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BUNDESVERFASSUNG
OBLIGATIONENRECHT
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LUGANO-ÜBEREINKOMMEN
STRAFPROZESSORDNUNG
ZIVILPROZESSORDNUNG
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ZIVILGESETZBUCH
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DATENSCHUTZGESETZ
BUNDESGESETZ ÜBER SCHULDBETREIBUNG UND KONKURS
SCHWEIZERISCHES STRAFGESETZBUCH
CYBERCRIME CONVENTION
HANDELSREGISTERVERORDNUNG
- I. Allgemeines
- II. Absatz 1: Militärgesetzgebung, Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee
- III. Absatz 3: militärische Einrichtungen der Kantone
- Weitere empfohlene Lektüre
- Literatur- und Materialienverzeichnis
I. Allgemeines
A. Entstehungsgeschichte
1 Die Bundesverfassung von 1874 kannte mit den Art. 8 bis 22 aBV eine vergleichsweise detaillierte Wehrverfassung. Sie folgte dem Gedanken, dass die Militärhoheit der Eidgenossenschaft derjenigen der Kantone vorgehe. Die Souveränität der Kantone, welchen eigene Truppen garantiert wurden, sollte nur zur Geltung kommen, wo sie dem Zweck des Bundes nicht hinderlich sei.
2 Die Wehrverfassung statuierte, dass die Gesetzgebung über das Heereswesen Sache des Bundes sei (Art. 20 Abs. 1 erster Satz aBV). Die Ausführung der «bezüglichen Gesetze», m.a.W. deren Vollzug, sollte innerhalb der durch die Bundesgesetzgebung festzusetzenden Grenzen und unter Aufsicht des Bundes durch die kantonalen Behörden geschehen (Art. 20 Abs. 1 zweiter Satz aBV).
3 Art. 20 Abs. 2 aBV begründete die Bundeskompetenz für den gesamten Militärunterricht und die Bewaffnung, während in der Bundesverfassung von 1848 gerade der Militärunterricht noch zwischen Bund und Kantonen aufgeteilt war. Die Beschaffung der Bekleidung und der weiteren Ausrüstung sowie deren Unterhalt war Sache der Kantone. Gemäss Absatz 3 wurden die anfallenden Kosten jedoch vom Bund abgegolten. Auch sollten die Wehrmänner ihre erste Ausrüstung, Bekleidung und Bewaffnung unentgeltlich erhalten (Art. 18 Abs. 3 aBV). Diese Bestimmung fand Eingang in die Verfassung, nachdem einige Kantone die Beschaffungskosten teilweise auf die Wehrpflichtigen überwälzt hatten.
4 Schliesslich wurde dem Bund das Recht gewährt, die kantonalen Waffenplätze und militärischen Gebäude gegen eine billige (angemessene) Entschädigung zur Benutzung oder als Eigentum zu übernehmen (Art. 22 Abs. 1 aBV).
5 Mit der Totalrevision der BV von 1999 wurde die Wehrverfassung auf wenige Artikel konzentriert. Art. 20 und Art. 22 aBV gingen in Art. 60 Abs. 1-3 BV auf. Dieser beinhaltet eingangs die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Militärwesens und begründet die Zuständigkeit für die Ausrüstung und Ausbildung. Neu wird auch die Organisation der Armee genannt. Die kantonale Kompetenz zum Erlass der Ausführungsgesetzgebung wird nicht mehr explizit aufgeführt. Sie ergibt sich aus dem Vollzugföderalismus.
6 Mit der Armeereform XXI im Jahr 2002, in Kraft seit dem 1. Januar 2004, hat der Gesetzgeber die kantonalen Truppen abgeschafft. Die verfassungsmässige Kompetenzordnung blieb dabei unangetastet, da bereits mit der Totalrevision von 1999 keine kantonalen Truppen mehr garantiert wurden.
7 Den grössten Wandel erlebte die Kompetenzaufteilung im Jahr 2004 mit der Annahme des Bundesbeschlusses zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA)
B. Heutige Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen
8 Art. 60 Abs. 1 BV erklärt die Militärgesetzgebung, Organisation, Ausrüstung und Ausbildung zur Bundessache und damit eine umfassende und ausschliessliche Zuständigkeit des Bundes für das Militärwesen.
9 In der Konsequenz verbleiben den Kantonen lediglich die durch die Bundesgesetzgebung explizit vorgesehenen Vollzugsaufgaben.
