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Kommentierung zu
Art. 17 BPR
defriten

I. Entstehungsgeschichte

1 Die Bundesverfassung von 1848 definierte keine feste Anzahl Sitze für den Nationalrat. Vielmehr statuierte Art. 61 Abs. 1 und 2 BV 1848

, dass die Stimmbürger auf je 20 000 Seelen der Gesamtbevölkerung ein Mitglied des Nationalrates wählen. Der erste Nationalrat zählte demzufolge 111 Abgeordnete
und wurde im Majorz gewählt.

2 Mit der Einführung des Proporzwahlrechts 1919 für die Wahl des Nationalrates wurde die Verteilzahl von 20 000 Einwohnerinnen und Einwohner pro Nationalrat zunächst beibehalten. Für die Verteilung der Ratssitze auf die Kantone wurde das D’Hondt-Verfahren (heute in der Schweiz als Hagenbach-Bischoff-Verfahrenbekannt) angewendet.

Erst 1931 wurde die Verteilzahl auf 22 000 Einwohnerinnen und Einwohner erhöht. 1951 folgte die Erhöhung auf 23 000 Einwohnerinnen und Einwohner pro Mitglied des Nationalrates.

3 Aufgrund des stetigen Bevölkerungswachstums befürchtete der Bundesrat 1962, dass die damalige Abgeordnetenzahl des Nationalrates von 196 auf ungefähr 210 steigen könnte.

Dies veranlasste den Verfassungsgeber, eine feste Sitzzahl für den Nationalrat einzuführen. Als 1962 die Änderung des Art. 72 BV 1874 durch Volk und Stände angenommen und damit die Zahl der Abgeordneten des Nationalrates auf 200 festgesetzt wurde, beschlossen die eidgenössischen Räte auf Antrag des Bundesrats einen Wechsel der Methode der Sitzverteilung vom Hagenbach-Bischoff-Verfahren zum Hare/Niemeyer-VerfahrenMethode der Zuteilung an die stärkeren Reste»).
Begründet wurde dies damit, dass das bisher verwendete Hagenbach-Bischoff-Verfahren die grossen Kantone zu stark bevorzuge.
Das neue Verfahren wurde am 12. Juni 1963 in Kraft gesetzt.

4 Bei der Schaffung des BPR 1978 wurde das Sitzzuteilungsverfahren nach der Hare/Niemeyer-Methode übernommen.

1993 wurde die Bestimmung revidiert. Die Revision von Art. 17 BPR wurde notwendig, da beim bisherigen Verfahren zur Verteilung der Nationalratssitze auf die Kantone die Gefahr bestand, dass ein Kanton keinen Sitz erhält, indem er zwar die erste Verteilungszahl erreicht, nicht aber die zweite. Ein solcher Ausgang des Verfahrens hätte die verfassungsrechtlich vorgesehene Sitzgarantie verletzt. Damit der Anspruch jedes Kantons auf mindestens einen Sitz gewährleistet werden kann, wurde Art. 17 lit. a BPR dahingehend geändert, dass die Vorwegverteilung von Sitzen aufgrund wachsender Verteilungszahlen wiederholt wird, bis alle verbleibenden Kantone die jeweilige Verteilungszahl erreichen. Sobald dies zutrifft, werden die noch vorhandenen Sitze wie bisher proportional auf die verbleibenden Kantone verteilt. Mit der Revision wurde das bisherige Verfahren nur minim korrigiert.

II. Rechtsvergleich

5 Den Kantonen steht es frei, welches Sitzzuteilungsverfahren sie wählen.

Für das Bundesgericht ist nicht die Wahl des Sitzzuteilungsverfahrens, sondern vielmehr das endgültige Ergebnis der Zuteilung entscheidend.
Die Kantone verwenden hauptsächlich zwei Sitzzuteilungsverfahren, nämlich das Bruchzahlverfahren bzw. Hare/Niemeyer-Verfahren (Quotenverfahren mit Ausgleich nach grössten Resten) und das Sainte-Laguë-Verfahren (Divisorverfahren mit Standardrundung).

