Eine Kommentierung von Nathalie Kläy / Simon Zaugg
Herausgegeben von Damian K. Graf / Doris Hutzler
Art. 31 Auskunftsverweigerung
Dem Ersuchen einer ausländischen Meldestelle wird nicht entsprochen, wenn:
a. das Ersuchen keinen Bezug zur Schweiz aufweist;
b. das Ersuchen die Anwendung prozessualen Zwangs oder sonstige Massnahmen und Handlungen erfordert, für die das schweizerische Recht den Rechtshilfeweg oder ein anderes spezialgesetzlich oder staatsvertraglich geregeltes Verfahren vorschreibt;
c. die nationalen Interessen oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt werden.
I. Allgemeines
1 Art. 31 GwG hält Gründe für eine Auskunftsverweigerung seitens der MROS gegenüber einer Anfrage einer ausländischen Meldestelle fest. Dieser Artikel entstand im Rahmen der Teilrevision des GwG und trat am 1. November 2013 in Kraft. Bei Vorliegen einer der in diesem Artikel aufgezählten zwingenden Verweigerungsgründe darf die MROS einer ausländischen FIU keine Auskunft erteilen. In dieser Bestimmung wird somit deutlich, dass Anfragen von Partner-FIUs, welche keinen konkreten Bezug zur Schweiz aufweisen (sog. Fishing Expedition), auf die Umgehung der Rechtshilfe abzielen oder die nationalen Interessen bzw. die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Schweiz beeinträchtigen, inhaltlich nicht beantwortet werden.
2 Bei den im Art. 31 GwG aufgezählten zwingenden Verweigerungsgründen handelt es sich um nationale Anforderungen, welche den internationalen Informationsaustausch mit Partner-FIUs bis zu einem gewissen Grad einschränken bzw. innerstaatlichen Schranken unterstellen. Diese nationalen Anforderungen entsprechen jedoch gleichzeitig internationalen Vorgaben der Financial Action Task Force (FATF, auch bekannt unter dem französischen Namen Groupe d’Action financière, kurz GAFI) sowie der Egmont Group
II. Fehlender Bezug zur Schweiz (lit. a)
A. Praxis der MROS
3 Der in lit. a erwähnte Verweigerungsgrund, der fehlende Bezug zur Schweiz, ist der in der Praxis am häufigsten vorkommende.
B. Vorgehen der MROS bei Art. 11a Abs. 2bis GwG
4 Es obliegt der ersuchenden FIU, den Bezug zur Schweiz in der Anfrage aufzuzeigen, wobei allerdings von dieser nicht verlangt werden kann, den Sachverhalt lückenlos und widerspruchsfrei wiederzugeben.
III. Verbot der Umgehung der internationalen Rechtshilfe (lit. b)
A. Ausschliessliche Verwendung zu Informationszwecken
5 Lit. b verankert, in Ergänzung zu Art. 30 Abs. 1 lit. d und Art. 30 Abs. 4 lit. c GwG, in erster Linie die Vorgabe, dass der Informationsaustausch zwischen FIUs die internationale Rechtshilfe niemals umgehen darf. Der internationale Informationsaustausch findet immer im Stadium der Analyse statt und die daraus gewonnenen Informationen sind ausschliesslich zu Informationszwecken – niemals als Beweise – verwertbar. Versucht also eine ausländische FIU auf dem Amtshilfeweg Informationen einzuholen, welche nach schweizerischem Recht ausschliesslich unter Anwendung richterlich anzuordnenden Zwangs beschafft werden dürfen, muss die MROS die Auskunft verweigern.
B. Praxis der MROS
6 Neben der Art der Verwendung der Informationen (Informationen zu Informationszwecken via FIU-Kanal und Beweise via Rechtshilfeweg) gilt es für die MROS des Weiteren abzuklären, ob vom ersuchenden Staat bereits ein Rechtshilfeersuchen zu demselben Sachverhalt bzw. zu denselben Informationen gestellt wurde und ob seitens der für die Rechtshilfe zuständigen Schweizer Behörde bereits darauf eingetreten wurde oder wird. Ist dies der Fall, wird von der MROS auf den Rechtshilfeweg verwiesen und die Anfrage aus Effizienzgründen inhaltlich nicht beantwortet.