Vororientierung und Orientierungsveranstaltung (Art. 11 Abs. 2 MG, Art. 97 Abs. 1 VMDP
Verordnung vom 22.11.2017 über die Militärdienstpflicht (VMDP; SR 512.21). );
Erlass der Marschbefehle (Art. 87 Abs. 4 lit. a VMDP) sowie Beurteilung der Dienstverschiebungsgesuche (Art. 91 Abs. 1 VMDP i.V.m. Anhang 6) für die Rekrutierung, nicht aber die Durchführung der Rekrutierung (Art. 11 Abs. 3 MG i. V.m. Art. 98 VMDP);
Militärisches Kontrollwesen (Art. 102 VMDP), insb. Behandlung von Gesuchen um Auslandurlaub (Art. 43 ff. VMDP);
Empfang, nicht aber Bewilligung, von Dienstverschiebungsgesuchen für die Grund- und Kaderausbildungsdienste bis Subalternoffiziere (Art. 90 Abs. 2 VMDP i.V.m. Anhang 6);
Schiesswesen ausser Dienst (Art. 125 MG und Art. 34 ff. Schiessverordnung
Verordnung vom 5.12.2003 über das Schiesswesen ausser Dienst (Schiessverordnung; SR 512.31). ), bspw. den Betrieb von Schiessanlagen, die Anerkennung von Schiessvereinen und deren Zuweisung auf Schiessanlagen;
Erhebung der Wehrpflichtersatzabgabe (Art. 22 WPEG
Bundesgesetz vom 12.6.1959 über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG; SR 661). );
Betrieb von Auskunftstellen im Falle der Mobilmachung zum Aktivdienst (Art. 13 VMob
Verordnung vom 22.11.2017 über die Mobilmachung zu bestimmten Assistenz- und Aktivdiensten (VMob; SR 519.2). );
Disziplinarbefugnis auf der Einrückungs- und Entlassungsreise (Art. 195 Abs. 2 und 4 MStG
Militärstrafgesetz vom 13.6.1927 (MSTG; SR 321.0). ); praxisrelevant ist zudem die Disziplinarbefugnis bei Nichterfüllung der Schiesspflicht und Nichtbefolgen des Aufgebots zum Orientierungstag oder zur Rekrutierung;Vgl. dazu Empfehlungen der Vereinigung Schweizerischer Kreiskommandanten (VSK) und Konferenz der kantonalen Verantwortlichen für Militär, Bevölkerungsschutz und Zivilschutz (KVMBZ) vom 21.12.2020 zur Strafpraxis.
(Disziplinarischer) Arrestvollzug ausserhalb des Diensts (Art. 191 Abs. 5 MStG) sowie der Strafvollzug von Urteilen der Militärjustiz (Art. 211 ff. MStP
Militärstrafprozess vom 23.3.1979 (MStP; SR 322.1). ).
10 Vereinzelt wendet sich der Bundesgesetzgeber für den Vollzug direkt an die Einwohnergemeinden – so bei der Bekanntgabe der Mobilmachung zum Aktivdienst (Art. 14 Abs. 1 VMob) – oder auferlegt ihnen Militärlasten
Überlassung von Räumlichkeiten im Fall einer Mobilmachung zum Aktiv- oder Assistenzdienst (Art. 14 Abs. 3 und 4 VMob);
Unentgeltliche Zurverfügungstellung von Schiessanlagen für das ausserdienstliche Schiesswesen (Art. 133 MG). Die Einwohnergemeinden haben dabei ein Auswahlermessen. Sie können selbst eine Schiessanlage betreiben oder sich an einer Schiessanlage einer anderen Gemeinde beteiligen (Gemeinschaftsanlage). Vor Errichtung einer neuen Schiessanlage ist abzuklären, ob eine Gemeinschaftsanlage in Frage kommt.
BGer 1C_162/2020 vom 16.4.2021 E. 6.6.1. Alternativ können sich Gemeinden bei einer privaten Schiessanlage ein Schiessrecht sichern. Sie leisten dem Privaten für den Unterhalt und die Erneuerung der Schiessanlage eine Abgeltung nach Subventionsgesetz (SuGBundesgesetz vom 5.10.1990 über die Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG; SR 616.1). ). Der Anspruch besteht jedoch nur, sofern sich die private Schiessanlage nicht auf dem eigenen Gemeindeboden befindet (Art. 8 Schiessanlagen-VerordnungVerordnung vom 15.11.2004 über die Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst (Schiessanlagenverordnung; SR 510.512). ),BGer 1C_293/2020 vom 22.4.2021 E. 1.4-1.5. – eine Differenzierung, die sachlich kaum haltbar erscheint.