6 Die meisten Kantone (BE

, LU
, UR
, SZ
, OW
, NW
, FR
, SO
, BS
, BL
, AI
, SG
, GR
, TG
, VD
, VS
und JU
) verwenden wie der Bund den einfachen Quotienten für die erste Zuteilung und das Verfahren des grössten Rests (Hare/Niemeyer-Verfahren) für die Restzuteilung. Gemäss diesem Verfahren wird die Wohnbevölkerungszahl
sämtlicher Wahlkreise durch die Zahl der zu verteilenden Parlamentssitze geteilt. Die verbleibenden, nicht verteilten Sitze werden an die Wahlkreise mit den grössten Restzahlen verteilt.

7 Die übrigen Kantone (ZH

, GL
, ZG
, SH
, AI
und AG
) verwenden für die Sitzzuteilung das Sainte-Laguë-Verfahren. Dabei wird die Wohnbevölkerungszahl eines Wahlkreises durch den Zuteilungsdivisor geteilt und zur nächsten ganzen Zahl gerundet (Standardrundung). Der Zuteilungsdivisor muss vor jeder Wahl neu festgelegt werden und zwar so, dass beim Verteilverfahren exakt so viele Sitze vergeben werden können, wie das Parlament gemäss den rechtlichen Vorgaben aufweist.

8 Bis zu den Grossratswahlen 2017 verwendete Neuenburg für die Sitzverteilung auf die Wahlkreise als einziger Kanton das Hagenbach-Bischoff-Verfahren (Verfahren des grössten Quotienten).

Im Kanton Neuenburg wurde dabei die Zahl der zu verteilenden Sitze (115) um eins erhöht (116), was das Teilungsergebnis und die Zahl der unverteilten Sitze vermindert. Bei der Verteilung der im ersten Durchgang nicht zugeteilten Sitze wurde die Bevölkerung jedes Wahlkreises durch die um eins erhöhte Zahl der dem Wahlkreis zugeteilten Sitze geteilt. Die verbleibenden Sitze erhielten diejenigen Wahlkreise, die den grössten Quotienten aufwiesen.
Seit den Wahlen 2021 wird der Grosse Rat des Kantons Neuenburg (Grand Conseil) in einem einzigen Wahlkreis gewählt. Eine Verteilung der Sitze auf die Wahlkreise erübrigt sich damit.

9 Auch in den Kantonen Tessin (Gran Consiglio)

und Genf (Grand Conseil) werden die Parlamente in einem Einheitswahlkreis gewählt. Folgerichtig findet auch dort keine Sitzverteilung auf Wahlkreise statt.

III. Bedeutung der Vorschrift und Norminhalt

10 Art. 16 und 17 BPR sind Ausführungsbestimmungen zu Art. 149 Abs. 4 BV. Diese Verfassungsbestimmung besagt, dass die 200 Sitze des Nationalrates nach der Bevölkerungszahl auf die Kantone verteilt werden, wobei jeder Kanton mindestens einen Sitz hat. Art. 16 BPR regelt die Berechnungsgrundlage und die Zuständigkeit für die Verteilung der Sitze auf die Kantone.

Art. 17 BPR beschreibt das eigentliche Sitzzuteilungsverfahren. Dabei handelt es sich – neben dem Mandatszuteilungsverfahren gemäss Art. 40 ff. BPR
– um den «Kern des Wahlsystems»
.

A. Bruchzahlverfahren (Grösster Rest)

11 Für die Verteilung der 200 Nationalratssitze auf die Kantone (Wahlkreise) kommt das Bruchzahlverfahren,

auch bekannt als Hare/Niemeyer-Verfahren
, zur Anwendung.
Dabei wird im Grundsatz die Bevölkerungszahl aller Kantone durch die Zahl der zu verteilenden Sitze geteilt. Jeder Kanton erhält so viele Sitze, wie das Teilungsergebnis in seiner Bevölkerungszahl enthalten ist. Die nicht verteilten Sitze werden an die Kantone mit den grössten Restzahlen verteilt.
Die Restzahl beschreibt in der Arithmetik diejenige Zahl, die bei einer Division übrig bleibt, wenn die zu teilende Zahl (Dividend) kein genaues Vielfaches des Teilers (Divisor) ist.