IV. Beeinträchtigung der nationalen Interessen oder der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (lit. c)
7 In lit. c wird die Beeinträchtigung der nationalen Interessen oder der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als Verweigerungsgrund festgehalten. Dieser Verweigerungsgrund war ursprünglich nicht vom Bundesrat vorgesehen, sondern wurde vom Parlament ergänzt.
A. Beeinträchtigung der nationalen Interessen
8 Die MROS stützt sich bei der Anwendung von lit. c auf ihre langjährige interne Praxis, da sie den Verweigerungsgrund der Beeinträchtigung nationaler Interessen im Rahmen der damaligen Fassung des Art. 26 MGwV
B. Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
9 Bei der Bezeichnung der öffentlichen Sicherheit handelt es sich um einen Grundbegriff des Polizeirechts.
Literaturverzeichnis
Beuret Arnaud, Kommentierung zu Art. 31 GwG, in: Kunz Peter V./Jutzi Thomas/Schären Simon (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar, Geldwäschereigesetz (GwG), Bern 2017.
Naegeli Vera, Kommentierung zu Art. 31 GwG, in: Hsu Peter Ch./Flühmann Daniel (Hrsg.), Basler Kommentar, Geldwäschereigesetz, Basel 2021.
Ordolli Stiliano, Le Bureau de communication en matière de blanchiment d’argent: évolution récente et perspectives, in: Augsburger-Bucheli Isabelle (Hrsg.), Blanchiment d’argent : actualité et perspectives suisses et internationales, 2014, S. 45–80.
Thelesklaf Daniel/Ordolli Stiliano, Kommentierung zu Art. 31 GwG, in: Orell Füssli Kommentar, GwG Kommentar, 3. Aufl., Zürich 2019.
Materialienverzeichnis
Botschaft zur Änderung des Geldwäschereigesetzes vom 27.6.2012, BBI 2012 6941 ff., abrufbar unter https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/fga/2012/1031/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-fga-2012-1031-de-pdf-a.pdf, besucht am 1.8.2024.
Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), Jahresbericht 2017, April 2018, https://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/kriminalitaet/geldwaescherei/publikationen.html, besucht am 1.8.2024.
Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), Jahresbericht 2023, Mai 2024, https://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/kriminalitaet/geldwaescherei/publikationen.html, besucht am 1.8.2024.
Fussnoten
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Botschaft GwG 2012, S. 6977.
- SHK-Beuret, Art. 31 GwG N. 14.
- Botschaft GwG 2012, S. 6977.
- Botschaft GwG 2012, S. 6977 ff.
- Detaillierte Ausführungen zur Egmont Group finden sich im Kapitel I.B.4. in OK-Kläy/Zaugg, Art. 30 GwG.
- Schengen-Informationsaustausch-Gesetz.
- Rechtshilfegesetz.
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), Jahresbericht 2017, 2018, S. 21.
- Botschaft GwG 2012, S. 6955; Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), Jahresbericht 2023, 2024, S. 38.
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Botschaft GwG 2012, S. 6955.
- BGE 128 II 407 E. 5.2.1.
- Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), Jahresbericht 2023, 2024, S. 38.
- Meldestelle für Geldwäscherei (MROS), Jahresbericht 2023, 2024, S. 38.
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Art. 2 Abs. 2 SIaG.
- Art. 196 ff. StPO.
- BSK-Naegeli, Art. 31 GwG N. 13.
- Botschaft GwG 2012, S. 6984.
- Siehe Kapitel VI.D. in OK-Kläy/Zaugg, Art. 30 GwG für mehr Informationen zu diesem Thema.
- OFK-Thelesklaf/Ordolli, Art. 31 GwG N. 3.
- Verordnung über die Meldestelle für Geldwäscherei.
- OFK-Thelesklaf/Ordolli, Art. 31 GwG N. 3.
- OFK-Thelesklaf/Ordolli, Art. 31 GwG N. 3.
- SHK-Beuret, Art. 31 GwG N. 17.
- BSK-Naegeli, Art. 31 GwG N. 19.
- SHK-Beuret, Art. 31 GwG N. 18.
- BGE 96 I 387 E. 3.
- Ordolli, S. 65.
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