II. Absatz 1: Militärgesetzgebung, Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee
A. Militärgesetzgebung
11 Die Militärgesetzgebung ist Sache des Bundes, d.h. er kann alle Sachfragen im Zusammenhang mit der Armee regeln.
12 Die Kantone verfügen über keine Kompetenz, materielles Militärrecht zu erlassen.
B. Organisation
13 Gemäss Art. 60 Abs. 1 BV ist die Organisation der Armee Sache des Bundes. Das Militärwesen gliedert sich in die beiden Bereiche Armee und die Gruppe Verteidigung (Militärverwaltung des Bundes). Sie verfügen jedoch über keine separaten Gesetzesgrundlagen.
1. Die Armee
14 Die Armee ist eine staatliche Organisation sui generis.
2. Die Gruppe Verteidigung
15 Die Gruppe V gehört zur Zentralverwaltung des Bundes. Sie wird nach den Grundsätzen von Art. 8 RVOG in fünf Verwaltungseinheiten gegliedert (Art. 11 OV-VBS
16 Erst im Fall eines grossen Truppenaufgebots im Aktivdienst wählt die Bundesversammlung einen General (Art. 85 MG).
3. Weitere militärische Behörden
17 Mit der Gruppe V und der Armee stehen die folgenden Behörden in sachlich enger Beziehung:
Die militärischen Strafbehörden (Art. 4a ff. MStP) bestehen aus dem Oberauditorat als Teil der Zentralverwaltung und der Militärjustiz. Vergleichbar mit der Aufgabenteilung zwischen der Gruppe V und der Armee sorgt das Oberauditorat für günstige Rahmenbedingungen, damit die Militärjustiz ihren Auftrag erfüllen kann (Art. 9 OV-VBS). Das Oberauditorat ist in der Organisationsverordnung des VBS als eigenständige Verwaltungseinheit aufgeführt und nicht der Gruppe V unterstellt. Entsprechend unterstehen die Angehörigen der Militärjustiz auch nicht der Befehlsgewalt der Armee (Art. 3 Abs. 1 AO). Die Disziplinargewalt obliegt der Oberauditorin bzw. dem Oberauditor (Art. 8 Abs. 1 MJV
Verordnung vom 22.11.2017 über die Militärjustiz (MJV; SR 516.41). ). Diese verwaltungsorganisationsrechtliche Trennung und abgekoppelte Befehls- und Disziplinargewalt tragen zur hierarchisch-institutionellen Unabhängigkeit der MilitärjustizFür eine Übersicht der Faktoren vgl. Flachsmann/Immenhauser. bei. Eine solche wird für eine wirksame Untersuchung bei mutmasslichen Verletzungen des Rechts auf Leben oder des Folterverbots bereits völkerrechtlich vorausgesetzt (Art. 2 und 3 EMRKKonvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), SR 0.101. ).Vgl. EGMR (Grosse Kammer) Mustafa Tunç und Fecire Tunç gegen die Türkei, Nr. 24014/05, 14.4.2015, N. 222, mit einer allgemeinen Übersicht zur hierarchisch-institutionellen Unabhängigkeit. Siehe im Konkreten auch EGMR Durdevic gegen Kroatien, Nr. 5244/09, 19.7.2011, N. 87 und EGMR (Grosse Kammer) Maconu und andere gegen Rumänien, Nr. 10865/09, 45886/07 und 32431/08, 17.9.2014, N. 333, zur Problematik der Befehlskette / Kommandogewalt sowie EGMR Velcea und Mazăre gegen Rumänien, Nr. 64301/01, 1.12.2009 N. 111 zur Problematik der Disziplinierungsmöglichkeit und einer unabhängigen Untersuchung. Die militärischen Gerichte werden durch Angehörige der Militärjustiz sowie der Armee (sog. Truppenrichterinnen und Truppenrichter) gestellt. Sie werden vom Bundesrat bzw. von der Bundesversammlung gewählt (vgl. dazu Art. 7, 11 und 14 MStG). Eine Wahl durch die Armee/Gruppe V wäre nicht zulässig und würde den Anspruch auf ein unabhängiges Gericht verletzen (Art. 6 Abs. 1 EMRK).Vgl. EGMR Ibrahim Gürkan gegen die Türkei, Nr.10987/10, 3.7.2012, N. 19.