12 Das Verfahren gemäss Art. 17 BPR besteht aus einer Vorweg-, einer Haupt- und einer Restverteilung.

1. Vorwegverteilung (Art. 17 lit. a BPR)

13 Das Verfahren zur Verteilung der Nationalratssitze auf die Kantone beginnt mit der Vorwegverteilung. Die Durchführung der Vorwegverteilung ist zwingend notwendig, damit der verfassungsrechtliche Anspruch jedes Kantons auf mindestens einen Nationalratssitz gewahrt ist (Art. 149 Abs. 4 Satz 2 BV). Dieser Sitzanspruch ergibt sich aus dem Umstand, dass jeder Kanton für die Nationalratswahlen einen Wahlkreis bildet (Art. 149 Abs. 3 BV).

Diese Bestimmung ist für diejenigen Kantone relevant, die aufgrund ihrer tiefen Bevölkerungszahl ohne Sitzgarantie bei der Verteilung leer ausgingen. Bei 8 670 300 Einwohnerinnen und Einwohner in der Schweiz
würden die Kantone Uri (36 819), Obwalden (38 108), Glarus (40 851) und Appenzell Innerrhoden (16 293) bei der Sitzverteilung ohne diesen verfassungsrechtlich garantierten Sitzanspruch derzeit
leer ausgehen, da sie die Vertretungszahl von 43 352 Einwohnerinnen und Einwohner nicht erreichen.
Die Vertretungszahl ergibt sich, indem man die Bevölkerungszahl durch die Anzahl Sitze im Nationalrat dividiert (8 670 300 / 200). Die verfassungsrechtliche Sitzgarantie und die damit einhergehende Vorwegverteilung führen zwangsläufig zur Beschränkung der Stimmkraftgleichheit, da die Wahlberechtigten der kleinen Kantone im Vergleich zu den restlichen Wahlberechtigten nicht gleichviel bei der Verteilung der Sitze zählen.

14 Im Rahmen der Vorwegverteilung wird die Bevölkerung der Schweiz durch 200 geteilt. Die nächsthöhere ganze Zahl über dem Ergebnis bildet die erste Verteilungszahl. Jeder Kanton, dessen Bevölkerung diese erste Verteilungszahl nicht erreicht, erhält einen Sitz im Nationalrat und scheidet für die weitere Verteilung aus.

15 Als nächstes wird die Wohnbevölkerung der verbleibenden Kantone durch die Zahl der noch nicht zugeteilten Sitze geteilt. Die nächsthöhere ganze Zahl über dem Ergebnis bildet die zweite Verteilungszahl. Jeder Kanton, der auch diese Zahl nicht erreicht, erhält einen Sitz im Nationalrat und scheidet für die weitere Verteilung aus. Dieses Verfahren wird so lange wiederholt, bis die verbleibenden Kantone die letzte Verteilungszahl erreichen. Diese Wiederholung ist notwendig, damit kein Kanton nach dem Verteilverfahren leer ausgeht.

2. Hauptverteilung (Art. 17 lit. b BPR)

16 In der Hauptverteilung werden die Sitze nach dem Grundsatz des Proporzes auf die Kantone verteilt. Jeder verbliebene Kanton, der in der Vorwegverteilung noch keinen Sitz zugeteilt erhalten hat, erhält so viele Sitze, als die letzte Verteilungszahl in seiner Bevölkerungszahl enthalten ist. Dies bedeutet, dass die Bevölkerungszahl jedes Kantons durch die letzte Verteilungszahl dividiert wird. Die Zahl vor dem Komma entspricht der Anzahl Sitze, die der Kanton in der Hauptverteilung erhält. Die Zahl nach dem Komma (Restzahl) ist für die Restverteilung im nächsten Schritt relevant.

3. Restverteilung (Art. 17 lit. c BPR)

17 Nach der Vorweg- und der Hauptverteilung verbleiben Sitze, die es zu verteilen gilt. Diese werden im Rahmen der Restverteilung verteilt. Dabei werden die restlichen Sitze auf diejenigen Kantone mit den grössten Restzahlen, welche sich bei der Hauptverteilung ergaben, verteilt. Erreichen mehrere Kantone die gleiche Restzahl, so scheiden sie in der Reihenfolge der kleinsten Reste aus, die sich nach der Teilung ihrer Bevölkerungszahl durch die erste Verteilungszahl ergeben. Sind auch diese Reste gleich, so entscheidet das Los.

