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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
BUNDESGESETZ ÜBER DAS INTERNATIONALE PRIVATRECHT
LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
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SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Allgemeine Bemerkungen
- II. Die gesamtschuldnerische Haftung nach Abs. 1
- III. Rückgriff zwischen den Gesamtschuldnern nach Abs. 2
- IV. Haftung des Gehilfen nach Abs. 3
- Literaturverzeichnis
I. Allgemeine Bemerkungen
A. Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung
1 Haben mehrere Schädiger gemeinsam einen Schaden verursacht, so haften sie dem Geschädigten als Gesamtschuldner (Art. 50 Abs. 1 OR). Dies bedeutet, dass jeder Schädiger für die gesamte Schuld haftet (Art. 143 Abs. 1 OR). Folglich kann der Geschädigte den gesamten Schaden bei einem einzigen Schädiger geltend machen. Der Geschädigte kann auch mehrere Schädiger verklagen oder einen oder alle Schädiger nur für einen Teil des Schadens in Anspruch nehmen (Art. 144 Abs. 1 OR). Sein Anspruch kann jedoch nur einmal befriedigt werden. Das Verhältnis zwischen dem Geschädigten einerseits und den solidarisch haftenden Schädigern andererseits wird als Aussenverhältnis bezeichnet.
2 Wird ein Schädiger vom Geschädigten für einen Betrag in Anspruch genommen, der seine Verantwortung übersteigt, so kann er den überzahlten Betrag im Aussenverhältnis von den anderen Schädigern verlangen (Art. 50 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 148 Abs. 2 OR). Das Verhältnis zwischen den Schädigern wird als Innenverhältnis bezeichnet.
B. Vollkommene und unvollkommene Gesamtschuldnerschaft
3 Das Bundesgericht unterscheidet zwischen der sogenannten vollkommenen und der unvollkommenen Solidarhaftung. Eine vollkommene Solidarhaftung liegt vor, wenn das Gesetz ihre Anwendung ausdrücklich vorsieht. Art. 50 Abs. 1 OR sieht ausdrücklich eine Solidarhaftung vor, wenn ein gemeinsames Verschulden der Beteiligten vorliegt. Demgegenüber liegt eine unvollkommene Solidarhaftung vor, wenn das Gesetz die Solidarhaftung nicht ausdrücklich anerkennt, sondern seine Regeln sinngemäss angewendet werden (Solidarhaftung per analogiam). Nach Art. 51 Abs. 1 OR richtet sich das Rückgriffsrecht auf andere Schädiger, die für denselben Schaden aus verschiedenen Rechtsgründen haften, im Gegensatz zum Mitverschulden nach den Bestimmungen von Art. 50 Abs. 2 OR. Die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruchs im Innenverhältnis setzt die Solidarhaftung im Aussenverhältnis voraus.
4 Die praktische Bedeutung dieser Unterscheidung des Bundesgerichts zeigt sich in drei Fällen: (1) in Fällen der unvollkommenen Solidarhaftung, in denen die Handlungen eines Klägers, die die Verjährungsfrist gegenüber einem Schädiger nach Art. 136 Abs. 1 OR die Verjährungsfrist gegenüber einem Schädiger unterbricht, keine Wirkung gegenüber den anderen Schädigern haben; (2) wenn der Übergang der Rechte des Gläubigers nach Art. 149 OR nur bei vollkommener Solidarhaftung gilt; und (3) bei unvollkommener Solidarhaftung, wenn das Bundesgericht davon ausgeht, dass einzelne Kürzungsgründe nicht ausgeschlossen sind. Dennoch ist bei der Geltendmachung einzelner Kürzungsgründe große Zurückhaltung geboten. Mit Ausnahme der drei genannten Fälle stimmen die vollkommene und die unvollkommene Solidarhaftung in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen weitgehend überein, zumal das Bundesgericht die Bestimmungen zur (vollkommenen) Solidarhaftung in Art. 143 ff. OR analog zu seiner Anwendung der unvollkommenen Solidarhaftung anwendet.
