Abs. 2)
10 Absatz 2 von Art. 46 BPR regelt das Vorgehen, wenn der Wahlzettel einer wahlberechtigten Person mehr Namen enthält, als Mandate zu vergeben sind. Für die Ermittlung des Wahlresultates ist diese Bestimmung von massgebender Bedeutung. Vorgesehen ist, dass die letzten aufgeführten Namen gestrichen werden. Insofern stützt sie sich auf dieselbe Annahme wie ihre Parallelbestimmung in Art. 38 Abs. 3 BPR, nämlich dass die zuletzt aufgeführten Namen jeweils den von den Wahlberechtigten am wenigsten favorisierten Personen entsprechen und eine Streichung daher in ihrem Sinne ist.
C. Verweis auf Mehrheitswahlen in Einerwahlkreisen (Abs. 3)
11 Der dritte Absatz verweist für die übrigen Modalitäten der Wahl ohne Listen auf die für die Einerwahlkreise geltenden Bestimmungen des Mehrheitswahlverfahrens. Da das Gesetz eine sinngemässe Anwendung der entsprechenden Normen vorsieht, ist für jede Bestimmung betreffend die Mehrheitswahl gesondert zu entscheiden, ob und inwiefern diese auf die Wahl ohne Listen anwendbar ist.
12 Die Frist für die Zustellung der Wahlzettel durch die Kantone lässt sich ohne Weiteres auch auf die Wahl ohne Listen anwenden (Art. 48 i.V.m. Art. 46 Abs. 3 BPR).
13 Unproblematisch ist auch die Regelung des Losentscheids bei Stimmengleichheit. Da es bei der Wahl ohne Listen immer mehrere Sitze zu besetzen gilt, darf die Bestimmung jedoch nur zur Anwendung kommen, wenn es um die Besetzung des letzten Sitzes bzw. der letzten Sitze geht und zwischen mehr Kandidierenden Stimmengleichheit besteht als es noch freie Sitze gibt. Sind also beispielsweise zwei Sitze zu besetzen und zwischen den Kandidierenden mit dem zweitbesten Ergebnis herrscht Stimmengleichheit, so ist ein Losentscheid zu fällen (Art. 47 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 3 BPR). Herrscht hingegen Stimmengleichheit zwischen den zwei Kandidierenden mit dem besten Ergebnis, so sind beide gewählt und die restlichen Kandidierenden fallen ausser Betracht.
14 Nicht anwendbar auf die Wahl ohne Listen ist hingegen die Bestimmung über die Ungültigkeit von Wahlzetteln, welche Namen verschiedener Personen enthalten (Art. 49 Abs. 1 lit. a BPR). Aus offensichtlichen Gründen ist es in Mehrpersonenwahlkreisen unvermeidbar und sogar erwünscht, dass auf einem Wahlzettel mehrere Personen genannt werden. Die übrigen Ungültigkeitsgründe der Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen (Art. 49 Abs. 1 lit. b–d BPR) stimmen ohnehin mit jenen in Mehrpersonenwahlkreisen überein und gelten daher gestützt auf Art. 46 Abs. 3 BPR auch für die Wahl ohne Listen.
15 Unklar ist demgegenüber, ob Art. 46 Abs. 3 BPR auch eine sinngemässe Anwendung der Bestimmungen betreffend stille Wahlen in Einerwahlkreisen (Art. 47 Abs. 2 BPR) zulässt. Verfahrenstechnisch wäre dies möglich, da der Wahlanmeldeschluss für Wahlvorschläge in Proporzkantonen spätestens der letzte Montag im August ist (Art. 21 Abs. 1 und 2 BPR). Sind bis zu diesem Zeitpunkt keine Wahlvorschläge eingegangen, findet von Gesetzes wegen eine relative Mehrheitswahl statt (Art. 46 Abs. 1 BPR). In Einerwahlkreisen kann das kantonale Recht eine stille Wahl vorsehen, wenn bis zum siebten Montag vor der Wahl – welche am zweitletzten Sonntag im Oktober stattfindet (Art. 19 Abs. 1 BPR) – bei der zuständigen kantonalen Behörde nur eine einzige gültige Kandidatur eingetroffen ist (Art. 47 Abs. 2 BPR). Eine analoge Anwendung auf Wahlen ohne Listen würde bedeuten, dass die Kantone eine stille Wahl vorsehen könnten, wenn der kantonalen Wahlbehörde zwischen dem Wahlanmeldeschluss für das Proporzverfahren und dem siebten Montag vor der Wahl gleich viele oder weniger Kandidaturen für die Wahl im relativen Mehrheitswahlverfahren eingereicht werden als Mandate zu vergeben sind. Da die stille Wahl sowohl in Mehrpersonenwahlkreisen als auch in Einpersonenwahlkreisen von Bundesrechts wegen zulässig ist, könnte man davon ausgehen, dass es den Kantonen grundsätzlich möglich sein müsste, sie im kantonalen Recht auch für Wahlen ohne Listen vorzusehen. Demgegenüber wurde in den Erläuterungen der Botschaft zu den einzelnen Artikeln ausdrücklich erwähnt, dass stille Wahlen im Falle von Wahlen ohne Listen nicht zulässig seien.
16 Aus der Konstellation, dass für die ursprüngliche Wahl keine Wahllisten vorgelegen haben, ergeben sich ausserdem hinsichtlich einer allfälligen Vakanz während der Amtsdauer gewisse Besonderheiten. So kann ein frei gewordener Sitz nicht, wie in Wahlkreisen mit mehreren Nationalratssitzen sonst üblich, durch Nachrücken von Ersatzpersonen derselben Liste gefüllt werden (Art. 55 BPR). Auch die stille Ergänzungswahl i.S.v. Art. 56 BPR, bei der drei Fünftel der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der entsprechenden Liste, beziehungsweise der Vorstand der kantonalen Partei, eine Ersatzperson vorschlagen und diese als gewählt erklärt wird (Art. 56 Abs. 1 und 2 BPR), fällt aus offensichtlichen Gründen ausser Betracht. Theoretisch denkbar wäre, dass auch ohne Wahllisten die Vakanz durch Nachrücken derjenigen Person gefüllt wird, die bei der Mehrheitswahl das nächstbeste Wahlergebnis erzielt hat. Das System des Nachrückens hat jedoch zum Ziel, während einer Amtsperiode die bei der Erneuerungswahl bestehenden Parteistärken und damit die Verteilung der Sitze auf die Parteien zu wahren.
Literatur- und Materialienverzeichnis
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