Damit sind sämtliche 200 Nationalratssitze auf die Kantone verteilt.

B. Beispiel für die Nationalratswahlen 2023

18 Anhand der Zahlen der ständigen Wohnbevölkerung Ende 2020 wird nachfolgend das Verteilverfahren für die Nationalratswahlen 2023 basierend auf den Regeln in Art. 17 lit. a–c BPR durchgeführt:

19 Gemäss Art. 1 des Bundesratsbeschlusses über die Erwahrung der Zahlen der ständen Wohnbevölkerung Ende 2020 vom 1. September 2021

beläuft sich die Wohnbevölkerungszahl auf 8 670 300 Einwohnerinnen und Einwohner. Diese ergibt sich aus den Wohnbevölkerungszahlen der einzelnen Kantone:

Kanton

Wohnbevölkerung

Ende 2020

Kanton

Wohnbevölkerung

Ende 2020

Zürich

1 553 423

Schaffhausen

83 107

Bern

1 043 132

Appenzell A.Rh.

55 309

Luzern

416 347

Appenzell I.Rh.

16 293

Uri

36 819

St. Gallen

514 504

Schwyz

162 157

Graubünden

200 096

Obwalden

38 108

Aargau

694 072

Nidwalden

43 520

Thurgau

282 909

Glarus

40 851

Tessin

350 986

Zug

128 794

Waadt

814 762

Freiburg

325 496

Wallis

348 503

Solothurn

277 462

Neuenburg

175 894

Basel-Stadt

196 735

Genf

506 343

Basel-Landschaft

290 969

Jura

73 709

 

 

Schweiz

8 670 300

20 Auf Grundlage dieser Zahlen ist die Vorwegverteilung (Art. 17 lit. a 1–3 BPR) durchzuführen. Gemäss Art. 17 lit. a Ziff. 1 BPR ist die Wohnbevölkerungszahl durch 200 zu teilen (8 670 300 / 200 = 43 351.5). Die nächsthöhere ganze Zahl über dem Ergebnis bildet die erste Verteilungszahl (43 352). Jeder Kanton, dessen Bevölkerung diese Zahl nicht erreicht, erhält einen Sitz. Je einen Sitz erhalten demnach die Kantone Uri, Obwalden, Glarus und Appenzell Innerrhoden. Diese Kantone scheiden für die weitere Verteilung aus.

21Danach wird die Wohnbevölkerung der verbleibenden Kantone gemäss Art. 17 lit. b Ziff. 2 BPR durch die Zahl der noch nicht zugeteilten Sitze geteilt (8 538 229 / [200–4] = 43 562.3929). Die nächsthöhere ganze Zahl über dem Ergebnis bildet die zweite Verteilungszahl (43 563). Jeder Kanton, dessen Bevölkerung diese Zahl nicht erreicht, erhält einen Sitz. Dies ist einzig der Kanton Nidwalden. Er scheidet für die weitere Verteilung aus.

22Gemäss Art. 17 lit. a Ziff. 3 BPR ist dieses Verfahren nun zu wiederholen, bis die verbleibenden Kantone die letzte Verteilungszahl erreichen. Demnach wird die Wohnbevölkerung der verbleibenden Kantone abermals durch die Zahl der noch nicht zugeteilten Kantone geteilt (8 494 709 / [196–1] = 43 562.6103). Die nächsthöhere ganze Zahl über dem Ergebnis bildet die dritte Verteilungszahl (43 563). Diese Zahl wird von sämtlichen Kantonen erreicht. Sie ist demnach zugleich die letzte Verteilungszahl, womit die Vorwegverteilung gemäss Art. 17 lit. a BPR abgeschlossen ist. In der Vorwegverteilung wurden insgesamt fünf Nationalratssitze auf die bevölkerungsärmsten Kantone verteilt.