5 In der Rechtswissenschaft stösst die Unterscheidung auf Kritik. Die Mehrheit lehnt eine Unterscheidung zwischen vollkommener und unvollkommener Solidarhaftung ab. Begründet wird dies damit, dass die Einführung von Art. 51 OR vom Gesetzgeber eher zufällig eingeführt wurde und die vergleichbare Interessenlage der beiden Arten der gesamtschuldnerischen Haftung eine Unterscheidung nicht rechtfertigen würde. Zudem wird argumentiert, dass die Relevanz der unterschiedlichen Rechtsfolgen gering sei und dass aufgrund eines ungeschriebenen Grundsatzes im Deliktsrecht im Außenverhältnis grundsätzlich eine gesamtschuldnerische Haftung bestehen sollte. Einige Autoren befürworten die Differenzierung.
II. Die gesamtschuldnerische Haftung nach Abs. 1
A. Voraussetzungen
1. Gemeinsame Verursachung des Schadens
6 Die gesamtschuldnerische Haftung des Art. 50 Abs.. 1 OR setzt voraus, dass mehrere Schädiger an der Entstehung eines Schadens mitwirken und dass die Mitwirkung jedes Einzelnen als rechtlich kausal für den Schaden festgestellt wird. Ein Ereignis ist rechtlich kausal, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung für sich allein geeignet ist, ein Ergebnis der eingetretenen Art herbeizuführen. Dabei ist es unerheblich, wer die endgültige Ursache des Schadens herbeigeführt hat.
7 Der Schaden im Sinne von Art. 50 OR umfasst in erster Linie den deliktischen Schaden, d.h. den Schaden, der aus der Verletzung eines gesetzlich geschützten Rechts oder einer vermögensschützenden Verhaltensnorm entstanden ist. Auch Schadenersatzansprüche für persönliches Leid werden von der Verordnung erfasst. Für vertragliche Schäden ist Art. 50 OR über Art. 99 Abs. 3 OR.
8 Die gemeinsame Verursachung kann einerseits durch eine gemeinsame Handlung der Beteiligten erreicht werden. Andererseits können auch getrennt vorgenommene Handlungen, die aber einen gemeinsamen Zweck verfolgen, zu einer gesamtschuldnerischen Haftung führen. So ist es für eine Gruppe von Schädigern nicht von Vorteil, wenn sie ihre Handlungen (zeitlich oder örtlich) trennen, aber ein gemeinsames Ziel verfolgen oder einen einheitlichen Schaden verursachen.
9 Art. 50 Abs. 1 OR umfasst auch rechtlich "gemeinsame" Handlungen. Das schuldhafte Verhalten eines Organs einer juristischen Person verpflichtet sowohl das Organ (Art. 55 Abs. 3 ZGB) als auch die juristische Person (Art. 55 Abs. 2 ZGB), was zu einer gesamtschuldnerischen Haftung führt.
10 Es bleibt festzuhalten, dass auch die Unterlassung einer pflichtwidrigen Handlung einen Schaden verursachen und damit zur Mitverursachung beitragen kann.
2. Gemeinsames Verschulden
11 Die gesamtschuldnerische Haftung nach Art. 50 Abs. 1 OR setzt ein gemeinsames Verschulden der Schädiger voraus. Voraussetzung ist, dass die Beteiligten das pflichtwidrige Verhalten des anderen kennen oder kennen konnten. Dies ist der Fall, wenn die Beteiligten den gemeinsamen Schaden beabsichtigen, den gemeinsamen Schaden lediglich als Mittel zum Zweck ansehen, ihn im Sinne eines Eventualvorsatzes in Kauf nehmen oder den Schaden nicht als Folge ihrer gemeinsamen pflichtwidrigen Sorglosigkeit (Fahrlässigkeit) betrachten. Der individuelle Verschuldensgrad der Beteiligten ist für die gesamtschuldnerische Haftung im Außenverhältnis unerheblich. Der Geschädigte kann alle Schädiger auf den gesamten Betrag in Anspruch nehmen. Nur im Innenverhältnis wird auf das jeweilige individuelle Verschulden abgestellt.
12 Wenn die Schädiger unabhängig voneinander handeln und sich ihres Zusammenwirkens nicht bewusst sind, liegt kein gemeinsames Verschulden vor. Eine vollkommene gesamtschuldnerische Haftung ist daher nicht gegeben. Vielmehr liegt eine Anspruchskonkurrenz vor, die nach Art. 51 OR BEHANDELT WIRD. Ein Mitverschulden wird auch dann verneint, wenn einen Schädiger kein Verschulden trifft, wie bei einem Kind, das möglicherweise urteilsunfähig ist (vgl. Art. 16 und 18 ZGB). Solange die Haftung nicht feststeht, gibt es im Außenverhältnis keine gesamtschuldnerische Haftung.