Das Bundesamt für Rüstung (armasuisse) agiert unter anderem als zentrale Beschaffungsstelle für die Gruppe V und die Armee (Zuständigkeit gemäss Anhang 1 Org-VöB
Verordnung vom 24.10.2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB; SR 172.056.15). ). Es beteiligt sich zudem an internationalen Rüstungskooperationen (Art. 109b MG). Schliesslich ist es für das Immobilienmanagement des VBS (Art. 8 Abs. 1 lit. b VILBVerordnung vom 5.12.2008 über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes (VILB; SR 172.010.21). und VAIVerordnung des VBS vom 14.4.2021 über die Ausserbetriebnahme von Immobilien des VBS (VAI; SR 510.511). ) und den Vollzug von ausserdienstgestelltem Material zuständig (Art. 16 Abs. 1 MatVVerordnung des VBS vom 26.3.2018 über die Beschaffung, Nutzung und die Ausserdienststellung von Material (Materialverordnung VBS, MatV; SR 514.20). ). Die Ausserdienststellung von grossen Waffensystemen ist von der Bundesversammlung zu genehmigen (Art. 109a Abs. 4 MG); bspw. Ausserdienststellung der Kampfflugzeuge F-5 Tiger.Armeebotschaft 2022, S. 43.
Auf kantonaler Ebene befinden sich die Kreiskommandos bzw. die kantonalen Militärbehörden, welche für den Vollzug der ihnen übertragenen Aufgaben zuständig sind.
C. Ausbildung
18 Mit Art. 60 Abs. 1 BV ist der Bund zuständig und damit auch verpflichtet, seine Armeeangehörigen auszubilden. Eine sorgfältige Ausbildung ist Voraussetzung für das Funktionieren des sicherheitspolitischen Instruments Armee. Aus rechtlicher Perspektive lässt sich die Ausbildungsverpflichtung auf das Kriegsvölkerrecht und im Bereich des (polizeilichen) Schusswaffeneinsatzes auf die Menschenrechte zurückführen (vgl. nachfolgend II.C.1.). Der Bund bildet seine Armeeangehörige sowohl im In- als auch Ausland aus, wobei er die Ausbildung teilweise an Dritte überträgt (vgl. nachfolgend II.C.2./3.).
1. Ausbildungsverpflichtung
19 Die Ausbildung richtet sich inhaltlich nach den Aufgaben der Armee aus (Art. 46, Art. 66 Abs. 2 [für den Friedensförderungsdienst] und Art. 93 Abs. 1 MG). Im Bereich der Kernkompetenz, der Verteidigung,
20 Es handelt sich dabei um eine rechtliche Verpflichtung («legal obligation»).
21 Auch die Ausübung der Polizeibefugnisse der Armee (Art. 92 f. MG und Art. 5 ff. ZAG
22 Mit Blick auf das Milizsystem der Schweizer Armee ist der Ausbildung besondere Rechnung zu tragen, damit Armeeangehörige im Fall der Gewaltanwendung, sei es im Rahmen der Polizeibefugnisse oder des Kriegsvölkerrechts, rechtmässig und angemessen (re)agieren können.
2. Ausbildungsdienst
23 Der Ausbildungsdienst wird in Art. 41-64 MG geregelt. Er setzt sich aus der freiwilligen vordienstlichen Ausbildung (Art. 64 MG), der Grundausbildung (Art. 49 MG), der Kaderausbildung (Art. 55 MG) und dem Ausbildungsdienst der Formationen (Art. 51 MG) zusammen:
Die freiwillige vordienstliche Ausbildung wird ab dem vollendeten 15. Altersjahr und in ausgewählten Fachbereichen angeboten (bspw. Sanität, Cyber, Militärmusik, Luftwaffe [SPHAIR]
Für die fliegerische Vorschule gelten die Bestimmungen nach Art. 28a Luftfahrtverordnung, SR 748.01. ; Art. 3 Abs. 1 VAusbVerordnung vom 26.11.2003 über die vordienstliche Ausbildung (VAusb; SR 512.15). ). Die Teilnehmenden werden dabei noch nicht funktional in die Armee eingegliedert, womit die Ausbildung mit dem Fakultativprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten im Einklang steht.Art. 2 und 3 Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten. Dazu auch entsprechende Botschaft S. 6321 f. und 6331 f. Mit der Durchführung der vordienstlichen Ausbildung können mittels öffentlich-rechtlichem Vertrag Dritte beliehen werden (Art. 64 Abs. 2 MG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 und 3 VAusb-VBSVerordnung des VBS vom 28.11.2003 über die vordienstliche Ausbildung (VAusb-VBS; SR 512.151). ).Botschaft MG, S. 66.