23 Es folgt die Hauptverteilung gemäss Art. 17 lit. b BPR. Jeder verbliebene Kanton, der noch keinen Sitz in der Vorwegverteilung erhalten hat, erhält nun so viele Sitze, als die letzte Verteilungszahl (43 563) in seiner Bevölkerungszahl enthalten ist:

Hauptverteilung

Zürich

1 553 423 / 43 563 = 35.6592292

(35 Sitze, Rest: 28 718)

Bern

1 043 132 / 43 563 = 23.9453665

(23 Sitze, Rest: 41 183)

Luzern

416 347 / 43 563 = 9.5573537

(9 Sitze, Rest: 24 280)

Schwyz

162 157 / 43 563 = 3.72235613

(3 Sitze, Rest: 31 468)

Zug

128 794 / 43 563 = 2.95649978

(2 Sitze, Rest: 41 668)

Freiburg

325 496 / 43 563 = 7.47184537

(7 Sitze, Rest: 20 555)

Solothurn

277 462 / 43 563 = 6.36921241

(6 Sitze, Rest: 16 084)

Basel-Stadt

196 735 / 43 563 = 4.51610312

(4 Sitze, Rest: 22 483)

Basel-Landschaft

290 969 / 43 563 = 6.6792691

(6 Sitze, Rest: 29 591)

Schaffhausen

83 107 / 43 563 = 1.90774281

(1 Sitz, Rest: 39 544)

Appenzell A.Rh.:

55 309 / 43 563 = 1.26963249 

(1 Sitz, Rest: 11 746)

St. Gallen

514 504 / 43 563 = 11.8105732 

(11 Sitze, Rest: 25 311)

Graubünden

200 096 / 43 563 = 4.59325574

(4 Sitze, Rest: 25 844)

Aargau

694 072 / 43 563 = 15.9326034 

(15 Sitze, Rest: 40 627)

Thurgau

282 909 / 43 563 = 6.49424971 

(6 Sitze, Rest: 21 531)

Tessin

350 986 / 43 563 = 8.05697496

(8 Sitze, Rest: 2 482)

Waadt

814 762 / 43 563 = 18.7030737

(18 Sitze, Rest: 30 628)

Wallis

348 503 / 43 563 = 7.99997704

(7 Sitze, Rest: 43 562)

Neuenburg

175 894 / 43 563 = 4.03769254

(4 Sitze, Rest: 1 642)

Genf

506 343 / 43 563 = 11.6232353

(11 Sitze, Rest: 27 150)

Jura

73 709 / 43 563 = 1.69200927

(1 Sitz, Rest: 30 146)

In der Hauptverteilung konnten 182 Sitze auf die Kantone verteilt werden. Damit ist das Verfahren gemäss Art. 17 lit. b BPR abgeschlossen.

24 In der Vorwegverteilung (fünf Sitze) und in der Hauptverteilung (182 Sitze) konnten insgesamt 187 Sitze verteilt werden. Es verbleiben 13 Sitze zu verteilen. Diese restlichen Sitze werden gemäss Art. 17 lit. c BPR (Restverteilung) auf die Kantone mit den grössten Restzahlen aus der Hauptverteilung verteilt. Die dreizehn grössten Reste weisen folgende Kantone auf: Wallis, Zug, Bern, Aargau, Schaffhausen, Schwyz, Waadt, Jura, Basel-Landschaft, Zürich, Genf, Graubünden und St. Gallen. Diese dreizehn Kantone erhalten je einen weiteren Sitz zugeteilt. Damit sind alle 200 Sitze verteilt. Die Restverteilung gemäss Art. 17 lit c BPR ist vorzeitig abgeschlossen; keine Kantone erreichen die gleiche Restzahl. Es ist somit auch kein Losentscheid erforderlich.

25 Gemäss der vorstehenden Berechnung ergibt sich folgende Verteilung der Nationalratssitze auf die Wahlkreise (Kantone):

Kanton

Sitze

Kanton

Sitze

Zürich

36

Schaffhausen

2

Bern

24

Appenzell A.Rh.

1

Luzern

9

Appenzell I.Rh.

1

Uri

1

St. Gallen

12

Schwyz

4

Graubünden

5

Obwalden

1

Aargau

16

Nidwalden

1

Thurgau

6

Glarus

1

Tessin

8

Zug

3

Waadt

19

Freiburg

7

Wallis

8

Solothurn

6

Neuenburg

4

Basel-Stadt

4

Genf

12

Basel-Landschaft

7

Jura

2

 

 

Schweiz

200

Ich danke Benjamin Böhler, Hilfsassistent am Zentrum für Demokratie Aarau, für die Mithilfe bei der Materialrecherche und die wertvollen Anmerkungen bei der Durchsicht des Textes.