3. Arten von Schädigern
13 Art. 50 Abs.. 1 OR nennt als Deliktsarten den Anstifter, den Täter und den Gehilfen und stellt zudem klar, dass diese Kategorien im Aussenverhältnis irrelevant sind. Der Grad der Beteiligung und des Verschuldens wird nur im Innenverhältnis berücksichtigt. Dennoch gilt nicht jede Mitwirkungshandlung als rechtlich kausal für den eingetretenen Schaden, und nicht jede Mitwirkungshandlung, die einen fördernden Einfluss hat, erfüllt diese Voraussetzung. Es ist ein hinreichend enger Zusammenhang mit der Handlung selbst erforderlich.
14 Neben den drei Arten, die in Art. 50 Abs. 1 OR genannten Arten ist auch der Anstifter haftbar. Die Rechtsfolge bestimmt sich nach Abs. 3.
B. Gesamtschuldnerische Haftung als Rechtsfolge
15 Liegen die Voraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 OR erfüllt sind, haften die Schädigerinnen und Schädiger gegenüber der Geschädigten im Aussenverhältnis solidarisch. Jeder von ihnen kann individuell für den gesamten Schaden haftbar gemacht werden (Art. 144 Abs. 1 OR), ohne einwenden zu können, dass er nur teilweise dazu beigetragen hat.
16 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind im Aussenverhältnis keine individuellen Kürzungsgründe, wie etwa ein geringes Verschulden nach Art. 43 Abs. 1 OR, geltend gemacht werden, auch wenn die meisten Rechtsgelehrten die Zulässigkeit einzelner Herabsetzungsgründe befürworten. Anders ist die Rechtslage bei Einwendungen, die sich aus dem persönlichen Verhältnis zwischen Gesamtschuldner und Gläubiger ergeben, wie Freispruch, Stundung oder Aufrechnung (Art. 145 Abs. 1 Var. 1 OR), die im Aussenverhältnis geltend gemacht werden können. Dasselbe gilt für Einwendungen, die sich auf die Art oder den kollektiven Grund des Gesamtschuldverhältnisses stützen (Art. 145 Abs. 1 Var. 2 OR). Dazu gehören u.a. das eigene Verschulden des Gläubigers oder andere ihm zurechenbare Umstände (vgl. Art. 44 Abs. 1 OR).
III. Rückgriff zwischen den Gesamtschuldnern nach Abs. 2
A. Rückgriff und Forderungsübergang
17 Wird ein Gesamtschuldner vom Geschädigten in Anspruch genommen, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang er bei den anderen Gesamtschuldnern Rückgriff nehmen kann. Der Bundesgerichtshof definiert den Rückgriff als die Situation, in der jemand, der eine Zahlung an einen Begünstigten anstelle eines Dritten geleistet hat, gegen diesen Dritten vorgehen kann, um Schadenersatz zu erhalten. Auch wenn der vom Geschädigten in Anspruch genommene Gesamtschuldner im Außenverhältnis bis zur vollen Höhe des Schadens haftet, kann er im Innenverhältnis nur anteilig in Anspruch genommen werden. Art. 50 Abs. 2 (in Verbindung mit Art. 148 Abs. 2) OR berechtigt den Gesamtschuldner, gegen andere Schuldner vorzugehen. Das Rückgriffsrecht entsteht im Zeitpunkt der Leistung an den Geschädigten.
18 Neben dem ursprünglichen Rückgriffsrecht nach Art. 50 Abs. 2 i.V.m. Art. 148 Abs. 2 OR hat der Gesamtschuldner auch das Rückgriffsrecht nach Art. 149 OR. In diesem Fall geht die Forderung des geschädigten Gläubigers mit den akzessorischen Rechten (vgl. Art. 166 und 170 OR) auf den Schuldner über, gegen den eine Forderung als Legalzession geltend gemacht wurde. Der Schuldner nimmt die Stellung des Gläubigers ein und kann den abgetretenen Anspruch, abzüglich des von ihm zu tragenden Anteils, gegenüber den anderen Schädigern geltend machen.