Die Grundausbildung umfasst die Rekrutenschule (Art. 49 MG) und Fachkurse (Art. 50 MG). Die Rekrutenschule dauert 18 Wochen und ist spätestens zwölf Monate nach der Rekrutierung anzutreten. Sie wird grundsätzlich ohne Unterbruch absolviert. Ausnahmsweise kann sie «fraktioniert» werden (Art. 57 VMDP). Ausserdem besteht die Möglichkeit, den gesamten Ausbildungsdienst freiwillig an einem Stück zu leisten (Art. 54a MG, sog. Durchdiener). Der Anteil Durchdiener ist jedoch beschränkt, um das Milizprinzip zu wahren und die Funktionsfähigkeit des Systems sicherzustellen.
VPB 3/2010 vom 1.12.2010, Schindler, Verfassungs- und völkerrechtliche Anforderungen an die Vereidigungskompetenz der Armee und das zukünftige Leistungsprofil sowie die ausgewählten Fragen der Militärpflicht.
Der Ausbildungsdienst der Formationen umfasst die Wiederholungskurse (WK) inkl. Vorbereitungs- und Entlassungsarbeiten (Art. 51 und 53 MG).
24 Unter den Ausbildungsdienst fallen weiter die Unterstützungsleistungen zu Gunsten Dritter, bspw. grosser nationaler und internationaler Sportanlässe in der Schweiz oder Kulturanlässe, sowie die Spontanhilfe. Ursprünglich wurde die Spontanhilfe unter dem Kapitel Assistenzdienst (Art. 67 ff. MG) abgehandelt. Im Rahmen der WEA 2014 wurde dies korrigiert und die Spontanhilfe in den Ausbildungsdienst der Formationen überführt.
25 Der Ausbildungsdienst kann ausserdem in der Militärverwaltung geleistet werden (Art. 59 MG).
26 Zur Ausbildung gehört auch die ausserdienstliche Schiesspflicht (Art. 63 MG).
27 Soweit militärische Gesellschaften und Dachverbände freiwillige Ausbildungstätigkeiten organisieren, unterstützt das VBS diese mit Sach- und Geldleistungen. Bei der Unterstützung dieser selbstgewählten Ausbildungstätigkeit handelt es sich nach hier vertretener Ansicht um eine Finanzhilfe gemäss SuG, auf welche ein entsprechender Anspruch besteht (Art. 10 ff. VATV
28 Die militärische Ausbildung soll vermehrt von zivilen Institutionen anerkannt werden;
3. Internationale Ausbildungszusammenarbeit
29 Militärische Ausbildungsvorhaben und Übungen finden verstärkt mit ausländischen Partnern statt.
30 Der Bundesrat kann mit ausländischen Partnern Durchführungsvereinbarungen für konkrete Ausbildungsvorhaben und Übungen abschliessen oder aber ein generelles Rahmenabkommen
31 Wie beim Friedensförderungs-
D. Ausrüstung
1. Beschaffung
32 Der Bund ist für die Beschaffung des Armeematerials zuständig (Art. 60 Abs. 1 BV). Die Wiederholung in Art. 106 Abs. 1 MG ist angesichts der heutigen Kompetenzordnung rein deklaratorisch. Im Übrigen ergibt sich die Kompetenz zur Beschaffung des notwendigen Materials aus der Bedarfsverwaltung und bedürfte keiner spezialgesetzlichen Grundlage: Die Verwaltung beschafft, was sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigt.
33 Leitlinie für die Beschaffung bildet Art. 93 MG, wonach die Armee so auszurüsten ist, dass sie ihre Aufgaben zeitgerecht und vollumfänglich erfüllen kann. Aufgrund der Tragweite hat sich der Bundesrat den Auftrag für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge mit einem Bundesbeschluss
34 Das Prinzip der Verhältnismässigkeit verlangt weiter, dass Einsatzkräfte bei der Ausübung der Polizeibefugnisse so auszurüsten sind, dass der Schusswaffeneinsatz nicht das einzige, sondern letzte effektive Zwangsmittel darstellt (ultima ratio); bspw. durch zusätzliche Ausrüstung mit Reizstoffspray oder Destabilisierungsgerät. Die individuelle Ausrüstung richtet sich jeweils nach dem konkrete Auftrag.