Literaturverzeichnis

Auer Andreas, Staatsrecht der schweizerischen Kantone, Zürich 2016.

Biaggini Giovanni, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2017.

Bisaz Corsin, § 2 Wahlorgan, Wählbarkeit und Wahlkreise, in: Andreas Glaser (Hrsg.), Das Parlamentswahlrecht der Kantone, Zürich 2018.

Hangartner Yvo/Kley Andreas/Braun Binder Nadja/Glaser Andreas, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Zürich 2023.

Hare Thomas, The Machinery of Representation, London 1857.

Hare Thomas, On the application of a new statistical method to the ascertainment of the votes of majorities in a more exhaustive manner, in: Journal of the Statistical Society of London 1860, S. 337–356.

Markić Luka, Kommentierung zu Art. 16 und 20 BPR, in: Andreas Glaser/Nadja Braun Binder/Corsin Bisaz/Bénédicte Tornay Schaller (Hrsg.), Onlinekommentar zum Bundesgesetz über die politischen Rechte, https://onlinekommentar.ch/de, besucht am 15.6.2023.

Müller Peter Felix, Das Wahlsystem – Neue Wege der Grundlegung und Gestaltung, Zürich 1959.

Niemeyer Horst, Verhältniswahlverfahren, in: Mathematik lehren 1998, S. 59–65.

Pukelsheim Friedrich, Sitzzuteilungsmethoden, Ein Kompaktkurs über Stimmenverrechnungsverfahren in Verhältniswahlsystemen, Berlin et al. 2016.

Seitz Werner, Wie sich die Verteilung der Nationalratssitze auf die Kantone über die Zeit verändert hat, in: DeFacto, https://www.defacto.expert/2017/08/31/wie-sich-der-verteilungsmodus-der-nationalratssitze-auf-die-kantone-ueber-die-zeit-veraendert-hat/, besucht am 28.4.2023.

Weber Anina, Vom Proporzglück zur Proporzgenauigkeit, Zur Verfassungskonformität der geltenden Sitz- und Mandatsverteilungsverfahren im Bund, AJP 2010, S. 1373–1380 (zit. Weber, Proporzglück).

Weber Anina, Schweizerisches Wahlrecht und die Garantie der politischen Rechte, Eine Untersuchung ausgewählter praktischer Probleme mit Schwerpunkt Proporzwahlen und ihre Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung, Zürich 2016 (zit. Weber, Wahlrecht).