B. Umfang des Rückgriffs
19 Ob und in welchem Umfang der gesamtschuldnerisch haftende Schädiger bei seinen Mitschädigern im Innenverhältnis Rückgriff nehmen kann, steht im Ermessen des Gerichts (Art. 50 Abs. 2 OR). Das Gericht berücksichtigt zunächst die Schwere des Verschuldens der einzelnen Parteien, wobei ein Täter oder Anstifter in der Regel einen grösseren Anteil zu tragen hat als ein Mittäter. Zudem müssen die möglicherweise unterschiedlichen Interessen der Beteiligten berücksichtigt werden. Erst an dieser Stelle können die Gesamtschuldner untereinander individuelle Minderungsgründe geltend machen.
20 Die Konstellation mehrerer Gesamtschuldner nach Art. 50 Abs. 1 und 2 OR ist eine gesetzliche Ausnahme von Art. 148 Abs. 1 OR, der eine Abweichung von der Verteilung nach Köpfen verlangt. Im Übrigen besteht im Innenverhältnis zwischen den Schuldnern keine Solidarhaftung. Der Regressgläubiger kann die anderen Schädiger nur in Höhe ihres internen Anteils in Anspruch nehmen. Die Zahlungsunfähigkeit eines Schädigers richtet sich nach Art. 148 Abs. 3 OR.
C. Verjährung des Rückgriffsanspruchs
21 Die relative Verjährung des Rückgriffsanspruchs nach Art. 50 Abs. 2 OR ist in Art. 139 OR geregelt. Demnach verjährt das Rückgriffsrecht des Schuldners drei Jahre nach dem Tag, an dem er den Geschädigten befriedigt hat und ihm seine Mitschuldner bekannt sind. Die meisten Wissenschaftler gehen auch von einer zehnjährigen absoluten Verjährungsfrist aus, die nach der in diesem Kommentar vertretenen Auffassung mit dem Zeitpunkt der Befriedigung des Geschädigten durch den ersten Gesamtschuldner beginnt.
22 Beruft sich der Schuldner, von dem der Gläubiger Ersatz erhält, auf den Forderungsübergang gemäß Art. 149 Abs. 1 OR beruft, so geht sowohl die Forderung einschließlich der Nebenrechte als auch die bereits begonnene Verjährungsfrist auf ihn über. Der Beginn und die Dauer der Frist richten sich nach der übergegangenen Hauptforderung.
IV. Haftung des Gehilfen nach Abs. 3
23 Der in der englischen Übersetzung des Obligationenrechts verwendete Begriff "abettor" bedarf zunächst einer Klarstellung. Damit ist nicht jemand gemeint, der dem Schädiger bei der Verursachung des Schadens hilft oder ihn dazu ermutigt. Vielmehr handelt der abettor im Sinne von Abs. 3 erst nach Eintritt des Schadens tätig, indem er den bereits eingetretenen Erfolg sichert. Er kann z.B. als Hehler gestohlener Waren oder als Geldwäscher auftreten. Wegen des fehlenden rechtlichen Kausalzusammenhangs haftet der Gehilfe nur für den durch sein Verhalten verursachten Folgeschaden (neben einem etwaigen Gewinnanteil) und nicht für den durch die Haupttat verursachten Schaden.
24 Die Haftung des Anstifters setzt ein Verschulden voraus, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird. Im Gegensatz zum Straftatbestand der Hehlerei nach Art. 160 StGB, der Vorsatz voraussetzt, genügt Fahrlässigkeit.
25 Art. 50 Abs. 3 OR unterscheidet zwischen zwei Varianten. Einerseits haftet der Anstifter, soweit er am Gewinn beteiligt ist oder sonst einen Vorteil durch ersparte Aufwendungen hat. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Anstifter als Gegenleistung für das Verstecken des Diebesgutes oder die Mitfahrt in einem gestohlenen Auto einen Anteil am Diebesgut erhält. Andererseits haftet der Anstifter für den Schaden, den er verursacht hat, z. B. den Verkauf einer gestohlenen Sache.
26 Die Rechtsfolge des Art. 50 Abs. 3 OR ist die gesamtschuldnerische Haftung des Anstifters zusammen mit den Schädigern nach Abs. 1. Der Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung ist jedoch aus Sicht des Anstifters begrenzt. Sie erstreckt sich nur so weit, wie sie nach Abs. 3 haftet und nicht unbedingt auf den gesamten Schaden. Handelt der Gehilfe auch als Mittäter vor und während der Schadensverursachung, richtet sich seine gesamtschuldnerische Haftung allein nach Abs. 1.
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