35 Für das Beschaffungswesen ist in erster Linie das Bundesamt für Rüstung (armasuisse) zuständig (Art. 12 OV-VBS). Zur Sicherstellung der Ausrüstung kann sich der Bund zudem an Rüstungsunternehmen beteiligen (Art. 1 ff. BGRB
36 Die Bundesversammlung beschliesst für jeweils vier Jahre den Zahlungsrahmen über die finanziellen Mittel der Armee (Art. 148j MG; Art. 20 FHG
37 Die Beschaffung von Armeematerial kennt bestimmte, rechtliche Besonderheiten:
Gemäss Art. III GAP
Revidiertes Übereinkommens vom 15.4.1994 über das öffentliche Beschaffungswesen, SR 0.632231.422 (nachfolgend: «GAP»). können die Vertragsparteien zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen für die Beschaffung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial bzw. für die Landesverteidigung unerlässliche Beschaffungen erforderliche Massnahmen treffen. Der Schweizer Gesetzgeber hat diese Beschaffungen aus dem Staatsvertragsbereich generell ausgenommen (Anhang 5 Abs. 1 lit. c BöB). Nach Ermessen der Auftraggeberin kann von einem Vergabeverfahren gänzlich abgesehen oder das Einladungsverfahren gewählt werden, wenn die Schutzziele dies erlauben (Art. 10 Abs. 4 lit. a BöB).Botschaft BöB, S. 1925. Wird das Einladungsverfahren gewählt, ist die Auftraggeberin nicht an Schwellenwerte gebunden (Art. 20 Abs. 3 BöB). Der Rechtsweg ist aus sicherheitspolitischen Gründen ausgeschlossen (Art. 52 Abs. 5 BöB). Kompensationsgeschäfte (Offsets) sind ausserhalb des Staatsvertragsbereichs zulässig (Art. IV Ziff. 6 GPA e contrario).Vgl. zur Umsetzung die «Offset-Policy» vom 1.7.2021 des Bundesamts für Rüstung.
Werden Waffen, Mittel und Methoden der Kriegsführung (Waffensysteme) neu beschafft, abgeändert oder einem anderen Verwendungszweck zugeführt, müssen sie auf ihre völkerrechtliche Konformität geprüft werden (Art. 36 ZP I i.V.m. Art. 11 MatV). Die Gruppe V unterzieht das Beschaffungsobjekt einer unabhängigen, verwaltungsinternen Überprüfung und begutachtet, ob das Beschaffungsobjekt und die geplante Verwendung mit den Grundprinzipen und den besonderen Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts vereinbar ist.
Besondere Bestimmungen finden sich bspw. im: Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, Protokoll I-V; SR 0.515.091. Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personenminen und über deren Vernichtung; SR 0.515.092. Übereinkommen über Streumunition; SR 0.515.93. Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen; SR 0.515.07. Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen; SR 0.515.08. Sie kann dazu Beschussversuche und weitere Tests anordnen. Eine abschliessende Genehmigung kann mit Auflagen und Bedingungen verknüpft werden (bspw. Einschränkung des Einsatzes von Reizstoffspray im international bewaffneten Konflikt).
2. Armeematerial
38 Das Armeematerial umfasst die persönliche Ausrüstung (Bewaffnung, Bekleidung, Gepäck und besondere Ausrüstungsgegenstände gemäss Art. 3 Abs. 1 VPAA
39 Das Armeematerial ist Verwaltungsvermögen. Nach hier vertretender Ansicht trifft das selbst dann zu, wenn die Gruppe V gewerbliche Leistungen erbringt und Armeematerial Dritten entgeltlich abgibt (Art. 41 FHG i.V.m. Art. 148i MG). Dies zeigt sich auch darin, dass gewerbliche Leistungen nur dann erbracht werden, wenn sie die Hauptaufgabe der Armee nicht beeinträchtigen. Bei der Abgabe handelt es sich um keine eigentliche Aufgabe, sondern um eine Opportunität, vorübergehend nicht verwendetes Armeematerial Dritten bspw. zu vermieten. Dabei ist stets das Gebot der Wettbewerbsneutralität zu berücksichtigen (Art. 94 Abs. 1 BV). Unter bestimmten Umständen werden Rabatte bzw. Preiserlasse gewährt,
40 Den Armeeangehörigen obliegt eine Sorgfaltspflicht für das Armeematerial. Sie haften für ihre persönliche Ausrüstung und das im Dienst anvertraute (Armee-)Material bei Verlust oder Beschädigung (Art. 139 Abs. 2 MG; milde Kausalhaftung) bzw. generell für Schäden aus vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung der Dienstpflicht (Art. 139 Abs. 1 MG; Verschuldenshaftung).