Fussnoten

  • Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12.9.1848, BBl 1848 I S. 3 ff.
  • Art. 2 des Beschlusses der Tagsatzung über die Einführung der neuen Bundesverfassung vom 14.9.1848, publ. in: BBl 1849 I S. 3, S. 36–40.
  • Botschaft vom 26.11.1918 betreffend die Wahl des Nationalrates nach dem Grundsatze der Proportionalität, BBl 1818 V S. 121.
  • Zum Ganzen siehe Hangartner/Kley/Braun Binder/Glaser, Rz. 607 m.w.Verw.
  • Botschaft vom 22.12.1961 betreffend die Revision des Artikels 72 der Bundesverfass (Wahl des Nationalrates), BBl 1962 I S. 17.
  • Botschaft vom 6.11.1962 über den Vollzug von Artikel 72 der Bundesverfassung (Wahl des Nationalrates), BBl 1962 II S. 1137.
  • BBl 1962 II S. 1137, hier S. 1139.
  • AS 1963 419.
  • Botschaft vom 9.4.1975 zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte, BBl 1975 I S. 1317, hier S. 1335 f.
  • Botschaft vom 1.9.1993 über eine Teiländerung der Bundesgesetzgebung über die politischen Rechte, BBl 1993 III S. 445, hier S. 476; vgl. zum Ganzen auch Seitz, passim; Weber, Wahlgesetz, Rz. 335–337.
  • BGE 145 I 259 E. 4; Bisaz, S. 46; Weber, Wahlrecht, Rz. 299.
  • Statt vieler BGE 145 I 259 E. 7; BGE 99 Ia 658 E. 6a.
  • Bisaz, Rz. 46; Weber, Wahlrecht, Rz. 301–303.
  • Art. 64 des Gesetzes des Kantons Bern vom 5.6.2012 über die politischen Rechte (PRG/BE; BSG 141.1).
  • § 96 Abs. 1 des Stimmrechtsgesetzes des Kantons Luzern vom 25.10.1988 (StRG/LU; SRL 10) i.V.m. Art. 17 BPR.
  • Art. 88 Abs. 2 KV/UR.
  • § 2 des Kantonsratswahlgesetzes des Kantons Schwyz vom 17.12.2014 (KRWG/SZ; SRSZ 120.200).
  • Art. 1 des Gesetzes des Kantons Obwalden vom 26.2.1984 über die Wahl des Kantonsrates (PG/OW; GDB 122.2).
  • Art. 55 f. des Gesetzes des Kantons Nidwalden vom 26.3.1997 über die politischen Rechte im Kanton (WAG/NW, NG 132.2).
  • Art. 63 des Gesetzes des Kantons Freiburg vom 6.4.2001 über die politischen Rechte (PRG/FR; SGF 115.1).
  • § 29bis des Gesetzes des Kantons Solothurn vom 22.9.1996 über die politischen Rechte (GpR/SO; BGS 113.111).
  • Vgl. § 42 Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 21.4.1994 über Wahlen und Abstimmungen (Wahlgesetz/BS; SG 132.100). Die Einzelheiten der Berechnung für die Sitzverteilung sind im kantonalen Recht nicht geregelt. Die Verteilung erfolgt aufgrund ständiger Praxis gemäss Art. 17 BPR (siehe bspw. Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, Ratschlag betreffend die Zahl der den Wahlkreisen der Stadt und den Gemeinden Bettingen und Riehen im Grossen Rat zustehenden Sitze vom 23.12.2015, https://grosserrat.bs.ch/dokumente/100382/000000382208.pdf, besucht am 2.5.2023).
  • § 49 des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 7.9.1981 über die politischen Rechte (GpR/BL; SGS 120).
  • Art. 22 KV/AI.
  • Art. 31 des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 5.12.2018 über Wahlen und Abstimmungen (WAG/SG; sGS 125.3).
  • Art. 4 des Gesetzes des Kantons Graubünden vom 16.2.2021 über die Wahl des Grossen Rates (GRWG/GR; BR 150.400).
  • § 47 des Gesetzes des Kantons Thurgau vom 12.2.2014 über das Stimm- und Wahlrecht (StWG/TG; RB 161.1) i.V.m. Art. 17 BPR.
  • Art. 55 der Loi du Canton de Vaud du 5.10.2021 sur l’exercice des droits politiques (LEDP/VD; RSV 160.01).
  • Art. 84 Abs. 3 KV/VS.
  • Art. 31 der Loi du Canton du Jura du 26.10.1978 sur les droits politiques (LDP/JU; RSJU 161.1).
  • Siehe OK-Markić, Art. 16 BPR N. 3–5.
  • § 88 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 1.9.2003 über die politischen Rechte (GPR/ZH; LS 161).
  • Art. 41 des Gesetzes des Kantons Glarus vom 7.5.2017 über die politischen Rechte (GPR/GL; GS I D/22/2).