41 Das Armeematerial ist besonders straf- und disziplinarstrafrechtlich geschützt (Art. 73 MStG, Missbrauch und Verschleuderung von Armeematerial). Im Unterschied zum bürgerlichen Strafrecht wird auch bestraft, wer eine dienstlich anvertraute Sache fahrlässig beschädigt, Schaden nehmen oder zugrunde gehen lässt.
42 Bei der Entlassung aus der Armee können bestimmte Ausrüstungsgegenstände den Armeeangehörigen zum Eigentum überlassen werden (Art. 26 ff. VPAA; bspw. Ausrüstung ohne Tarndruck und persönliche Waffe). Das Überlassen der persönlichen Waffe verfolgt den Hauptzweck, dass Armeeangehörige nach dem Ausscheiden aus der Armee weiterhin den Schiesssport mit der Armeewaffe ausüben können. Der Verordnungsgeber verlangt hierfür einen zusätzlichen Schiessnachweis (bspw. Feldschiessen) und nicht nur das Erfüllen der ohnehin gesetzlichen Schiesspflicht.
43 Bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung mit der persönlichen Waffe oder deren Missbrauch durch Dienstpflichtige, hat das Kreiskommando die vorsorgliche Abnahme der persönlichen Waffe zu verfügen (Art. 17 VPAA). Das Bundesverwaltungsgericht bejahte darüber hinaus die Haftung des Bundes (und nicht des kantonalen Kreiskommandos, welches von den konkreten Umständen keine Kenntnis hatte), nachdem ein für untauglich erklärter Armeeangehöriger während der Zwangsräumung seiner Wohnung einen Polizisten mit seiner Armeepistole erschoss und einen zweiten verletzte.
44 Im Jahr 2011 lehnte die Schweizer Bevölkerung die Volksinitiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» ab.
III. Absatz 3: militärische Einrichtungen der Kantone
45 Zahlreiche militärische Einrichtungen stehen noch heute im Eigentumsrecht der Kantone. Der Bund kann diese soweit erforderlich, d.h. unter Berücksichtigung des öffentlichen Interessens und der Verhältnismässigkeit, (einseitig) übernehmen. Dieses Übernahmerecht richtet sich ausschliesslich gegen die Kantone und nicht gegen Private. Bei der Ausübung des Übernahmerechts schuldet der Bund den Kantonen eine angemessene (billige), aber keine volle Entschädigung. Insofern ist Absatz 3 kein (gewöhnlicher) Enteignungstitel,
46 Bis anhin erzielten Bund und Kantone über die Nutzung kantonaler Waffenplätze einen Konsens und schlossen einen öffentlich-rechtlichen
47 Seit 2018 erfolgt die Entschädigung nach dem Mietermodell (Art. 7 VWS). Der Bund hat damit sein langjähriges Entschädigungsmodell aufgegeben, welches sich aus Zins-, Amortisations- und Unterhaltsaufwendungen sowie einer Tagesentschädigung pro Kopf und Fahrzeug zusammensetzte.
48 Wie bei der Standortevaluation eines Neubaus sind beim Entscheid einer zu übernehmenden kantonalen Einrichtung einerseits die öffentlich-rechtlichen Nutzungsbestimmungen heranzuziehen,
Zum Autor
Jan Imhof studierte an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern (MLaw mit Schwerpunkt im Recht der öffentlichen Verwaltung) und erlangte anschliessend das bernische Anwaltspatent. Von 2020 bis 2022 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rechtsdienst Kriegsvölkerrecht (KVR) im Armeestab, Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Er ist Angehöriger der Militärjustiz im Fachbereich Ausland und zurzeit als Gerichtschreiber an der Strafabteilung des Regionalgerichts Bern-Mittelland tätig.
Weitere empfohlene Lektüre
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