  • Vgl. § 38 Abs. 3 KV/ZG. Die Einzelheiten der Berechnung für die Sitzverteilung sind im kantonalen Recht nicht geregelt. Die Verteilung erfolgt gemäss ständiger Praxis (siehe bspw. Kantonsrat des Kantons Zug, Kantonsratsbeschluss betreffend Anzahl Kantonsratsmandate für die einzelnen Gemeinden [Wahlen 2022] vom 25.11.2021, https://kr-geschaefte.zug.ch/gast/geschaefte/2305, besucht am 2.5.2023.
  • Art. 25 Abs. 2 KV/SH sowie § 3 f. des Dekrets des Kantons Schaffhausen vom 26.10.2015 über die Einteilung des Kantons Schaffhausen in Wahlkreise für die Wahl des Kantonsrates und die Zahl der in diesen Wahlkreisen zu wählenden Mitglieder (RB 161.110).
  • Art. 46 des Gesetzes des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 24.4.1988 über die politischen Rechte (bGS 131.12).
  • § 2 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 8.3.1988 über die Wahl des Grossen Rates (Grossratswahlgesetz/AG; SAR 152.100).
  • Zum Verfahren siehe Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Sitzzuteilung bei Parlamentswahlen nach dem neuen Zürcher Zuteilungsverfahren, eine leicht verständliche Darstellung, https://www.stadt-zuerich.ch/content/dam/stzh/portal/Deutsch/Abstimmungen%20&%20Wahlen/140209/wahlverfahren.pdf, besucht am 28.4.2023; siehe auch Weber, Wahlrecht, Rz. 303.
  • Vgl. Weber, Wahlrecht, Rz. 302.
  • § 44 der Loi du Canton de Neuchâtel du 17.10.1984 sur les droits politiques (LDP/NE; RSN 141) i.d.F. vom 23.1.2001. Zum Ganzen Weber, Wahlrecht, Rz. 302.
  • Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Gesetz in Neuenburg garantiere regionale Sitze vorsieht (zur Berechnung und Verteilung dieser Sitze siehe §§ 45b und 44c LDP/NE).
  • Im Kanton Tessin können die Listen ihre eigenen Wahlvorschläge in gesetzlich vorgesehenen Wahlkreise einteilen, um die regionale Vertretung zu gewährleisten (zur Berechnung und Verteilung dieser Sitze siehe Art. 69 der Legge del Cantone Ticino del 19.11.2018 sull’esercizio dei diritti politici (LEDP/TI; RL 150.100).
  • Siehe zum Ganzen OK-Markić, Art. 16 BPR.
  • Das Sitzzuteilungsverfahren gemäss Art. 17 BPR ist nicht zu verwechseln mit dem Mandatszuteilungsverfahren gemäss Art. 40 ff. BPR.
  • Müller, S. 310; vgl. auch Weber, Wahlrecht, Rz. 274 f.
  • Weber, Wahlrecht, Rz. 294 m.w.Verw.; Weber, Proprozglück, S. 1374.
  • Hare, Representation, passim; Hare, New statistical method, S. 337–356; Niemeyer, S. 59–65; vgl. auch Pukelsheim, S. 54.
  • Die Verwendung des Bruchzahlverfahrens für die Verteilung der Nationalratssitze auf die Kantone wird in der Lehre teilweise kritisiert. Gemäss Anina Weber führt das Bruchzahlverfahren dazu, dass «nach dem Komma das Majorzprinzip zur Anwendung» kommt (Weber, Proporzglück, S. 1376 f.). Zudem berge das Verfahren «die Gefahr des Bevölkerungszuwachs-, des Sitzzuwachs- und des Wahlkreiszuwachsparadoxons und somit widersprüchlicher Ergebnisse in sich» (Weber, Proporzglück, S. 1376 f.), sprich das Problem, dass ein Kanton trotz Bevölkerungswachstum weniger Sitze zugeteilt erhält (vgl. Weber, Proporzglück, S. 1377). Zu möglichen Alternativen siehe ausführlich Weber, Proporzglück, S. 1377–1380.
  • Weber, Wahlrecht, Rz. 301 m.H.u.Verw.
  • Hangartner/Kley/Braun Binder/Glaser, Rz. 613.
  • Bundesratsbeschluss vom 1.9.2021 über die Erwahrung der Zahlen der ständigen Wohnbevölkerung Ende 2020, BBl 2021 S. 2025.
  • Gemäss der Zahlen der ständigen Wohnbevölkerung Ende 2020.
  • Siehe N. 20 hiernach; siehe auch Hangartner/Kley/Braun Binder/Glaser, Rz. 613 m.w.H.
  • BGE 145 I 259 E. 7.1; siehe auch Hangartner/Kley/Braun Binder/Glaser, Rz. 614; Weber, Wahlrecht, Rz. 291.
  • Siehe N. 4 hiervor.
  • Zum Losentscheid siehe OK-Markić, Art. 20 BPR.
  • BBl 2021 S. 2025.
  • Siehe auch Art. 1 der Verordnung über die Sitzverteilung bei der Gesamterneuerung des Nationalrates vom 1.9.2021 (SR 161.13).

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